Verwaltungsrecht

Einstweiliger Rechtsschutz, Eintritt des Antragstellers in den Ruhestand als Hochschullehrer der Universität …, Weiternutzung des vom Antragsteller mit Drittmitteln finanzierten Gebäudes nach dem Eintritt in den Ruhestand, Notwendigkeit der Abstimmung der Weiternutzung zwischen dem Antragsteller und der Universität, Fehlen der Abstimmung, Weiternutzung des Gebäudes für Zwecke der Forschung durch wissenschaftliche Mitarbeiter des Antragstellers

Aktenzeichen  Au 8 E 21.1978

Datum:
5.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 30520
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123, § 5 Abs. 2 S. 3

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die bisher vom Antragsteller und seinen Mitarbeitern genutzten Räume im Erdgeschoss und im Untergeschoss des Gebäudes I 1 Finanzwirtschaftsinformatik/ZWW der Universität … diesen bis zur Abstimmung der weiteren Nutzung mit der Universität, längstens bis zum 31. Dezember 2021, zur Nutzung zur Verfügung zu stellen.
II. Der Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 18.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die von der Antragsgegnerin geforderte Räumung von ihm genutzter Räume an der Universität und deren vorläufige Weiternutzung.
1. Der Antragsteller war bis zum 30. September 2021 als Lehrstuhlinhaber an der Universität … tätig, er ist zum 1. Oktober 2021 in den Ruhestand getreten. Neben dieser Tätigkeit war der Antragsteller seit 2002 wissenschaftlicher Leiter des Kernkompetenzzentrums Finanz- und Informationsmanagement (FIM) sowie seit 2011 wissenschaftlicher Leiter der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer-Instituts für angewandte Informationstechnik (FIT).
In der Funktion als wissenschaftlicher Leiter des FIM schloss der Antragsteller am 11./13. November 2008 mit der Antragsgegnerin eine Vereinbarung zur Finanzierung und Nutzung des in den Jahren 2007 bis 2009 errichteten Gebäudes Finanzwirtschaftsinformatik/ZWW (Gebäude …) an der Universität … (im Folgenden: Vereinbarung). In die Finanzierung dieses Gebäudes brachte der Antragsteller Drittmittelüberschüsse in Höhe von etwa 50% des Finanzierungswertes des Gebäudes ein (§ 1 der Vereinbarung), die Beteiligten regelten Nutzung, Weitervermietung von Teilflächen und die Tragung von Nebenkosten (§§ 2 bis 4 der Vereinbarung). In § 5 Abs. 1 der Vereinbarung wurde eine Regelung nach der Pensionierung des Antragstellers dergestalt getroffen, dass die Beteiligten gemeinsam anstreben, dass geeignete weitere Professoren in die wissenschaftliche Leitung des Kernkompetenzzentrums aufgenommen werden, so dass dadurch die Weiterführung der Auftragsforschung des Kernkompetenzzentrums sowie der Studiengänge gewährleistet werden kann. Weiter wurde für den Zeitraum nach der Pensionierung des Antragstellers geregelt:
„Gelingt die Übergabe dieser Projekte sowie die Betreuung der Doktoranden, Habilitanden und Juniorprofessoren durch die o. g. Professoren vollständig, wird (der Antragsteller) am Tage seiner Pensionierung die von ihm und seinen Mitarbeitern genutzte Teilfläche vollständig – mit Ausnahme von § 3 – an die anderen Kolleg(inn) en des Kernkompetenzzentrums übergeben. Gelingt dies nur teilweise, erfolgt eine anteilige und sukzessive Übergabe, die mit der Universität … und den Kolleg(inn) en abgesprochen wird. Gelingt es gar nicht, kann (der Antragsteller) in mit der Universität … abzustimmender degressiver Weise weiterhin für einen Zeitraum bis zu fünf Jahren über die auf ihn entfallene Teilfläche verfügen. (Der Antragsteller) wird ab diesem Zeitpunkt keine Mitarbeiter mehr einstellen, sondern diese nur noch bis zu ihrem nächsten angestrebten Abschluss weiter betreuen. In jedem Fall wird sichergestellt, dass die jeweils verbleibenden Mitarbeiter und er bis zu diesem Zeitpunkt in den Räumlichkeiten angemessen weiterarbeiten können.“
