Verwaltungsrecht

Die Frage der Schutzalternativen in Afghanistan ist nicht der allgemeinen Klärung zugänglich

Aktenzeichen  13a ZB 17.31033

Datum:
2.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 133244
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3e

 

Leitsatz

Der Frage, ob in Afghanistan interne Schutzalternativen bestehen, kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil sie wesentlich von den Umständen des Einzelfalls abhängt und deshalb einer grundsätzlichen Klärung nicht zugänglich ist.  (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 17 K 17.32936 2017-06-27 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 27. Juni 2017 ist unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG nicht vorliegen.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Dieser Zulassungsgrund setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung war, ihre Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36).
Der Kläger hält für klärungsbedürftig, „ob eine inländische Fluchtalternative in Afghanistan im Hinblick auf … die bestehende Sicherheitslage gegeben ist.“ Er habe keinerlei Familienangehörige in Afghanistan. Im Falle einer Rückführung wären mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit seine elementaren Lebensbedürfnisse nicht sichergestellt. Seine rechte Hand sei in der Funktionsfähigkeit sehr eingeschränkt, so dass die Möglichkeit der Ausübung seines Berufs als Automechaniker sehr fraglich sei. Auch drohe ihm Gefahr von den Taliban. In ganz Afghanistan komme kein interner Schutz in Betracht. Wegen einer Schlüsselbeinfraktur sei er im August 2017 außerdem in stationärer Behandlung gewesen. Hinzu kämen die psychischen Probleme seines Bruders, von dem er nicht getrennt werden solle.
Der Frage, ob in Afghanistan Schutzalternativen im Sinn von § 3e AsylG bestehen, kommt bereits deswegen keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil sie einer allgemeinen Klärung nicht zugänglich ist. Ihre Beantwortung hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den individuellen Verhältnissen des Klägers ab, vgl. § 3e Abs. 2 AsylG i.V.m. Art. 4 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit internationalem Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes vom 13. Dezember 2011 (Qualifikationsrichtlinie oder Anerkennungsrichtlinie), die Normen für die Anerkennung als Flüchtling und für den Flüchtlingsstatus festlegt. Die fehlende grundsätzliche Bedeutung ergibt sich auch deutlich aus den Ausführungen im Zulassungsantrag. Diese stellen ersichtlich auf die den Kläger betreffenden konkreten Umstände in Hinblick auf die Verfolgungssicherheit und die Erwerbsmöglichkeiten ab.
Im Übrigen geht der Bayerischen Verwaltungsgerichtshof weiterhin davon aus, dass in keiner Region Afghanistans die Voraussetzungen einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG vorliegen (BayVGH, B.v. 14.8.2017 – 13a ZB 17.30807 – juris; B.v. 28.3.2017 – 13a ZB 17.30212 – juris) und auch die Situation in Afghanistan nicht derart ist, dass für aus dem europäischen Ausland zurückkehrende afghanische Staatsangehörige im Allgemeinen eine extreme Gefahrenlage anzunehmen wäre, die zu einem Abschiebungsverbot in entsprechender Anwendung von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde (BayVGH, B.v. 21.8.2017 – 13a ZB 17.30529 – juris; B.v. 11.4.2017 – 13a ZB 17.30294 – juris). Ebenso wenig stellt eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK dar (BayVGH, B.v. 21.8.2017 a.a.O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.


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