Verwaltungsrecht

Einstweiliger Rechtsschutz, Sportseeschifferschein, Abbruch der Prüfung durch die Prüfer, Fehlende normative Grundlage für den Abbruch, Gewährleistung effektiven Rechtsschutzes nur durch Fortsetzung der Prüfung, Möglichkeit der Wiederholung nicht ausreichend

Aktenzeichen  Au 8 E 21.865

Datum:
30.6.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 30519
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123
SportSeeSchiffV § 7 i.V.m. Ziffer 5.2 der Durchführungsrichtlinien zur SportSeeSchiffV
Durchführungsrichtlinien zur SportSeeSchiffV Anlage 2
GG Art. 19 Abs. 4

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Antragsgegner wird im Wege des einstweiligen Rechtschutzes verpflichtet, die abgebrochene Prüfung zum Erwerb des Sportseeschifferscheins fortzusetzen.
II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,– EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller verfolgt im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes das Ziel, eine abgebrochene praktische Prüfung zum Erwerb des Sportseeschifferscheins fortsetzen zu können.
1. Der Antragsteller hat im Mai 2019 die ersten beiden theoretischen Prüfungsteile für den Erwerb des Sportseeschifferscheins bestanden, die praktische Prüfung ist bis spätestens März 2024 abzulegen.
Am 28. März 2021 hat der Antragsteller die praktische Prüfung angetreten. Dabei sind die in § 7 der Sportseeschifferscheinverordnung (SportSeeSchiffV) i.V.m. Ziffer 5.2 der Durchführungsrichtlinien zur Sportseeschifferscheinverordnung genannten praktischen Prüfungsbestandteile nur teilweise abgenommen worden. Nach den Eintragungen auf der Prüfungskarte gemäß Anlage 2 der Durchführungsrichtlinien hat der Antragsteller Prüfungsteile im Bereich der Seemannschaft durchgeführt, wobei zwischen den Beteiligten streitig ist, ob auch der Prüfungsteil Notfallmanagement abgeprüft worden ist. Im Rahmen eines durchzuführenden Rettungsmanövers (Übungsdummy über Bord) kamen die Prüfer zur Auffassung, dass der Antragsteller kein ausreichendes Ergebnis in der praktischen Prüfung erreicht habe. Sie brachen die Prüfung deshalb ohne Durchführung der weiteren Prüfungsbestandteile nach Anlage 2 (Technik an Bord; Navigation; Wetterkunde) ab und teilten dies dem Antragsteller in einem Gespräch an Bord der Segelyacht mit. Nach Durchführung der praktischen Prüfung durch zwei weitere Prüfungsbewerber und dem endgültigen Anlegen der Segelyacht im Hafen händigten die Prüfer dem Antragsteller einen Bescheid über das Nichtbestehen der Prüfung aus, im dem unter anderem der Hinweis enthalten ist, die nicht bestandenen Prüfungsteile nach Ablauf einer Frist von zwei Monaten auf Antrag wiederholen zu können.
Der Antragsteller erhob gegen diesen Bescheid am 31. März 2021 Widerspruch und trug vor, dass die Prüfer das Rettungsmanöver zu Unrecht als nicht ausreichend bewertet hätten.
Die beiden Prüfer wurden unter dem 7. April 2021 von der Zentralen Verwaltungsstelle zur Stellungnahme zum Widerspruchsvorbringen aufgefordert, sie hielten an ihrer Bewertung des Rettungsmanövers als „nicht ausreichend“ fest.
2. Am 8. April 2021 erhob der Antragsteller im vorliegenden Verfahren Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes mit dem Ziel der Fortsetzung der am 28. März 2021 abgebrochenen Prüfung unter Berücksichtigung der bereits abgelaufenen Prüfungsdauer und der bereits erfolgreich erbrachten Prüfungsleistungen einschließlich des strittigen Rettungsmanövers.
