Verwaltungsrecht

Einstweiliger Rechtsschutz (erfolglos), Verfahrensduldung, Aufenthaltserlaubnis, Ausweisungsinteresse, Visumverfahren, Anspruch auf Entscheidung über Antrag auf Aufenthaltserlaubnis

Aktenzeichen  M 24 E 21.6559

Datum:
10.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 6483
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
AufenthG § 60a
AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 2
BayVwVfG Art. 51

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragsteller begehren im Wege des Eilrechtsschutzes die Untersagung aufenthaltsbeendender Maßnahmen und die Anordnung einer Entscheidung über ihre am 26. November 2021 gestellten Anträge auf Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnis.
1. Der Antragsteller zu 1) ist kosovarischer und serbischer Staatsangehöriger, geboren am …, der Antragsteller zu 2) ist sein Sohn, ebenfalls kosovarischer und serbischer Staatsangehöriger, geboren am …
Der Antragsteller zu 1) reiste am … Oktober 2014 mit einem slowenischen Daueraufenthaltstitel in das Bundesgebiet ein und beantragte mit dem Ziel einer Beschäftigung als Lüftungsreiniger bei einer Lüftungsanlagenfirma die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 38a AufenthG, die ihm ab 16. Januar 2015 erteilt (vgl. Blatt 2 der vorgelegten Behördenakte – BA) und in der Folge verlängert wurde, zuletzt am 6. Dezember 2018 um 3 Jahre bis zum 5. Dezember 2021. Der Antragsteller zu 2) reiste am … Januar 2019 im Wege des Familiennachzugs zum Antragsteller zu 1) ein. Am 8. Februar 2019 wurde ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 1 Nr. 4 AufenthG erteilt, gültig ebenfalls bis zum 5. Dezember 2021.
Im Rahmen einer Vorsprache am … Dezember 2018 legte der Antragsteller zu 1) einen Sprachnachweis über eine am 20. Oktober 2018 erfolgreich abgelegte Prüfung in der deutschen Sprache auf dem Niveau B1 vor (Bl. 189 BA), nachdem er zuvor im Rahmen von zwei Integrationskursen in den Jahren 2015 und 2018 nur eine Sprachfertigkeit der deutschen Sprache unterhalb des Niveaus A2 erreicht hatte. Nach Vorlage des B1-Zertifikats verlängerte die Ausländerbehörde die Aufenthaltserlaubnis am gleichen Tag um drei Jahre, während zuvor aufgrund von § 8 Abs. 3 Satz 1, Satz 6 AufenthG, § 17 Abs. 2 IntV jeweils lediglich eine Verlängerung für ein Jahr vorgenommen wurde.
Am 13. April 2020, rechtskräftig seit dem 6. Juni 2020, erließ das Amtsgericht K. … gegen den Antragsteller zu 1) einen Strafbefehl über eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 40 EUR wegen Falschangaben zur Beschaffung eines Aufenthaltstitels (Bl. 198 BA). Hintergrund war, dass der Antragsteller zu 1) die fragliche B1-Sprachprüfung am 20. Oktober 2018 nicht selbst abgelegt hatte, sondern der Test gegen Bezahlung von 2.500 EUR von einem Dritten abgelegt wurde.
Am 15. Januar 2021 wurden die Antragsteller von der vormals zuständigen Ausländerbehörde des Landratsamts K. … zum beabsichtigten Widerruf der Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers zu 1) aufgrund von § 52 Abs. 6 AufenthG wegen vermeintlichen Wegfalls der Daueraufenthaltsberechtigung in Slowenien bzw. zur beabsichtigten nachträglichen zeitlichen Befristung der Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers zu 2) und zur beabsichtigten Aufenthaltsbeendigung angehört (Bl. 110 BA). Eine Rückäußerung erfolgte durch Schreiben des damaligen Bevollmächtigten der Antragsteller vom 1. März 2021. Darin beantragte er sinngemäß auch die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse der Antragsteller bzw. eine Neuerteilung.
