Verwaltungsrecht

Disziplinarklage gegen Konrektor, Untreue durch viermaligen Zugriff auf das Schulkonto, 3.000 Euro Schadenshöhe, Entfernung aus dem Beamtenverhältnis

Aktenzeichen  16a D 19.2098

Datum:
27.4.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 12078
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDG Art. 10, 11
StGB § 266, § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 4

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 19L DK 18.6098 2019-09-25 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 25. September 2019 wird abgeändert. Gegen den Beklagten wird auf die Disziplinarmaßnahme der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis erkannt.
II. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Gründe

Der Senat macht von der in Art. 64 Abs. 1 Satz 2 BayDG i.V.m. § 125 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 101 Abs. 2 VwGO eröffneten Möglichkeit Gebrauch und entscheidet über die Berufung ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung, nachdem die Beteiligten hierauf verzichtet haben.
Die zulässige Berufung des Klägers ist erfolgreich. Wegen des begangenen innerdienstlichen Dienstvergehens war nicht auf die vom Verwaltungsgericht ausgesprochene Disziplinarmaßnahme der Zurückstufung in das Amt eines Lehrers (BesGr A 12) zu erkennen, sondern die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis auszusprechen.
1. In tatsächlicher Hinsicht steht zur Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte die ihm vorgeworfenen Dienstpflichtverletzungen, wie sie der Disziplinarklage zugrunde liegen und Gegenstand der rechtskräftigen Verurteilung durch das Amtsgericht Kaufbeuren mit Strafbefehl vom 17. August 2017 sind, begangen hat. Dessen tatsächliche Feststellungen sind zwar für den Senat nicht bindend. Allerdings ist die Indizwirkung des Strafbefehls nicht nur im Hinblick auf die Erfüllung des objektiven, sondern auch des subjektiven Tatbestands der Untreue (in vier selbstständigen Fällen) im besonders schweren Fall (§ 266 Abs. 1 und 2, § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 4, § 53 StGB) nicht entkräftet; die Qualifikation ergibt sich dabei aus der Eigenschaft des Beklagten als Amtsträger. Seine noch vor dem Verwaltungsgericht vorgebrachten Einwendungen und Erwägungen gegen eine vorsätzliche Erfüllung des Untreuetatbestands, mit denen sich das angefochtene Urteil auseinandersetzt und sie im Ergebnis für „nicht schlüssig“ (UA S. 8 f. 2.2) hält, werden im Berufungsverfahren nicht mehr thematisiert. Der Senat folgt insoweit der Darstellung im angefochtenen Urteil und macht sie sich zu eigen, ohne dass in dieser Hinsicht weitere Ausführungen veranlasst wären.
Der Beklagte hat durch die Begehung der vier rechtlich selbstständigen Untreuetaten gegen die ihm obliegende Dienstpflicht verstoßen, durch sein Verhalten innerhalb des Dienstes der Achtung und dem Vertrauen gerecht zu werden, die sein Beruf erfordert (§ 34 Satz 3 BeamtStG i.d.F. bis 6.7.2021), und sein Amt uneigennützig zu führen (§ 34 Satz 2 BeamtStG i.d.F. bis 6.7.2021). Mit den genannten Pflichtverletzungen hat der Beklagte innerdienstliche Dienstvergehen gemäß § 47 Abs. 1 BeamtStG begangen, denn das pflichtwidrige Verhalten war in sein Amt als Konrektor und in seine dienstlichen Pflichten eingebunden (BVerwG, U.v. 15.11.2018 – 2 C 60.17 – juris Rn. 19).
2. Nach Art. 14 Abs. 1 BayDG ist die Entscheidung über die Disziplinarmaßnahme nach der Schwere des Dienstvergehens und unter angemessener Berücksichtigung des Persönlichkeitsbildes des Beamten sowie des Umfangs der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit zu treffen. Das Gewicht der Pflichtverletzung ist danach Ausgangspunkt und richtungsweisendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme. Dies beruht auf dem Schuldprinzip und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, die auch im Disziplinarverfahren Anwendung finden. Die gegen den Beamten ausgesprochene Disziplinarmaßnahme muss unter Berücksichtigung aller be- und entlastenden Umstände des Einzelfalls in einem gerechten Verhältnis zur Schwere des Dienstvergehens und zum Verschulden des Beamten stehen (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 – 2 C 6.14 – juris Rn. 12 m.w.N.).
