Verwaltungsrecht

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Aktenzeichen  RN 9 K 21.1624

Datum:
1.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 8205
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage, über die mit Zustimmung der Beteiligten gemäß § 101 Abs. 2 VwGO entschieden wird, hat keinen Erfolg.
1. Es stellt sich bereits die Frage, ob die Klage zulässig ist.
Dem Gericht liegt ein Schreiben des Klägers vor, wonach dieser keinerlei Interesse mehr an rechtlichen Schritten hat und seine Bevollmächtigte bittet, bereits gestellte Anträge und Verfahren zurückzunehmen bzw. zu beenden. Zwar ist das Schreiben nicht unterzeichnet; gleichwohl drängt sich – wovon auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seinem Beschluss vom 13. Dezember 2021 (19 CS 21.2727) ersichtlich ausgeht – auf, dass es sich hierbei tatsächlich um ein Schreiben des Klägers handelt. Auf die damit verbundene Frage, ob hieraus ein Entfall des Rechtsschutzbedürfnisses abgeleitet werden kann, kommt es jedoch aus den nachfolgenden Gründen nicht an.
Die Klage erweist sich deshalb als unzulässig, weil der derzeitige Aufenthalt des Klägers bzw. dessen Anschrift unbekannt ist. Ausweislich der Grenzübertrittsbescheinigung vom 18. November 2021 hat der Kläger an diesem Tag freiwillig das Bundesgebiet verlassen. Die seitens der Bevollmächtigten zunächst vorgetragene Behauptung, dass die ladungsfähige Anschrift sich nicht geändert habe, kann damit keinen Bestand haben, zumal nichts dafür ersichtlich ist, dass der Kläger zwischenzeitlich wieder ins Bundesgebiet eingereist ist und an seiner bisherigen Meldeadresse Wohnsitz genommen hat. Im Gegenteil wurde der Kläger nach Mitteilung der Beklagten vom 27. Januar 2022 von dieser zum Tag seiner freiwilligen Ausreise am 18. November 2021 abgemeldet und bestätigt auch die Bevollmächtigte in ihrem Schreiben vom 27. Januar 2022 selbst, die aktuelle Anschrift des Klägers nicht zu kennen. Binnen der gemäß § 82 Abs. 2 Satz 1, 2 i.V.m. Abs. 1 Satz 1 VwGO gesetzten Frist und auch danach wurde seitens der Bevollmächtigten keine ladungsfähige Anschrift des Klägers mitgeteilt. Sofern sich die Bevollmächtigte auf jedenfalls „schwer zu beseitigende“ Schwierigkeiten beruft, die einer Mitteilungspflicht bezüglich der ladungsfähigen Anschrift entgegenstehen sollen, bleibt zunächst festzuhalten, dass es in die anwaltliche Vertretung fällt, den Mandanten über notwendige Formalitäten in Kenntnis zu setzen; aus Sicht der Bevollmächtigten besteht das Mandatsverhältnis zudem fort. Vor allem aber gehört zur Bezeichnung des Klägers auch die Angabe seiner ladungsfähigen Anschrift (vgl. § 117 Abs. 2 Nr. 1 und § 130 Nr. 1 ZPO; BVerwG NJW 1999, 2608; BayVGH, BeckRS 2018, 30669; VGH Mannheim NVwZ-RR 2006, 151 (152)), unter der er tatsächlich zu erreichen ist (auch bei Vertretung durch einen Prozessbevollmächtigten, BayVGH, AuAS 2003, 164; BeckRS 2007, 30740; auch im Normenkontrollverfahren OVG Münster BauR 2009, 1572). Dadurch wird nicht nur seine Identität und Erreichbarkeit für gerichtliche Verfügungen und Entscheidungen (vgl. § 56 Abs. 1 VwGO) sichergestellt, der Kläger steht so auch für gerichtliche Nachfragen zu entscheidungserheblichen Tatsachen zur Verfügung. Zudem sichert diese Angabe seine Kostentragungspflicht und deren Durchsetzung ab (OVG Münster NVwZ-RR 1997, 390; aA VGH Kassel NJW 1990, 140). Kommt der Kläger einer gerichtlichen Aufforderung, seine aktuelle Anschrift mitzuteilen, nicht nach, so ist sein Rechtsschutzgesuch grundsätzlich unzulässig (OVG Münster NVwZ-RR 1994, 124). Nur ausnahmsweise kann auf diese Angabe verzichtet