Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag auf Beschäftigungserlaubnis und Ausbildungsduldung

Aktenzeichen  19 CE 17.2247

Datum:
9.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 186
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 60a Abs. 2 S. 4

 

Leitsatz

Die Beschaffung von Passersatzpapieren stellt eine konkrete Maßnahme zur Aufenthaltsbeendigung iSd § 60a Abs. 2 S. 4 AufenthG dar, die den Anspruch auf eine Ausbildungsduldung ausschließt. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

B 1 E 17.557 2017-05-19 Bes VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde des Antragstellers hat keinen Erfolg. Die zu ihrer Begründung dargelegten Gründe, auf deren Prüfung sich der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen keine Änderung des angefochtenen Beschlusses, mit dem es das Verwaltungsgericht erneut abgelehnt hat, den Antragsgegner vorläufig zur Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis für eine Ausbildung im Garten- und Landschaftsbau sowie eine diesbezügliche Ausbildungsduldung zu verpflichten.
Der Antragsteller, ein armenischer Staatsangehöriger, hat sowohl gegen den in vollem Umfang negativen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 17. Juni 2016 (das Asylbegehren ist als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden) als auch gegen den Ablehnungsbescheid der Ausländerbehörde vom 5. April 2017 hinsichtlich einer Beschäftigungserlaubnis und einer Ausbildungsduldung erfolglose Eilverfahren betrieben (zum Begehren nach Beschäftigungserlaubnis und Ausbildungsduldung vgl. den Senatsbeschluss vom 24.7.2017 im Verfahren 19 CE 17.1079); die Klage auf Erteilung der Beschäftigungserlaubnis und Ausbildungsduldung ist beim Verwaltungsgericht anhängig (Az.: W 7 K 17.462).
Weil sein erneuter Antrag auf Beschäftigungserlaubnis und Ausbildungsduldung vom 10. Oktober 2017 (mit Ausbildungsbeginn zum 1. November 2017) von der Ausländerbehörde unter Hinweis auf den Bescheid vom 5. April 2017 und die anhängige Klage nicht förmlich beschieden worden ist, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. Oktober 2017 das hier gegenständliche einstweilige Rechtsschutzverfahren mit der Begründung abgelehnt, die Ausländerbehörde habe die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis ermessensfehlerfrei abgelehnt und der Erteilung einer Ausbildungsduldung stünden weiterhin Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung entgegen.
Seine Beschwerde hat der Antragsteller damit begründet, dass die Ausländerbehörde nicht auf Vorrat Rückreisepapiere beantragen könne, um die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis und einer Ausbildungsduldung zu vereiteln. Außerdem nehme die Prüfung der Reisefähigkeit seiner Ehefrau einige Zeit in Anspruch, weshalb die Abschiebung nicht bevorstehe. Schließlich würden die Eheleute mit der Mutter/Schwiegermutter, deren Asylverfahren noch nicht abgeschlossen sei, zusammen wohnen und diese zweifellos pflegen.
Dieser Vortrag verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg; dabei kann dahinstehen, ob wegen des veränderten Ausbildungsbeginns zum 1. November 2017 (bisher 1. September 2017) eine Entscheidung über einen neuen Streitgegenstand begehrt wird oder ob die Abänderung der Entscheidung im vorangegangenen Eilverfahren wegen veränderter Umstände angestrebt wird (zum einstweiligen Rechtsschutz nach rechtskräftig abgelehntem Antrag nach § 123 VwGO und nach veränderten Umständen vgl. Schoch in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand Juni 2017, § 123 Rn. 174 ff, sowie Happ in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 123 Rn. 81).
