Verwaltungsrecht

Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung: dringender Tatverdacht der Begehung eines Dienstvergehens

Aktenzeichen  M 13L DA 20.5297

Datum:
18.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 33768
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayDG Art. 29 Abs. 1
StPO §§ 94 ff.
BeamtStG § 33, § 34

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Durchsuchung des dienstlichen E-Mail-Postfachs des Antragsgegners und seines dienstlichen Home-Laufwerks einschließlich des Ordners „_Persönlich“ wird angeordnet.
II. Die Beschlagnahme der bei der vorgenannten Durchsuchung aufgefundenen E-Mails, Dateien und Daten wird angeordnet.
III. Die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung unter Nr. I bis II gilt für 6 Monate ab dem Datum dieses Beschlusses.
IV. Der Antragsteller wird mit der Zustellung dieses Beschlusses an den Antragsgegner beauftragt. Die Zustellung hat spätestens einen Tag nach Durchführung der unter Nr. I bis II genannten Maßnahmen zu erfolgen.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt den Erlass einer Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung.
Der Antragsgegner steht als Polizeioberkommissar (A 10) im Dienst des Antragstellers. Er ist seit 01.07. … bei der … … des Polizeipräsidiums München … … tätig.
Mit Verfügung vom 15.10.2020 wurde ein Disziplinarverfahren gegen den Antragsgegner eingeleitet; seine Unterrichtung hierüber unterblieb bisher, um die Sachverhaltsaufklärung nicht zu gefährden. Die Verfügung enthält folgende Begründung:
Anlass der Einleitung sei der Verdacht des folgenden Sachverhalts:
Die Ex-Frau habe gegenüber dessen Kollegen angegeben, vor circa acht Jahren habe sie im damaligen gemeinsamen Haus im Hobby-/Bastelzimmer des Beamten kinderpornografisches Material gefunden. Weiterhin habe sie angegeben, dass der Beamte ihr gegenüber geäußert habe, dass er eine Pornogeschichte, bei der es um eine Vater-Tochter-Beziehung gegangen sei, auf der Dienststelle verfasst habe.
Eine Sichtung eines Ordners des Beamten auf dem Teamlaufwerk habe ergeben, dass sich darin eine große Menge privater Dateien befände. Es handele sich vor allem um privaten Schriftverkehr. Darüber hinaus befinde sich insbesondere eine grafische Darstellung eines Wehrmachtsflugzeuges, ein Schaubild mit dem Titel „PAINTING GERMAN SS UNIFORMS“, ein Foto eines dunkelhäutigen Polizisten und ein Bild einer Katze in optischer Anlehnung an Adolf Hitler in diesem Ordner. Datums- und Zeitstempel der Dateien entsprächen größtenteils Zeitpunkten, zu denen sich der Beamte im Dienst befunden habe.
Aufgrund dieses Sachverhalts bestehe der Verdacht eines Dienstvergehens, indem er gegen die ihm obliegende Gehorsamspflicht (§ 35 Satz 2 Beamtenstatusgesetz – BeamtStG i.V.m. Ziffer 2.7.2 der EDV-Rahmenrichtlinie), gegen die Pflicht, sich mit vollem persönlichem Einsatz dem Beruf zu widmen (§ 34 Satz 1 BeamtStG), gegen die Pflicht zur Uneigennützigkeit und Gewissenhaftigkeit (§ 34 Satz 2 BeamtStG) und gegen die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen habe.
Am 21. Oktober 2020 beantragte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht München
die Durchsuchung und die Beschlagnahme der dienstlichen E-Mail-Kommunikation von POK … … …@polizei.bayern.de) und von seinem Home-Laufwerk einschließlich des Unterordners „_Persönlich“.
Zur Begründung wurde ausgeführt, bereits 2019 seien verwaltungsrechtliche Ermittlungen geführt worden, da dieser in der Öffentlichkeit dadurch aufgefallen sei, dass er am Hauptbahnhof in Polizeiuniform mit einem Rucksack auf welchem ein Wehrmachtsabzeichen des „Eismeer“ – Geschwaders als Patch angebracht gewesen sei, am Bahngleis gestanden sei. Dies sei von Passanten bemerkt und in dem Kurznachrichtendienst Twitter und in der Abendzeitung öffentlich thematisiert worden.