werden, wenn sie dem Kläger unmöglich (zu Obdachlosen Gusy JuS 1992, 28 ff.) oder unzumutbar ist (BVerfG NJW 1996, 1272). Die Angabe eines Postfachs genügt nicht, weil es so an einer unmittelbaren Erreichbarkeit fehlt (BVerwG NJW 1999, 2608). Wird die Wohnungsanschrift des Klägers im Verlaufe des Berufungsverfahrens unbekannt, so ist seine Berufung wegen Unzulässigkeit zu verwerfen (OVG Hamburg NJW 2006, 3082; BayVGH, BeckRS 2007, 30740; BeckOK VwGO/Peters, 59. Ed. 1.10.2021, VwGO § 82 Rn. 3). In diesem Sinne ist vorliegend weder eine Unzumutbarkeit noch eine Unmöglichkeit gegeben. Durch die Ausreise des Klägers in seinen Heimatstaat bleibt eine Aufrechterhaltung des Kontakts mit seiner anwaltlichen Vertretung mittels moderner Kommunikationsmittel ohne weiteres möglich. Dass es vorliegend an weiterem Kontakt fehlt, lässt nicht auf schwer zu beseitigende Schwierigkeiten schließen, sondern vielmehr darauf, dass seitens des Klägers kein Interesse an einer Rechtsverfolgung sowie an der Aufrechterhaltung des Mandatsverhältnisses mit seiner Bevollmächtigten mehr besteht.
2. Unabhängig davon ist die Klage jedenfalls unbegründet.
Der Bescheid der Stadt S. vom 13. Juli 2021 erweist sich als rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, da diesem kein Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis nach § 19c Abs. 1 AufenthG i.V.m. § 26 Abs. 2 BeschV zukommt (§ 113 Abs. 5 VwGO) und sich die angeordneten Maßnahmen auch im Übrigen als rechtmäßig erweisen (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Insofern wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die ausführliche Begründung im Gerichtsbescheid vom 21. Oktober 2021 verwiesen (vgl. § 117 Abs. 5 VwGO).
Der Vortrag der Bevollmächtigten im weiteren Verlauf des gerichtlichen Verfahrens hat keine neuen Erkenntnisse erbracht, die eine andere Beurteilung rechtfertigen würden. Insbesondere vermag die zwischenzeitlich von der Bevollmächtigten gestellte Strafanzeige gegen die das Strafverfahren gegen den Kläger führende Richterin am Amtsgericht S. zum vorliegend maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. z.B. Eyermann/Schübel-Pfister, 15. Aufl. 2019, VwGO § 113 Rn. 57) keine andere Entscheidung zu begründen. Insofern erscheint schon äußerst zweifelhaft, ob dem Kläger die Strafanzeige der Bevollmächtigten gegenüber der Richterin am Amtsgericht S. überhaupt bekannt ist und sie seinem Willen entspricht. Entgegen der Ansicht der Bevollmächtigten bleiben der Ausgang der Strafanzeige gegen die Richterin am Amtsgericht S. sowie der von der Bevollmächtigten angesprochene Abschluss der Strafverfahren gegen den Kläger für vorliegendes Verfahren schon deshalb ohne Belang, weil der Kläger – unabhängig von einer Strafbarkeit seines Verhaltens – durch sein Verhalten als solches objektiv gegen die Rechtsordnung in Form von §§ 29 und 31 Fahrerlaubnisverordnung (FeV) verstoßen hat und damit ein schwerwiegendes Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 9 AufenthG erfüllt. Hierzu wurde bereits im Gerichtsbescheid ausführlich ausgeführt. Ergänzend bleibt festzustellen, dass der Kläger durch seine freiwillige Ausreise die sich mit einer Abschiebung aus Ziffer 2) des streitgegenständlichen Bescheids verbundene Folge eines Einreise- und Aufenthaltsverbots gerade vermieden hat. Aus welchen Motiven der Kläger, der nach Angaben seiner Bevollmächtigten ohnehin in sein Heimatland zurückkehren wollte, freiwillig ausgereist ist, bleibt letztlich ohne Belang.
Danach war die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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