Aktenzeichen Au 2 K 17.32350, Au 2 K 17.32391
Leitsatz
1 Es bestehen derzeit keine Anhaltspunkte dafür, dass in der Ukraine ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt herrscht, so dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Zugehörigkeit zur russischsprachigen Bevölkerungsgruppe ist kein gefahrerhöhender individueller Umstande. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klagen werden abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten der Verfahren zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben
Gründe
Die zulässigen Klagen sind unbegründet.
Die Kläger haben zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 1 AsylG) weder Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinn von § 3 Abs. 1 AsylG bzw. – der Kläger zu 3 – die Anerkennung als Asylberechtigter gemäß Art. 16a Abs. 1 GG, noch einen Anspruch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 AsylG oder die Feststellung eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich der Ukraine, da die hierfür maßgeblichen gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorliegen. Der insoweit angefochtenen Bescheide des Bundesamts vom 19. und 21. April 2017 sind rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Aus dem Vorbringen der Kläger ergibt sich keine flüchtlingsschutzbzw. asylrelevante Gefährdungssituation. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinn des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl 1953 II S. 559), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslands befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will.
Dem Sachvortrag des Klägers zu 1 ist zu entnehmen, dass er die Ukraine zusammen mit seiner Familie wegen den Übergriffen auf ihn infolge seiner früheren Tätigkeit für die Partei der Regionen verlassen hat. Allerdings ist es den Klägern nicht gelungen, dem Gericht die Überzeugung zu vermitteln, die Ukraine aus begründeter Furcht vor flüchtlingsschutzrelevanter Verfolgung im Sinn der §§ 3 ff. AsylG verlassen zu haben und bei einer Rückkehr dorthin von einer solchen Verfolgung bedroht zu sein. Die Darlegungen hierzu erscheinen zum einen nicht schlüssig, da er nach eigenen Angaben auch für andere Parteien, wie die Partei von Julia Timoschenko, Demonstrationen organisiert hat. Zum anderen wirkt der Schilderung vor allem des kurz vor der Ausreise erfolgten Überfalls unglaubhaft, da die Vorgänge vom Kläger zu 1 in zeitlicher Hinsicht nur vage eingeordnet werden konnten und seine Befreiung aus der Gewalt der beiden Personen, die den Übergriff durchgeführt haben, lebensfremd wirkt. Unklar blieb auch, warum der Kläger zu 1 keine Anzeige erstattet und mit Hilfe seines Onkels, einem in Kiew tätigen Staatsanwalt, eine polizeiliche Untersuchung der Vorgänge veranlasst hat, da es sich hier um einen illegalen Übergriff gehandelt hat, der kriminelles Unrecht darstellt. Die Angaben des Klägers zu 1 zu seiner Inhaftierung wegen eines konstruierten Drogendelikts erscheinen ebenfalls unglaubhaft, da er hierzu keine Unterlagen besitzen will, obwohl er in dem Strafverfahren von einem Anwalt vertreten wurde und ein Berufungsverfahren anhängig war. Auch zur Dauer der Inhaftierung und zur verhängten Freiheitsstrafe machte der Kläger zu 1 widersprüchliche Angaben. So gab er beim Bundesamt an, er sei ursprünglich zu zweieinhalb Jahren Gefängnis verurteilt worden und habe sich von Anfang 2010 bis 14. Dezember 2011 in Haft befunden. In der mündlichen Verhandlung gab er jedoch an, er sei zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden und sei ein Jahr und acht Monate inhaftiert gewesen. Auch die vorgelegten Unterlagen sind nicht in der Lage, einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zu begründen. Mit der Vorlage eines Parteiausweises der „Partei der Regionen“ und mit der Bestätigung des Todes eines Dritten, deren Herkunft offen geblieben ist, wird keine Verfolgung des Klägers zu 1 belegt. Dass die Mutter des Klägers zu 1 unter Druck gesetzt worden sei, wurde bislang im Verfahren nicht substantiiert behauptet. Dabei handelt es sich um eine Steigerung des bisherigen Sachvortrags. Der sog. „Freigabeurkunde“ kann kein Beweiswert zuerkannt werden, da nicht vorgetragen ist, wie der Kläger zu 1 deren Ausstellung erreicht hat und wie ein offenbar rechtskräftiges und zumindest teilweise vollstrecktes Strafurteil damit als Fehlurteil gelten kann. Im Übrigen folgt das Gericht der zutreffenden Begründung der Beklagten in den angegriffenen Bescheiden, auf die verwiesen wird, und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Den auch ukrainisch sprechenden Klägern stand darüber hinaus mit der Möglichkeit, in Kiew zu leben, wo der Onkel des Klägers zu 1 als Staatsanwalt tätig ist und auch seine Schwester wohnt, eine zumutbare innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung (§ 3e AsylG).
