Verwaltungsrecht

Erfolglose Asylklage eines Afghanen

Aktenzeichen  M 26 K 17.40450

Datum:
27.3.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 16513
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

1. Ein Schädigungsrisiko von 1:867 ist weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt, so dass auch bei wertender Gesamtbetrachtung nicht von einer jeder Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit tatsächlich drohenden unmenschliche oder erniedrigende Behandlung in Afghanistan oder Teilen hiervon aufgrund der Sicherheitslage ausgegangen werden kann. (Rn. 24 – 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die beiden Provinzen Herat mit Herat Stadt als Hauptstadt und Balkh mit der Hauptstadt Mazar-e-Sharif sind von Kabul als Zielort einer freiwilligen Rückreise oder Abschiebung aus in zumutbarer Weise zu erreichen und bieten eine innerstaatliche Fluchtalternative. (Rn. 30 – 32) (redaktioneller Leitsatz)
3. Trotz der schlechten Versorgungslage in Afghanistanaus ergibt sich aus den Erkenntnismitteln derzeit nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. (Rn. 41 – 42) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) oder von subsidiärem Schutz nach § 4 AsylG. Es besteht für ihn auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Afghanistans. Vielmehr erweist sich der Bescheid des Bundesamts vom 3. Mai 2017 als rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts muss das Gericht auch in Asylstreitigkeiten die volle Überzeugung von der Wahrheit – und nicht etwa nur der Wahrscheinlichkeit – des vom Kläger behaupteten individuellen Schicksals erlangen. Wegen der häufig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Asylbewerbers kann schon allein sein eigener Sachvortrag zur Asylanerkennung führen, sofern sich das Tatsachengericht unter Berücksichtigung aller Umstände von dessen Wahrheit überzeugen kann (BVerwG, B.v. 21.7.1989 – 9 B 239/89 – InfAuslR 1989, 349). Dabei kommt es auf die Glaubhaftigkeit seiner Schilderung und Glaubwürdigkeit seiner Person entscheidend an. Seinem persönlichen Vorbringen und dessen Würdigung ist daher gesteigerte Bedeutung beizumessen. Auch unter Berücksichtigung des Herkommens, Bildungsstands und Alters muss der Asylbewerber im Wesentlichen gleichbleibende möglichst detaillierte und schlüssige Angaben ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen zu den Umständen machen, die für die von ihm befürchtete Gefahr der Verfolgung bzw. einer Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung maßgeblich sind. Der Antragsteller hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich ergibt, dass bei verständiger Würdigung die Gefahr der Verfolgung oder eines ernsthaften Schadens besteht und es ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren; es müssen kohärente und plausible wirklichkeitsnahe Angaben gemacht werden (vgl. Art. 4 der Richtlinie 2011/95/EU sowie BVerfG, B.v. 7.4.1998 – 2 BvR 253/96 – juris).
Der Vortrag des Klägers zu den angeblich für seine Flucht maßgeblichen Geschehnissen erweist sich schon in der Anhörung vor dem Bundesamt als sehr vage und arm an Details. Die erstmals im Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom …08.2017 vorgebrachten Korrekturen dahingehend, dass der Vater nicht Leibwächter bei einem Rechtsanwalt, sondern bei einem Abgeordneten gewesen sei, dass ein Drohbrief nicht seinem Vater, sondern ihm persönlich gegeben worden sei, sowie schließlich, dass der Vater 2 Wochen und nicht 2-3 Monate nach dem Erhalt des Drohbriefs spurlos verschwunden sei, macht das weitere Vorbringen des Klägers unglaubhaft und den Kläger insgesamt unglaubwürdig, da er nicht überzeugend erklären konnte, wie das angeblich fehlerhafte Vorbringen beim Bundesamt zustande gekommen ist. Denn dass es Verständigungsschwierigkeiten mit dem aus dem Iran stammenden Dolmetscher gegeben haben soll, ist zwar theoretisch möglich, aber angesichts der Tatsache, dass der Kläger laut Anhörungsprotokoll abschließend bestätigt hat, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe, nicht glaubhaft. Ebenso unglaubhaft ist die Aussage des Klägers in der mündlichen Verhandlung, das Interview habe keine 45 Minuten gedauert. Laut Protokoll hat die Anhörung insgesamt 100 Minuten gedauert, wobei der Kläger auf eine Rückübersetzung des Protokolls verzichtet hat. Für ein massives Verständigungsproblem, das gleich an mehreren Stellen zu entscheidenden Missverständnissen zwischen Kläger und Dolmetscher geführt hat, liegen mithin keine Anhaltspunkte vor. Der Kläger muss sich an dem vor dem Bundesamt in seiner Anhörung Gesagten messen lassen.
