Verwaltungsrecht

Erfolglose Klage auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft einer Familie aus der Russischen Föderation tschetschenischer Volkszugehörigkeit

Aktenzeichen  RO 9 K 17.31848

Datum:
3.11.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3, § 4
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1
VwGO VwGO § 84

 

Leitsatz

1. Die Ausstellung von Reisepässen stellt ein gewichtiges Indiz gegen eine staatliche Verfolgung dar. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine aktuelle Schwangerschaft kann innerhalb bestimmter Schutzzeiträume ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis darstellen. (Rn. 19) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt das Gericht gem. § 84 Abs. 4 VwGO auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheids vom 21. September 2017 Bezug. Zu den Ausführungen im Termin ist zu bemerken:
1. Das Gericht hält den Sachvortrag des Klägers zu 1. nach wie vor nicht für glaubhaft. So konnte er nach wie vor nicht plausibel machen, weshalb er sich – trotz der angeblich erheblichen Bedrohungslage für seine Person – nach dem Brand freiwillig zurück in die „Gefahrenzone“ begeben hat, um seine Familie zu sehen, obwohl ihm diese telefonisch bestätigt hatte, dass es ihr gut gehe und er selbst sie bei anderen Verwandten in Sicherheit wähnte (S. 5 der Niederschrift). In diesem Zusammenhang fällt auf, dass der Kläger zu 1. noch unmittelbar nach der Kenntniserlangung von dem Brand durch einen Freund von sich aus keinen Kontakt zu seiner Familie aufgenommen hatte. Er hat seine Tante erst ein paar Tage später auf die Information des Freundes angesprochen, dies aber auch nur anlässlich eines Anrufes von ihr bei ihm (S. 3 der Niederschrift). Dieses seiner Familie gegenüber über mehrere Tage hinweg passiv gebliebene Erkundungs- und Sorgeverhalten spricht gewichtig gegen eine ausgeprägte Angst um seine Familie, welche doch gerade im Lichte des angeblichen Brandes hochaktuell und dringend hätte sein müssen.
Wenig nachvollziehbar bleibt weiterhin, dass er seine Familie nicht aus Tschetschenien herausgeholt hat, jedenfalls nach dem Brandereignis. Die Auffassung, sie wäre auch danach bei Verwandten in Tschetschenien sicherer gewesen als außerhalb Tschetscheniens, ist spätestens vor dem Hintergrund der Brandlegung schlechterdings nicht haltbar.
Sein Vorbringen bleibt zudem oberflächlich pauschal und teilweise unstimmig, jedenfalls was seine Angaben zum Themenbereich „Haus der Tante/der Großmutter in Argun/Gudermes“ betrifft, welche erst im Termin, aber nicht zuvor schon auf eigenen Antrieb hin berichtigt worden sind. Auch erwähnt er bei Gericht erstmals ein Telefonat mit einem Freund, der ihn auf den Brand aufmerksam gemacht haben will. Beim Bundesamt bezog er sich hierzu ausschließlich auf ein Gespräch mit seiner Familie (Bl. 74 d.A.). Die Vorfälle im angeblichen Gewahrsam schilderte der Kläger zu 1. in der Verhandlung sehr ungenau, ohne jegliche Details, ohne größeren Zusammenhang oder Hintergrund. Vielmehr fokussierte er sich bei Gericht ebenfalls darauf, schlagwortartig auf Folter und Schläge hinzuweisen, ohne aber dabei selbst auf mehrfache Nachfrage hin in der Lage gewesen zu sein, das ihm Widerfahrene plastisch, anschaulich und zusammenhängend erläutern zu können. Dies hätte ihm aber mit Blick auf den längeren Aufenthalt in Gewahrsam selbst bei drei- oder viermaliger Bewusstlosigkeit möglich sein müssen.
Nicht zuletzt bleibt die Ausstellung von Reisepässen an die Kläger weiterhin gewichtiges Indiz gegen eine staatliche Verfolgung. Die These, sie hätten diese nur durch Bestechungsgelder erlangt, ist weder durch das Vorbringen im Verwaltungsverfahren noch bei Gericht glaubhaft erhärtet.
2. Die aktuelle Schwangerschaft der Ehefrau mag u.U. innerhalb bestimmter Schutzzeiträume ein inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis darstellen, bleibt aber unter zielstaatsbezogenem Blickwinkel ohne Belang. Auch sonst ist für ein krankheitsbezogenes Abschiebungsverbots nichts substantiiert dargetan.
Kosten: § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.
Vorläufige Vollstreckbarkeit: § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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