Zur Begründung trug der Antragsteller im Antragsschriftsatz und mit ergänzenden Schriftsätzen im Wesentlichen vor, dass der Verwaltungsakt vom 28. März 2021 rechtswidrig sei. Dem schriftlichen Verwaltungsakt sei keine Begründung beigefügt gewesen, eine Nachvollziehbarkeit der Prüfungsentscheidung sei bereits deshalb in rechtswidriger Weise verweigert worden. Der Antragsteller habe entgegen der Auffassung der Prüfer die Prüfungsanforderungen erfüllt, dies werde auch durch die weiteren Prüflinge, die zeitgleich an Bord der Segelyacht gewesen seien, bestätigt. Jedenfalls hätte aber die Prüfung nicht abgebrochen werden dürfen, da diese als Gesamtprüfung alle praktischen Prüfungsteile nach Anlage 2 der Durchführungsrichtlinien umfasse. Mit dem Rechtsschutzbegehren werde das Ziel verfolgt, die praktische Prüfung in der Gesamtheit durchführen zu können. Die Frage der Erbringung einer ausreichenden Prüfungsleistung durch den Antragsteller in Bezug auf das durchgeführte Rettungsmanöver müsse im Hauptsacheverfahren geklärt werden. Ein Abwarten dieser Hauptsacheentscheidung sei im Hinblick auf die notwendige Prüfungsvorbereitung – Vorbereitungswoche an einer Segelschule, Bereitstellen einer baugleichen Segelyacht etc. – nicht zumutbar. Mit dem vorliegenden Antrag solle deshalb auch nur die Fortsetzung der abgebrochenen Prüfung hinsichtlich der nicht abgeprüften Prüfungsteile erreicht werden. Die Prüfungskommission könne nicht den Umfang der Prüfung entgegen der Vorgaben der Anlage 2 der Durchführungsrichtlinien verkürzen, da auf diese Weise der Rechtsschutz in der Hauptsache ins Leere laufen würde. Ohne die Durchführung der gesamten praktischen Prüfung gemäß der Anlage 2 der Durchführungsrichtlinien könne in einem Hauptsacheverfahren niemals ein ausreichendes Gesamtergebnis festgestellt werden.
Der Antragsteller beantragt (sinngemäß),
den Antragsgegner zu verpflichten, die Prüfung unverzüglich fortzusetzen mit den bisher noch nicht durchgeführten Prüfungsbestandteilen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Antrag nach § 123 VwGO sei unzulässig, da durch die Beendigung der praktischen Prüfung durch die Prüfer diese nicht mehr fortgesetzt werden könne. Gegen die Prüfungsentscheidung könne der Antragsteller Widerspruch und Klage erheben, vorläufiger Rechtsschutz könne nur nach § 80 VwGO begehrt werden. Der vorliegende Antrag sei deshalb bereits unstatthaft. Jedenfalls sei der Antrag aber auch unbegründet. Eine schriftliche Begründung des Bescheids vom 28. März 2021 sei nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG entbehrlich, dem Antragsteller seien die Gründe der Entscheidung zum Nichtbestehen durch die Prüfer an Bord des Schiffs mündlich erläutert worden. Jedenfalls werde ein möglicher Begründungsmangel durch die Entscheidung im Widerspruchverfahren geheilt. Die praktische Prüfung sei auch zu Recht als nicht bestanden gewertet worden. Für das Bestehen der praktischen Prüfung sei es notwendig, dass sämtliche Pflichtaufgaben der praktischen Prüfung nach Anlage 2 der Durchführungsrichtlinien in ausreichender Weise vorgeführt werden. Mit der nicht ausreichenden Durchführung der Pflichtaufgabe „Rettungsmanöver“ könne ein Bestehen der praktischen Prüfung nicht erreicht werden, so dass die Prüfer die praktische Prüfung ohne weiteres Ermessen hätten abbrechen müssen. Dass die Prüfer die Prüfungsmaßstäbe verkannt hätten, sei nicht erkennbar, die Prüfer hätten bereits zu den Einwänden im Widerspruchverfahren Stellung genommen und hielten an der Bewertung als „nicht ausreichende Leistung“ fest. Der Antragsteller habe nach Auffassung der Prüfer die Dummypuppe in einer für das Bestehen des Rettungsmanövers nicht ausreichenden Art und Weise vorgeführt, die Prüfung sei deshalb zu Recht abgebrochen worden. Es fehle auch an der Eilbedürftigkeit der Entscheidung, da der Antragsteller die praktische Prüfung jederzeit im Rahmen einer Wiederholungsprüfung ablegen könne. Verlust von Prüfungswissen, zu dessen Abwendung eine Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes geboten sei, sei damit nicht zu erwarten.