(§ 5 Abs. 2 der Vereinbarung)
Mit Schreiben vom 24. Juli 2020 wies die Antragsgegnerin den Antragsteller darauf hin, dass mit seinem Ruhestandseintritt und der beabsichtigten Beendigung der Zusammenarbeit der Universität mit dem FIT die vom Antragsteller in seiner Funktion als Lehrstuhlinhaber und in seiner Funktion als wissenschaftlicher Leiter des FIM genutzten Räume in den Gebäuden … und … ab dem 1. Oktober 2021 anderweitig für die Zwecke der Universität genutzt werden sollen. Aufgrund der in der Vereinbarung getroffenen Regelung zur (Teil-)Nutzung der Räume im Gebäude … nach der Pensionierung des Antragstellers wurde darauf hingewiesen, dass die Antragsgegnerin diese Voraussetzungen nicht als gegeben ansieht. Zur Begründung wurde insoweit darauf hingewiesen, dass mit der Beendigung der Zusammenarbeit mit dem FIT kein weiterer Raumbedarf für die Mitarbeiter erkennbar ist. Die Räume im Gebäude … sind bis zum Schlussdatum 31. Dezember 2021 an die Fraunhofer-Gesellschaft vermietet, eine Verlängerung erfolgt nicht. Diese Räumlichkeiten unterfallen jedenfalls auch nicht den Regelungen in der Vereinbarung. Für die Nutzung der Räume im Gebäude … wies die Antragsgegnerin weiter darauf hin, dass bei der geplanten (Neu-)Einstellung von acht wissenschaftlichen Mitarbeitern, deren Arbeitsplatz in den Räumen im Gebäude … untergebracht werden soll, diese Räume ab dem 1. Oktober 2021 nicht mehr zur Verfügung stehen.
Die Antragsgegnerin hat dem Antragsteller mit Schreiben vom 16. Juni 2021 mitgeteilt, dass die Universität nach der Beendigung der Zusammenarbeit mit dem FIT der Fraunhofer-Gesellschaft für die Räume im 1. Obergeschoß des Gebäudes I 1 eine Frist zur Räumung bis zum 1. Januar 2022 eingeräumt hat. Bis zu diesem Zeitpunkt ist eine Nutzung dieser Räume durch den Antragsteller als Ruhestandsprofessor zur Abwicklung der Zusammenarbeit mit der Fraunhofer-Gesellschaft möglich. Eine Nutzung der Räume im Erdgeschoss dieses Gebäudes ist dagegen ab dem 1. Oktober 2021 wegen der mit dem Schreiben vom 24. Juli 2020 mitgeteilten anderweitigen Nutzung durch die Universität nicht mehr möglich.
Der Antragsteller teilte dazu mit mail vom 13. Juli 2021 mit, dass die Einigung der Antragsgegnerin mit FIT die Regelungen der Vereinbarung unberührt lassen und insoweit noch Abstimmungsbedarf für die Nutzung der Räume im Gebäude … über den 1. Oktober 2021 hinaus besteht. Von Seiten des Antragstellers als Leiter des FIM sei eine Nutzung bis zum 1. Januar 2022 beabsichtigt. Nach diesem Zeitpunkt würde der Antragsteller auf die Rechte aus § 5 der Vereinbarung verzichten, wenn die Antragsgegnerin die Nutzung der IT-Infrastruktur sowie von Teilen des Mobiliars in dann von einem anderen Träger angemieteten Räumen ermögliche.
Die Antragsgegnerin lehnte diesen Vorschlag mit mail vom 27. Juli 2021 ab und verwies auf die bisherigen Schreiben, in denen für den Zeitraum ab dem 1. Oktober 2021 die geplante Nutzung der Räume im Gebäude … thematisiert worden ist. Der Antragsteller hat diese Auffassung als Verstoß gegen § 5 der Vereinbarung mit mail vom gleichen Tag zurückgewiesen.
Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 3. September 2021 ließ der Antragsteller bei der Antragsgegnerin geltend machen, dass ihm die Nutzung der Räume im Gebäude … auch über den 1. Oktober 2021 zustehe. Zur Betreuung von 30 Doktorandinnen und Doktoranden bzw. PostDocs und sieben Mitarbeitern, deren Arbeitsverhältnis mit der Antragsgegnerin über den 1. Oktober 2021 besteht, ist die Nutzung der Räume zwingend. Diese beruhe insbesondere auch auf der im Gebäude vorhandenen IT-Infrastruktur sowie der gemeinsamen Nutzung mit FIT, deren weitere Nutzung auch im Rahmen der wissenschaftlichen Qualifizierung der Betreuten notwendig sei. Bei einer Beendigung der Nutzung zum 1. Oktober 2021 sei auch das Erreichen der angestrebten akademischen Grade durch die Betreuten gefährdet. Aus diesem Grund habe die Vereinbarung in § 5 Abs. 2 auch eine Weiternutzung von Räumen im Gebäude … geregelt, um eine Weiterarbeit bis zum Erreichen des jeweils nächsten Abschlusses unter Betreuung durch den Antragsteller auch nach dessen Ruhestandseintritt zu ermöglichen. Die Antragsgegnerin solle deshalb bis zum 10. September 2021 zusichern, dass der Antragsteller und seine von ihm betreuten Wissenschaftler die Räume im Gebäude … über den 1. Oktober 2021 hinaus nutzen könnten.
2. Am 15. September 2021 ließ der Antragsteller beim Landgericht … Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellen und beantragen,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Weiternutzung der Räumlichkeiten im Erdgeschoss und Untergeschoss des Kernkompetenzzentrums FIM im Gebäude der Finanzwirtschaftsinformatik/ZWW (Gebäude …) der Universität … mitsamt der dort befindlichen Einrichtungsgegenstände und IT-Infrastruktur durch den Antragsteller sowie der vom Antragsteller ermächtigten Personen bis 31. Dezember 2021 zu dulden.
Es handle sich um eine zivilrechtliche Streitigkeit. Der Antragsteller könne aus § 5 Abs. 2 der Vereinbarung einen Anspruch auf die Weiternutzung der Räumlichkeiten im Erdgeschoß und im Untergeschoß des Gebäudes I 1 geltend machen. Der Antragsteller betreue 42 Doktoranden auch über seinen Ruhestandseintritt hinaus. Die Übergabe dieser Betreuungen sowie der damit verbundenen Projekte sei bis zum Ruhestandseintritt nicht möglich gewesen. Nach der Regelung in § 5 Abs. 2 der Vereinbarung sei deshalb in degressiver Weise dem Antragsteller für einen Zeitraum von bis zu fünf Jahren die Nutzung der Räume des Gebäudes I 1 weiter zu ermöglichen. Dieser Anspruch bestehe auch für die Mitarbeiter, denen der Antragsteller jeweils bei der Vereinbarung der Promotion die Nutzung der Räumlichkeiten zugesagt habe. Nur die angemessene Nutzung der Räume und der darin vorhandenen IT-Infrastruktur ermögliche eine sachgerechte Weiterführung der jeweiligen wissenschaftlichen Arbeit. Für den Fall der fehlenden Nutzungsmöglichkeit drohe eine erhebliche Zeitverzögerung oder die Unmöglichkeit des Erreichens der wissenschaftlichen Abschlüsse oder der Abschlüsse der Forschungsprojekte. Wegen der Verweigerung der Antragsgegnerin, die Weiternutzung zuzusichern, und die Ankündigung zur Beendigung der Nutzung zum 1. Oktober 2021 sei ein Verfügungsgrund gegeben. Für die Antragsgegnerin sei die vorübergehende Nutzung bis zum 1. Januar 2022 hinnehmbar, die Universität verfüge bei der Raumnutzung auf dem gesamten Gelände über erheblich größere Spielräume.
Auf den Antragsschriftsatz wird im Einzelnen verwiesen.
Die Antragsgegnerin lässt beantragen,
den Antrag abzulehnen.