Die Kläger haben auch keinen Anspruch auf die Gewährung des subsidiären Schutzstatus, weil die Voraussetzungen der § 60 Abs. 2 Satz 1 AufenthG, § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nicht vorliegen. Gemäß § 60 Abs. 2 AufenthG darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Abs. 1 AsylG bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Subsidiären Schutz kann nur beanspruchen, wem mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG droht. Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG gilt als ernsthafter Schaden eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Die Schutzgewährung greift auch dann ein, wenn sich der innerstaatliche bewaffnete Konflikt nur auf einen Teil des Staatsgebietes erstreckt (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris; U.v. 24.6.2008 – 10 C 43.07 – BVerwGE 131, 198). Besteht ein bewaffneter Konflikt mit einem solchen Gefahrengrad nicht landesweit, ist bzgl. der anzustellenden Gefahrenprognose auf den Zielort der Abschiebung abzustellen. Dabei kommt es weder darauf an, für welche Region sich ein unbeteiligter Betrachter vernünftigerweise entscheiden würde, noch darauf, in welche Region der betroffene Ausländer seinem subjektiven Blickwinkel nach strebt. Vielmehr ist in der Regel auf die Herkunftsregion 21 des Klägers abzustellen, in die er typischerweise zurückkehren wird. Ein Abweichen von dieser Regel kann jedenfalls nicht damit begründet werden, dass dem Ausländer in der Herkunftsregion die Gefahren drohen, vor denen § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ihm Schutz gewähren soll (BVerwG, U.v. 31.1.2013, a.a.O.; B.v. 14.11.2012 – 10 B 22.12 – juris; zur Frage der „tatsächlichen Zielregion“ BayVGH, U.v. 17.3.2016 – 20 B 13.30233 – juris Rn. 23; OVG NW, B.v. 15.10.2012 – 13 A 2010/12.A – juris).
In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist geklärt, dass und unter welchen Voraussetzungen eine ernsthafte individuelle Bedrohung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG anzunehmen ist (BVerwG, U.v. 24.6.2008, a.a.O.; U.v. 27.4.2010 – 10 C 4.09 – juris; U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10 – juris; B.v. 27.6.2013 -10 B 11.13 – juris; U.v. 13.2.2014 – 10 C 6.13 – juris). Danach genügt es nicht, dass der innerstaatliche bewaffnete Konflikt zu permanenten Gefährdungen der Bevölkerung und zu schweren Menschenrechtsverletzungen führt (BVerwG, U.v. 13.2.2014, a.a.O.). Allerdings kann sich eine von einem bewaffneten Konflikt ausgehende allgemeine Gefahr individuell verdichten und damit die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG erfüllen (BVerwG, U.v. 24.6.2008, a.a.O.). Eine derartige Individualisierung kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben. Dazu gehören in erster Linie persönliche Umstände, die den Antragsteller von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen, etwa weil er von Berufs wegen – z.B. als Arzt oder Journalist – gezwungen ist, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Möglich sind aber auch solche persönlichen Umstände, aufgrund derer der Antragsteller als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte – etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit – ausgesetzt ist (BVerwG, U.v. 17.11.2010, a.a.O., Rn. 18 m.w.N.). Gefahrerhöhende individuelle Umstände dieser Art liegen bei den Klägern ersichtlich nicht vor. Die Zugehörigkeit zur russischsprachigen Bevölkerungsgruppe genügt hierfür allein nicht (s. hierzu BayVGH, B.v. 30.5.2017 – 11 ZB 17.30523 – juris Rn. 5).