Unter dem 1. Juni 2021 erging ein Widerspruchsbescheid, mit dem der Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. März 2021 zurückgewiesen worden ist. Gegen diesen ist im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung noch keine Klage erhoben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der zulässig erhobene Antrag ist erfolgreich.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Ein entsprechender Antrag auf Eilrechtsschutz ist nur zulässig, wenn der Antragsteller analog § 42 Abs. 2 VwGO antragsbefugt ist, d. h. die mögliche Verletzung einer ihm zustehenden subjektiv-öffentlichen Rechtsposition geltend macht (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 123 Rn. 42); für den Antrag muss zudem das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis bestehen (Happ, a.a.O., Rn. 34 ff.).
1. Entgegen der Auffassung des Antraggegners ist der Antrag statthaft.
Die Fortsetzung der durch die Prüfer abgebrochenen Prüfung ist nicht unmöglich, sie kann – ohne Wiederholung der bereits durchgeführten Prüfungsteile – tatsächlich zur Durchführung der noch nicht abgeprüften Pflichtaufgaben nach § 7 der Sportseeschifferscheinverordnung (SportSeeSchiffV) i.V.m. Ziffer 5.2, Anlage 2 der Durchführungsrichtlinien zur SportSeeSchiffV fortgesetzt werden. Dabei ist es für die Frage der Statthaftigkeit des vorliegenden Antrags ohne Bedeutung, ob der Antragsteller wegen eines – hier nicht zu bewertenden – nicht ausreichendem Ergebnis in der Pflichtaufgabe „Rettungsmanöver“ den Sportseeschifferschein (SSS) nicht erwerben kann. Die gerichtliche Überprüfung der Bewertung der Prüfer der entsprechenden Pflichtaufgabe kann nur im Hauptsacheverfahren gegen die Prüferentscheidung erfolgen und ist nicht Gegenstand des vorliegenden Antrags auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes mit dem Ziel der Fortsetzung der Prüfung. Insoweit besteht auch kein Vorrang des vorläufigen Rechtsschutzes im Verfahren nach § 80 VwGO, da dieser nicht auf die Fortsetzung der abgebrochenen Prüfung gerichtet sein kann, sondern sich nur im Rahmen der hier nicht streitgegenständlichen Anfechtung der Prüfungsentscheidung von Bedeutung sein kann.
2. Der Antragsteller kann auch einen Anspruch auf die Fortsetzung der abgebrochenen Prüfung geltend machen. Dieser ergibt sich aus der der Prüfung für den Erwerb des SSS zugrundeliegenden Prüfungsordnung unter Beachtung des Gebots effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz (GG).
a) Rechtgrundlage für die (theoretische und praktische) Prüfung zum Erwerb des SSS ist § 8 der Verordnung über den Erwerb von Sportsee- und Sporthochseeschifferscheinen und die Besetzung von Traditionsschiffen (Sportseeschifferscheinverordnung – SportSeeSchiffV) i.d.F. d. Bek. vom 3. März 1998 (BGBl I S. 394), zuletzt geändert durch Art. 5 der Neunzehnten Schiffssicherheitsanpassungsverordnung vom 3. März 2020 (BGBl I S. 412). Danach wird – neben der vorliegend vom Antragsteller bereits erfolgreich bestandenen Theorieprüfung – die praktische Prüfung an Bord einer Yacht durchgeführt (§ 8 Abs. 1 Satz 3 SportSeeSchiffV).