Vor diesem Hintergrund ist auch das völlig neue und allerdings etwas konkretere Vorbringen des Klägers, er sei einmal bei einer Moschee in Jalalabad und eine Woche später auf dem Rückweg vom Einkauf mit seinem Bruder Opfer von Taliban-Aggressionen geworden, nicht glaubhaft, da der Kläger in der Anhörung auf die Frage, ob er selber konkret persönlich bedroht oder verfolgt worden sei, angegeben hat: „Nein, ich persönlich nicht.“ Es ist nicht erklärlich, warum diese Geschehnisse nicht schon Gegenstand der Schilderung des Klägers in der Anhörung vor dem Bundesamt gewesen sind, es sei denn, man nimmt an, der Kläger habe diese nachträglich erfunden.
Dasselbe gilt von dem Teil des Vortrags des Klägers, der beschreibt, dass die Taliban einige Male zu ihnen nach Hause gekommen seien und Unterstützung verlangt hätten. Sein Vater habe „etwas“ von Jalalabad nach Kabul transportieren sollen, er wisse nicht genau, um was es sich bei dem „etwas“ handele. Dieser Vortrag ist sowohl wesentlich neu als auch wiederum zu vage und oberflächlich, als dass sich daraus die Gefahr der Verfolgung oder eines ernsthaften Schadens ergibt.
Der Kläger kann aus dem von ihm dem Bundesamt vorgelegten Drohbrief nichts Erhebliches für sich herleiten. Für das Gericht besteht keine ausreichend belastbare Möglichkeit, den tatsächlichen Verfasser der Dokumente und deren Echtheit zu ermitteln. Solche Dokumente, deren Authentizität zumeist zweifelhaft ist und die mangels geeigneter Beweismittel auch nicht weiter geklärt werden kann, sind dem Gericht aus einer Vielzahl von Verfahren bekannt. Vieles deutet dabei darauf hin, dass es mittlerweile einen regen Handel mit gefälschten Taliban-Drohbriefen und auch sonstigen staatlichen Dokumenten aus Afghanistan gibt, sodass diese regelmäßig keinen Beweiswert haben (vgl. stRspr, aktuell beispielsweise VG München, U.v. 16.11.2018 – M 31 K 17.31570 – UA S. 5, mwN).
Aufgrund der aufgezeigten Widersprüche und des wenig plausiblen Geschehensablaufs, den der Kläger geschildert hat, geht das Gericht nicht davon aus, dass der Kläger vorverfolgt aus Afghanistan ausgereist ist. Bei einer Gesamtschau des klägerischen Vortrags erweist sich dieser folglich als unglaubhaft. Es drängt sich dem Gericht der Eindruck auf, dass der Kläger im Wesentlichen nicht ein von ihm selbst erlebtes, sondern ein erfundenes Geschehen schildert. Das Fehlen detaillierter und für das Gericht auch nachvollziehbarer Angaben zu den konkreten Umständen der geschilderten Bedrohungssituation durch die Taliban sowie die erheblichen Widersprüche in seinen Ausführungen beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung belegen dies.
Eine Verfolgung in Afghanistan durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure steht somit zur Überzeugung des Gerichts für den Kläger nicht zu befürchten. Bei einer Gesamtschau des klägerischen Vortrags ist eine schutzrelevante, die Voraussetzungen des § 3 AsylG erfüllende Bedrohung in seiner Heimat somit nicht ersichtlich.
