Verwaltungsrecht

Besitz eines nichtzugelassenen Hilfsmittels in der Ersten Juristischen Staatsprüfung

Aktenzeichen  7 ZB 19.939

Datum:
10.2.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 2842
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
JAPO § 11 Abs. 1 S. 1, S. 3

 

Leitsatz

Unter dem Begriff der Doppelseite in Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 1 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS ist eine aufgeschlagene Buchseite bzw. bei einer Loseblattsammlung zwei nebeneinanderliegenden Seiten zu verstehen. (Rn. 16)
1. Die Änderung von Nr. 4.1 S. 2 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS durch Bekanntmachung vom 10. März 2015 (JMBl S.30) ist materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2. Der Begriff der Doppelseite in Nr. 4.1 S. 2 Alt. 1 und 2 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS sind hinreichend bestimmt. (Rn. 15 und 27) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 4 K 17.3273 2019-01-29 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung wendet sich die Klägerin weiter gegen die Bewertung ihrer Bearbeitung der Aufgabe 6 der Ersten Juristischen Staatsprüfung 2017/1 mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte).
Die Klägerin, die die Erste Juristische Staatsprüfung bereits im Termin 2016/1 mit der Prüfungsgesamtnote von 6,83 Punkten (befriedigend) bestanden hatte, nahm zur Notenverbesserung erneut im Termin 2017/1 an der Ersten Juristischen Staatsprüfung teil. Im Rahmen einer Hilfsmittelkontrolle nach Ausgabe der Prüfungsaufgabe 6 war das von der Klägerin mitgeführte Hilfsmittel „Schönfelder, Deutsche Gesetze (Loseblattsammlung)“ (im Folgenden: Schönfelder) wegen Art und Umfangs der angebrachten handschriftlichen Kommentierungen von der Prüfungsaufsicht sichergestellt worden. Mit Bescheid vom 12. Juni 2017 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die Aufgabe 6 mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) bewertet werde. Das sichergestellte Hilfsmittel enthalte unzulässige handschriftliche Bemerkungen. Das Verwaltungsgericht wies die hiergegen gerichtete Klage ab. Zur Begründung führte es insbesondere aus, die Klägerin sei im Besitz eines nicht zugelassenen Hilfsmittels gewesen. Dieses enthalte auf mehreren Doppelseiten mehr als 20 Verweisungen, an drei Stellen fänden sich doppelte Unterstreichungen und neben § 309 Nr. 7 BGB ein Kreuz. Damit entspreche es nicht den Vorgaben von Nr. 4.1 Satz 2 der Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz – Landesjustizprüfungsamt – vom 16. Oktober 2008 (PA – 2230 – 9167/2008), zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 10. März 2015 (PA – 2230 – 2913/2012, JMBl S. 30) über die Hilfsmittel für die Erste Juristische Staatsprüfung (Hilfsmittelbekanntmachung EJS), wonach nur bis zu 20 handschriftliche Verweisungen pro Doppelseite mit Bleistift auf Normen (nur Artikel-, Paragraphen- und Gesetzesbezeichnung) sowie einfache Unterstreichungen mit Bleistift (…) zugelassen seien. Diese Regelung sei ausreichend bestimmt, unter dem Begriff der Doppelseite sei eine aufgeschlagene Buchseite zu verstehen. Weiter stellte das Verwaltungsgericht fest, dass auch für den Fall, dass der Begriff Doppelseite die Vorder- und Rückseite eines Blattes umschreibe, die Klägerin die zulässige Anzahl an handschriftlichen Eintragungen mehrfach überschritten habe. Ferner führte das Verwaltungsgericht aus, dass zusätzlich auch die doppelten Unterstreichungen im sichergestellten Hilfsmittel sowie das neben § 309 Nr. 7 BGB angefügte Kreuz nach Nr. 4.1 Satz 2 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS unzulässig seien.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 5 VwGO sind nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen nicht vor.
Ist ein Urteil – wie vorliegend – auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so setzt die Zulassung der Berufung voraus, dass in Bezug auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund vorliegt (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 20.12.2016 – 3 B 38.16 u.a. – NVwZ-RR 2017, 266; BayVGH, B.v. 1.7.2019 – 14 ZB 18.1542 – juris Rn. 7 m.w.N.). Ist der geltend gemachte Zulassungsgrund nur bezüglich einer Begründung gegeben, kann diese Begründung nämlich hinweg gedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 – 4 B 39.13 – BauR 2013, 2011 Rn. 2). Dem genügt das Zulassungsvorbringen der Klägerin nicht.
A.
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) werden bereits nicht in Bezug auf die selbständig tragende Begründung des Verwaltungsgerichts geltend gemacht, der Schönfelder der Klägerin enthalte unzulässige Kommentierungen im Sinne von Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 1 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS. Auf die weiteren Ausführungen der Klägerin zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO kommt es daher nicht mehr entscheidungserheblich an.
Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 64 m.w.N.).
Durch das Vorbringen der Klägerin im Zulassungsverfahren zu Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 1 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS wird die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht ernstlich in Frage gestellt. Auch mit ihren auf den Hinweis des Verwaltungsgerichtshofs vom 14. Oktober 2020 erfolgten Ausführungen hierzu hat die Klägerin insoweit keine Gesichtspunkte aufgezeigt, die weiterer Klärung in einem Berufungsverfahren bedürften.
I. Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid ist § 11 Abs. 1 Satz 1 und 3 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen (JAPO) vom 13. Oktober 2003 (GVBl S. 758, BayRS 2038-3-3-11-J) in der hier maßgeblichen Fassung vom 27. November 2015 (GVBl S. 446). Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 JAPO ist die Arbeit eines Prüflings, der versucht, das Ergebnis einer Prüfungsarbeit durch Unterschleif, Täuschung oder Benutzung nicht zugelassener Hilfsmittel zu eigenem oder fremdem Vorteil zu beeinflussen, mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) zu bewerten. Auch der Besitz nicht zugelassener Hilfsmittel nach Ausgabe der Prüfungsarbeit stellt einen Unterschleif mit der Rechtsfolge der Bewertung der Arbeit mit der Note „ungenügend“ dar, sofern der Prüfling nicht nachweist, dass der Besitz weder auf Vorsatz noch auf Fahrlässigkeit beruht (§ 11 Abs. 1 Satz 3 JAPO).
II. Das Verwaltungsgericht geht zutreffend davon aus, dass die Bearbeitung der Aufgabe 6 der Ersten Juristischen Staatsprüfung 2017/1 durch die Klägerin mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) zu bewerten war, weil sie nach Ausgabe der Prüfungsaufgabe 6 (Klausur im Öffentlichen Recht, Art. 28 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 JAPO) im Besitz eines nicht zugelassenen Hilfsmittels war. Gemäß § 28 Abs. 3 Satz 1, § 7 Abs. 2 Nr. 3 JAPO dürfen die Prüfungsteilnehmer nur die vom Prüfungsausschuss zugelassenen Hilfsmittel benutzen. Die vom Prüfungsausschuss nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 JAPO erlassene Hilfsmittelbekanntmachung EJS bestimmt in Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 1, dass als Ausnahme vom absoluten Kommentierungsverbot des Satzes 1 „bis zu 20 handschriftliche Verweisungen pro Doppelseite mit Bleistift auf Normen (nur Artikel-, Paragraphen- und Gesetzesbezeichnung)“ zugelassen sind. Der Schönfelder der Klägerin enthält insbesondere im Bereich des Bürgerlichen Gesetzbuchs eine Reihe darüber hinausgehender Eintragungen. Die Klägerin war damit bereits deshalb im Besitz eines unzulässigen Hilfsmittels im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 3 JAPO.
1. Die Klägerin vermag mit ihrem Vorbringen, die Hilfsmittelbekanntmachung EJS widerspreche in Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 1 den Anforderungen des Bestimmtheitsgrundsatzes (Art. 20 Abs. 3 GG) und sei daher (teil) nichtig, weil für sie nicht erkennbar gewesen sei, dass unter dem Begriff der Doppelseite zwei nebeneinanderliegende Buchseiten zu verstehen seien, sie hingegen davon ausgegangen sei, dass der Begriff der Doppelseite die Vorder- und Rückseite einer Einzelseite meine, und sie damit in der Konsequenz nicht an eine numerische Begrenzung hinsichtlich der Verweisungen auf Normen gebunden sei, die Ergebnisrichtigkeit des angegriffenen Urteils nicht ernstlich in Zweifel zu ziehen.
a) Bei der Hilfsmittelbekanntmachung EJS handelt es sich um eine Verwaltungsvorschrift, die regelt, welche Hilfsmittel in der Ersten Juristischen Staatsprüfung benutzt und in welcher Weise in diese Eintragungen vorgenommen werden dürfen. Sie wurde zuletzt durch Bekanntmachung vom 10. März 2015 (JMBl S.30) geändert. Im Rahmen dieser Änderung wurde (u.a.) Nr. 4.1 Satz 2, der die Zulässigkeit von Eintragungen in die Hilfsmittel regelt, modifiziert. Die Änderung von Nr. 4.1 Satz 2 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS trat gemäß Nr. 2 der Änderungsbekanntmachung abweichend von den übrigen Änderungen zum 1. November 2016 in Kraft und galt ausdrücklich erstmals für die Erste Juristische Staatsprüfung 2016/2.
Anders als die Klägerin meint, ist die Änderung von Nr. 4.1 Satz 2 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Der Beklagte konnte die Hilfsmittelbekanntmachung jederzeit, auch mit dem Ziel einer Verschärfung der zulässigen Kommentierungen, ändern. Vertrauensschutz genießt die Klägerin nur insoweit, als sie grundsätzlich davon ausgehen darf, dass sich die ihr Studierverhalten bestimmenden Prüfungsbedingungen nicht so sehr zu ihrem Nachteil ändern, dass sie sich hierauf nicht mehr in zumutbarer Weise einstellen kann. Dies bedingt umgekehrt, dass die Prüfungsbehörde übermäßige und unzumutbare Belastungen durch Übergangsregelungen zu vermeiden hat (vgl. BayVGH, B.v. 19.6.2020 – 7 ZB 19.1477 – juris Rn. 18; NdsOVG, B.v. 24.5.2019 – 2 ME 360.19 – juris Rn. 28). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sind auch bei prüfungsrechtlichen Übergangsregelungen Stichtage als gesetzestechnisches Instrumentarium nicht ausgeschlossen (vgl. BVerfG, B.v. 6.12.1988 – 1 BvL 5/85 u.a. – juris Rn. 21). Die Wahl des Stichtags muss sich am gegebenen Sachverhalt orientieren und die Interessenlage der Betroffenen ist angemessen zu berücksichtigen.