Da er glaubhaft gemacht habe, dass das Abzeichen allein seiner Modellbau-Leidenschaft für Flugzeuge aus dem Zweiten Weltkrieg geschuldet gewesen und kein Ausdruck einer Gesinnung sei, sei er lediglich mit Schreiben vom 09.12.2019 dienstaufsichtlich über seine Pflicht zu stets achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten belehrt worden.
Es bestehe ein dringender Tatverdacht. Schon nach aktuellem Stand der Ermittlungen sei aufgrund der Vielzahl der privaten Dokumente auf dem auch für Vorgesetzte und Kollegen ohne Weiteres einsehbaren Ordner auf dem Teamlaufwerk davon auszugehen, dass der Antragsgegner in der Dienstzeit die dienstliche EDV in erheblichem Umfang für private Zwecke genutzt und somit gegen seine Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung (§ 34 Satz 2 BeamtStG) sowie seine Pflichten, sich mit vollem Einsatz seinem Beruf zu widmen (§ 34 Satz 1 BeamtStG) und die dienstlichen Anordnungen und allgemeinen Richtlinien zu befolgen, verstoßen habe (§ 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG).
Daneben bestehe – insbesondere vor dem Hintergrund des 2019 gegen den Antragsgegner geführten Verfahrens – der dringende Verdacht, dass er mit dem Abspeichern von Bildern mit Anspielungen auf das Dritte Reich bzw. Wehrmachtssymboliken am dienstlichen Rechner trotz erfolgter Belehrung wiederholt massiv gegen seine Pflicht zu stets achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG) verstoßen habe.
Die Anordnung sei auch verhältnismäßig. Insbesondere sei die Durchsuchung und Beschlagnahme des dienstlichen Email-Postfachs und des dienstlichen Home-Laufwerks geeignet, Beweismittel für die Verletzung der Pflichten zur uneigennützigem Amtsführung, zum vollen Einsatz im Beruf, zum Befolgen dienstlicher Anordnungen sowie zu stets achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten und ggf. auch der politischen Treuepflicht und der Pflicht zur Mäßigung und Zurückhaltung zu erlangen.
Das Abspeichern von privaten Dokumenten auf dem für einen größeren Personenkreis einsehbaren Teamlaufwerk während der Dienstzeit lege nahe, dass auch auf dem eigenen Home-Laufwerk derartige Dateien gefunden werden könnten, da dort nur eine begrenzte Speicherkapazität zur Verfügung stehe. Daneben spreche die Eigenart der auf dem Teamlaufwerk vorhandenen Dateien dafür, dass solche Dokumente und Bilder auch per Email versandt und empfangen worden sein könnten.
Gerade in Anbetracht des 2019 geführten Verfahrens wegen des Tragens eines Wehrmachtsabzeichens werde deutlich, dass der Antragsgegner sich immer noch nicht von NS- und Wehrmachtssymboliken distanziert habe. Es bestehe eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass auch auf dem Home-Laufwerk und im Email-Postfach des Antragsgegners entsprechendes Material gefunden werden könne.
Eine anderweitige Möglichkeit der Sicherstellung des benötigten Beweismittels sei nicht ersichtlich.
Den Beweismitteln komme voraussichtlich eine hohe Bedeutung zu. Die Tiefe des Eingriffs in die Rechte des Antragsgegners sei dagegen vergleichswiese gering. Das Home-Laufwerk und die dienstlichen Emails berührten lediglich die dienstliche Sphäre des Antragsgegners. Die gesamte dienstliche EDV sei ihm vom Dienstherrn ausschließlich für die dienstliche Nutzung zur Verfügung gestellt worden. Dies sei ihm auch bekannt gewesen.
Auf telefonische Aufforderung des Gerichts vom 5.11.2020 übersandte der Antragsteller weitere Unterlagen insbesondere zum verwaltungsrechtlichen Ermittlungsverfahren von 2019, die am 12.11.2020 mit dem Hinweis eingingen, hinsichtlich des strafrechtlichen Vorwurfs der Kinderpornographie sei die Ex-Frau am 20.10.20 vernommen worden. Anhaltspunkte für Straftatbestände hätten sich nicht ergeben, insbesondere lägen keine Bilder, Medien oder Datenträger mit kinderpornographischen Inhalten vor. Bei der erwähnten Vater-Tochter-Pornogeschichte werde von einer legalen Schrift ausgegangen.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Behördenakten und der Gerichtsakte verwiesen.