2.1 Da die Schwere des Dienstvergehens nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 BayDG maßgebendes Bemessungskriterium für die Bestimmung der erforderlichen Disziplinarmaßnahme ist, muss das festgestellte Dienstvergehen nach seiner Schwere einer der im Katalog des Art. 6 Abs. 1 BayDG aufgeführten Disziplinarmaßnahmen zugeordnet werden. Bei der Auslegung des Begriffs „Schwere des Dienstvergehens“ ist maßgebend auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen. Hierfür können bestimmend sein: objektive Handlungsmerkmale (insbesondere Eigenart und Bedeutung der Dienstpflichtverletzung, z.B. Kern- oder Nebenpflichtverletzungen, sowie besondere Umstände der Tatbegehung, z.B. Häufigkeit und Dauer eines wiederholten Fehlverhaltens), subjektive Handlungsmerkmale (insbesondere Form und Gewicht der Schuld des Beamten, Beweggründe für sein Verhalten) sowie unmittelbare Folgen des Dienstvergehens für den dienstlichen Bereich und für Dritte (stRspr, etwa BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 16; BayVGH, U.v. 9.12.2020 – 16a D 19.2059 – juris Rn. 40 f.: Veruntreuung von Spendengeldern durch Grundschulrektorin).
Zur Bestimmung des Ausmaßes des Vertrauensschadens, der durch eine vom Beamten vorsätzlich begangene Straftat hervorgerufen worden ist, greift der Senat auch bei innerdienstlich begangenen Straftaten auf den festzustellenden Strafrahmen zurück und folgt damit der höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O.; B.v. 5.7.2016 – 2 B 24.16 – juris Rn. 14).
Vorliegend stellen die Handlungen, welche dem Strafbefehl vom 17. August 2017 zugrunde liegen, schon im Hinblick auf den zur Anwendung kommenden Strafrahmen schwere Dienstpflichtverletzungen dar. Für jede der vier festgestellten Straftaten ist nach § 266 Abs. 1 und 2, § 263 Abs. 3 Satz 1, 2 Nr. 4, § 53 StGB ein Strafrahmen von sechs Monaten bis zu zehn Jahren eröffnet. Begeht ein Beamter innerdienstlich eine Straftat, für die das Strafgesetz als Strafrahmen eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren vorsieht – hier sind es bis zu zehn Jahre -, reicht der Orientierungsrahmen für die mögliche Disziplinarmaßnahme bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. juris Rn. 20).
2.2 Die in Ausfüllung dieses Rahmens zu treffende Bemessungsentscheidung nach Maßgabe des Art. 14 BayDG führt hier zur Entfernung des Beklagten aus dem Beamtenverhältnis. Im Hinblick auf das erhebliche Gewicht der Vorsatzstraftaten geht der Senat von einem endgültigen Vertrauensverlust der Allgemeinheit aus, der unabhängig vom konkret ausgeübten Amt zu einer Untragbarkeit der Weiterverwendung als Beamter führt (vgl. BVerwG, U.v. 10.12.2015 a.a.O. Rn. 12, 13). Das Verwaltungsgericht hat zwar zu Recht das Vorliegen eines der von der Rechtsprechung anerkannten („klassischen“) Milderungsgründe verneint; insbesondere liegt nicht der Milderungsgrund einer unverschuldeten, aus einer ausweglos erscheinenden wirtschaftlichen Notlage heraus begangenen Tat vor, ebenso wenig kann ein tätiges Abrücken des Beklagten von seiner Tat durch eine freiwillige Wiedergutmachung des Schadens oder die Offenbarung des Fehlverhaltens jeweils vor der Aufdeckung festgestellt werden (vgl. z.B. BayVGH, U.v. 30.1.2013 – 16b D 12.71 – juris Rn. 114).
Allerdings geht das Verwaltungsgericht im Rahmen der anzustellenden Gesamtwürdigung sämtlicher be- und entlastender Umstände davon aus, dass die den Fall kennzeichnenden und zugunsten des Beklagten sprechenden Umstände in ihrer Gesamtheit das Gewicht eines anerkannten Milderungsgrundes hätten und damit die entgegenstehenden Erschwerungsgründe überwögen (vgl. BVerwG, U.v. 23.2.2012 – 2 C 38.10 – juris; BayVGH, U.v. 30.1.2013 a.a.O. Rn. 115). Dieser Auffassung vermag der Senat nicht zu folgen.