Fehlen – wie hier – individuelle gefahrerhöhende Umstände, so kann eine Individualisierung der allgemeinen Gefahr ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre (BVerwG, U.v. 17.11.2011, a.a.O.). Erforderlich ist insoweit ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt (BVerwG, U.v. 17.11.2011, a.a.O.). Hierfür besteht derzeit in der Ukraine kein Anhalt. Zur allgemeinen Sicherheitslage in der Ukraine wird im Übrigen auf die Ausführungen im eingeführten Lagebericht Bezug genommen.
Ferner liegen die Voraussetzungen für die Verpflichtung der Beklagten zur Feststellung von Abschiebungsverboten nicht vor. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) unzulässig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorgängerregelung in § 53 Abs. 4 AuslG (U.v. 11.11.1997 – 9 C 13.96 – BVerwGE 105, 322) umfasst der Verweis auf die EMRK lediglich Abschiebungshindernisse, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen („zielstaatsbezogene“ Abschiebungshindernisse).
Der Verweis auf Abschiebungsverbote, die sich aus der Anwendung der EMRK ergeben, umfasst auch das Verbot der Abschiebung in einen Zielstaat, in dem dem Ausländer unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Sinne von Art. 3 EMRK droht. Bei § 60 Abs. 5 AufenthG sind alle Verbürgungen der EMRK in den Blick zu nehmen, aus denen sich ein Abschiebungsverbot ergeben kann. Soweit § 60 Abs. 5 AufenthG die völkerrechtliche Verpflichtung der Bundesrepublik Deutschland wiederholt, bei aufenthaltsbeendenden Maßnahmen die Gefahr der unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung zu berücksichtigen (Art. 3 EMRK), ist der sachliche Regelungsbereich zwar weitgehend identisch mit dem unionsrechtlichen Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 2 AufenthG und geht über diesen, soweit Art. 3 EMRK in Rede steht, jedenfalls nicht hinaus. Denn § 60 Abs. 2 AufenthG knüpft – wie dargelegt – an Art. 15 Buchst. b der Richtlinie 2011/95/EG an, der seinerseits die Verantwortung des Abschiebestaats nach Art. 3 EMRK übernimmt. Auch wenn bei Anträgen auf internationalen Schutz der unionsrechtliche Abschiebungsschutz – und damit auch das Vorliegen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG – vor dem nationalen Abschiebungsschutz zu prüfen ist, folgt hieraus in Bezug auf eine Verletzung des Art. 3 EMRK keine (verdrängende) Spezialität des Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 2 AufenthG, die eine Prüfung des § 60 Abs. 5 AufenthG bereits dem Grunde nach ausschließt. Die Gewährleistung nach nationalem Recht tritt vielmehr selbstständig neben die aus Unionsrecht. Eine tatbestandsausschließende Spezialität des § 60 Abs. 2 AufenthG wäre mit dem hohen Rang, den die durch Art. 3 EMRK geschützten Rechtsgüter haben, unvereinbar. Damit ist hinsichtlich des Vorliegens eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG in jedem Fall materiell zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Art. 3 EMRK erfüllt sind.
In Fällen, in denen – wie hier – gleichzeitig über die Gewährung unionsrechtlichen und nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet allerdings bei Verneinung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 2 AufenthG regelmäßig aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Erwägungen auch ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Bezug auf Art. 3 EMRK aus, so dass in der Sache divergierende Bewertungen kaum denkbar sind (BVerwG, U.v. 31.1.2013, a.a.O.). Ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG kommt nicht nur bei Gefahren für Leib und Leben, die seitens eines Staates oder einer staatsähnlichen Organisation drohen, in Betracht, sondern auch extreme Gefahren, die sich z. B. aus einer katastrophalen Versorgungslage ergeben können, können unter § 60 Abs. 5 AufenthG fallen (BVerwG, U.v. 13.6.2013 – 10 C 13.12 – juris; EGMR, U.v. 28.6.2011 – Nr. 8319/07, Sufi und Elmi – NVwZ 2012, 681 ff.). Humanitäre Verhältnisse verletzen Art. 3 EMRK nur in ganz außergewöhnlichen Fällen. Solche liegen nur vor, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung bzw. Abschiebung zwingend sind (EGMR, U.v. 28.06.2011, a.a.O.). Eine solche Situation liegt im Fall der Kläger, wie im Bundesamtsbescheid zutreffend dargestellt ist und auf den insoweit zur weiteren Begründung der Entscheidung verwiesen wird, nicht vor (s. auch BayVGH, B.v. 1.6.2017 – 11 ZB 17.30602 – juris Rn. 4).
