Aktenzeichen B 1 K 18.30899
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1-3, § 60a Abs. 2c
VwGO § 86 Abs. 1 S. 1
Leitsatz
1. Allein aufgrund einer Zugehörigkeit zur Vereinten Nationalen Bewegung ist eine staatliche Verfolgung in Georgien nicht gegeben. (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
2. Nach den zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln ist davon auszugehen, dass der georgische Staat bei Übergriffen privater Dritter schutzwillig und schutzfähig ist. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die Möglichkeit der Behandlung auch schwerwiegender psychischer Erkrankungen ist in Georgien grundsätzlich gegeben. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Die zulässigen Klagen haben in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid des Bundesamts vom 25. April 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Diese haben weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG noch auf Asylanerkennung noch Gewährung subsidiären Schutzes gemäß § 4 AsylG bzw. auf die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5, Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Die Abschiebungsandrohung nach Georgien und die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots sind ebenfalls nicht zu beanstanden. Das Gericht verweist zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 77 Abs. 2 AsylG auf die zutreffende Begründung in dem angefochtenen Bescheid.
Ergänzend ist zum Vorbringen der Kläger im gerichtlichen Verfahren Folgendes auszuführen:
1. Ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 Abs. 4, Abs. 1 AsylG ist nicht gegeben.
Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft dann nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG). Dabei ist sowohl bei der Prüfung des Flüchtlingsschutzes (§ 60 Abs. 1 AufenthG, § 3 Abs. 1 AsylG) als auch des subsidiären Schutzes durch die unionsrechtlichen Abschiebungsverbote als Prognosemaßstab einheitlich der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit anzulegen. Die Tatsache, dass ein Antragsteller bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ist ein ernsthafter Hinweis darauf, dass die Furcht des Antragstellers vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Antragsteller erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird (Art. 4 Abs. 4 RL 2004/83/EG). Danach besteht bei vorverfolgt Ausgereisten die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Die Vorschrift misst den in der Vergangenheit liegenden Umständen Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft bei. Diese Vermutung kann aber widerlegt werden. Hierfür ist erforderlich, dass stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit solcher Verfolgung bzw. des Eintritts eines solchen Schadens entkräften. Diese Beurteilung obliegt tatrichterlicher Würdigung im Rahmen freier Beweiswürdigung (hierzu: BVerwG, U. v. 27. April 2010, Az. 10 C 5/09).
Gemessen an diesen Grundsätzen haben die Kläger keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft. Ihnen droht bei einer Rückkehr nach Georgien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmittelbare individuelle oder kollektive Verfolgung aufgrund einer der in § 3 AsylG genannten Verfolgungsgründe.
a. Soweit die Kläger vortragen, dass sie vor ihrer Ausreise aus Georgien lange Jahre in Abchasien gelebt hätten und von dort vertrieben worden seien, begründet dies kein Bleiberecht in Deutschland. Wie bereits oben ausgeführt, ist die Flüchtlingseigenschaft nur dann zuzuerkennen, wenn der Asylbewerber im gesamten Staatsgebiet keine ihm zumutbare Möglichkeit hat, vor Verfolgung aus den in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Verfolgungsgründen (Rasse, Religion, Nationalität, politische Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe) sicher zu leben und er auch nicht den Schutz des Staates in Anspruch nehmen kann.