Mit Bescheid vom 21. Mai 2021 (Bl. 347 BA) widerrief die Ausländerbehörde K. … u.a. die Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers zu 1) (Ziffer 1 des Bescheids), befristete die Aufenthaltserlaubnis des Antragstellers zu 2) nachträglich auf den Tag nach Bekanntgabe des Bescheids (Ziffer 2), lehnte die Anträge auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse ab (Ziffer 3), forderte die Antragsteller zur Ausreise aus dem Bundesgebiet binnen 30 Tagen nach Vollziehbarkeit des Bescheids auf (Ziffer 4) und drohte die Abschiebung in den Kosovo oder einen anderen zur Aufnahme bereiten oder zur Übernahme verpflichteten Staat an (Ziffer 6). Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
Am 1. Juli 2021 erließ die Ausländerbehörde K. … einen Änderungsbescheid (Bl. 380 BA) zu dem Bescheid vom 21. Mai 2021, mit dem die Regelungen in Ziffern 1 und 2 des Bescheids vom 21. Mai 2021 zurückgenommen wurden und die Ausreisefrist bis zum 12. Dezember 2021 verlängert wurde. Die gegen den Bescheid vom 21. Mai 2021 am 15. Juni 2021 beim Verwaltungsgericht Regensburg eingereichte Klage (RN 9 K 21.1155) und ein entsprechendes Eilverfahren (RN 9 S 21.1154), vgl. Bl. 364 BA, wurden daraufhin jeweils für erledigt erklärt und die Verfahren am 19. Juli 2021 durch das Verwaltungsgericht Regensburg eingestellt (Bl. 29, 47 der vorgelegten Behördenakte Teil II – BA II).
Die gegen den Änderungsbescheid vom 1. Juli 2021 am 30. Juli 2021 eingereichte weitere Klage (RN 9 K 21.1531) und ein entsprechender Eilantrag (RN 9 S 21.1530), vgl. Bl. 397 BA, wurden am 1. September 2021 nach Klage- und Antragsrücknahme (Bl. 66 BA II) vom Verwaltungsgericht Regensburg ebenfalls eingestellt (Bl. 65 BA II).
Im August 2021 verzogen die Antragsteller in den Landkreis P. … Am 26. November 2021 beantragten beide Antragsteller beim nunmehr zuständigen Landratsamt P. … (Landratsamt) die Neuerteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse, jeweils über den 5. Dezember 2021 bzw. 12. Dezember 2021 hinaus (Bl. 71 BA II). Über diese Anträge hat das Landratsamt bislang nicht entschieden. Es wertete diese als Antrag nach Art. 51 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG). Am 9. Dezember 2021 stellten die Antragsteller zudem auch ausdrücklich einen Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens nach Art. 51 BayVwVfG (Bl. 75 BA II).
2. Mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2021, eingegangen beim Verwaltungsgericht München am 21. Dezember 2021 beantragten die Antragsteller im Wege des Eilrechtsschutzes
1. Dem Antragsgegner wird es im Wege einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO untersagt, gegenüber den Antragstellern aufenthaltsbeendende Maßnahmen zu vollziehen.
2. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, über die am 26. November 2021 gestellten Anträge auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu entscheiden.
Die Antragsteller hätten am 26. November 2021 die Verlängerung ihrer Aufenthaltserlaubnisse beantragt. Der Antragsteller zu 1) gehe weiterhin einer geregelten Beschäftigung nach, der Antragsteller zu 2) absolviere inzwischen eine Ausbildung, die nicht unterbrochen werden könne. Er habe dadurch einen eigenständigen Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis. Der Antragsgegner habe über die Anträge nicht entschieden, sondern mitgeteilt, dass hierüber nicht entschieden werde, da bereits entschieden sei. Dies sei aber unzutreffend. Das Gerichtsverfahren beim Verwaltungsgericht Regensburg sei nur deshalb eingestellt worden, weil der Verlängerungsantrag zu früh eingereicht worden sei. Es seien Abschiebungsmaßnahmen des Antragsgegners geplant, daher liege ein Anordnungsgrund vor.