Entgegen der Ansicht der Klägerin sind diese Grenzen nicht überschritten. Durch die Übergangsregelung bis zum Prüfungstermin 2016/2 (1 ½ Jahre) wurden übermäßige oder unzumutbare Benachteiligungen der Prüflinge vermieden. Die erschwerende Regelung gab damit auch den Prüflingen, die sich bei ihrem In-Kraft-Treten bereits in der „späten Phase“ ihres Studiums befanden, ausreichend Gelegenheit, sich auf die geänderte Rechtslage einzustellen. Dies gilt auch in Bezug auf diejenigen Prüflinge, die sich – wie die Klägerin – erneut der Ersten Juristischen Staatsprüfung unterzogen haben, selbst dann, wenn sich die Übergangszeit für sie deshalb faktisch verringerte. Auch insoweit müssen sich aus der Vielfalt der zu berücksichtigenden Gesichtspunkte ergebende Unebenheiten, Friktionen und Mängel sowie gewisse Benachteiligungen in besonders gelagerten Einzelfällen hingenommen werden, weil sich für die Gesamtregelung ein vernünftiger Grund anführen lässt (vgl. BVerwG, B.v. 24.1.2017 – 2 B 78.15 – juris Rn. 11). Dadurch, dass Eintragungen in die zugelassenen Hilfsmittel im Hinblick auf den prüfungsrechtlichen Grundsatz der Chancengleichheit grundsätzlich bedenklich sind, ist gegen die vorgenommene Reduktion der Eintragungsmöglichkeiten nichts zu erinnern. Die Änderungen waren den Erfahrungen aus vorangegangener Prüfungspraxis geschuldet. Sie dienen dazu, zuvor vorhandene Interpretations- und Auslegungsspielräume zu verringern und den Prüfungskandidaten einen klaren und sicheren Rechtsrahmen für die Kommentierung der Hilfsmittel zu geben (vgl. die Ausführungen des Beklagten im E-Mail Schriftwechsel mit dem Vorsitzenden des Referendarvereins v. 23.6.2015, von der Klägerin im Zulassungsverfahren vorgelegt als Anlage 3). Damit sind die verfassungsrechtlichen Anforderungen an den Vertrauensschutz hinreichend erfüllt (vgl. Jeremias in Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 82).
b) Der Einwand der Klägerin, die Vorschrift sei wegen Unbestimmtheit nichtig, weil der Begriff der Doppelseite in Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 1 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS nicht eindeutig auslegbar sei, ist nicht durchgreifend.
aa) Der Begriff der Doppelseite in Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 1 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS ist als unbestimmter Rechtsbegriff zwar auslegungsbedürftig, aber mittels der anerkannten Auslegungsmethoden auslegungsfähig und damit hinreichend bestimmt. Das Verwaltungsgericht hat Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 1 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS nach den allgemeinen Grundsätzen über die Auslegung von Rechtsvorschriften zutreffend dahingehend ausgelegt, dass unter dem Begriff der Doppelseite eine aufgeschlagene Buchseite bzw. – bei einer Loseblattsammlung – zwei nebeneinanderliegende Seiten zu verstehen ist (vgl. Nr. 1.1. der Urteilsbegründung).
bb) Hiergegen wendet die Klägerin umfangreich Gründe ein, warum die Auslegung des Verwaltungsgerichts nicht die einzig richtige sein könne. Das diesbezügliche Vorbringen der Klägerin – u.a. habe das Verwaltungsgericht den Wortlaut unter Bezugnahme auf den Duden unzutreffend ausgelegt, es habe verkannt, dass das System der Ergänzungslieferungen gegen die gefundene Auslegung spreche und es habe fälschlicherweise auf den Willen des Verordnungsgebers rekurriert – kann bereits deshalb nicht zur Zulassung der Berufung führen, weil es hierauf nicht entscheidungserheblich ankommt. Denn die Klägerin zeigt hiermit nicht auf, dass der Begriff der Doppelseite in Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 1 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS nicht auslegungsfähig wäre und das Verwaltungsgericht bestehende Zweifelsfragen und Auslegungsprobleme nicht erkannt bzw. unzutreffend mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt hätte. Sie folgert die Unbestimmtheit der Regelung vielmehr maßgeblich aus dem Umstand, dass der Begriff der Doppelseite auch in dem von ihr verstandenen Sinn ausgelegt werden könne. Auch unter Berücksichtigung ihrer neuerlichen Ausführungen zur Inkohärenz der Hilfsmittelbekanntmachung EJS zeigt sie mit diesem Vorbringen keine ernstlichen Zweifel an den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts auf. Ihrer Schlussfolgerung liegt ein fehlerhaftes Verständnis zugrunde, unter welchen Umständen von der Unbestimmtheit einer Norm auszugehen ist.
