Verwaltungsrecht

Duldung der Beseitigung einer Aufschrift auf einer Werbetafel

Aktenzeichen  Au 5 K 15.1175

Datum:
30.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GlüStV GlüStV §§ 9 Abs. 1 Nr. 2 u. 3, 26 Abs. 1
AGGlüStV AGGlüStV Art. 10 S. 2 Hs. 1
VwZVG VwZVG Art. 29, 30, 31, 36

 

Leitsatz

1 Eine Duldungsanordnung mit dem Ziel, eine unzulässige Aufschrift auf einer Werbetafel beseitigen zu lassen, ist gerechtfertigt, wenn nicht zu erwarten ist, dass der Grundstückseigentümer, der sich gegen die Beseitigungsanordnung gewandt hat, die Inanspruchnahme seines Grundeigentums freiwillig dulden wird.  (redaktioneller Leitsatz)
2 Das öffentliche Interesse am Schutz vor unzulässiger glücksspielrechtlicher Werbung wiegt höher als der geringfügige Eingriff in die Eigentumsrechte durch Beseitigung der Werbung auf dem Grundstück. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kosten des Verfahrens hat der Kläger zu tragen.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 7. Juli 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
1. Die gegenüber dem Kläger in Ziffer I. des angefochtenen Bescheids ausgesprochene Duldungsanordnung ist formell und materiell rechtmäßig.
a) Der Kläger wurde vor Erlass der Duldungsanordnung mit Schreiben der Beklagten vom 21. April 2015 gehört (Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG). Ihm wurde Gelegenheit zur Stellungnahme bis 8. Mai 2015 gegeben. Der Bevollmächtigte des Klägers äußerte sich hierzu mit Schreiben vom 7. Mai 2015.
b) Die Anordnung wurde zu Recht auf Art. 10 Satz 2 Halbsatz 1 AGGlüStV i. V. m. § 9 Abs. 1 Nr. 2 und 3 GlüStV, § 26 Abs. 1 GlüStV gestützt.
Nach § 9 Abs. 1 Nr. 2 GlüStV kann die zuständige Behörde Anforderungen an die Veranstaltung, Durchführung und Vermittlung öffentlicher Glücksspiele und die Werbung hierfür stellen. Nach § 26 Abs. 1 GlüStV darf von der äußeren Gestaltung der Spielhalle keine Werbung für den Spielbetrieb oder die dort angebotenen Spiele ausgehen oder durch eine besonders auffällige Gestaltung ein zusätzlicher Anreiz für den Spielbetrieb geschaffen werden. Diese Regelungen sind mit höherrangigem Recht vereinbar (s. hierzu ausführlich VG Augsburg, U.v. 30.6.2016 – Au 5 K 15.1174).
Mit Bescheid vom 7. Juli 2015 war die Mieterin des Gebäudekomplexes und des Werbemastes, die Fa. …, zur Beseitigung der Werbeaufschrift „…“ an drei Seiten des Werbemastes verpflichtet worden. Die Klage hiergegen blieb erfolglos (VG Augsburg, U.v. 30.6.2016 – Au 5 K 15.1174). Um sicherzustellen, dass die Fa. … ihrer Beseitigungspflicht nachkommen kann, musste gegenüber den Eigentümern des Grundstückes und Werbemastes eine Duldungsanordnung getroffen werden. Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass der Beseitigung das Eigentumsrecht des Klägers und seiner Ehefrau nicht entgegengehalten werden kann.
c) Der Erlass der Duldungsanordnung entspricht auch pflichtgemäßem Ermessen.
Die Beklagte hat im angefochtenen Bescheid mit zutreffenden Ermessenserwägungen ausgeführt, dass zum Einen nicht zu erwarten ist, dass die Grundstückseigentümer, die sich in ihrer Eigenschaft als Gesellschafter und Geschäftsführer der Fa. … gegen die Beseitigungsanordnung gewandt haben, die Inanspruchnahme ihres Grundeigentums freiwillig dulden werden. Zum anderen erweist sich die Duldungsanordnung bei Abwägung des öffentlichen Interesses mit dem Interesse der Grundstückseigentümer als verhältnismäßig. Das öffentliche Interesse am Schutz vor unzulässiger glücksspielrechtlicher Werbung wiegt höher als der geringfügige Eingriff in die Eigentumsrechte des Klägers.
2. Der angefochtene Bescheid erweist sich auch in Ziffer II. hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung als rechtmäßig.