In Georgien dauern zwei ungelöste Territorialkonflikte an: Die Landesteile Abchasien (Größe Thüringens, ca. 200.000 Einwohner) und Südossetien (Größe eines Landkreises, ca. 35.000 Einwohner) betrachten sich – unterstützt darin von Russland und wenigen Staaten in Lateinamerika und Pazifik – als unabhängig und suchen die weitere Annäherung an Russland. Die Zentralregierung in Tiflis hat keine Verwaltungshoheit über diese Gebiete. Dort haben sich de-facto politische Systeme mit Regierung, Parlament und Justiz etabliert (Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 10. November 2016, S. 9 f.). Das Auswärtige Amt stellt zudem fest, dass mit den Kämpfen um Abchasien (1992/93) erhebliche ethnische Verschiebungen einhergegangen sind, Georgier mussten das Gebiet verlassen und befinden sich nun als „Binnenflüchtlinge“ im georgischen Hauptterritorium, teilweise in prekären Wohnverhältnissen und sind gesellschaftlich nur teilweise integriert. Nach den Ausführungen des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich (BFA), Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Georgien vom 2. November 2016 sind von den 200.000 aus Abchasien geflüchteten ethnischen Georgiern zwischen 40.000 und 60.000 zurückgekehrt, insbesondere in die Region Gali. Daher leben in Abchasien kaum noch georgisch-stämmige Bewohner. Das Recht auf Rückkehr der Vertriebenen wird von den dortigen de facto-Behörden verwehrt. Es liegen Hinweise vor, dass Bewohner dieses Gebiets bzw. Angehörige der georgischen/megrelischen Bevölkerung in Abchasien staatlich benachteiligt werden und einer ethnischen Diskriminierung ausgesetzt sind, die als zielgerichtet auf die weitere Reduzierung ihres Umfangs bewertet wird (Lagebericht, a.a.O., S. 10).
Gemessen an diesen Ausführungen kann damit nicht ausschlaggebend sein, wie sich die Situation für die Kläger in Abchasien darstellen würde bei einer angedachten Rückkehr nach Georgien.
Die Kläger lebten nach ihrer Beschwerde über ihre Wohnsituation auch nicht mehr in prekären Verhältnissen, sondern haben eine 60 qm große Wohnung zur Verfügung gestellt bekommen, die sie gegenwärtig an weitere Verwandte vermietet haben (Ausführungen der Mutter des Klägers zu 1) in deren Asylverfahren – B 1 K 18.30532, Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 8. Mai 2018, Seite 2). Selbst wenn die Familie in diese Wohnung nicht zurückkehren sollte, könnten sie unterstützt durch die Mieteinnahmen an anderer Stelle in Georgien Wohnung beziehen.
Für die Kläger steht bei einer Rückkehr nach Georgien das gesamte Staatsgebiet (mit Ausnahme des Teils Abchasien) als Niederlassungsmöglichkeit zur Verfügung. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass die Kläger vom georgischen Staat Repressalien zu befürchten hätten. Das im Mai 2014 verabschiedete Anti-Diskriminierungsgesetz gewährt allen Bürgern die gleichen Rechte und den gleichen Schutz vor Diskriminierung im privaten und öffentlichen Raum. Ein vom georgischen Parlament eingesetzter unabhängiger Ombudsmann beobachtet die Wahrung der Menschenrechte im Land und klärt Vorfälle auf. Seine Kompetenzen und Sanktionsmöglichkeiten sind beschränkt, aber seine Behörde, die sich stetig vergrößert und inzwischen über 170 Mitarbeiter hat, meldet sich öffentlich regelmäßig zu vielen Themen kritisch zu Wort. In Zentralgeorgien leben Abchasen und Georgier ungehindert nebeneinander. Es sind keinerlei Übergriffe, Schlechterstellungen oder Benachteiligungen bekannt bzw. werden weder von NGOs noch von den offiziellen Organisationen solche Fälle geschildert. Georgien (Zentralgeorgien) ist sehr bemüht Abchasen und Südosseten nicht zu benachteiligen (BFA, a.a.O., S. 42 und BFA, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Stand 22.03.2017 mit letzter Kurzinformation vom 15.11.2017, Seite 28 und 53).
b. Der Kläger zu 1) konnte auch nicht glaubhaft machen, dass ihm oder den Klägern zu 2) bis zu 4) wegen seiner Zugehörigkeit zur Vereinten Nationalen Bewegung oder wegen seines Postings auf Facebook eine individuelle Verfolgung droht.
Es obliegt dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es – unter Angabe genauer Einzelheiten – einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. dazu VGH Baden-Württemberg, U.v. 27.8.2013 – A 12 S 2023/11 – juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 – 8 A 2434/11.A – juris).