(1) Das Gebot der Normenklarheit dient nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dazu, dass der Betroffene die Rechtslage anhand der gesetzlichen Regelung erkennen und sein Verhalten danach ausrichten kann (BVerfG, B.v. 4.6.2012 – 2 BvL 9/08 u.a. – juris Rn. 102 m.w.N.). Es zielt darauf ab, die Folgen der Regelung für den Normadressaten so vorhersehbar und berechenbar zu machen, dass er sein Verhalten danach ausrichten kann, dass der Verwaltung angemessen klare Handlungsmaßstäbe vorgegeben werden und dass eine hinreichende gerichtliche Kontrolle möglich ist (Grzeszick in Maunz/Dürig, GG, Stand Februar 2020, Art. 20 Rn. 58 m.w.N). Die Anforderungen an den Grad der Bestimmtheit unterscheiden sich dabei je nach Art der Norm. Sie sind umso strenger, je intensiver der Grundrechtseingriff ist, den eine Norm vorsieht. Die Bestimmtheitsanforderungen sind folglich geringer bei Normen, die wie vorliegend Nr. 4.1 Satz 2 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS, nicht oder nicht intensiv in Grundrechte eingreifen (vgl. BVerfG, B.v. 4.6.2012 – 2 BvL 9/08 – juris Rn. 102).
Die Verwendung von unbestimmten Rechtsbegriffen ist in Rechtsnormen grundsätzlich verfassungsrechtlich unbedenklich. Das Bestimmtheitsgebot fordert nicht, dass der Normgeber jeden Begriff selbst definiert. Dem Bestimmtheitsgebot ist bereits genügt, wenn etwaige Auslegungsprobleme mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden können. Die Auslegungsbedürftigkeit allein nimmt einer Vorschrift nicht die gebotene Bestimmtheit. Es ist vielmehr gerade Aufgabe der Rechtsprechung, Zweifelsfragen zu klären und den Regelungsgehalt der Norm mit Hilfe der üblichen Auslegungsmethoden zu erschließen. Von der Unbestimmtheit einer Norm ist lediglich dann auszugehen, wenn die Bestimmung ihres Inhalts die Aufgabe der Rechtsanwendungsorgane, Zweifelsfragen zu klären und Auslegungsprobleme mit herkömmlichen juristischen Methoden zu bewältigen, überschreiten würde (vgl. zum Ganzen BVerfG, B.v. 4.6.2012 – 2 BvL 9/08 u.a. – juris Rn. 96, 106 m.w.N.).
(2) Die Klägerin geht mit ihrem Einwand fehl, die Unbestimmtheit und damit Nichtigkeit von Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 1 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS folge allein aus der Tatsache, dass der Begriff der Doppelseite auch in dem von ihr verstandenen Sinn ausgelegt werden könne. Ist wie vorliegend der in der Norm objektivierte Wille des Verordnungsgebers durch Auslegung zu ermitteln, ist die Regelung also auslegungsfähig, folgt aus dem Umstand, dass gegebenenfalls mehrere Möglichkeiten der Norminterpretation in Betracht kommen, nicht, dass eine notwendige gesetzgeberische Entscheidung nicht getroffen und die Norm damit zwangsläufig unbestimmt wäre (vgl. BVerfG, B.v. 4.6.2012 – 2 BvL 9/08 u.a. – juris Rn. 107). Selbst im Strafrecht, das wegen Art. 103 Abs. 2 GG besonders strengen Anforderungen unterliegt, fordert das Bestimmtheitsgebot nicht, dass der Gesetzgeber gezwungen wäre, sämtliche Straftatbestände ausschließlich mit unmittelbar in ihrer Bedeutung für jedermann erschließbaren deskriptiven Tatbestandsmerkmalen zu umschreiben. Auch dort ist die Verwendung wertausfüllungsbedürftiger Begriffe bis hin zu Generalklauseln nicht von vornherein ausgeschlossen (vgl. BVerfG, B.v. 23.6.2010 – 2 BvR 2559/08 u.a. – BVerfGE 126, 170 Rn. 73 m.w.N.). Meinungsstreitigkeiten über die Auslegung von unbestimmten Rechtsbegriffen gehören allgemein zum normalen juristischen Diskurs und führen nicht zur Unbestimmtheit der betreffenden Normen. Nichts Anderes kann für die vorliegend streitige Regelung der Hilfsmittelbekanntmachung EJS gelten.
Es ist daher nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht alternativ die Anzahl der vorgenommenen Kommentierungen auch unter Zugrundelegung des von der Klägerin herangezogenen Begriffs der Doppelseite als Vorder- und Rückseite einer Einzelseite überprüft hat. Es hat hierzu in den Randnummern 51 und 61 des Urteilsabdrucks festgestellt, dass der Schönfelder der Klägerin auch insoweit eine Reihe von Verstößen aufweist und daher ein unzulässiges Hilfsmittel im Sinne von § 11 Abs. 1 Satz 1 JAPO ist. Entgegen der klägerischen Ausführungen hat es sich hierdurch nicht in Widerspruch zu dem von ihm zuvor gefundenen Ergebnis gesetzt, sondern lediglich zugunsten der Klägerin ihr Kommentierungsverhalten anhand der von ihr zugrunde gelegten Norminterpretation überprüft. Ob es hierzu verpflichtet gewesen wäre, bedarf keiner Entscheidung. Dass sich die Klägerin bei der Kommentierung des Schönfelders nicht an ihre eigene Interpretation des Begriffs der Doppelseite gehalten hat, hat sie sich selbst zuzuschreiben.