2. In Ermangelung einer glaubhaften und konkreten Bedrohungslage des Klägers kommt auch die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG nicht in Betracht.
Die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG ergibt sich auch nicht im Hinblick auf eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG unter dem Gesichtspunkt einer Gefährdung, die sich aus der humanitären Lage und den allgemeinen Lebensbedingungen in Afghanistan ergibt, da es insoweit bereits an einem Verfolgungsakteur im Sinne des § 3c AsylG und des Art. 6 RL 2011/95/EU fehlt (vgl. § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG). Die schlechte Versorgungslage (betreffend Nahrung, Wohnraum, Gesundheitsversorgung) wird durch die schlechte wirtschaftliche Entwicklung Afghanistans, die dort herrschenden Umweltbedingungen (also insbesondere die schwierigen klimatischen Bedingungen sowie Naturkatastrophen) sowie maßgeblich durch die volatile Sicherheitslage negativ beeinflusst und bestimmt. Insofern ist nicht festzustellen, dass einem der in Betracht kommenden Akteure ein wesentlicher Beitrag direkt oder indirekt anzulasten wäre und eine Verhaltensänderung zu einer unmittelbaren Verbesserung der Lage führen könnte. Insbesondere wird weder die notwendige medizinische oder humanitäre Versorgung gezielt vorenthalten noch werden all diese Umstände gezielt herbeigeführt (vgl. VGH BW, U.v. 3.11.2017 – A 11 S 1704/17 – juris Rn. 69 ff.; U.v. 11.4.2018 – A 11 S 1729/17 – juris Rn. 21 ff.).
Auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG liegen nicht vor. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 AsylG ist subsidiärer Schutz zuzuerkennen, wenn der Ausländer stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden in Gestalt einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts droht.
Maßgeblicher Bezugspunkt für die Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 AsylG ist die Herkunftsregion des Betroffenen, in die er typischerweise zurückkehren wird, da § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG vor den Gefahren eines – nicht notwendig landesweiten – bewaffneten Konflikts im Heimatstaat schützt.
Selbst wenn man die Provinz Nangarhar zugrunde legt, für die UNAMA im Jahr 2018 die zweithöchste Zahl an zivilen Opfern registriert hat (1.815 zivile Opfer; 681 Tote und 1134 Verletzte; UNAMA, Afghanistan – Protection of Civilians in Armend Conflict – Annual Report 2018, S. 68) ergibt sich bei einer geschätzten Bevölkerungszahl der Provinz von 1.573.973 Menschen (vgl. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan i.d.F.v. 29.6.2018, S. 150) ein Schädigungsrisiko von 1:867. Selbst dieser Wert ist jedoch derart weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt, dass auch bei wertender Gesamtbetrachtung nicht von einer in Afghanistan oder Teilen hiervon aufgrund der Sicherheitslage jeder Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit tatsächlich drohenden, Art. 3 EMRK widersprechenden Behandlung ausgegangen werden kann (vgl. BayVGH, U.v. 8.11.2018 – 13a B 17.31918 – juris Rn. 24 zu einem Wert von 1:776 unter Hinweis auf BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10 – NVwZ 2012, 454 – juris Rn. 22 f. zu einem Schädigungsrisiko von 1:800; vgl. zu den zivilen Opferzahlen in 2016/17 bereits BayVGH, B.v. 20.2.2018 – 13a ZB 17.31970 – juris Rn. 9; vgl. auch VGH BW, U.v. 12.10.2018 – A 11 S 316/17 – juris Rn. 109 ff.).