(1) Das Gericht glaubt dem Kläger zu 1) wesentliche Teile seines Sachvortrages nicht, insbesondere nicht, dass er wegen seines Postings oder wegen Unterstützung der Oppositionspartei gesucht wird. Der Kläger zu 1) hat in der mündlichen Verhandlung seinen Sachvortrag in wesentlichen Punkten im Hinblick auf den Sachvortrag beim Bundesamt (Anhörung vom 13. Februar 2018, Blatt 105 der Behördenakte) gesteigert: Während er in der mündlichen Verhandlung angab, dass die Frau des Georgischen Traum bei ihm zu Hause gewesen sei und ihn in seiner Wohnung provoziert habe und auch der Polizeichef anschließend in die Wohnung gekommen sei (Seite 4 der Niederschrift über die mündliche Verhandlung), gab er beim Bundesamt an, dass die Provokation auf der Straße gewesen sei („war ich mit meiner Frau und Mutter unterwegs“). Auch gab er beim Bundesamt nicht an, dass der Polizeichef persönlich bei ihm zu Hause gewesen sei. Er gab hierbei an: „Der Polizeichef hat diese Frau geschickt, um mich zu bedrohen.“ Und auf Nachfrage, warum er das annehme: „Das hat sie mir selbst gesagt“, (Blatt 110 der Behördenakte). Die Entführung schilderte der Kläger zu 1) nach mehrmaligen inhaltlichen Ausweichungen in der mündlichen Verhandlung erst nach der dritten Nachfrage der Richterin. Auch dieser Vortrag wurde im Verhältnis zum Bundesamt in wesentlichen Punkten gesteigert. So schilderte der Kläger beim Bundesamt nicht, dass er mit einem Revolver bedroht wurde. Während die Klägerin zu 2) bei ihrer Anhörung beim Bundesamt (Blatt 121 der Behördenakte) schilderte, dass ihr Ehemann bei der Entführung so getan habe, als ob es Freunde seien, „damit wir uns nicht zu sehr sorgten“, gab der Kläger zu 1) in der mündlichen Verhandlung an, dass seine Frau auf der Straße auf ihn gewartet habe, dass sich alle auf der Straße versammelt hätten und es einen großen Aufstand gegeben habe. Seine Frau habe ihm gesagt, dass der Fahrer des Wagens, der gewesen sei, der sie auch verfolgt habe. Seine Frau hätte zu Hause geweint. Die Klägerin zu 2) erwähnte bei ihrer Anhörung beim Bundesamt weder, dass sie selbst von einem Wagen verfolgt oder beobachtet worden wäre noch dass sie den Fahrer des Wagens, der ihren Ehemann entführt habe, kannte. Gänzlich unstimmig sind die Zeiten, zu denen sich alles zugetragen haben soll. So korrigierte sich der Kläger zu 1) hinsichtlich des Facebook Postings in der mündlichen Verhandlung ohne nachvollziehbaren Grund: dieses solle einmal 9 bis 10 Monate vor der Ausreise, dann aber 4 bis 5 Monate vor der Ausreise der Fall gewesen sein. Völlig neu ist der genaue Vortrag über das Posting, dass Flüchtlingswohnungen für 3.000 Dollar von einer Person gekauft worden seien. Nach den Angaben beim Bundesamt handelte das Posting von einem Milliardär, der für seine Villa viele Bäume verpflanzt habe. Wenn der Kläger so fundierte Kenntnisse über Machenschaften hinsichtlich der Flüchtlingswohnungen gehabt haben sollte und dies der Grund für seine Verfolgung gewesen wäre, so erschließt es sich dem Gericht nicht, warum er diese Ausführungen nicht auch schon hätte beim Bundesamt machen bzw. zumindest andeuten können.
Aus alledem ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts, dass die Kläger bei einer Rückkehr nach Georgien von staatlicher Seite keine Verfolgungshandlungen zu befürchten hätten.