(3) Auch soweit die Klägerin der verwaltungsgerichtlichen Auslegung unter Verweis auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2019 – 6 C 3.18 – (BVerwGE 164, 379) entgegenhält, dass Rechtsgrundlagen für die Verhängung von Sanktionen, die sich auf das Bestehen einer Prüfung auswirken, besonders strengen Bestimmtheitsanforderungen unterlägen, werden keine ernstlichen Zweifel aufgezeigt. Zum einen ist hier Rechtsgrundlage für die angegriffene Sanktion der Bewertung der Aufgabe 6 mit der Note „ungenügend“ (0 Punkte) nicht Nr. 4.1 Satz 2 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS, sondern § 11 Abs. 1 Satz 1 JAPO. Damit unterliegt nach der zitierten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts diese Norm den erschwerten Bestimmtheitsanforderungen. Zum anderen verkennt die Klägerin, dass es sich bei Nr. 4.1 Satz 2 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS gerade nicht um eine Sanktionsnorm handelt, sondern um eine Vorschrift, die sie im Ergebnis begünstigt. Denn grundsätzlich verbietet sich nach dem Grundsatz der Chancengleichheit in Hilfsmitteln jede handschriftliche Bemerkung, deren Inhalt im Ermessen des einzelnen Prüflings steht. Wenn dem Prüfling gleichwohl das Anbringen von Verweisungen und Unterstreichungen zugestanden wird, stellt dies eine Begünstigung dar, die über das rechtlich Gebotene hinausgeht.
cc) Ungeachtet dessen ist gegen das vom Verwaltungsgericht gefundene Auslegungsergebnis weder methodisch noch inhaltlich etwas zu erinnern. Das Verwaltungsgericht legt seiner Auslegung unter Beachtung der juristischen Auslegungsregeln richtigerweise zu Grunde, dass es sich bei den Hilfsmitteln (Nr. 1), auf die sich die Regelung in Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 1 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS bezieht, um Bücher bzw. Loseblattsammlungen handelt. In diesem Kontext beschreibt der Begriff der Doppelseite die Gesamtheit zweier nebeneinanderliegender (Buch) Seiten. Diesem Verständnis folgt auch die Definition des Dudens („Gesamtheit zweier nebeneinanderliegender Seiten, die ein Thema umfassen“), der offenkundig auf beschriebene oder bebilderte Seiten bei Druckwerken (Buch, Zeitung, Zeitschrift etc.) abstellt, ohne dass es dabei darauf ankäme, die Wortbedeutung auf eine spezielle Branche zu beschränken.
Die Klägerin verkennt zudem, dass es unerheblich ist, ob sie subjektiv den Willen des Vorschriftengebers hat erkennen können. Maßgeblich ist im Rahmen der Auslegung stets der objektive Empfängerhorizont. Es ist nach allgemeinen Grundsätzen darauf abzustellen, wie die Klägerin die Vorschrift nach Treu und Glauben und mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verstehen musste (vgl. Busche in Münchener Kommentar zum BGB, 8. Aufl. 2018, § 133 Rn. 12 zur Auslegung einer Willenserklärung). Der Klägerin wurde mit dem Ladungsschreiben eine Kopie der Hilfsmittelbekanntmachung EJS übersandt und sie wurde im Ladungsschreiben ausdrücklich darauf hingewiesen, dass sich auf der Homepage des Beklagten ausführliche Hinweise zur Zulässigkeit von Hilfsmitteln fänden. Es wäre daher von der Klägerin als Prüfungskandidatin für das Erste Juristische Staatsexamen zu erwarten gewesen, dass sie im Rahmen ihrer Prüfungsvorbereitung sicherstellt, dass sie die Ausnahme vom Kommentierungsverbot zutreffend interpretiert. Der Beklagte trägt hierzu unbestritten vor, ihm sei kein weiterer Fall bekannt, in dem ein Prüfling Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 1 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS dahingehend verstanden hätte, dass eine Kommentierung von Vorder- und Rückseite einer Einzelseite 20 Eintragungen nicht überschreiten dürfe.
Ferner geht die Klägerin in der Annahme fehl, das für Loseblattsammlungen vorgesehene System der Ergänzungslieferungen stehe dem Auslegungsergebnis des Verwaltungsgerichts entgegen. Das Verwaltungsgericht hat hierzu richtigerweise festgestellt, dass es nicht Sinn und Zweck der Vorschrift sei, den Prüflingen im Rahmen des Nachsortierens den Austauschvorgang der Seiten zu erleichtern. Nr. 4.1 Satz 2 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS ermöglicht – unter Wahrung des prüfungsrechtlichen Gebots der Chancengleichheit – Eintragungen in die zugelassenen Hilfsmittel. Der Prüfling muss selbst entscheiden, ob er von dieser Ausnahme des allgemeinen Kommentierungsverbots Gebrauch macht. Es ist ihm zuzumuten, beim Nachsortieren von Loseblattsammlungen die Anzahl seiner Kommentierungen zu kontrollieren. Dessen ungeachtet sind Verschiebungen im Druckbild auch bei einem Verständnis von Doppelseite als Vorder- und Rückseite einer Einzelseite zu erwarten. Im Übrigen beziehen sich die Kommentierungsbeschränkungen in Nr. 4.1 Satz 2 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS auch auf die in Nr. 1.4 und 1.5 zugelassenen Hilfsmittel. Bei beiden Textsammlungen handelt es sich um gebundene Bücher, für die es keine Ergänzungslieferungen gibt. Schon vor diesem Hintergrund wird deutlich, dass das System der Ergänzungslieferungen keine tragfähigen Hinweise für die Auslegung des Begriffs der Doppelseite bietet.