Auch den aktuellen UNHCR-Richtlinien vom 30. August 2018 lassen sich insoweit keine Tatsachen entnehmen, die nach den vorgenannten rechtlichen Maßstäben zu einer anderen Bewertung führen. Der UNHCR beschreibt darin allgemein eine volatile Sicherheitslage sowie eine Verschlechterung der Situation seit dem Abzug der internationalen Sicherheitskräfte im Jahr 2014. Für das Jahr 2018 spricht der UNHCR von einer hohen Zahl ziviler Opfer und verweist dazu im Einzelnen insbesondere auf das Midyear Update 2018 von UNAMA. Im Übrigen betont der UNHCR, dass die Schutzberechtigung aufgrund einer Einzelfallbetrachtung („depending on the specific circumstances of the case“ zu bewerten ist (vgl. UNHCR, Eligibility Guidelines for Assessing the International Protection Needs of Asylum-Seekers from Afghanistan vom 30.8.2018, S. 37, 103 f.). Schließlich ist hinsichtlich der vom UNHCR getroffenen Bewertungen stets zu beachten, dass der UNHCR dabei selbst definierte Maßstäbe zugrunde legt und die daraus abgeleiteten Empfehlungen für den Schutzbedarf sowie die aufgezeigten Risikoprofile nicht notwendig den in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen für die Bewertung der Frage, ob eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit inmitten steht bzw. ob von einer extremen Gefahrenlage auszugehen ist, entsprechen (vgl. BayVGH, B.v. 20.2.2018 – 13a ZB 17.31970 – juris Rn. 9). Insoweit ist auch darauf zu verweisen, dass der Kläger keine glaubhafte gegen ihn persönlich gerichtete Bedrohung und auch im Übrigen keine individuellen Umstände geschildert hat, aus der sich eine besondere Verletzlichkeit bzw. Schutzbedürftigkeit ergibt.
Für den Kläger besteht zudem die Möglichkeit, internen Schutz gemäß § 3e i.V.m. § 4 Abs. 3 AsylG in Afghanistan zu erlangen. Selbst bei einer Wahrunterstellung des klägerischen Vortrags wäre gemäß § 3e Abs. 1 AsylG zudem davon auszugehen, dass dem Kläger jedenfalls Herat und Mazar-e Sharif als innerstaatliche Fluchtalternativen zur Verfügung stünden. Damit scheidet eine internationale Schutzgewährung – unabhängig vom vorstehend Erörterten und selbstständig die Entscheidung tragend – auch aus diesem Grunde aus. Aus den gleichen Gründen besteht im Übrigen auch kein Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 AsylG.
Bei der Prüfung der Frage, ob ein Teil des Herkunftslandes die Voraussetzungen des § 3e Abs. 1 AsylG (i.V.m. § 4 Abs. 3 AsylG) erfüllt, sind gemäß § 3e Abs. 2 Satz 1 AsylG die im sicheren Teil des Herkunftslandes vorhandenen allgemeinen Gegebenheiten sowie die persönlichen Umstände des Klägers zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen. Dieser Zumutbarkeitsmaßstab geht über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – BVerwGE 146,12). Zur Interpretation des Begriffs der persönlichen Umstände i.S.d. Art. 8 Abs. 2 RL 2011/95/EU kann auf Art. 4 Abs. 3 Buchst. c dieser Richtlinie zurückgegriffen werden, wonach die individuelle Lage und die persönlichen Umstände des Asylsuchenden einschließlich solcher Faktoren wie familiärer und sozialer Hintergrund, Geschlecht und Alter bei der Entscheidung zugrunde zu legen sind. In diesem Zusammenhang sind Sprache, Bildung, persönliche Fähigkeiten, vorangegangene Aufenthalte in dem in Betracht kommenden Landesteil, örtliche und familiäre Bindungen, ziviler Status, Lebenserfahrung, soziale Einrichtungen, gesundheitliche Versorgung und verfügbares Vermögen in den Blick zu nehmen. Zu fragen ist sodann auf der Grundlage dieses gemischt objektiv-individuellen Maßstabs, ob von einem Asylbewerber vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich am Ort der internen Fluchtalternative aufhält. Erforderlich hierfür ist, dass er am Zufluchtsort unter persönlich zumutbaren Bemühungen jedenfalls sein Existenzminimum sichern kann. Fehlt es an einer solchen Möglichkeit der Existenzsicherung, ist eine interne Schutzmöglichkeit nicht gegeben. Erwerbsfähigen Personen bietet ein verfolgungssicherer Ort das wirtschaftliche Existenzminimum in aller Regel, wenn sie dort – was grundsätzlich zumutbar ist – durch eigene und notfalls auch weniger attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen können. Zu den regelmäßig zumutbaren Arbeiten gehören dabei auch Tätigkeiten, für die es keine Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs ausgeübt werden können, auch soweit diese Arbeiten im Bereich einer „Schatten- oder Nischenwirtschaft“ stattfinden (vgl. BVerwG, B.v. 17.5.2005 – 1 B 100.05 – juris). Maßgeblich ist grundsätzlich also, ob das wirtschaftliche Existenzminimum zur Verfügung steht (vgl. BVerwG, U.v. 1.2.2007 – 1 C 24.06 – juris), d.h. ob mit den erlangten Mitteln auch die notwendigsten Aufwendungen für Leben und Gesundheit bestritten werden können. Ein Leben in der Illegalität, das den Betroffenen jederzeit der Gefahr polizeilicher Kontrollen und der strafrechtlichen Sanktionierung aussetzt, stellt demgegenüber keine zumutbare Fluchtalternative dar (BVerwG, U.v. 1.2.2007, aaO).
