Verwaltungsrecht

Duldung anderweitiger Unterbringung von Katzen nach deren Fortnahme

Aktenzeichen  9 CS 16.287

Datum:
14.4.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 45108
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
§§ 2, 16aTierSchG

 

Leitsatz

1 Die Aufbewahrung von Katzen in einem Fahrzeug über einen längeren Zeitraum (hier mindestens zwei Stunden), ohne dass eine ausreichende Luftzufuhr gewährleistet war, rechtfertigt die Fortnahme und anderweitige pflegliche Unterbringung der Tiere. (redaktioneller Leitsatz)
2 Liegen die tierschutzrechtlichen Voraussetzungen für die Fortnahme und anderweitige Unterbringung von Tieren vor, hat der Tierhalter die Fortnahme zu dulden und die Kosten der anderweitigen Unterbringung zu tragen. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 1 S 15.1728 2016-01-15 Ent VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin wendet sich im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die für sofort vollziehbar erklärten tierschutzrechtlichen Anordnungen aus dem Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. Oktober 2015. In Nr. 1 des Bescheidstenors wurde die mündlich angeordnete Wegnahme von 30 Katzen bestätigt. Der Antragstellerin wurde weiterhin auferlegt, die Unterbringung der 30 Katzen im Tierheim zu dulden (Nr. 2 des Bescheidstenors) und die Kosten der Unterbringung zu tragen (Nr. 3 des Bescheidstenors). Des Weiteren wurde der Antragstellerin das Halten (Nr. 4 des Bescheidstenors) und Betreuen (Nr. 5 des Bescheidstenors) von Tieren jeder Art untersagt. Ihr bleibt es nach Nr. 6 des Bescheidstenors vorbehalten, die Katzen bis zum 26. November 2015 an geeignete Personen abzugeben, die die Tiere legal sowie art- und bedürfnisgerecht halten können. Nach Nr. 7 des Bescheidstenors hat die Antragstellerin die Abgabe bzw. Veräußerung der Tiere durch die Antragsgegnerin zu dulden, wenn sie die Katzen bis zum 26. November 2015 nicht selbst abgegeben hat.
Ausweislich des Ermittlungsberichts der Polizeiinspektion K… vom 23. August 2015 hatte die Antragstellerin an diesem Tag gegen 7.30 Uhr damit begonnen, 29 Katzen aus ihrer Wohnung in ihren Pkw zu laden. Gegen 9 Uhr habe eine Nachbarin der Antragstellerin eine Streitigkeit beim Anwesen der Antragstellerin mitgeteilt. Bei Eintreffen der Streife seien die Katzen im Pkw festgestellt worden. Die Scheiben des in der prallen Sonne stehenden Wagens seien stark beschlagen gewesen, die Katzen hätten nach Luft gehechelt. Die Antragstellerin, die sich in ihrer Wohnung eingeschlossen habe, sei nicht bereit gewesen, diese zu öffnen. Daraufhin seien gegen 9.45 Uhr die hinteren Seitenscheiben des Pkw eingeschlagen worden, um den Katzen Luft zu verschaffen. Gegen 10 Uhr sei der Ehemann der Antragstellerin hinzugekommen; die Fenster des Pkw hätten geöffnet werden können. Nach Rücksprache mit dem Veterinärdirektor des Landratsamts habe dieser die Beschlagnahme der Katzen angeordnet. Auf richterliche Anordnung sei die stark verschmutzte Wohnung der Antragstellerin betreten worden, in der vier weitere Katzen hätten festgestellt werden können. Insgesamt seien 30 Katzen beschlagnahmt und in das Tierheim verbracht worden (auf die in der Akte der Antragsgegnerin befindlichen Lichtbilder der Polizeidirektion wird verwiesen).
Die Antragstellerin ließ am 25. November 2015 Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. Oktober 2015 erheben. Gleichzeitig ließ sie beantragen, die aufschiebende Wirkung der Klage wiederherzustellen. Das Verwaltungsgericht stellte mit Beschluss vom 15. Januar 2016 die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Nr. 4 (Untersagung der Tierhaltung jeglicher Art) und Nr. 5 (Untersagung der Betreuung von Tieren jeder Art) des Bescheids vom 26. Oktober 2015 mangels einer den Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO genügenden Begründung wieder her, lehnte den Antrag im Übrigen aber ab.
Mit ihrer Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Begehren hinsichtlich der für sofort vollziehbar erklärten tierschutzrechtlichen Verfügungen in Nr. 2, 3 und 7 des Bescheids der Antragsgegnerin vom 26. Oktober 2015 weiter.
Sie beantragt,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 15. Januar 2016 insoweit aufzuheben, als die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 26. Oktober 2015 hinsichtlich der Nr. 2, 3 und 7 abgelehnt wurde.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II. Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg.
1. Die von der Antragstellerin innerhalb der gesetzlichen Begründungsfrist dargelegten Gründe, auf die sich die Prüfung beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung oder Aufhebung der angefochtenen Entscheidung. Das Verwaltungsgericht hat den Antrag der Antragstellerin hinsichtlich der Nr. 2, 3 und 7 des Bescheids vom 26. Oktober 2015 zu Recht abgelehnt.
a) Das Beschwerdevorbringen zu den tatsächlichen Umständen im Zeitpunkt der Fortnahme der Katzen lässt keine vom Verwaltungsgericht abweichende Bewertung zu.