2.2.1 Die vom Verwaltungsgericht genannten Milderungsgründe schlagen bei genauerer Betrachtung nicht in erheblicher Weise zu Buche. Die im Rahmen der erforderlichen Gesamtschau für den Beamten sprechenden Entlastungsgründe haben allesamt kein derartiges Gewicht, dass von der Verhängung der Höchstmaßnahme abgesehen werden könnte.
So ist der Hinweis auf die pflichtgemäße Dienstausübung des Beklagten, die ihren Ausdruck in verschiedenen Leistungsprämien sowie in der zuletzt vorgelegten positiven „Einschätzung der dienstlichen Leistungen“ durch das Staatliche Schulamt vom 18. März 2020 (Bl. 74 VGH-Akte) gefunden hat, für sich gesehen nicht geeignet, den gravierenden Pflichtenverstoß in einem milderen Licht erscheinen zu lassen (BVerwG, B.v. 12.2.2019 – 2 B 6.19 – juris Rn. 4). Die gewissenhafte Erfüllung der dem Beklagten obliegenden Aufgaben unter Bereitschaft zu vollem Einsatz seiner Arbeitskraft stellt eine grundlegende Selbstverständlichkeit jeglicher Tätigkeit im Schuldienst dar. Entsprechendes gilt für die Aussage, der Beklagte sei in 25 Jahren Schuldienst bisher weder straf- noch disziplinarrechtlich aufgefallen und habe trotz seit langem vorhandener finanzieller Probleme „nie vorher auf öffentliche Gelder zugegriffen“.
Auch das vom Staatlichen Schulamt auf einer Seite erstellte „Persönlichkeitsbild“ (vom 10. Oktober 2018) enthält keine durchschlagenden Anhaltspunkte, die Anlass geben könnten, von einer Entfernung des Beklagten abzusehen. Im Übrigen befasst sich die schriftliche Darstellung nicht mit der Persönlichkeit des Beklagten, sondern stellt – in sehr zurückhaltender Art und Weise („ist…bemüht, seinen Dienstpflichten…in vollem Umfang nachzukommen“) – seinen dienstlichen Werdegang und seine Leistungen in der Vergangenheit dar, ohne sich darüber zu äußern, ob in Zukunft ein beanstandungsfreies dienstliches Verhalten zu erwarten ist.
Ebenso wenig kann der Beklagte zu seinen Gunsten den Umstand anführen, er habe sich in einer beruflichen Belastungs- und Überforderungssituation befunden, in der er keine ausreichende Unterstützung durch das Staatliche Schulamt erfahren habe. Hierzu ist festzustellen, dass zum einen nicht nachvollziehbar ist, inwiefern dieser Umstand in einem kausalen Verhältnis zu den Untreuetaten steht, die offenbar durch die wirtschaftlich desolate Situation des Beklagten motiviert waren, nicht jedoch durch die angegebene berufliche Überlastung. Auch dass seine Besoldung als Konrektor hinter dem tatsächlich wahrgenommenen Amt als Leiter einer Grundschule zurückblieb, kann nicht als mildernder Umstand betrachtet werden.
Der schon zwei Wochen nach der letzten Tat – von der Ehefrau des Beklagten und seinen Eltern – am 14./15. November 2016 geleistete Schadensausgleich (3.000 Euro) ist ebenfalls nicht geeignet, die Taten in einem milderen Licht erscheinen zu lassen. Denn dazu ist der Beamte ohnehin sowohl dienst- als auch zivilrechtlich verpflichtet (BayVGH, U.v. 15.7.2009 – 16a D 07.2001 – juris Rn. 120; BVerwG, U.v. 22.2.2005 – 1 D 30.03 – juris Rn. 79). Zudem ist der Beamte nach den Erfahrungen des Senats in ähnlich gelagerten Disziplinarsachen, in denen dem disziplinarischen Vorwurf eine Vermögensstraftat zugrunde liegt, regelmäßig um eine schnelle Wiedergutmachung des finanziellen Schadens bemüht, um durch die Rückgängigmachung der Folgen seiner Straftat diese in gewisser Weise „ungeschehen“ zu machen.
