Verwaltungsrecht

Erfolglose Asylklage

Aktenzeichen  Au 4 K 17.33707

Datum:
7.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 37552
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 11 Abs. 1, § 60 Abs. 5, Abs. 7
AsylG § 3, § 3c Nr. 3, § 4 Abs. 1

 

Leitsatz

Für am Bürgerkrieg in Sierra Leone in den Jahren 1991 bis 2002 beteiligte Personen besteht keine Gefahr, weil die Fraktionen im Rahmen eines im März 2004 abgeschlossenen nationalen Demobilisierungsprogramms entwaffnet und in die Zivilbevölkerung integriert worden sind.  (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Der Kläger hat zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. auf Zuerkennung subsidiären Schutzes oder auf Feststellung, dass ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG vorliegt. Der angefochtene Bescheid des Bundesamts ist daher rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG.
Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 – Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine Verfolgung i. S. des § 3 AsylG kann nach § 3c Nr. 3 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern der Staat oder ihn beherrschende Parteien oder Organisationen einschließlich internationale Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor der Verfolgung zu bieten. Die Gefahr einer derartigen Verfolgung bei seiner Rückkehr nach Afghanistan hat der Kläger nicht glaubhaft gemacht.
Es ist Sache des Schutzsuchenden, seine Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Wegen des sachtypischen Beweisnotstands, in dem sich Flüchtlinge insbesondere im Hinblick auf asylbegründende Vorgänge im Verfolgerland vielfach befinden, genügt für diese Vorgänge in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen.
Der Kläger hat seine Verfolgungsgründe vor allem darauf gestützt, dass er wegen der Aktivitäten seines Vaters im Bürgerkrieg 1996 von der Regierung gesucht werde. Der Kläger hat aber weder vor dem Bundesamt noch in der mündlichen Verhandlung darlegen können, warum er, der erst 1988 geboren wurde, über Aktivitäten seines bereits 1996 verstorbenen Vaters Auskunft geben solle. Dieses Vorbringen des Klägers, er sei in Sierra Leone wegen der Aktivitäten seines Vaters bedroht, konstruiert. Es entspricht auch nicht den objektiven Umständen. Das Auswärtige Amt hat schon Ende 2004/Anfang 2005 ausgeführt, dass gezielte Übergriffe auf Personen, die den Rebellen angehört haben sollen, nicht bekannt geworden sind. Die am Bürgerkrieg beteiligten Fraktionen sind im Rahmen eines nationalen Demobilisierungsprogrammes – das Ende März 2004 abgeschlossen wurde – entwaffnet und in die Zivilbevölkerung integriert worden (Auswärtiges Amt an VG Gera vom 13.1.2005, Nr. 1). Erst recht muss diese fehlende Gefahr für Personen gelten, die nicht nur – wie der Kläger – selbst nicht den Rebellen angehört haben, sondern im Zeitpunkt des Bürgerkriegs auch noch im Kindesalter waren. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bei seiner Rückkehr heute noch – 16 Jahre nach Ende des Bürgerkriegs -die von ihm geschilderte Gefährdung wegen Aktivitäten seines Vaters zu gegenwärtigen hätte.
Im Übrigen sind das Vorbringen des Klägers im streitgegenständlichen Ablehnungsbescheid und die Lage in Sierra Leone zutreffend gewürdigt worden; auf den Bescheid wird daher in vollem Umfang Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Insbesondere führt der Bescheid zu Recht aus, dass es dem Kläger möglich und zumutbar wäre, in Sierra Leone wieder zu Recht zu kommen und sich dort seinen Lebensunterhalt zu sichern. Der Kläger hat bereits vor seiner Ausreise gezeigt, dass er in Sierra Leone seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.
Der streitgegenständliche Bescheid ist auch insoweit rechtmäßig, soweit das Nichtvorliegen von zielstaatsbezogenen Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG festgestellt wurde (Ziffer 4 des Bescheids). Insoweit auf die Ausführungen im Bescheid Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung in den Gründen dieser Entscheidung abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Nach allem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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