Der Rechtsstreit sei öffentlich-rechtlicher Natur. Es handle sich um Fragen der Auslegung der Nutzungsvereinbarung vom November 2008, die dem Hochschulrecht zuzuordnen seien. Der Antrag sei zu unbestimmt, da aus dem dem Antrag beigefügten Lageplan nicht eindeutig hervorgehe, welche konkreten Flächen vom Antragsteller weiter beansprucht würden. So könne etwa die FIT die Büroflächen im 1. OG des Gebäudes I 1 bis zum 31. Dezember 2021 weiter nutzen. Jedenfalls könne der Antragsteller keinen Verfügungsanspruch geltend machen. Aus § 5 Abs. 2 der Vereinbarung erwachse bereits kein Anspruch darauf, dass vom Antragsteller ermächtigte Personen die Räume nutzen könnten. Die vom Antragsteller im Rahmen seiner Tätigkeit als Hochschullehrer angestellten Mitarbeiter würden mit der Pensionierung des Antragstellers von der Universität weiter beschäftigt, ihnen würden als Mitarbeiter der Universität entsprechende Räumlichkeiten zugewiesen. Dabei handle es sich um drei Mitarbeiter. Somit bestehe keine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur weiteren Unterbringung dieser Mitarbeiter in den streitgegenständlichen Räumen im Gebäude …. Für die weiteren vom Antragsteller angeführten bis zu 42 Doktoranden sei darauf hinzuweisen, dass für diese zum großen Teil bei der Universität keine Promotionsvorhaben registriert seien. Nur für elf Personen seien bei der Antragsgegnerin Promotionsvorhaben registriert, für sieben davon bei einem anderen Hochschullehrer. Beschäftigungsverhältnisse der Betreuten zu anderen Organisationen des Netzwerks des Antragstellers, FIT und Hochschule … bzw. weitere Universitäten, seien für die Unterbringungsverpflichtung aus der Vereinbarung ohne Bedeutung. Der Antragsteller sei deshalb bereits im Juli 2020 auf die beabsichtigte anderweitige Nutzung der Räume im Gebäude … hingewiesen worden, die Räume im 1. OG des Gebäudes … könnten für die Zwecke der Fraunhofer-Gesellschaft, an deren Tätigkeit der Antragsteller beteiligt sei, bis zum Jahresende 2021 genutzt werden. Zweck der Vereinbarung vom November 2008 sei es gewesen, für die Kerntätigkeit des Antragstellers als Hochschullehrer Räume auch nach dessen Pensionierung zur Verfügung zu stellen, soweit es für diese Tätigkeit notwendig sei. In Vollzug dieser Vereinbarung und zur Abwicklung der Zusammenarbeit mit der Fraunhofer-Gesellschaft würden die Räume im 1. OG noch zur Verfügung gestellt. Ein darüber hinaus gehender Anspruch könne aus der Vereinbarung nicht abgeleitet werden. Soweit der Antragsteller auf die im Gebäude vorhandene IT-Struktur und deren Notwendigkeit für die Betreuung abstelle, verkenne dies, dass dies für die Betreuung im Sinne der Vereinbarung nicht notwendig sei. Es sei auch nicht von einer Eilbedürftigkeit auszugehen. Dem Antragsteller sei bereits Mitte 2020 bekannt gegeben worden, dass er die genutzten Flächen im Gebäude … räumen müsse. Wenn er nunmehr kurz vor Ablauf der Frist eine weitere Nutzungsmöglichkeit geltend mache, habe er die vorgebliche Eilbedürftigkeit selbst verursacht.
Auf die Antragserwiderung wird im Einzelnen verwiesen.