Das Landratsamt erwiderte für den Antragsgegner am 22. Dezember 2021. Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Die Anträge auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse der Antragsteller seien bestandskräftig abgelehnt. Die erneuten Anträge seien als Wiederaufgreifensanträge nach Art. 51 BayVwVfG zu werten. Entsprechende Gründe im Sinne von Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG hätten nicht vorgelegen. Auf die Ausbildung des Antragstellers zu 2) sei das Landratsamt erst am 17. Dezember 2021 aufmerksam gemacht worden und damit erst nach Ablauf der bisherigen Aufenthaltserlaubnis. Im Übrigen wird auf den Inhalt der Antragserwiderung verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Nach § 123 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts der Antragspartei vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat die Antragspartei sowohl die Dringlichkeit einer Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) zu bezeichnen und glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 1 und 2, 294 Zivilprozessordnung – ZPO). Der Antrag kann nur Erfolg haben, wenn und soweit sich sowohl Anordnungsanspruch als auch -grund aufgrund der Bezeichnung und Glaubhaftmachung als überwiegend wahrscheinlich erweisen (BayVGH, B.v. 16.8.2010 – 11 CE 10.262 – juris Rn. 20 m.w.N.). Maßgeblich sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
2. Unter Heranziehung der Antragsbegründung ergibt die Auslegung (§ 122, § 88 VwGO), dass das Klagebegehren auf Erteilung einer Duldung bzw. auf die Aussetzung aufenthaltsbeendender Maßnahmen, sowie auf eine Verpflichtung zur Entscheidung über den Antrag auf Erteilung zw. Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis vom 26. November 2021 gerichtet ist. Dies zugrunde gelegt, ist vorliegend teilweise bereits kein Anordnungsgrund, im Übrigen aber auch kein Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
2.1. Es besteht zwar hinsichtlich der begehrten Aussetzung der Abschiebung ein Anordnungsgrund, da die Antragsteller vollziehbar ausreisepflichtig sind (vgl. § 50 Abs. 1 i.V.m. § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG) und eine Abschiebung in Kürze möglich erscheint. Ein Anordnungsgrund liegt hingegen nicht vor hinsichtlich der weiter begehrten Anordnung einer Entscheidung über die Anträge auf Erteilung bzw. Verlängerung der Aufenthaltserlaubnisse der Antragsteller. Eine Dringlichkeit ist insoweit nicht glaubhaft gemacht, insbesondere ergäbe sich auch bei rascher Entscheidung über diese Anträge nicht zwingend ein Recht auf Verbleib im Bundesgebiet. Für eine einstweilige Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist insoweit kein Raum.
2.2. Soweit danach ein Anordnungsgrund vorliegt, ist kein auf vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gerichteter Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 123 Abs. 1, 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). Es besteht weder ein Anspruch auf Erteilung einer Fiktionsbescheinigung, noch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis oder einer Duldung.
2.2.1. Die Anträge auf Verlängerung bzw. Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die beiden Antragsteller vom 26. November 2021 haben keine Fiktionswirkung im Sinne von § 81 Abs. 4 AufenthG ausgelöst, eine Fiktionsbescheinigung war den Antragstellern nicht zu erteilen. Frühere Verlängerungs-/Neuerteilungsanträge der Antragsteller sind mit Bescheid des Landratsamts K. … vom 21. Mai 2021, geändert mit Bescheid vom 1. Juli 2021, bestandskräftig abgelehnt worden, nach übereinstimmenden Erledigungserklärungen bzw. Klage- und Antragsrücknahme und in der Folge Einstellung der jeweiligen Gerichtsverfahren durch das Verwaltungsgericht Regensburg am 19. Juli 2021 und 1. September 2021. Dies gilt ungeachtet des möglichen Hintergrunds der Erledigungserklärungen bzw. der Klagerücknahme in den früheren Gerichtsverfahren.