Schließlich soll nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat auch dann abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Allerdings sind Gefahren, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, grundsätzlich nur nach § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Grundsätzlich sind das Bundesamt und die Verwaltungsgerichte an diese gesetzgeberische Kompetenzentscheidung gebunden. Sie dürfen Ausländern, die einer gefährdeten Gruppe angehören, für die aber ein Abschiebestopp nach § 60a Abs. 1 Satz 1 Auf-enthG nicht besteht, nur dann im Einzelfall ausnahmsweise Schutz vor einer Abschiebung in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 AufenthG zusprechen, wenn eine Abschiebung Verfassungsrecht, insbesondere die Grundrecht aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 GG verletzen würde. Dies ist nach der Rechtsprechung des BVerwG nur dann der Fall, wenn der Ausländer im Zielstaat der Abschiebung einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, die landesweit besteht oder der der Ausländer nicht ausweichen kann (grundlegend BVerwG, U.v. 29.9.2011 – 10 C 24.10 – juris; U.v. 12.7.2011 – 1 C 2.01 – juris; BayVGH, U.v. 17.3.2016 – 20 B 13.30233 – juris Rn. 30). Wann danach allgemeine Gefahren aus verfassungsrechtlichen Gründen zu einem Abschiebungsverbot führen, hängt wesentlich von den Umständen des Einzelfalls ab und entzieht sich einer rein quantitativen oder statistischen Betrachtung (BayVGH, U.v. 17.3.2016 – 20 B 13.30233 – juris Rn. 30; OVG NW, B.v. 13.2.2013 – 13 A 1524/12.A – juris m.w.N.). Die drohenden Gefahren müssen jedoch nach Art, Ausmaß und Intensität von einem solchen Gewicht sei, dass sich daraus bei objektiver Betrachtung für den Ausländer die begründete Furcht ableiten lässt, selbst in erheblicher Weise ein Opfer der extremen allgemeinen Gefahrenlage zu werden. Bezüglich der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der drohenden Gefahren ist von einem im Vergleich zum Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit erhöhten Maß auszulegen. Diese Gefahren müssen dem Ausländer daher mit hoher Wahrscheinlichkeit drohen. Dieser Wahrscheinlichkeitsgrad markiert die Grenze, ab der seine Abschiebung in den Heimatstaat verfassungsrechtlich unzumutbar erscheint. Dieser hohe Wahrscheinlichkeitsgrad ist dann erreicht, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde“. Schließlich müssen sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren (BVerwG, U.v. BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15.12 – juris; BayVGH, U.v. 8.11.2012 – 13a B 11.30465 – juris; OVG NW, U.v. 26.8.2014 – 13 A 2998/11.A – juris). Daran fehlt es hier. Es ist nicht ersichtlich, dass den Klägern bei einer Rückkehr in die Ukraine eine erhebliche Gesundheitsgefährdung drohen würde.
Auch in Bezug auf die aktuelle politische Lage in der Ukraine und die Situation für Rückkehrer sind keine Änderungen in der rechtlichen Bewertung veranlasst. Aktivitäten von Oppositionsparteien oder -gruppen unterliegen keinen staatlichen Restriktionen. Die Ukraine ist Vertragsstaat der meisten Menschenrechtskonventionen. Die Existenzbedingungen sind im Landesdurchschnitt knapp ausreichend. Die Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist gesichert. Es sind keine Berichte bekannt, wonach in die Ukraine abgeschobene oder freiwillig zurückgekehrte ukrainische Schutzsuchende wegen der Stellung eines Asylantrags im Ausland behelligt worden wären.
Die Entscheidungen über das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 AufenthG und die auf § 34 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG gestützten Abschiebungsandrohungen sind rechtlich nicht zu beanstanden.
Die Klagen waren daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Gerichtskostenfreiheit der Verfahren ergibt sich aus § 83b AsylG.