Die Einzelheiten des Prüfungsverfahrens werden gemäß §§ 8 Abs. 5, 7 Abs. 4 SportSeeSchiffV in den Durchführungsrichtlinien zur SportSeeSchiffV geregelt, die der nach § 2 SportSeeSchiffV Beauftragte erlässt. Vorliegend ist nach Ziffer 5.2 der Durchführungsrichtlinien zur SportSeeSchiffV die „praktische Prüfung zum Erwerb des Sportseeschifferscheins (…) als Gesamtprüfung von mindestens 2 Prüfern auf einer (…) Segel-/Motoryacht in Navigation, Wetterkunde und Seemannschaft“ (Ziffer 5.2 Satz 1 der Durchführungsrichtlinien) abzunehmen. „Die Prüfung dauert für jeden Bewerber bis zu 90 Minuten und wird im Bereich der Ostsee, der Nordsee, des Mittelmeers oder des Atlantiks durchgeführt. Jeder Bewerber muss mindestens die Pflichtaufgaben durchführen bzw. nachweisen, die sich aus der Anlage 2 ergeben“ (Ziffer 5.2 Sätze 3 und 4 der Durchführungsrichtlinien). Die Anlage 2 enthält das Prüfungsprotokoll für die Durchführung einer praktischen Prüfung, aus dem sich die Pflichtaufgaben aus den drei Bereichen Seemannschaft (Ziffer 1.), Navigation (Ziffer 2.) und Wetterkunde (Ziffer 3.) ergeben.
b) Den verfahrensrechtlichen Regelungen des Prüfungsgeschehens kommt im Prüfungsrecht eine wesentliche Bedeutung zu. Der gerichtlich nur in einem begrenzten Umfang nachprüfbaren Leistungsbewertung durch die Prüfer steht zur Sicherung des in Art. 19 Abs. 4 GG gewährleisteten Rechtsschutzes die verfahrensrechtliche Absicherung des Prüfungsvorgangs gegenüber. Der Gesetzgeber – vorliegend der nach § 2 SportSeeSchiffV Beauftragte – muss deshalb die wesentlichen Punkte des Prüfungsverfahrens selbst regeln (Niehues/Fischer/Jeremias, Prüfungsrecht, 7. Aufl. 2018, Rn. 25). Für den vorliegend zur gerichtlichen Prüfung gestellten Abbruch der praktischen Prüfung zum Erwerb des Sportseeschifferscheins bedeutet dies, dass dieser nur zulässig ist, wenn hierfür eine normative Grundlage besteht (Niehues/Fischer/Jeremias, a.a.O., Rn. 30).
c) Nach den oben dargelegten rechtlichen Grundlage des Prüfungsverfahrens fehlt es für den von den Prüfern vorgenommenen Abbruch der Prüfung nach der Durchführung des Rettungsmanövers durch den Antragsteller an dieser normativen Grundlage.
Soweit der Antragsgegner darauf abstellt, dass die Prüfungsentscheidung vom 28. März 2021 materiell rechtmäßig ergangen ist, verkennt er, dass die Richtigkeit der Prüfungsentscheidung im vorliegenden Verfahren nicht zur Entscheidung des Gerichts gestellt ist. Die Frage, ob die Prüfer das vom Antragsteller durchgeführte Rettungsmanöver zu Recht für das Bestehen der praktischen Prüfung zum Erwerb des SSS als nicht ausreichend angesehen haben, ist im vorliegenden Verfahren ohne Bedeutung und kann nur im Klageverfahren gegen die Prüfungsentscheidung überprüft werden. Auch wenn das Rettungsmanöver als Pflichtaufgabe nach Anlage 2 der Durchführungsrichtlinien im Ergebnis nicht bestanden sein sollte, haben die Prüfer nach Ziffer 5.2 der Durchführungsrichtlinien die praktische Prüfung als Gesamtprüfung abzunehmen, ohne dass ihnen die Befugnis zum Abbruch der Prüfung durch die Regelungen des Prüfungsverfahrens eingeräumt ist.