Vorstehendes zugrunde gelegt, besteht für den Kläger jedenfalls in den Provinzen Herat und Balkh nicht die Gefahr eines ernsthaften Schadens im Sinne des § 3e AsylG. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG liegen dort nicht vor, da für ihn in diesen Provinzen jedenfalls keine ernsthafte individuelle Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt besteht (§ 3e Abs. 1 Nr.1 AsylG). Über Kabul, wo auch sein Onkel lebt, der sich um den Rest der Familie kümmert, kann der Kläger nach Herat und Balkh reisen und wird dort aufgenommen werden. Zudem kann von ihm vernünftigerweise erwartet werden, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG). Denn in den Provinzen Herat und Balkh ist sein soziales und wirtschaftliches Auskommen in ausreichendem Maße gesichert, auch wenn er dort auch über kein familiäres Netzwerk und Kenntnisse der örtlichen Situation verfügt.
Bei einer Einwohnerzahl von rund 1,93 Millionen und 259 zivilen Opfern (95 Tote und 164 Verletzte) in der Provinz Herat und einer Einwohnerzahl von rund 1,38 Millionen und 227 zivilen Opfern (85 Tote und 142 Verletzte) in der Provinz Balkh lag die Wahrscheinlichkeit, in den genannten beiden Provinzen im Jahre 2018 ein ziviles Opfer willkürlicher Gewalt zu werden bei 0,013% (Herat) und 0,016% (Balkh; vgl. zum Zahlenmaterial beider Provinzen EASO Country of Origin Information Report – Afghansitan Security Situation, Dezember 2017, S. 88 und 137; UNAMA, Afghanistan – Protection of Civilians in Armend Conflict – Annual Report 2018, S. 68). Damit ist in diesen Provinzen eine Gefahrendichte zu konstatieren, die ganz erheblich unter dem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts als indiziell für die Annahme der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer erheblichen individuellen Gefährdung anerkannten statistischen Auslösewertes des Tötungs- und Verletzungsrisikos von 1:800 bzw. 0,125% liegt (vgl. BayVGH, B.v. 11.12.2017 – 13a ZB 17.31374 – juris Rn. 7; BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13/10 – juris Rn. 22 ff).