Der Bevollmächtigte des Antragstellers trug mit Schriftsätzen vom 28. September 2021 und vom 4. Oktober 2021 ergänzend zum Antragsvorbringen und erwidernd zum Vorbringen der Antragsgegnerin vor. Der Antragsteller habe sich seit etwa Anfang 2021 um die Anmietung von Ersatzflächen bemüht. Zuerst habe er das Verfahren um die von ihm angestrebte Verlängerung der Dienstzeit über den 30. September 2021 hinaus abgewartet, das im Januar 2021 rechtskräftig abgeschlossen worden sei. Zwischenzeitlich seien die notwendigen Verträge geschlossen, ein endgültiger Auszug aus den streitgegenständlichen Räumen sei aber aufgrund Verzögerungen bei Bestellungen der Ausstattungen etc. erst zum Jahresende 2021 möglich. Dies sei der Antragsgegnerin vor der Antragstellung auch angeboten worden, diese sei jedoch – entgegen der Regelung in § 5 Abs. 2 der Vereinbarung zur Verpflichtung einer abgestimmten Lösung – darauf nicht eingegangen. Der Eilantrag sei deshalb geboten gewesen. Der Antragsteller betreue auch eine große Anzahl von Doktoranden, auch wenn deren Promotionsvorhaben nicht bei der Universität registriert sei. Dies sei auch in der Vergangenheit so gehandhabt worden. Aus der Vereinbarung vom November 2008 bestehe auch ein Anspruch des Antragstellers auf die Nutzung der Räume im Gebäude … für die Zwecke der Betreuung im Rahmen der Promotionsvorhaben. Die Vereinbarung erfasse insbesondere nicht nur die Vorhaben von denjenigen Personen, die in einem Dienstverhältnis zur Universität stünden. Vielmehr würden darin umfassend sämtliche wissenschaftlichen Vorhaben des Antragstellers erfasst, deren Abschluss bis zur Pensionierung des Antragstellers als Hochschullehrer nicht erreicht werden könne. Vor allem die im Gebäude vorhandene IT-Infrastruktur sei für die angemessene Erreichung eines wissenschaftlichen Abschlusses in dem vom Antragsteller betreuten Fachbereich zwingend notwendig. Eine Nutzung der Räume im 1. OG des Gebäudes I 1 sei dafür nicht ausreichend, da insoweit in Abwicklung der Zusammenarbeit mit der Fraunhofer-Gesellschaft die dort vorhandenen Arbeitsplätze notwendig seien. Die Unterbringung der im Erdgeschoss des Gebäudes arbeitenden Mitarbeiter des Antragstellers in den Räumen im 1. OG sei damit nicht möglich. Im Übrigen habe die Antragsgegnerin entgegen ihrem bisherigen Vorbringen offensichtlich zum 1. Oktober 2021 nur den Bedarf für die Unterbringung eines neu berufenen Professors. Ein weiterer Raumbedarf, der nur durch die Nutzung der streitgegenständlichen Räume gedeckt werden könne, sei von der Antragsgegnerin nicht glaubhaft gemacht.
Ergänzend wurde mit Schriftsatz vom 4. Oktober 2021 des Bevollmächtigten der Antragsgegnerin vorgetragen, dass dem Antragsteller bereits seit Juli 2020 bekannt gewesen sei, dass eine weitere Nutzung der streitgegenständlichen Räume durch den Antragsteller durch die Universität nicht eingeplant sei. Auch die Vereinbarung mit der Fraunhofer-Gesellschaft, für die der Antragsteller als wissenschaftlicher Leiter tätig sei, habe klar zum Ausdruck gebracht, dass eine weitere Nutzung der Räume im Erdgeschoss nach dem 1. Oktober 2021 von Seiten der Universität nicht mehr möglich sei. Einen weiteren Anspruch auf Nutzung hätte der Antragsteller bereits ab Juli 2020 geltend machen können, der jetzt geltend gemachte Anspruch sei deshalb verfristet, jedenfalls verwirkt. Unabhängig davon bestehe aus § 5 Abs. 2 der Vereinbarung vom 11./13. November 2008 kein Anspruch des Antragstellers. Die Betreuung von 42 Doktoranden habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, beim Promotionsausschuss der Antragsgegnerin seien die Promotionen entgegen dem insoweit aufgestellten Leitfaden der Fakultät nicht angemeldet. Die vom Antragsteller wissenschaftlich Betreuten seien bis auf wenige Ausnahmen auch nicht Mitarbeiter der Universität, eine Unterbringungsverpflichtung der Antragsgegnerin bestehe deshalb nicht. Weitere Mitarbeiter seien aber von der Regelung in § 5 Abs. 2 der Vereinbarung nicht erfasst. Der Antragsteller habe entgegen der Vereinbarung auch nicht konsensual die weitere Nutzung abgestimmt, sondern begehre die Weiternutzung alleine im gerichtlichen Verfahren. Die vom Antragsteller als wissenschaftlicher Leiter der FIT gestellten ursprünglichen Forderungen auf Weiternutzung seien schließlich in der Vereinbarung mit der Fraunhofer-Gesellschaft über die Nutzung des 1. OG des Gebäudes I 1 einvernehmlich geklärt worden, eine weitere Abstimmung sei nicht geboten.