Dies ist auch unter dem Gesichtspunkt der Sicherung effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG geboten. Mit dem Abbruch der Prüfung besteht für den Prüfungsbewerber keine Möglichkeit mehr, im Rahmen einer gerichtlichen Überprüfung der Prüfungsentscheidung zum Bestehen der Prüfung zu gelangen. Die wegen des (vorzeitigen) Abbruchs der Prüfung fehlenden Pflichtaufgaben der praktischen Prüfung schließen das Bestehen der Prüfung aus, da diese nur als Gesamtprüfung, die sämtliche Pflichtaufgaben umfasst, erfolgreich abgelegt werden kann. Der gerichtliche Rechtsschutz des Prüfungsbewerbers gegen die Prüfungsentscheidung läuft somit beim (vorzeitigen) Abbruch der Prüfung ins Leere, da auch eine gerichtliche Feststellung der Fehlerhaftigkeit der Prüfungsentscheidung und der Verpflichtung zur Neubewertung das Bestehen der (Gesamt-)Prüfung nicht möglich machen würde.
In dieser Situation verkennt der Antragsgegner auch, dass es nicht der allein abschließenden Entscheidung der Prüfer obliegt, die Durchführung der Pflichtaufgaben als nicht ausreichend erbracht zu bewerten. Auch wenn die Leistungsbewertung nur eingeschränkt der gerichtlichen Nachprüfung unterliegt, verhindern die Prüfer durch den – verfahrensrechtlich nicht möglichen – Abbruch der Prüfung, dass die praktische Prüfung zum Erwerb des SSS der gerichtlichen Prüfung überhaupt unterworfen wird. Denn selbst für den Fall der Aufhebung der Prüfungsentscheidung und der gerichtlich angeordneten Neubewertung ist ein Bestehen der praktischen Prüfung aufgrund des Abbruchs der Prüfung ausgeschlossen. Da die Prüfungsentscheidung damit aber faktisch der gerichtlichen Überprüfung entzogen ist und dieses Vorgehen durch die Regelungen der Prüfungsordnung nicht gedeckt ist, war der Antragsgegner zur Fortsetzung der abgebrochenen Prüfung zu verpflichten.
Dieses Ergebnis ist entgegen der Auffassung des Antragsgegners auch nicht deshalb in Zweifel zu ziehen, weil in Ziffer 6.2 der Durchführungsrichtlinien zum Erwerb des SSS vorausgesetzt ist, dass sämtliche Pflichtaufgaben der praktischen Prüfung als mit „ausreichend erbracht“ bewertet sein müssen („Wird eine Pflichtaufgabe mit „nicht ausreichend“ bewertet, so ist die praktische Prüfung nicht bestanden“; Ziffer 6.2 Satz 4 der Durchführungsrichtlinien). Ob eine ausreichende Leistung vorliegt, ist im vorliegenden Verfahren nicht zu klären, sie ist dem Klageverfahren gegen die Prüfungsentscheidung vorbehalten. Den Abbruch der Prüfung erlaubt die Regelung nicht, denn die verfahrensrechtlichen Sicherungen des (praktischen) Prüfungsverfahrens sind alleine in Ziffer 5.2 der Durchführungsrichtlinien geregelt.
3. Da ohne eine zeitnahe Fortsetzung des Prüfungsverfahrens die Gesamtprüfung nicht abgelegt ist, war dem Antrag mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG) und berücksichtigt für das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes den Vorschlag in Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.


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