Die Auffassung des Verwaltungsgerichts, der Beklagte habe den Schaden schon „zu einem Zeitpunkt ausgeglichen, als ihm die straf- und disziplinarrechtliche Tragweite seiner Tat noch nicht bewusst sein konnte“ (UA S. 13, 14), teilt der Senat nicht. Zum einen kann es für das Vorliegen eines Milderungsgrundes nicht darauf ankommen, ob dem Beamten die gesamte „Tragweite seiner Tat“ und deren straf- und disziplinarrechtliche Konsequenzen vor Augen stand oder nicht. Denn dabei handelt es sich um einen rein subjektiven Gesichtspunkt. Der gesamten Tragweite seiner Tat dürfte sich ein Beamter darüber hinaus in der Regel erst während des bereits laufenden Disziplinarverfahrens und damit zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt bewusst werden. Zum anderen wurde der Beklagte – wie bereits ausgeführt – von der Schulsekretärin bereits nach der zweiten Untreuehandlung im Oktober 2016 auf die Vorgänge angesprochen und um weitere Aufklärung gebeten (vgl. Bl. 79 Strafakte); am 7. November 2016 hat schließlich ein Gespräch zwischen ihm, seiner Stellvertreterin und zwei Schulsekretärinnen stattgefunden, in dessen Folge das Schulamt eingeschaltet wurde. Spätestens nach diesem Gespräch musste der Beklagte davon ausgehen, dass sein Fehlverhalten nicht ohne weitere Konsequenzen bleiben würde; auch deshalb kann die erst Mitte November und unter dem Druck der Einschaltung des Schulamts erfolgte Schadenswiedergutmachung nicht als freiwillig angesehen werden.
Keinen Milderungsgrund bedeutet der vom Verwaltungsgericht (UA S. 14, 15 Rn. 47) hervorgehobene Gesichtspunkt, die verhängte Zurückstufung des Beklagten in die Besoldungsgruppe A 12 (ohne Amtszulage) wirke sich für ihn letztlich wie eine Zurückstufung um zweieinhalb Stufen aus, weil er ohne Disziplinarverfahren bereits die Besoldungsgruppe A 14 (mit Amtszulage) erreicht hätte. Diese Überlegung, deren Tragfähigkeit hier offenbleiben soll, kann jedenfalls bei der Frage nach der angemessenen Disziplinarmaßnahme (Entfernung oder Zurückstufung) keine Rolle spielen, weil sie sich schon nicht auf be- oder entlastende Umstände bezieht. Vielmehr kann sie Bedeutung erst im Rahmen von Art. 10 Abs. 1 Satz 1 BayDG bei der Frage gewinnen, in welches Amt mit geringerem Endgrundgehalt der Beamte zurückzustufen ist.
Die zwischenzeitlich nach den Taten offenbar erreichte, im Berufungsverfahren nachgewiesene Konsolidierung der finanziellen Situation des Beklagten ist sicherlich zu begrüßen und kann als für ihn sprechender Umstand angesehen werden. Gleichwohl gilt auch hier, dass das durch ein bestimmtes Verhalten endgültig zerstörte Vertrauen in den Beamten grundsätzlich nicht durch ein im Laufe des anschließenden Disziplinarverfahrens gezeigtes (Nachtat-)Verhalten wiederhergestellt werden kann. Insoweit geht die Anmerkung des Klägers, das Fehlen einer Wiederholungsgefahr sei „nur bei einer konsolidierten finanziellen Situation des Beklagten plausibel“, an der Sache vorbei. Im Übrigen ist auch dann keineswegs ausgeschlossen, dass er wieder in alte Verhaltensmuster zurückfallen und gleich aus welchen Gründen über seine finanziellen Verhältnisse leben könnte. Auch als Grundschullehrer ist er – wenn auch in sehr kleinem Rahmen – zum Umgang mit Geld seiner Schüler (z. B. im Rahmen von Klassenfahrten oder -einkäufen) berechtigt und verpflichtet.