Die Zwangsgeldandrohung stützt sich zutreffend auf Art. 29, 30, 31 und 36 VwZVG.
Gemäß Art. 29 Abs. 1 VwZVG können Verwaltungsakte, mit denen die Vornahme einer Handlung, Duldung oder Unterlassung gefordert wird, mit Zwangsmitteln vollstreckt werden. Als Zwangsmittel nennt das Gesetz in Absatz 2 Nr. 1 das Zwangsgeld und bestimmt in Absatz 3 Satz 1, dass das Zwangsmittel in angemessenem Verhältnis zu seinem Zweck stehen muss. Die Vollstreckung setzt voraus, dass der zu einer sonstigen Handlung, einer Duldung oder einer Unterlassung Verpflichtete seine Verpflichtung nicht rechtzeitig erfüllt (Art. 19 Abs. 2 VwZVG). Nach Art. 36 Abs. 2 Satz 1 VwZVG kann die Androhung bereits mit dem Verwaltungsakt verbunden werden, durch den die Handlung, Duldung oder Unterlassung aufgegeben wird. Von dieser Möglichkeit hat die Beklagte vorliegend Gebrauch gemacht.
Einzelheiten zum Zwangsgeld sind in Art. 31 VwZVG geregelt. Nach Art. 31 Abs. 1 VwZVG kann die Vollstreckungsbehörde, wenn die Pflicht zu einer Handlung nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit erfüllt wird, den Pflichtigen durch ein Zwangsgeld zur Erfüllung anhalten. Das Zwangsgeld beträgt mindestens 15 und höchstens 50.000 Euro und soll das nach Ermessen zu schätzende wirtschaftliche Interesse, das der Pflichtige an der Vornahme oder am Unterbleiben der Handlung hat, erreichen (Art. 31 Abs. 2 VwZVG). Die Schätzung der Beklagten, die sich zunächst am hohen wirtschaftlichen Interesse an der Beseitigung der Werbung orientierte und für die Duldungsanordnung die Hälfte des für die Beseitigungsanordnung festgesetzten Zwangsgeldes festsetzte, ist nicht zu beanstanden.
3. Die Gebührenfestsetzung in Ziffer III. des angefochtenen Bescheids begegnet ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken.
Die Beklagte konnte vorliegend Gebühren nach Art. 6 Abs. 1 KG i. V. m. Tarifnummer 2.IV/3.2 des Kostenverzeichnisses erheben. Danach ist eine Rahmengebühr von 500 bis 50.000 Euro vorgesehen. Bei der Ermittlung der Gebühr innerhalb eines Rahmens sind der mit der Amtshandlung verbundene Verwaltungsaufwand und die Bedeutung der Angelegenheit für die Beteiligten zu ermitteln. Angesichts der im vorliegenden Fall aufgeworfenen Rechtsfragen, aber auch im Hinblick auf die erhebliche Bedeutung der Angelegenheit für den Kläger erweist sich die festgesetzte Gebühr in Höhe von 750 Euro, die noch im niedrigsten Zehntel der Rahmengebühr liegt, als angemessen.
Damit erweist sich die Klage insgesamt als unbegründet.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Der Ausspruch hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO, § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich zu beantragen.
Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstr. 23, 80539 München, oder
Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München,
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen. Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn
1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind die in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO genannten Personen vertreten lassen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 2.500,– EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 1 GKG).
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200,– EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen worden ist.
Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Augsburg,
Hausanschrift: Kornhausgasse 4, 86152 Augsburg, oder
Postfachanschrift: Postfach 11 23 43, 86048 Augsburg,
schriftlich einzureichen oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Der Mitwirkung eines Bevollmächtigten bedarf es hierzu nicht.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.


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