Das Gericht war insoweit auch nicht gehalten, den Sachverhalt weiter aufzuklären und das nach der mündlichen Verhandlung (am 25. Juni 2018) zugegangene Schreiben des Klägers zu 1), welches georgisch-sprachige Briefe beinhalten soll, die er vor 6 bzw. 10 Monaten veröffentlicht haben will, übersetzen zu lassen. Das nicht glaubhafte Vorbringen des Klägers zu 1) bietet keinen Anlass zu weiterer Sachverhaltsaufklärung. Im Asylverfahren trifft den Kläger die Mitwirkungspflicht nach § 86 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 VwGO, seine Gründe für eine ihm drohende Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Dazu muss er die in seine eigene Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere persönliche Erlebnisse, so darstellen, dass seine Schilderung geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 15.02.2016 – 11 ZB 16.30012 – juris Rn. 24 m.w.N.). Aus den oben aufgeführten Gründen, also den zahlreichen Ungereimtheiten im klägerischen Vortrag, ergibt sich deutlich, dass der Kläger dieser Pflicht nicht nachgekommen ist.
(2) An dieser Stelle soll noch angemerkt werden, dass allein auf Grund einer Zugehörigkeit zur Vereinten Nationalen Bewegung, eine staatliche Verfolgung nicht gegeben ist. Die politischen Freiheiten sind verfassungsrechtlich verankert und auch nach Einschätzung nationaler und internationaler Beobachter staatlicherseits gewährleistet. Die politische Opposition kann ungehindert agieren und die bestehende Vereinigung- und Versammlungsfreiheit in Anspruch nehmen (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien, Stand 11. Dezember 2017, Seite 6).
Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass der Kläger zu 1) Schwierigkeiten mit einer Frau des Georgischen Traums und eines weiteren Mitbewohners in der alten Flüchtlingsunterkunft gehabt haben sollte, so würde es sich allenfalls um eine Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure handeln. Hierfür wäre Voraussetzung, dass der Staat oder Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten (§ 3c Nr. 3 AsylG, § 4 Abs. 3 AsylG). Dies ist hier aber nicht der Fall. Nach der Auskunftslage arbeiten die Sicherheitsbehörden im Sinne ihres Auftrags (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien vom 10.11.2016, S. 4). Das georgische Polizei- und Justizwesen hat in den letzten Jahren einen drastischen Wandel erfahren. Durch umfassende Reformen, verbunden mit einem Austausch von großen Teilen des Polizeipersonals und der Einrichtung des Amts eines Ombudsmanns für Bürgerbeschwerden und Menschenrechtsverletzungen, wurden erhebliche Fortschritte in den Bereichen Verwaltungskontrolle, Korruptionsbekämpfung und Strafverfolgung erzielt. Die Umgestaltung der Polizei hin zu einem transparenten, serviceorientierten Verwaltungsorgan hat für die georgische Regierung hohe Priorität (vgl. die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 19.07.2012 an das VG Sigmaringen, Gz. 508-9-516.80/47214). Nach den zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln ist davon auszugehen, dass der georgische Staat bei Übergriffen privater Dritter schutzwillig und schutzfähig ist (ebenso VG Augsburg, B.v. 06.06.2016 – Au 6 S 16.30662 – juris Rn. 25). Der Kläger zu 1) gab in der mündlichen Verhandlung zudem selbst an, dass er zwei Freunde seines Vaters in der führenden Partei habe, die ihn geschützt hätten. Der Kläger kann sich somit an diese, die Polizei oder den Ombudsmann wenden. Soweit er vortrug, dass die örtliche Polizei in das Geschehen verwickelt sei, wäre es ihm zumutbar mit seiner Familie anderen Orts in Georgien Wohnsitz zu nehmen, wo ihm der Schutz regelmäßig gewährt wird. Dass ein Umzug der Familie auch zumutbar wäre, wurde bereits ausgeführt, weshalb der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch die Möglichkeit der Inanspruchnahme der inländischen Fluchtalternative (§ 3e AsylG) entgegensteht.
2. Aus den unter 1. dargestellten Gründen scheidet eine Anerkennung als Asylberechtigte ebenso aus.
3. Den Klägern droht bei einer Rückkehr nach Georgien auch kein ernsthafter Schaden i.S.v. § 4 AsylG.
Den Klägern droht bei einer Rückkehr nach Georgien weder die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Asyl) noch Folter oder eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG). Sie laufen auch nicht Gefahr, wegen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts einer ersthafte individuelle Bedrohung ausgesetzt zu sein (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG).