Das Gericht geht davon aus, dass die beiden Provinzen Herat mit Herat Stadt als Hauptstadt und Balkh mit der Hauptstadt Mazar-e-Sharif von Kabul als Zielort einer Rückreise oder auch (möglichen) Abschiebung aus in zumutbarer Weise zu erreichen sind. Nach den überzeugenden aktuellen Auskünften des britischen Außenministeriums (vgl. Home Office UK, Afghanistan: Security and humanitarian situation, April 2018, S. 10) gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass Zivilisten auf den Hauptrouten zwischen Kabul und den großen Städten Gefahren solcher Intensität drohen, dass sie die unter dem Gesichtspunkt des subsidiären Schutzes rechtlich erhebliche Schwelle erreichen. Dies steht auch nicht in Widerspruch zu den Ausführungen des Auswärtigen Amtes (AA) im Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 31. Mai 2018 (Stand Mai 2018, S. 20), wonach sich Afghanen zwar formell im Land frei bewegen und niederlassen dürfen, allerdings Sicherheitsbedenken als zentrale Hürde für die Bewegungsfreiheit innerhalb Afghanistans genannt würden und besonders das Reisen auf dem Landweg aufgrund des Anstiegs von illegalen Kontrollpunkten und Überfällen auf Überlandstraßen betroffen sei (vgl. auch EASO, Country of Origin Information Report Afghanistan – Security Situation, Dezember 2017, S. 67 f.). Denn nach den vorgenannten Feststellungen des Home Office sind im Sinne einer möglichen Erheblichkeit für die Gewährung subsidiären Schutzes nicht die Hauptrouten zwischen Kabul und den großen Städten maßgeblich, sondern vielmehr nur die Verbindungen von Städten zu Dörfern und zwischen Dörfern betroffen.
Zudem besteht nach den Feststellungen der EASO (vgl. Country of Origin Information Report Afghanistan – Key socio-economic indicators, state protection and mobility in Kabul City, Mazar-e-Sharif and Herat City, S. 123 ff.; zudem auch AA, Lagebericht vom 31. Mai 2018, S. 20) die Möglichkeit, inländische Flugverbindungen von Kabul nach Mazar-e-Sharif und Herat (Stadt) zu nutzen, die jeweils mehrmals täglich zur Verfügung stehen. Auch die Erreichbarkeit der Flughäfen dieser Städte für den landseitigen Zu- und Abgangsverkehr ist dabei in ausreichend sicherer Weise gewährleistet (vgl. EASO, Country Guidance Afghanistan, Juni 2018, S. 102).
Dem Kläger ist es zuzumuten und es kann von ihm daher auch vernünftigerweise erwartet werden, seinen Aufenthalt in den Provinzen Herat oder Balkh, namentlich in den dortigen Hauptstädten zu nehmen. Für einen alleinstehenden und gesunden Mann wie den Kläger, der überdies mangels familiärer Bindungen keine Unterhaltslasten zu tragen hat, schließen die genannten Provinzen einen Anspruch auf Zuerkennung subsidiären Schutzes selbst dann aus, wenn dieser über keinen familiären Rückhalt oder nennenswertes eigenes Vermögen verfügt. Denn in Würdigung der vom Gericht herangezogenen Erkenntnismittel, insbesondere des Lageberichts des Auswärtigen Amts vom 31. Mai 2018, des EASO-Berichts vom Juni 2018 und der UNHCR-Richtlinien vom 30. August 2018, ist davon auszugehen, dass alleinstehende, leistungsfähige Männer im berufsfähigen Alter grundsätzlich dazu in der Lage sind, in Afghanistan ohne Unterstützung von Familie und Gemeinschaft in urbanen und semi-urbanen Umgebungen wie insbesondere den Städten Herat und Mazar-e-Sharif zu leben und dort durch Gelegenheitsarbeiten ein kleines Einkommen, gegebenenfalls auch unter Inanspruchnahme internationaler Hilfe, zu erzielen (vgl. auch VGH BW, U.v. 9.11.2017 – A 11 S 789/17 – juris; U.v. 5.12.2017 – A 11 S 1144/17 – juris; BayVGH, B.v. 4.8.2017 – 13a ZB 17.30791 – juris). Für den Kläger besteht somit die Möglichkeit, in Afghanistan, wenn auch sicherlich auf sehr bescheidenem Niveau, „von seiner Hände Arbeit“ zu leben. Dies gilt zur Überzeugung des Gerichts auch dann, wenn der Kläger in Herat und Balkh nicht über besondere Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten verfügt oder über ein soziales Netzwerk verfügt vgl. EASO, Country Guidance: Afghanistan, Juni 2018, S. 66 f. und S. 109). Insbesondere die EASO hat in ihrem Bericht vom Juni 2018 unter Verweis auf weitere, detaillierte und differenzierte Erkenntnisse festgestellt, dass insbesondere Herat Stadt und Mazar-e-Sharif für alleinstehende, junge und arbeitsfähige Männer zumutbare Fluchtalternativen darstellen (vgl. EASO, Country Guidance Afghanistan, Juni 2018, S. 106).