Mit Beschluss des Landgerichts … vom 29. September 2021 wurde der Rechtsweg zu den Zivilgerichten verneint und der Rechtsstreit an das zuständige Verwaltungsgericht Augsburg verwiesen. Dieser Beschluss wurde den Verfahrensbeteiligten am 29. September 2021 vorab per Telefax übermittelt, beim Verwaltungsgericht sind der Beschluss mit den beigefügten Akten am 1. Oktober 2021 eingegangen
3. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 29. September 2021, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, begehrte der Antragsteller den Erlass einer Zwischenverfügung (Au 8 E 21.1969).
Wegen der Eilbedürftigkeit und der drohenden Räumung zum 1. Oktober 2021 sei die Antragsgegnerin im Wege der Zwischenverfügung zu verpflichten, die Weiternutzung der Räumlichkeiten bis zum Abschluss des Antragsverfahrens zu dulden.
Die Antragsgegnerin sicherte mit Telefax vom 30. September 2021 zu, dass bis zum 5. Oktober 2021, 15.00 Uhr, keine weiteren Vollstreckungsmaßnahmen erfolgen würden. Zum 1. Oktober 2021 würde ein im UG des Gebäudes I 1 liegender Seminarraum für die Unterbringung eines zu diesem Tag neu berufenen Hochschullehrers benötigt, für die streitgegenständlichen Räume seien damit keine weiteren Einschränkungen verbunden. Nach dem 5. Oktober 2021 würde der Rückbau der EDV und die Verbringung des Mobiliars aus den streitgegenständlichen Räumen in einen Lagerraum beginnen.
Die Antragstellerseite verzichtete vor dem Hintergrund der Zusicherung auf die Entscheidung über die beantragte Zwischenverfügung.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, auch im Verfahren Au 8 E 21.1969, im Einzelnen Bezug genommen.
II.
Der zulässig erhobene Antrag ist erfolgreich.
Eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO darf nur ergehen, wenn dies zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO).
1. Der Antragsteller hat die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung glaubhaft gemacht.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist die Eilbedürftigkeit nicht deshalb zu verneinen, weil es der Antragsteller seit Juli 2020 aus eigenem Verschulden unterlassen habe, sich um eine ausreichende anderweitige Unterbringung seiner Mitarbeiter außerhalb der streitgegenständlichen Räume zu bemühen.
Zwar weist die Antragsgegnerin zu Recht darauf hin, dass dem Antragsteller bereits mit dem Schreiben vom 24. Juli 2020 mitgeteilt worden war, dass eine künftige Nutzung der Räume in dem Gebäude … durch das Kernkompetenzzentrum FIM von der Universität nicht eingeplant ist. In diesem Zeitpunkt war aber über den Antrag des Antragstellers auf Hinausschieben des Ruhestandseintritts noch nicht endgültig entschieden, das gerichtliche Verfahren insoweit war noch anhängig. Es war zu diesem Zeitpunkt also nicht abschließend geklärt, ob nach dem 30. September 2021 die Notwendigkeit zur weiteren Nutzung des Gebäudes durch den Antragsteller in seiner Funktion als Hochschullehrer und seine wissenschaftlichen Mitarbeiter bestand.
Nach der (gerichtlichen) Klärung des endgültigen Ausscheidens des Antragstellers als Hochschullehrer hat dieser nachvollziehbar Bemühungen um eine Ersatzunterbringung seiner wissenschaftlichen Mitarbeiter unternommen. Da diese bis zum 1. Oktober 2021 nicht abgeschlossen werden konnten, war zur vorläufigen Sicherung der weiteren Nutzung der bisher genutzten Räume Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes notwendig. Bei diesem Zeitablauf ist auch nicht erkennbar, dass hinsichtlich der Geltendmachung des Anspruchs auf vorläufigen Rechtsschutzes durch den Antragsteller eine Verwirkung eingetreten ist.