Das Verwaltungsgericht hat zudem zutreffend auf die Ausführungen in der Rubrik „Häufig gestellte Fragen zur Hilfsmittelbekanntmachung für die Erste Juristische Staatsprüfung“ auf der Homepage des Beklagten Bezug genommen, um den tatsächlichen Willen des Vorschriftengebers zu ermitteln (BVerwG, U.v. 29.7.1971 – II C 20.69 – juris Rn. 38; U.v. 28.9.1971 – VI C 41.68 – Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 47; OVG NW, U.v. 16.2.2018 – 1 A 1248.16 – juris Rn. 91). Die dortigen Hinweise des Beklagten („Zulässig sind bis zu 20 handschriftliche Verweisungen pro (aufgeschlagener) Doppelseite…“) lassen einen eindeutigen Rückschluss darauf zu, dass der Vorschriftengeber unter dem Begriff der Doppelseite die aufgeschlagene Doppelseite und nicht Vorder- und Rückseite verstanden wissen wollte.
c) Soweit die Klägerin darüber hinaus der Ansicht ist, die Nichtigkeit von Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 1 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS folge aus der Unbestimmtheit von Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 2 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS, wonach „einfache Unterstreichungen mit Bleistift“ zugelassen sind, kann sie nicht durchdringen. Die Klägerin zeigt bereits keine substantiierten Argumente dafür auf, warum überhaupt von einer Auslegungsbedürftigkeit der Formulierung „einfache Unterstreichung mit Bleistift“ auszugehen sein soll.
Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 2 Hilfsmittelbekanntmachung EJS normiert eine Ausnahmeregelung zur Zulässigkeit von handschriftlichen Unterstreichungen mit Bleistift in den für die Erste Juristische Staatsprüfung zugelassenen Hilfsmitteln. Aus diesem Regelungskontext ergibt sich zweifelsfrei, dass die Worte „einfache Unterstreichung“ hier ausschließlich eine einzelne Linie in Abgrenzung zu mehreren, wellenförmigen oder gestrichelten Linien meint. Die von der Klägerin bemühte Unterscheidung zwischen dem Vorgang und dem Ergebnis des Unterstreichens sowie die Differenzierungen in der von ihr zitierten editionswissenschaftlichen Projektarbeit vermögen an dieser Einschätzung nichts zu ändern. Auch der Versuch, eine Interpretationsbedürftigkeit der Worte „einfache Unterstreichung“ als „nicht schematisch“ nachzuweisen, überzeugt nicht. Denn Nr. 4.1 Satz 2 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS führt am Ende explizit aus, dass die „Unterstreichungen nicht der Umgehung des Kommentierungsverbots dienen“ dürfen. So verstanden hätten die Worte „einfache Unterstreichung“ daneben keinen eigenständigen Regelungsgehalt mehr. Auch ihre Ausführungen, dass „einfache Unterstreichung“ nur bedeute, dass die Unterstreichung leicht bzw. ohne große Mühe durchzuführen sein solle, geht an der Sache vorbei.
Die Klägerin kann eine Auslegungsbedürftigkeit von Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 2 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS auch nicht mit dem Einwand konstruieren, dass zwar eine einfache Unterstreichung mit einem weichen Bleistift, der eine dickere Linie zieht, zulässig sei, eine doppelte Unterstreichung mit einem harten Bleistift, der feine Linien zieht, jedoch unzulässig sein solle. Hier verkennt sie erneut den eindeutigen Wortlaut der Vorschrift. Diese lässt einfache Unterstreichungen zu und untersagt damit mehrfache. Sie trifft hingegen keine Vorgaben hinsichtlich der Härte des zu benutzenden Bleistifts und damit zum Druckbild. Es ist nicht erforderlich, immer einen Bleistift desselben Härtegrads zu verwenden, solange etwa der Einsatz von Bleistiften unterschiedlicher Härtegrade nicht der Umgehung des allgemeinen Kommentierungsverbots dient.
Da Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 2 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS bestimmt ist, kann die Klägerin daraus nicht auf die Gesamtnichtigkeit des Satz 2 folgern. Damit ist es der Klägerin jedoch auch nicht gelungen, die selbständig tragende Begründung des Verwaltungsgerichts ernstlich in Zweifel zu ziehen, auch die doppelten Unterstreichungen im sichergestellten Hilfsmittel seien unzulässig.
2. Das Verwaltungsgericht ist somit zutreffend davon ausgegangen, dass mit dem Begriff der Doppelseite in Nr. 4.1. Satz 2 Alt. 1 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS zwei nebeneinanderliegende Seiten gemeint sind. Somit weist der Schönfelder der Klägerin im Bereich des Bürgerlichen Gesetzbuchs neben den bereits vom Verwaltungsgericht berücksichtigten folgende weitere Kommentierungsverstöße auf: Seiten 34, 35: 21 Kommentierungen; Seiten 198, 199: 22 Kommentierungen; Seiten 208, 209: 22 Kommentierungen plus unsaubere Radierungen; Seiten 216, 217: 22 Kommentierungen; Seiten 217a, 218: 23 Kommentierungen; Seiten 220, 221: 22 Kommentierungen; Seiten 228, 229: 24 Kommentierungen; Seiten 237a, 238: 21 Kommentierungen plus unsaubere Radierungen; Seiten 240, 241: 22 Kommentierungen plus unsaubere Radierungen; Seiten 254, 255: 21 Kommentierungen; Seiten 262, 263: 22 Kommentierungen; Seiten 296, 297: 25 Kommentierungen. Dem diesbezüglichen Hinweis des Senats ist die Klägerin nicht entgegengetreten.