Dass die Arbeitsfähigkeit des Klägers eingeschränkt wäre, wurde nicht geltend gemacht bzw. durch Atteste o.ä. belegt. Nicht zuletzt könnte er gegebenenfalls Start- und Reintegrationshilfen in Anspruch nehmen (vgl. VGH BW, VGH BW, U.v. 12.10.2018 – A 11 S 316/17 – juris Rn. 347 ff.; U.v. 11.4.2018 – A 11 S 924/17 – juris Rn. 287 ff. m.w.N.).
Damit ist auch bei einer wertenden Gesamtbetrachtung (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13/10 – juris Rn. 23) nicht von einer erheblichen individuellen Gefahr im genannten Sinne auszugehen, zumal auch die medizinische Versorgungslage in den Nord- und Zentralprovinzen besser als in anderen Teilen des Landes ist (vgl. AA, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Islamischen Republik Afghanistan vom 19. Oktober 2016 – Stand September 2016, S. 23).
3. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Feststellung eines nationalen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
3. 1 Ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG kommt nicht in Betracht, da dem Kläger keine gegen Art. 3 EMRK oder ein anderes Grundrecht nach der EMRK verstoßende Behandlung droht.
Die allgemeine (Versorgungs-)Lage in Afghanistan stellt keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK dar. Zwar können schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat in besonderen Ausnahmefällen in Bezug auf Art. 3 EMRK ein Abschiebungsverbot begründen. In Afghanistan ist die Lage für alleinstehende männliche arbeitsfähige afghanische Staatsangehörige jedoch nicht so ernst, dass eine Abschiebung ohne weiteres eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde (vgl. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – NVwZ 2013, 1167; BayVGH, B.v. 12.4.2018 – 13a ZB 18.30135 – juris Rn. 5; U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris Rn. 12; VGH BW, U.v. 12.10.2018 – A 11 S 316/17 – juris Rn. 392 ff.). Es ist hierbei in Bezug auf den Gefährdungsgrad das Vorliegen eines sehr hohen Niveaus erforderlich, denn nur dann liegt ein außergewöhnlicher Fall vor, in dem humanitären Gründe „zwingend“ sind. Eine solche Situation ist bei dem Kläger vorliegend nicht gegeben; besondere Umstände, die hier eine andere Beurteilung gebieten würden, sind nicht gegeben.
3. 2 Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegt nicht vor.
Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Dem Kläger droht aufgrund der unzureichenden Versorgungslage in Afghanistan keine extreme Gefahr infolge einer Verdichtung der allgemeinen Gefahrenlage, die zu einem Abschiebungsverbot im Sinne einer verfassungskonformen Auslegung des § 60 Abs. 7 AufenthG führen könnte.
Wann allgemeine Gefahren von Verfassungs wegen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalles ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung. Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sein, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den betroffenen Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maßstab auszugehen. Die Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Das Erfordernis des unmittelbaren – zeitlichen – Zusammenhangs zwischen Abschiebung und drohender Rechtsgutverletzung setzt zudem für die Annahme einer extremen Gefahrensituation wegen der allgemeinen Versorgungslage voraus, dass der Ausländer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach seiner Rückkehr in sein Heimatland in eine lebensgefährliche Situation gerät, aus der er sich weder allein noch mit erreichbarer Hilfe anderer befreien kann (vgl. BayVGH, U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris Rn. 16). Das bedeutet nicht, dass im Falle der Abschiebung der Tod oder schwerste Verletzungen sofort, gewissermaßen noch am Tag der Abschiebung, eintreten müssten. Vielmehr besteht eine extreme Gefahrenlage auch dann, wenn der Ausländer mangels jeglicher Lebensgrundlage dem baldigen sicheren Hungertod ausgeliefert würde (vgl. BVerwG, U.v. 29.6.2010 – 10 C 10.09 – juris).