2.2.2 All diese Aspekte – soweit sie überhaupt als den Beklagten entlastende Umstände in Betracht kommen – sind auch im Rahmen einer Gesamtschau nicht ausreichend gewichtig, um auf die ausgesprochene Zurückstufung in das Eingangsamt als angemessene Disziplinarmaßnahme zu erkennen. Für den Senat stellt sich demgegenüber als erheblicher Erschwerungsgrund die dienstliche Stellung des Beklagten als Konrektor (und faktischer Leiter) einer Grundschule und die ihm in dieser Funktion zukommende Vorgesetzten- und Vorbildfunktion für die Kollegenschaft dar. Anders als bei Beamten in untergeordneter Dienststellung wirkt sich die Verletzung innerdienstlicher Pflichten – insbesondere solcher, die mit der Betreuung von Finanzmitteln der Schule zusammenhängen – durch Vorgesetzte erheblich negativer auf das Ansehen einer Schulverwaltung in der Öffentlichkeit und auf die innerschulische Dienstmoral aus. Die ordnungsgemäße Betreuung von Schulgeldern und ihre Verwendung ausschließlich zu schulischen Zwecken gehört zu den Kernpflichten eines (auch faktischen) Schulleiters. Gegen diese Pflicht hat der Beklagte nicht nur einmal verstoßen. Auch die Höhe der Schadenssumme bewegt sich nicht mehr im Bereich der Geringwertigkeit und kann daher nicht als marginal bezeichnet werden.
Als den Beklagten weiter erheblich belastender Umstand ist anzusehen, dass er nach den ersten zwei Geldabhebungen (am 4. und 7.10.2016) und auf die Mahnungen der Schulsekretärin im Oktober 2016 hin, die beiden Belege über die Abhebungen vorzulegen und deren Hintergründe zu erläutern, zunächst Zeit gewinnen wollte, die er dann genutzt hat, um während der Herbstferien (am 31.10. und 2.11.2016) zwei weitere Abhebungen vorzunehmen. Der Beklagte hat also nicht von den beiden weiteren Untreuehandlungen Abstand genommen, obwohl er damit rechnen musste, dass sein strafrechtlich relevantes Verhalten auch wegen der durch die Schulsekretärin erfolgten Information seiner Stellvertreterin nicht mehr im Verborgenen bleiben würde. Das hierin liegende kriminelle Verhalten, das wohl zum erheblichen Teil seiner schlechten finanziellen Situation geschuldet war, über die sich der Beklagte weder im Straf- noch im Disziplinarverfahren eingelassen hat, die aber durch die vorgelegten Bankauskünfte über die verschiedenen Kreditkartenkonten belegt ist, muss erheblich zu seinen Lasten gewertet werden. Das Verwaltungsgericht hat sich mit der dargestellten Zäsur und der dennoch erfolgten Fortführung des Untreuegeschehens nicht auseinandergesetzt.
Damit stellt sich die Entlassung aus dem Beamtenverhältnis aufgrund der erheblichen Erschwerungsgründe als schuldangemessen und im Hinblick auf die Schwere des Dienstvergehens und des damit einhergehenden Vertrauensschadens – auch unter Berücksichtigung der privaten Situation – als verhältnismäßig dar. Weitere Ausführungen zur Verhältnismäßigkeit der Entfernung aus dem Beamtenverhältnis sind nicht veranlasst; insoweit folgt der Senat der zutreffenden Darstellung in der Disziplinarklage (S. 14,15/2.) und macht sie sich zu eigen.
3. Schließlich ermöglicht auch der vom Beklagten zuletzt erhobene Vorwurf der „überlangen Verfahrensdauer“ (Bl. 70 VGH-Akte) keine mildere Disziplinarmaßnahme. Unabhängig von der Frage, ob im vorliegenden Fall bereits eine überlange Dauer des Verfahrens im Sinn von Art. 6 Abs. 1 Satz 1 EMRK angenommen werden kann, bliebe dieser Umstand zugunsten des Beamten unberücksichtigt, weil seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis geboten ist und daher das zerstörte Vertrauen nicht durch Zeitablauf und auch nicht durch eine verzögerte disziplinarrechtliche Sanktionierung schwerwiegender Pflichtenverstöße wiederhergestellt werden kann (stRspr, BVerwG, U.v. 28.2.2013 – 2 C 3.12 – juris Rn. 44, 53; BVerfG, B.v. 28.1.2013 – 2 BvR 1912/12 – juris Rn. 6).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf Art. 72 Abs. 1 BayDG.


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