Der erneute Antrag vom 26. November 2021 auf Verlängerung bzw. Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist damit vom Landratsamt zu Recht als Antrag auf ein Wiederaufgreifen des Verfahrens nach Art. 51 BayVwVfG gewertet worden (vgl. VG München, U.v. 12. Oktober 2017, Az. M 12 K 17.728). Stellt ein Ausländer nach unanfechtbarer Ablehnung eines Antrags auf Erteilung eines Aufenthaltstitels erneut einen Antrag auf Erteilung desselben Aufenthaltstitels, der den Fortbestand der bestandskräftigen Ablehnung unmittelbar berührt, so ist dieser ungeachtet seiner Bezeichnung ein Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels unter Wiederaufgreifen des Verfahrens nach Art. 51 Abs. 1 bis 3 BayVwVfG (zur Aufenthaltserlaubnis: BayVGH, B.v. 1.6.2006 – 24 CE 06.1081 – juris).
Der Antragsgegner hat die Wiederaufnahme des Verfahrens und damit eine Verbescheidung der Anträge des Klägers in der Sache vorliegend unter Hinweis auf die bestandskräftigen Bescheide vom 21. Mai 2021 und 1. Juli 2021 und die mangelnde Änderung der Sach- oder Rechtslage seither abgelehnt. Dies ist vor dem Hintergrund der Begründung des Antrags der Antragsteller vom 26. November 2021, der inhaltlich keine neuen Informationen enthielt, die nicht bereits Gegenstand der früheren antragsablehnenden Bescheide war, nicht zu beanstanden. Dass der Antragsteller zu 2) seit dem 1. September 2021 eine Ausbildung absolviert, wurde insbesondere in diesem Antrag nicht dargelegt.
Musste der Antrag vom 26. November 2021 damit als Antrag auf eine Wiederaufgreifen nach Art. 51 BayVwVfG – und nicht als rechtzeitiger Antrag auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis – gewertet werden, der mangels eines geänderten Sachverhalts nicht zu einem Wiederaufgreifen führen konnte, so war mit dem Antrag auch keine Fiktionswirkung nach § 81 Abs. 4 Satz 1 AufenthG verbunden. Eine Ermessensentscheidung nach § 81 Abs. 4 Satz 3 AufenthG zugunsten des Antragstellers zu 2) hat die Ausländerbehörde nicht getroffen.
2.2.2. Auch ein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ist weder für den Antragsteller zu 1) noch für den Antragsteller zu 2) glaubhaft gemacht.
Hinsichtlich des Antragstellers zu1) steht der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis entgegen, dass nicht alle allgemeinen Regelerteilungsvoraussetzungen erfüllt sind. In der Person des Antragstellers zu 1) besteht infolge des Strafbefehls des Amtsgerichts K. … vom 13. April 2020 ein noch aktuelles Ausweisungsinteresse nach § 54 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a, Nr. 9 AufenthG, das der Verlängerung bzw. Erteilung der begehrten Aufenthaltserlaubnis entgegensteht (§ 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG). Ein atypischer Fall, der ausnahmsweise die gesetzgeberische Wertung des § 5 Abs. 1 AufenthG entfallen ließe, liegt nicht vor. Das Gericht nimmt insoweit Bezug auf die zutreffende Begründung im Bescheid des Landratsamts K. … vom 21. Mai 2021, dort unter Nr. 3.1.1. ff., schließt sich dieser Begründung an und sieht von weiteren Ausführungen ab (§ 117 Abs. 5 VwGO analog).
Auch in Bezug auf den Antragsteller zu 2) besteht kein Anspruch auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis.
Hinsichtlich der Verlängerung der bisherigen Aufenthaltserlaubnis zum Zwecke des Familiennachzugs zu seinem Vater fehlt es an einer Aufenthaltserlaubnis des Stammberechtigten, so dass auch kein Anspruch auf eine Aufenthaltserlaubnis nach § 32 Abs. 1 AufenthG mehr besteht.