Wie auch die Antragstellerin einräumt, hat sie 29 Katzen (ohne Transportboxen o. dgl.) in einen Pkw eingeladen und diesen mit verschlossenen Fenstern stehen lassen. Aus den von der Polizei gefertigten Fotografien wird weiter deutlich, dass der mit Gegenständen voll beladene Pkw im Zeitpunkt der Aufnahmen in der prallen Sonne stand und die Heckscheibe beschlagen war (s. insb. Bild 1, 2, 5 und 10). Nach den Feststellungen des Verwaltungsgerichts, denen die Antragstellerin nicht substantiiert entgegen tritt, sind die Katzen wenigstens 2 Stunden bis zu ihrer Fortnahme im Fahrzeug verblieben, ohne dass eine ausreichende Luftzufuhr gewährleistet war. Diese unter keinem Gesichtspunkt zu rechtfertigende Verwahrung von 29 Katzen in einem Pkw ist allein auf das Verhalten der Antragstellerin zurückzuführen, die davon abgesehen hat, die Katzen aus dem Fahrzeug herauszuholen. Dass sich die Antragstellerin nicht mehr aus ihrer Wohnung getraut habe, weil sich etwa 30 bis 40 Schaulustige massiv um das Auto platziert hätten, weshalb bei ihr eine massive Stresssituation entstanden sei, mag aufgrund der seelischen Probleme der Antragstellerin glaubhaft sein, lässt aber erkennen, dass sie mit der Haltung und Betreuung der Katzen überfordert ist. Wie die zur Beweissicherung gefertigten Fotografien zeigen, war die Wohnung, in der die Antragstellerin die 30 – weitgehend nicht sterilisierten bzw. kastrierten – Katzen hielt, im Zeitpunkt der Fortnahme zudem völlig verwahrlost.
Hiervon ausgehend war im Zeitpunkt der Fortnahme eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung der Katzen durch die Antragstellerin nicht sichergestellt, weshalb die Fortnahme und anderweitige pflegliche Unterbringung der Tiere zu Recht erfolgte (§ 16 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG).
b) Entgegen dem Beschwerdevorbringen sind seit der Fortnahme der Katzen keine Umstände eingetreten, die annehmen lassen könnten, dass inzwischen eine den Anforderungen des § 2 TierschG entsprechende Haltung der Katzen durch die Antragstellerin sichergestellt wäre.
aa) Insbesondere verhilft der Einwand, die Unterbringung der Katzen sei allenfalls solange gerechtfertigt, bis der Ehemann der Antragstellerin die Wohnung wieder in einen ordnungsgemäßen Zustand verbracht habe, der Beschwerde nicht zum Erfolg.
Der Ehemann der Antragstellerin konnte ausweislich der gefertigten Fotografien bisher nicht verlässlich dafür sorgen, dass die Wohnung auf Dauer in einem auch für die Katzenhaltung erforderlichen sauberen Zustand verbleibt. Dieser konnte auch nicht verhindern, dass es zu einer die Möglichkeiten der Antragstellerin übersteigenden Haltung von 30 Katzen in der Wohnung kam, die Katzen in einen Pkw geladen und dort längere Zeit belassen wurden. Dass der Ehemann der Antragstellerin demgegenüber eine den Anforderungen des § 2 TierSchG entsprechende Haltung der Katzen durch die Antragstellerin künftig dauerhaft sicherstellen kann, ist derzeit nicht ersichtlich und lässt sich dem Beschwerdevorbringen auch nicht entnehmen.
bb) Auch der Einwand, eine Inobhutnahme der Katzen durch Bekannte sei nicht geprüft worden, verfängt nicht.
Der Antragstellerin wurde die Möglichkeit eingeräumt, die Katzen bis zum 26. November 2015 an geeignete Personen abzugeben, die die Tiere legal sowie art- und bedürfnisgerecht halten können (vgl. Nr. 6 des Bescheidstenors). Es ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Antragstellerin hiervon Gebrauch gemacht hätte. Auch im Beschwerdeverfahren wird nicht dargelegt, welche Bekannten der Antragstellerin zur Inobhutnahme der 30 Katzen bereit und imstande gewesen wären oder sind.
cc) Die nicht weiter belegten und realitätsfernen Behauptungen der Antragstellerin, sie bilde die Katzen seit mehr als zwei Jahren als therapeutische Katzen aus, um sie später als therapeutische Katzen zu vermitteln, weshalb diese bewusst nicht geimpft worden seien (was ein grober Eingriff sei) und die Antragstellerin habe die Katzen in ihrer Obhut dazu erzogen, ein besonders empfindsames, einfühlsames Wesen, ein besonderes Näheverhältnis zu Menschen und anderen Tieren, also zum Beispiel Artgenossen, zu entwickeln, lassen in Ansehung der tatsächlichen Umstände keine für die Antragstellerin günstigere Bewertung zu. Insbesondere wird auch insoweit nicht dargelegt, an welche konkreten Personen die Antragstellerin die Katzen abgeben will.
d) Hinsichtlich der Kostentragung nach § 16 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 TierSchG und der Anordnung, die Abgabe bzw. Veräußerung der Katzen nach Ablauf der Frist zu dulden, wird auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts verwiesen, mit denen sich das Beschwerdevorbringen nicht substantiiert auseinandersetzt.
2. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 2 VwGO).
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 47, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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