1. Dass der Gesundheitszustand der Ehefrau eine Abschiebung der Eheleute längerfristig ausschließen und deshalb zumindest eine Duldung begründen würde, ist weder dargelegt noch anderweitig ersichtlich. Mit der für den 8. Februar 2018 vorgesehenen ärztlichen Untersuchung der Ehefrau will sich die Ausländerbehörde Klarheit über deren Reisefähigkeit verschaffen; es verbleibt insoweit bei der Begründung in Nr. 2 des Senatsbeschlusses vom 24. Juli 2017. Für eine vorläufige Untersagung der Abschiebung wegen mangelnder Reisefähigkeit besteht derzeit kein Anlass.
2. Hinsichtlich der Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis und einer Ausbildungsduldung wird keine Änderung der Sach- oder Rechtslage vorgetragen, welche eine stattgebende Entscheidung gebieten würde; auf die Nrn. 3.1 und 3.2 der Gründe des Senatsbeschlusses vom 24. Juli 2017 kann zunächst Bezug genommen werden.
2.1. Der Einwand, die Ausländerbehörde vereitle durch ihr Vorgehen die Erteilung einer Beschäftigungserlaubnis und einer Ausbildungsduldung an den Antragsteller ist bereits Gegenstand des vorangegangenen Beschwerdeverfahrens gewesen. Wegen der Gründe für die Erfolglosigkeit dieses Einwands kann deshalb zur Vermeidung von Wiederholungen auf den Senatsbeschluss vom 24. Juli 2017 im Verfahren 19 CE 17.1079 und dessen Bestandskraft verwiesen werden (insbesondere die Nrn. 3.1 und 3.2).
2.2. Der Ausschlussgrund des § 60a Abs. 2 Satz 4 AufenthG wegen des Bevorstehens konkreter Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung liegt unverändert vor. Die am 13. Februar 2017 eingeleitete Beschaffung von Passersatzpapieren stellt eine konkrete Maßnahme zur Aufenthaltsbeendigung dar, die den Anspruch auf eine Ausbildungsduldung ausschließt. Nach der Vorstellung des Gesetzgebers will diese Ausschlussregelung die Fälle aus dem Anwendungsbereich des Rechtsanspruchs auf Ausbildungsduldung ausnehmen, in denen die Abschiebung bereits konkret vorbereitet wird, wobei die Gesetzesbegründung die Beantragung eines Pass(ersatz)-papiers, die Terminierung der Abschiebung oder den Lauf eines Verfahrens zur Dublin-Überstellung als Beispiele aufführt (BT-Drs. 18/9090 S. 25). Nach Aktenlage hat die Ausländerbehörde die Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung weder abgebrochen noch auf längere Sicht unterbrochen. Die zeitnahe und ergebnisoffene Überprüfung der Reisefähigkeit von ausreisepflichtigen Ausländern mittels einer ärztlichen Untersuchung zur Abklärung von etwaigen inlandsbezogenen Abschiebungshindernissen gehört zu den konkreten Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung, welche die Erteilung einer Ausbildungsduldung ausschließen. Die zeitliche Verzögerung bis zum 8. Februar 2018, die auf die Terminabstimmung mit der ausgewählten Ärztin zurückzuführen ist, ändert an der Tatsache einer Vorbereitung von Abschiebungsmaßnahmen ebenso wenig wie der Umstand, dass die medizinische Untersuchung die Ehefrau des Antragstellers betrifft. Die Ausländerbehörde lässt durch ihr Vorgehen vielmehr erkennen, dass sie mit Rücksicht auf Art. 6 GG im Zuge der Aufenthaltsbeendigung die Trennung der Eheleute vermeiden will.
3. Ein Abschiebungshindernis aufgrund des Zusammenlebens der Eheleute mit der Mutter/Schwiegermutter ein Abschiebungshindernis ist weder dargelegt noch ersichtlich. Es mangelt an jeglicher Darlegung der verwandtschaftlichen Zuordnung (zu Ehemann oder Ehefrau) dieser Person, ihrer gesundheitlichen Disposition, eines etwaigen Betreuungsbedarfs und dessen tatsächliche Befriedigung durch den Antragsteller oder seine Ehefrau. Familiäre Verbindungen allein sind keine hinreichenden Belege für die Pflege einer verwandten Person.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG, wobei im vorläufigen Rechtsschutzverfahren der sogenannte Auffangstreitwert halbiert wird.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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