3. Darüber hinaus finden sich im Schönfelder der Klägerin sogar auf mehreren Einzelseiten mehr als die zulässigen 20 handschriftlichen Verweisungen (Seite 199: 22 Kommentierungen; Seite 207: 23 Kommentierungen; Seite 217a: 21 Kommentierungen). Der Senat hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass der Schönfelder allein deshalb ein unzulässiges Hilfsmittel im Sinne von § 28 Abs. 3 Satz 1, § 7 Abs. 2 Nr. 3 JAPO darstellt. Ihr wesentliches Vorbringen hierzu, sie sei an keinerlei zahlenmäßige Beschränkungen der zulässigen Kommentierungen gebunden gewesen, weil die Nichtigkeit von Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 1 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS zugleich die Nichtigkeit des gesamten Satzes 2 und zudem von Satz 1 der Regelung zur Folge habe, geht aus den zuvor genannten Gründen ins Leere.
III. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Bewertung ihrer Arbeit mit der Note ungenügend – allein wegen der aufgeführten vielfachen Verstöße der Klägerin gegen Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 1 Hilfsmittelbekanntmachung EJS – auch nicht unverhältnismäßig. Mit ihren insoweit geltend gemachten Einwendungen zeigt sie keine ernstlichen Zweifel auf.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs genügt die Vorschrift des § 11 Abs. 1 Satz 1 JAPO den Anforderungen des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (vgl. z.B. zu der wortgleichen Vorgängervorschrift des § 31 Abs. 1 der Ausbildungs- und Prüfungsordnung für Juristen vom 26.11.1985 in der Fassung der Änderungsverordnung vom 1.6.1990 BayVGH, U.v. 3.7.1993 – 3 B 93.48 – BeckRS 1993, 970). Die Norm enthält keinen Automatismus dahingehend, dass die Prüfungsarbeit bei Unterschleif immer mit ungenügend zu bewerten wäre. Vielmehr liegt ihr ein abgestuftes System zu Grunde: In schweren Fällen ist der Prüfungsteilnehmer von der Prüfung auszuschließen und die gesamte Prüfung mit ungenügend zu bewerten. Bei weniger gravierenden Verstößen ist die konkrete Prüfungsarbeit mit ungenügend zu bewerten, während bei bloßem Besitz nicht zugelassener Hilfsmittel der Prüfling sich durch den Nachweis, dass der Besitz weder auf Vorsatz noch auf Fahrlässigkeit beruht, entlasten kann. Diesen grundsätzlich möglichen Nachweis konnte die Klägerin auch im Zulassungsverfahren nicht führen. Für das Vorliegen besonderer Umstände, die die Annahme eines minder schweren Falls rechtfertigen würden (Art. 11 Abs. 6 JAPO), sieht der Senat mit dem Verwaltungsgericht keine Anhaltspunkte. In Anbetracht der Vielzahl der festgestellten Verstöße allein gegen Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 1 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS sind die von der Klägerin vorgebrachten Bedenken nicht geeignet, die Verhältnismäßigkeit der streitgegenständlichen Entscheidung des Beklagten ernstlich in Zweifel zu ziehen.
B.
Ungeachtet dessen, ob die Klägerin insoweit ihren Darlegungspflichten aus § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nachgekommen ist, liegt der Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO nicht vor.
Eine Rechtssache weist besondere rechtliche Schwierigkeiten auf, wenn eine kursorische Prüfung der Erfolgsaussichten einer Berufung keine hinreichend sichere Prognose über den Ausgang des Rechtsstreits erlaubt, das Ergebnis also offen ist. Die betreffende rechtliche Frage darf sich nicht ohne Weiteres aus dem Gesetz lösen lassen. Besondere tatsächliche Schwierigkeiten entstehen durch einen besonders unübersichtlichen und/oder schwierig zu ermittelnden Sachverhalt. Entscheidend für besondere rechtliche Schwierigkeiten ist dabei immer deren Qualität, nicht allein deren Quantität (vgl. BayVGH, B.v. 18.3.2020 – 7 ZB 19.1308 – juris Rn. 18; B.v. 5.11.2019 – 7 ZB 18.1380 – juris Rn. 11; vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 33).
Aufgrund der Ausführungen unter A. vermag der Senat keine derartigen Schwierigkeiten zu erkennen, insbesondere ist der Sachverhalt geklärt und übersichtlich. Das Vorbringen der Klägerin gibt keinen Anlass zu Zweifeln, die sich nicht schon im Zulassungsverfahren mit der erforderlichen Sicherheit klären und entscheiden ließen. Die angeführten Rechtsfragen weisen keine besondere rechtliche Schwierigkeit auf. Sie lassen sich bei Heranziehung der gängigen juristischen Auslegungsmethodik lösen oder sind in der obergerichtlichen Rechtsprechung bereits geklärt. Die Zulassung der Berufung wegen besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten scheidet daher aus.
C.
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt ebenfalls nicht vor.
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher höchstrichterlich oder – bei tatsächlichen Fragen oder nicht revisiblen Rechtsfragen – durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt, aber klärungsbedürftig und über den zu entscheidenden Fall hinaus bedeutsam ist (stRspr, vgl. z.B. BayVGH, B.v. 21.11.2019 – 4 ZB 19.1671 – juris Rn. 10 m.w.N.). Um den auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren sowie deren (2.) Klärungsfähigkeit, (3.) Klärungsbedürftigkeit und (4.) allgemeine Bedeutung substantiiert darlegen (BayVGH, B.v. 7.2.2017 – 14 ZB 16.1867 – juris Rn. 15 m.w.N.).