II.
Dem Antrag auf Erlass einer Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung wird entsprochen.
Nach Art. 29 Abs. 1 Satz 1 BayDG kann der oder die Vorsitzende der Kammer für Disziplinarsachen auf Antrag durch Beschluss Beschlagnahmen und Durchsuchungen anordnen. Die Anordnung darf nach Art. 29 Abs. 1 Satz 3 BayDG nur getroffen werden, wenn der Beamte des Dienstvergehens dringend verdächtig ist und die Maßnahme zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis steht.
Die Regelung des Art. 29 Abs. 1 BayDG ist anwendbar. Im vorliegenden Fall ist sowohl ein dringender Tatverdacht als auch die Verhältnismäßigkeit der begehrten Anordnung gegeben. Weiter ist die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung hinreichend bestimmt formuliert. Von einer Zustellung des Antrags und einer Anhörung des Antragsgegners konnte abgesehen werden.
Art. 29 Abs. 1 BayDG ist hier anwendbar. Gegen den Antragsgegner wurde mit Verfügung vom 15. Oktober 2020 wirksam ein Disziplinarverfahren eröffnet. Die nach Art. 22 BayDG vorgeschriebene Unterrichtung, Belehrung und Anhörung konnte vorerst unterbleiben, weil sie nicht ohne Gefährdung der Aufklärung des Sachverhalts möglich war.
Ein dringender Tatverdacht ist gegeben. Ein solcher liegt vor, wenn eine große Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass der Beamte das ihm zur Last gelegte Dienstvergehen begangen hat (BayVGH, B.v. 28.4.2014 – 16b DC 12.2380 – juris Rn. 6).
Es besteht der dringende Verdacht, dass der Antragsgegner mit dem Abspeichern von Bildern mit Anspielungen auf das Dritte Reich bzw. Wehrmachtssymboliken am dienstlichen Rechner trotz erfolgter Belehrung wiederholt massiv gegen seine Pflicht zu stets achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten (§ 34 Satz 3 BeamtStG), seine Pflicht zur Mäßigung und Zurückhaltung (§ 33 Abs. 2 BeamtStG) und ggfalls zur politischen Treuepflicht (§ 33 Abs. 1 Satz 3 BeamtStG) verstoßen hat.
Aus den Akten ergibt sich, dass der Antragsgegner 2019 in der Öffentlichkeit dadurch auffiel, dass er am Hauptbahnhof in Polizeiuniform mit einem Rucksack, auf welchem ein Wehrmachtsabzeichen das „Eismeer“-Geschwaders als Patch angebracht war, am Bahngleis stand. Dies wurde von Passanten bemerkt und u.a. über den Kurznachrichtendienst Twitter und in der Abendzeitung thematisiert. Da der Antragsgegner glaubhaft machte, dass das Abzeichen allein seiner Modellbau-Leidenschaft für Flugzeuge aus dem Zweiten Weltkrieg geschuldet war und kein Ausdruck einer Gesinnung sein sollte, wurde er lediglich mit Schreiben vom 9.12.2019 dienstaufsichtlich über seine Pflicht zu stets achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten belehrt.
Es besteht der Verdacht, dass er dennoch laut den Akten am 20.08.2020 um 12.10 Uhr ein Schaubild mit dem Titel „PAINTING GERMAN SS UNIFORMS“ auf dem für Vorgesetzte und Kollegen ohne Weiteres einsehbaren Ordner auf dem Teamlaufwerk abgespeichert hat.
Auf dem Ordner befinden sich zudem folgende Dateien, bei denen der Verdacht besteht, dass er sie abgespeichert hat: Eine grafische Darstellung eines Wehrmachtsflugzeuges, ein Foto eines dunkelhäutigen Polizisten und ein Bild einer Katze in optische Anlehnung an Adolf Hitler (dunkler Stummelbart und dunkles Fell in Format eines Scheitels am Kopf).