2. Der Antrag ist begründet. Der Antragsteller kann einen Anspruch auf die (vorläufige) (Weiter-)Nutzung der von ihm und seinen Mitarbeitern bisher genutzten Räume im Erdgeschoss und im Untergeschoss des Gebäudes I 1 Finanzwirtschaftsinformatik/ZWW der Universität … bis zur Abstimmung mit der Universität … über die weitere Reduzierung dieser Nutzungen geltend machen. Dieser Anspruch gründet in § 5 Abs. 2 Satz 3 der Vereinbarung vom 11./13. November 2008.
a) Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin erfasst die Regelung in § 5 der Vereinbarung vom 11./13. November 2008 nicht nur die bei der Universität … beschäftigten Mitarbeiter des Antragstellers in seiner Funktion als Hochschullehrer. Vielmehr haben sich die Vertragsparteien für den Zeitpunkt des Eintritts des Antragstellers in den Ruhestand darauf geeinigt, dass in dem in den Jahren 2007 bis 2009 errichteten Gebäude Finanzwirtschaftsinformatik/ZWW der Universität … die vom Antragsteller als wissenschaftlichen Leiter des Kernkompetenzzentrums Finanz- und Informationswissenschaft betriebene Forschung und die dabei durchgeführten Projekte und dabei erstellten wissenschaftlichen Arbeiten unter der Betreuung des Antragstellers für einen Übergangszeitraum von bis zu maximal fünf Jahren ab der Pensionierung weiter ausgeübt werden können, soweit keine Übergabe dieser Projekte und Betreuungen an andere Hochschullehrer gelingt. Eine Begrenzung auf die weitere Nutzung (nur) durch Mitarbeiter des Antragstellers, die in einem Arbeitsverhältnis zur Universität stehen, ist damit gerade nicht verbunden.
Soweit die Antragsgegnerin in ihren Schriftsätzen ausführlich zur Frage Stellung nimmt, welche wissenschaftlichen Mitarbeiter des Antragstellers als Beschäftigte der Universität mit dieser einen Arbeitsvertrag abgeschlossen haben und inwieweit die Promotionsvorhaben der vom Antragsteller betreuten wissenschaftlichen Mitarbeiter bei der Universität registriert sind, geht dieser Vortrag ins Leere, da die Regelung in § 5 der Vereinbarung darauf nicht abstellt. Dies ergibt sich aus dem Gesamtzusammenhang der Regelung.
Die Vereinbarung vom November 2008 wurde zwischen der Universität und dem Antragsteller als wissenschaftlichen Leiter des Kernkompetenzzentrums Finanz- und Informationsmanagement geschlossen, eine ausschließliche Begrenzung auf die Tätigkeit als Hochschullehrer der Universität ist gerade nicht zugrunde gelegt. Von diesem Ausgangspunkt aus ist es auch konsequent, wenn die Weiterführung der öffentlichen und privaten Auftragsforschung nach der Pensionierung des Antragstellers als Hochschullehrer angestrebt wird (§ 5 Abs. 1 der Vereinbarung) und in § 5 Abs. 2 der Vereinbarung die Nutzung der Räume in dem Gebäude des Kernkompetenzzentrums Finanz- und Informationsmanagement nach dem Ausscheiden des Antragstellers als Hochschullehrer für die weitere Abwicklung von Projekten und wissenschaftlichen Arbeiten vereinbart wurde. Dabei wurde für den Fall der unvollständigen oder gescheiterten Übergabe der Projekte und der Betreuung der wissenschaftlichen Arbeiten eine anteilige, sukzessive Übergabe oder eine mit der Universität in abgestimmter Weise Schritt für Schritt verminderte Nutzung der Gebäudeflächen vereinbart.