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sowie weiterer Oberverwaltungsgerichte, der sich das erkennende Gericht anschließt, ergibt sich aus den Erkenntnismitteln zu Afghanistan derzeit nicht, dass ein alleinstehender arbeitsfähiger männlicher Rückkehrer mit hoher Wahrscheinlichkeit alsbald nach einer Rückkehr in eine derartige extreme Gefahrenlage geraten würde, die eine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich als unzumutbar erscheinen ließe. Zwar ist die Versorgungslage in Afghanistan schlecht, jedoch ist im Wege einer Gesamtgefahrenschau nicht anzunehmen, dass bei einer Rückführung nach Afghanistan alsbald der sichere Tod drohen würde oder alsbald schwere Gesundheitsbeeinträchtigungen zu erwarten wären. Der Betroffene wäre selbst ohne nennenswertes Vermögen und ohne familiären Rückhalt in der Lage, durch Gelegenheitsarbeiten wenigstens ein kleines Einkommen zu erzielen und sich damit zumindest ein Leben am Rand des Existenzminimums zu finanzieren (stRspr, z.B. BayVGH, B.v. 21.12.2018 – 13a ZB 17.31203 – juris; B.v. 12.4.2018 – 13a ZB 18.30135 – juris; B.v. 4.1.2018 – 13a ZB 17.31652 – juris; B.v. 21.8.17 – 13a ZB 17.30529 – juris; B.v. 4.8.2017 – 13a ZB 17.30791 – juris; B.v. 19.6.2017 – 13a ZB 17.30400 – juris; B.v. 6.4.2017 – 13a ZB 17.30254 – juris; BayVGH, B.v. 23.1.2017 – 13a ZB 17.30044 – juris; B.v. 27.7.2016 – 13a ZB 16.30051 – juris; B.v. 15.6.2016 – 13a ZB 16.30083 – juris; U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris Rn. 17 m.w.N..; B.v. 30.9.2015 – 13a ZB 15.30063 – juris; VGH BW, U.v. 12.10.2018 – A 11 S 316/17 – juris Rn. 392 ff.; U.v.11.4.2018 – A 11 S 924.17 – juris Rn. 470; U.v. 17.1.2018 – A 11 S 241.17 – juris; OVG NW, U.v. 3.3.2016 – 13 A 1828/09.A – juris Rn. 73 m.w.N.; SächsOVG, B.v. 21.10.2015 – 1 A 144/15.A – juris; NdsOVG, U.v. 20.7.2015 – 9 LB 320/14 – juris). Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nach Auskunft des Klägers in der mündlichen Verhandlung sein Onkel in Kabul lebt. Selbst wenn man unterstellen würde, dass der Kläger nicht bei seinem Onkel leben könnte, so wäre eine finanzielle Unterstützung durch diesen Onkel möglich, sodass er gerade in der Anfangszeit auf ein familiäres Netzwerk zurückzugreifen könnte, das ihm dabei behilflich sein kann, in seinem Heimatland wieder Fuß zu fassen. Selbst wenn anderes nicht möglich sein sollte, sind jedenfalls Geldüberweisungen innerhalb Afghanistans möglich.
Auch aus den aktuellsten Erkenntnismitteln, namentlich den Berichten des AA vom 31. Mai 2018, der EASO vom Juni 2018, der UNAMA (Annual Report 2018) und des UNHCR vom 30. August 2018, ergibt sich nichts anderes. Hierzu wird vollinhaltlich auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen. Nachdem das Gericht davon ausgeht, dass für den Kläger eine interne Schutzmöglichkeit in Herat und Balkh besteht und deren Voraussetzungen über diejenigen im Rahmen des Vorliegens einer extremen Notlage nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinausgehen, ist auch ein Anspruch auf Zuerkennung eines Abschiebungsverbot nach dieser Vorschrift abzulehnen.
4. Gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschließlich der Zielstaatsbestimmung gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG bestehen schließlich ebenfalls keine Bedenken. Gleiches gilt für die Entscheidung über die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 AufenthG.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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