Es wird der Anschein gesetzt, dass der Antragsgegner sich mit dem Nationalsozialismus identifiziert.
Außerdem befinden große Mengen privater Dateien des Antragsgegners auf dem Teamlaufwerk.
Datums- und Zeitstempel der Dateien entsprechen größtenteils Zeitpunkten, zu denen er sich im Dienst befand.
Es besteht demnach auch der dringende Verdacht, dass der Antragsgegner gegen seine Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung (§ 34 Satz 2 BeamtStG) sowie seine Pflichten, sich mit vollem Einsatz seinem Beruf zu widmen (§ 34 Satz 1 BeamtStG) und die dienstlichen Anordnungen und allgemeinen Richtlinien zu befolgen, verstoßen hat (§ 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG).
Die beantragten Maßnahmen stehen nicht zu der Bedeutung der Sache und zu der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme außer Verhältnis. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist dabei in zweierlei Hinsicht zu beachten: Zum einen darf die Maßnahme, um die ersucht wird, nicht zur Bedeutung der Sache, zum anderen darf sie auch nicht zu der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme außer Verhältnis stehen (BayVGH, B.v. 28.4.2014 – 16b DC 12.2380 – juris Rn. 12).
Die Durchsuchung und Beschlagnahme des dienstlichen E-Mail-Postfachs des Antragsgegners und seines dienstlichen Home-Laufwerks einschließlich des Ordners „_Persönlich“ sind geeignet, die erforderlichen Beweismittel für die Bestätigung oder Entkräftung der gegen ihn erhobenen Vorwürfe zu erlangen.
Da die dienstliche E-Mail- und Computer-Nutzung nach § 4 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 Allg. DV IuK-Technik nicht zu privaten Zwecken erfolgen darf, ist jedenfalls mit einer den dienstlichen Computer betreffenden Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung nur ein geringer Eingriff in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verbunden.
Da auf dem Teamlaufwerk private Dateien und Wehrmachtssymboliken abgespeichert sind, liegt es nahe, dass auch derartige Dateien auf dem Home-Laufwerk des Antragsgegners abgespeichert sind.
Zur Sicherstellung der Verhältnismäßigkeit war die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung zu befristen; die richterliche Prüfung kann die Einhaltung der rechtlichen Grundlagen nicht für unabsehbare Zeit gewährleisten.
Die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung steht auch zu der Bedeutung der Sache und der zu erwartenden Disziplinarmaßnahme nicht außer Verhältnis (vgl. Art. 29 Abs. 1 Satz 3 BayDG). Regelmäßig kommen entsprechende Zwangsmaßnahmen nur in Betracht, wenn die Zurückstufung oder die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis zu erwarten ist (BayVGH, B.v. 28.4.2014 – 16b DC 12.2380 – juris Rn. 14 m.w.N.). Solche Maßnahmen sind aber dann als unverhältnismäßig anzusehen, wenn das mutmaßliche Dienstvergehen nur einen Verweis oder eine Geldbuße nach sich ziehen würde.
Vorliegend wiegt das dem Antragsgegner zu Last gelegte Dienstvergehen schwer.
Es wird der Anschein gesetzt, dass er sich mit dem Nationalsozialismus identifiziert.
Dies verletzt die beamtenrechtliche Pflicht zur Mäßigung und Zurückhaltung aus § 33 Abs. 2 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) und die Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten aus § 34 Satz 3 BeamtStG. Ein Beamter ist im Interesse des Vertrauens der Öffentlichkeit in eine dem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat verpflichtete Beamtenschaft gehalten, zu vermeiden, dass er durch sein Verhalten den Anschein setzt, sich mit dem Nationalsozialismus selbst oder Kräften zu identifizieren oder auch nur mit ihnen zu sympathisieren, die den Nationalsozialismus durch geschichtlichen Revisionismus verharmlosen und verherrlichen. Denn im Interesse der Akzeptanz und der Legitimation staatlichen Handelns ist er verpflichtet, bereits den Schein der Identifikation mit einem dem freiheitlichen Rechtsstaat diametral entgegengesetzten Gedankengut und mit Bestrebungen zu vermeiden, die sich zu einem solchen Gedankengut bekennen (BayVGH, B.v. 28.4.2014 – 16b DC 12.2380 – juris Rn. 17). Gleiches gilt für Äußerungen mit ausländerfeindlichen und rechtsradikalen Inhalten.