Aus diesem Regelungszusammenhang ist nicht ableitbar, dass die wissenschaftlichen Mitarbeiter des Antragstellers jeweils in einem Arbeitsverhältnis zur Universität stehen müssen. Vielmehr ist maßgeblich für die verminderte Nutzung des Gebäudes nur der Umstand, dass der nächste erreichbare wissenschaftliche Abschluss (vgl. § 5 Abs. 2 Satz 4 der Vereinbarung) die Grenze für die weitere Nutzung des Gebäudes durch den jeweiligen Mitarbeiter des Antragstellers darstellt. Über diesen Umstand hat bisher jedoch – da die Übergabe der Leitung des Kernkompetenzzentrums Finanz- und Informationsmanagement an einen anderen Hochschullehrer nicht erfolgt ist – keine Abstimmung zwischen der Antragsgegnerin und dem Antragsteller stattgefunden.
b) Keine andere Beurteilung ergibt sich aus dem Vortrag der Antragsgegnerin, dass sie die vertragliche Vereinbarung mit der Fraunhofer-Gesellschaft zur Nutzung der Räume in Gebäude … des Kernkompetenzzentrums Finanz- und Informationsmanagement bereits im Juni 2020 wirksam mit Wirkung zum 31. Dezember 2020 gekündigt hat und der Antragsteller als (im Nebenamt damit befassten) wissenschaftlicher Leiter der Projektgruppe Wirtschaftsinformatik des Fraunhofer-Instituts für angewandte Informationstechnik (FIT) von dieser Kündigung Kenntnis hatte. Auch wenn die Projektgruppe nach der Kündigung keinen weiteren Anspruch auf die Nutzung der Räume im Gebäude … geltend machen kann, hat die Antragsgegnerin in Absprache mit der Fraunhofer-Gesellschaft dieser die Weiternutzung des 1. OG im Gebäude … bis 31. Dezember 2021 zugesichert (Protokoll vom 6. Mai 2021), so dass insoweit die Infrastruktur des Gebäudes I 1 für die Arbeit der Mitarbeiter der Projektgruppe weiter zur Verfügung stehen muss. Auch wenn für die streitgegenständlichen Räume im Erdgeschoss und Untergeschoss des Gebäudes I 1 zwar im Rahmen der Einigung mit der Fraunhofer-Gesellschaft auch vereinbart wurde, dass die Fraunhofer-Gesellschaft diese Räume ab dem 1. Oktober 2021 zu räumen hat, müssen die vom Antragsteller betreuten wissenschaftlichen Mitarbeiter, soweit sie in die Projektgruppe des Fraunhofer-Instituts eingebunden sind, für diese Tätigkeit weiter auf die Infrastruktur im Gebäude … zurückgreifen. Auch insoweit ist somit gemäß § 5 Abs. 2 Satz 3 der Vereinbarung vom 11./13. November 2008 zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin abzustimmen, wie in degressiver Weise eine Reduzierung der Flächen im Gebäude … – noch bis zum 31. Dezember 2021 – erfolgen kann. Denn die Vereinbarung mit der Fraunhofer-Gesellschaft hat gerade keine Regelung getroffen, die die Vereinbarung vom November 2008 zwischen dem Antragsteller als Leiter des Kernkompetenzzentrums Finanz- und Informationsmanagement und der Antragsgegnerin betrifft.
3. Die Streitwertfestsetzung orientiert sich an Ziffer 18.11 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit zum Wert der Nutzung der streitgegenständlichen Räume und beruht zur Bestimmung dieses Werts auf einer Mittelung der Angaben der Verfahrensbeteiligten. Die Nutzung der streitgegenständlichen Räume im Erdgeschoss und Untergeschoss des Gebäudes I 1 Finanzwirtschaftsinformatik/ZWW der Universität … umfasst danach etwa 1000 qm Nutzfläche. Der Mietwert dieser Fläche wurde von der Antragstellerseite mit 9,20 EUR pro qm angesetzt, von Seiten der Antragsgegnerin mit 16,00 EUR pro qm incl. Nebenkosten. Da § 4 der Vereinbarung vom 11./13. November 2008 dem Antragsteller die Zahlung von Nebenkosten nur teilweise überbürdet, erscheint ein durchschnittlicher Wert von 12,00 EUR pro qm Nutzfläche sachgerecht. Dieser monatliche Wert war für den Zeitraum bis 31. Dezember 2021 mit dem Faktor 3 zu vervielfachen. Für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes war der Wert zu halbieren (Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs).


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