Soweit eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Durchführung der im Jahr 2021 begonnenen Berufsausbildung des Antragstellers zu 2) in den Blick genommen würde (§ 16a AufenthG), so ist, wie das Landratsamt in der Antragserwiderung zurecht angemerkt hat, das Erfordernis der Einreise mit dem erforderlichen Visum (§ 5 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG) nicht erfüllt. Eine mögliche Befreiung vom Visumverfahren nach § 39 Nr. 1 Aufenthaltsverordnung (AufenthV) greift nicht (mehr) zugunsten des Antragstellers zu 2) ein, weil dieser sich seit dem 6. Dezember 2021 nach Auslaufen seiner bisherigen Aufenthaltserlaubnis nicht mehr mit einer Aufenthaltserlaubnis im Bundesgebiet aufhält. Auch die anderen Alternativen des § 39 AufenthV sind nicht einschlägig. Das Visumverfahren ist auch nicht aufgrund eines Rechtsanspruchs auf Erteilung der entsprechenden Aufenthaltserlaubnis verzichtbar, denn die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 16a AufenthG steht im Ermessen der Ausländerbehörde. Auch eine Unzumutbarkeit der Nachholung des Visumverfahrens hat die Ausländerbehörde zu Recht verneint. Der Antragsteller zu 2) hätte es in der Hand gehabt, durch rechtzeitige Kontaktaufnahme mit der Ausländerbehörde im Zusammenhang mit der Ausbildung die Erforderlichkeit des Visumverfahrens zu vermeiden. Die Nachholung erscheint bei geschickter Planung in enger Zusammenarbeit mit der Ausländerbehörde auch in einer Weise möglich, dass die Ausbildung bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen nicht zu lange unterbrochen werden müsste.
2.2.3. Die Antragsteller haben schließlich auch keinen Anordnungsanspruch in Bezug auf die Erteilung einer Duldung glaubhaft gemacht.
2.2.3.1. Dies gilt zunächst mit Blick auf die Erteilung einer Duldung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG oder zumindest nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG. Im Rahmen von § 60a Abs. 2 Satz 1 besteht kein Anspruch, da die Tatbestandsvoraussetzungen nicht vorliegen; im Rahmen von § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG besteht nur ein Anspruch auf Ermessensentscheidung der Behörde. Ein solcher genügt nicht als Anordnungsanspruch nach § 123 VwGO.
Nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist die Abschiebung eines Ausländers auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG kann einem Ausländer eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern.
Die Antragsteller sind vollziehbar ausreisepflichtig gemäß § 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG aufgrund der bestandskräftigen Bescheide vom 21. Mai 2021 und 1. Juli 2021. Tatsächliche Abschiebungshindernisse bestehen nicht, rechtliche Abschiebungshindernisse sind nicht vorgetragen oder sonst ersichtlich.
Eine Duldung ist vorliegend auch nicht zur Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG zu erteilen, da eine Aussetzung der Abschiebung nicht notwendig ist, um die für die Erteilung der beantragten Aufenthaltserlaubnis bzw. Duldung erforderlichen und tatsächlich gegebenen tatbestandlichen Voraussetzungen für die Dauer des Verfahrens aufrechtzuerhalten und so sicherzustellen, dass eine aufenthaltsrechtliche Regelung einem möglicherweise Begünstigten zugutekommen kann (vgl. näher OVG Lüneburg, Beschluss vom 22. August 2017 – 13 ME 213/17 – juris Rn. 3 m.w.N.). Da die Anträge auf Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis keine Erfolgsaussichten haben (vgl. oben Ziffer 2.2.2.), sind die Voraussetzungen für eine Verfahrensduldung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG (effektiver Rechtsschutz als rechtliches Abschiebungshindernis) oder zumindest nach § 60a Abs. 2 Satz 3 AufenthG (Ermessensduldung) nicht erfüllt.
2.2.3.2. Auch ein Anspruch des Antragstellers zu 2) auf Erteilung einer Ausbildungsduldung (§ 60c AufenthG) besteht nicht, da schon die Statusvoraussetzungen der
§ 60c Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und Nr. 2 AufenthG in der Person des Antragstellers zu 2) nicht gegeben sind. Insofern kann dahingestellt bleiben, ob die Voraussetzungen im Übrigen vorliegen.
2.3. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz nach § 123 VwGO bleibt nach alledem ohne Erfolg.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. Nr. 1.5 und Nr. 8.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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