Bereits dieses innerdienstliche Dienstvergehen würde schwer wiegen und einen bis zur Entfernung aus dem Beamtenverhältnis reichenden Orientierungsrahmen eröffnen (vgl. BayVGH, U.v. 10.10.2018 – 16a D 17.955 – juris Rn. 58 ff.; U.v. 28.9.2016 – 16a D 14.991 – juris Rn. 44 ff.; OVG des Saarlandes, U.v. 22.2.2018 – 6 A 375.17 – juris Rn. 74 ff.).
Die konkrete disziplinarrechtliche Maßnahme hinge von den Umständen des Einzelfalls ab. Bei der Bemessung wäre zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner aufgrund des Vorfalls vom 2019 über seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten belehrt wurde, aber dennoch danach am 20.08.2020 eine Datei mit dem Titel „PAINTING GERMAN SS UNIFORMS“ abgespeichert wurde. Es wurden auch noch weitere Wehrmachtsymboliken gefunden. Es besteht daher der Verdacht, dass er sich nicht von NS- bzw. Wehrmachtssymboliken distanziert hat. Es wäre auch zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner, der als Polizeibeamter in der Öffentlichkeit eine besondere Vertrauens- und Garantenstellung genießt, das zur Ausübung seines Amtes erforderliche Vertrauen in besonderem Maße beeinträchtigt hätte (vgl. nur BVerwG, B.v. 2.5.2017 – 2 B 21.16 – juris Rn. 10; U.v. 10.12.2015 – 2 C 50.13 – Ls. 1 und Rn. 35 ff.), außerdem dass weitere Dienstpflichtverletzungen vorliegen, wenn sich der Verdacht bestätigen sollte, dass er in erheblichem Umfang während der Dienstzeit privat tätig war (Verstoß gegen seine Pflicht zur uneigennützigen Amtsführung (§ 34 Satz 2 BeamtStG) sowie seine Pflichten, sich mit vollem Einsatz seinem Beruf zu widmen (§ 34 Satz 1 BeamtStG) und die dienstlichen Anordnungen und allgemeinen Richtlinien zu befolgen (§ 35 Abs. 1 Satz 2 BeamtStG).
Die Durchsuchungs- und Beschlagnahmeanordnung ist hinreichend bestimmt ausgestaltet. Da die Ermächtigung der Exekutive, im Wege der Durchsuchung in den grundrechtlich geschützten Bereich des Betroffenen einzugreifen, regelmäßig den Gerichten vorbehalten ist, trifft diese als Kontrollorgan zugleich die Pflicht, durch eine geeignete Formulierung des Durchsuchungsbeschlusses im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren sicherzustellen, dass der Eingriff in die Grundrechte messbar und kontrollierbar bleibt (BayVGH, B.v. 28.4.2014 – 16b DC 12.2380 – juris Rn. 22). Diesen Anforderungen genügen die tenorierten Maßnahmen.
Von einer Zustellung des Antrags und einer Anhörung des Antragsgegners vor Erlass des Beschlusses konnte abgesehen werden.
Zwar gebietet Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz (GG) grundsätzlich die vorherige Anhörung des Antragsgegners. Die Sicherung gefährdeter Interessen kann jedoch in besonderen Verfahrenslagen einen sofortigen Zugriff notwendig machen, der die vorherige Anhörung ausschließt (BVerfG, B.v. 16.6.1981 – 1 BvR 1094/80 – juris Rn. 52 ff.). In diesen Fällen ist der Betroffene auf eine nachträgliche Anhörung zu verweisen, was Art. 29 Abs. 1 Satz 4 BayDG i.V.m. § 33 Abs. 4 Satz 1 Strafprozessordnung (StPO) zulassen.
Aus den dargestellten Gründen war die handelnde Behörde mit der Zustellung des Beschlusses an den Antragsgegner zu beauftragen (Art. 3 BayDG, § 173 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO, § 168 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO).
Die Kostenentscheidung bleibt, weil es sich um eine unselbständige Nebenentscheidung handelt, dem Hauptsacheverfahren vorbehalten.


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