4. National begründete Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor. Zutreffend ist das Bundesamt insoweit davon ausgegangen, dass die Kläger zu 1) und zu 2) zumindest in der Lage sind, sich eine existenzsichernde Lebensgrundlage (auch für die Kläger zu 3 und zu 4) zu erwirtschaften. Dass den Klägern zu 2) bis zu 4) eine konkrete, erhebliche und individuelle Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG), ist nicht ersichtlich. Auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG hinsichtlich des Klägers zu 1) liegt nicht vor. Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine (individuelle) Gefahr im Sinne dieser Vorschrift kann auch bestehen, wenn der Ausländer an einer Erkrankung leidet, die sich aufgrund der Verhältnisse im Abschiebezielstaat voraussichtlich verschlimmern wird. Ein entsprechendes Abschiebungshindernis ist gemäß § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG allerdings nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen anzunehmen. Gemäß § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG ist im Übrigen nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist.
Gemessen daran ist eine Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 S. 1 AufenthG im Falle des Klägers zu 1) nicht festzustellen. Den vorgelegten Attesten ist nicht zu entnehmen, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers bei einer Abschiebung wesentlich verschlechtern würde. Zudem ist die Möglichkeit der Behandlung (auch schwerwiegender) psychischer Erkrankungen in Georgien grundsätzlich gegeben. Nach der Auskunft des Auswärtigen Amts an das VG Sigmaringen vom 19. Juli 2012 ist die Behandlung von schweren depressiven Störungen in Georgien möglich. Die stationären Behandlungen sind jedenfalls bei festgestellter Auto- oder Heteroaggressivität kostenfrei gewährleistet. Auch die ambulanten Behandlungen sind teilweise kostenlos (vgl. hierzu auch D-A-CH-Analysen „Georgien: Medizinische Versorgung – Behandlungsmöglichkeiten“, Stand Juni 2011).
Hinzu kommt, dass der Kläger zu 1) kein qualifiziertes Attest vorgelegt hat. Aufgrund der häufigen Geltendmachung schwer diagnostizier- und überprüfbarer Erkrankungen psychischer Art (z.B. posttraumatische Belastungsstörungen) als Abschiebungshindernis wollte der Gesetzgeber mit der Präzisierung in § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG klarstellen, dass nur äußerst gravierende Erkrankungen eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib oder Leben darstellen (BT-Drs. 18/7538, S. 18). Eine solche schwerwiegende Erkrankung kann nach der Gesetzesbegründung bei posttraumatischer Belastungsstörung (PTBS) regelmäßig nicht angenommen werden. In Fällen einer PTBS sei die Abschiebung grundsätzlich möglich, es sei denn, sie würde zu einer wesentlichen Gesundheitsgefährdung bis hin zu einer Selbstgefährdung führen (BT-Drs. 18/7538 a.a.O. und BayVGH, Beschluss vom 06.11.2017 – 11 ZB 17.31463 – juris).
Ein Abschiebungshindernis kann somit nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen angenommen werden. Ein solcher Ausnahmefall ist dem vorgelegten Attest des Medizinischen Dienstes vom 15. Mai 2018 nicht zu entnehmen. Das vorgelegte Attest nennt nicht die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage die fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung oder die konkreten Folgen, die sich für den Kläger zu 1) ergeben. Es wird nur die Diagnose posttraumatischen Belastungsstörungen getroffen, so dass das Attest nicht den Anforderungen des § 60a Abs. 2c AufenthG genügt.
5. Der Bescheid des Bundesamtes gibt schließlich auch hinsichtlich der Abschiebungsandrohung in Nr. 5 keinen Anlass zu Bedenken. Diese entspricht den gesetzlichen Anforderungen des § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG und § 38 Abs. 1 AsylG.
6. Auch die nach § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG von Amts wegen vorzunehmende Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Sie hält sich im Rahmen des § 11 Abs. 3 AufenthG. Ermessensfehler sind nicht erkennbar (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 11.3.2016 – 17 L 472/16.A – juris).
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.