Die Klägerin hält für grundsätzlich klärungsbedürftig „die Frage der objektiv richtigen Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs der „Doppelseite“ in der Hilfsmittelbekanntmachung“ (1), „ob an die Bestimmtheit einer Regelung geringere Anforderungen zu stellen sind, wenn es sich … um eine Regelung handelt, die nicht selbst Pflichten des Adressaten begründet, sondern ihn begünstigt oder anderweitig statuierte Pflichten reduziert bzw. ermäßigt“ (2), sowie „ob die dargestellte ‚Inkohärenz‘ und die daraus folgende Nichterreichung – eben: – möglichst gleicher äußerer Prüfungsbedingungen auch wirklich mit der prüfungsrechtlichen Chancengleichheit übereinstimmt“ (3).
Diese Fragen erfordern nicht die Durchführung eines Berufungsverfahrens, denn sie können ohne Weiteres im Rahmen des Zulassungsverfahrens beantwortet werden. Die Fragen sind gemessen an den oben dargestellten Grundsätzen nicht klärungsbedürftig. Frage 2 ist bereits – wie ausgeführt – in der Rechtsprechung geklärt (vgl. BVerfG, B.v. 28.11.1991 – 2 BvR 1772.89 – juris Rn. 4; B.v. 4.6.2012 – 2 BvL 9/08 juris Rn. 102, 106; BayVGH, U.v. 3.7.1993 – 3 B 93.48 – BeckRS 1993, 970). Frage 1 kann schon deshalb nicht zur Zulassung der Berufung führen, weil es auf ihre Beantwortung im vorliegenden Fall nicht entscheidungserheblich ankommt. Im Übrigen kann sie – ebenso wie Frage 3 – unter Anwendung der anerkannten juristischen Auslegungsregeln beantwortet werden (vgl. die Ausführungen unter A). Die Durchführung eines Berufungsverfahrens wegen grundsätzlicher Bedeutung ist daher nicht erforderlich.
Darüber hinaus können die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen bereits deshalb nicht zur Zulassung der Berufung führen, weil sie sich erkennbar ausschließlich auf Nr. 4.1 Satz 2 Alt. 1 der Hilfsmittelbekanntmachung EJS beziehen. In Bezug auf die weiteren selbständig tragenden Gründe zeigt die Klägerin keinen Zulassungsgrund durchgreifend auf.
D.
Es kann dahinstehen, ob sich der geltend gemachte Zulassungsgrund der Divergenz (§ 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO) auf alle tragenden Begründungen des Verwaltungsgerichts beziehen soll. Hierzu verhält sich die Klägerin nicht. Jedenfalls ist eine Divergenz nicht hinreichend im Sinne von § 124 Abs. 4 Satz 4 VwGO dargelegt.
Die Darlegung der Divergenz erfordert nicht nur die genaue Benennung des Divergenzgerichts und die zweifelsfreie Angabe seiner Divergenzentscheidung. Darzulegen ist auch, welcher tragende Rechts- oder Tatsachensatz in dem Urteil des Divergenzgerichts enthalten ist und welcher bei der Anwendung derselben Rechtsvorschrift in dem angefochtenen Urteil aufgestellte tragende Rechts- oder Tatsachensatz dazu in Widerspruch steht. Die divergierenden Sätze müssen einander so gegenübergestellt werden, dass die Abweichung erkennbar wird (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 20.12.1995 – 6 B 35.95 – NVwZ-RR 1996, 712/713; B.v. 17.7.2008 – 9 B 15.08 – NVwZ 2008, 1115 Rn. 22 m.w.N.; Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 73 m.w.N.).
Diesen Anforderungen wird die Zulassungsbegründung bereits nicht gerecht. Die Klägerin macht zwar eine Abweichung des erstinstanzlichen Urteils vom Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 27. Februar 2019 – 6 C 3.18 – geltend. Sie zeigt jedoch insbesondere keinen von einem tragenden Rechts- oder Tatsachensatz des Bundesverwaltungsgerichts abweichenden Rechts- oder Tatsachensatz im angefochtenen Urteil auf, sondern rügt allenfalls eine unzureichende Anwendung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts.
E.
Auch wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) kommt die Zulassung der Berufung nicht in Betracht.
Mit ihrem Vorbringen, das Verwaltungsgericht stütze seine Entscheidung auch darauf, dass – zusätzlich zu den bisher bekannten – zwei weitere doppelte Unterstreichungen vorgelegen hätten, ohne dies in der mündlichen Verhandlung thematisiert zu haben, rügt die Klägerin sinngemäß die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Unabhängig davon, ob die Klägerin insoweit ihren Darlegungspflichten nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nachkommt, kann diese Rüge nicht zur Zulassung der Berufung führen, da sie hierzu im Zulassungsverfahren aufgrund des Hinweises des Senats vom 14. Oktober 2020 ausreichend Gelegenheit zur Stellungnahme hatte. Zudem greifen hinsichtlich der weiteren selbständig tragenden Begründungen des Verwaltungsgerichts die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht durch, so dass das Urteil des Verwaltungsgerichts nicht auf dem behaupteten Verfahrensfehler beruhen kann.
F.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 36.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit (abgedruckt in Eyermann, VwGO) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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