Verwaltungsrecht

Erfolgloser Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO

Aktenzeichen  M 4 S7 16.31268

Datum:
14.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 7
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 7

 

Leitsatz

Das Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO darf nicht als Rechtsmittelverfahren zu einer vorhergehenden Entscheidung verstanden werden. Es dient allein der Möglichkeit, einer nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung zu tragen. (redaktioneller Leitsatz)
Der Kosovo ist ein sicherer Herkunftsstaat in dem die medizinische Versorgung gesichert ist. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens
zu tragen.

Gründe

I.
Die Antragstellerin ist nach eigenen Angaben kosovarische Staatsangehörige albanischer Volkszugehörigkeit. Sie meldete sich zusammen mit ihrem Ehemann und der gemeinsamen Tochter am … 2015 als asylsuchend und stellten am … 2015 Asylanträge.
Mit Bescheid vom 8. Mai 2015 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) die Asylanerkennung und die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet und den Antrag auf subsidiären Schutz als unbegründet ab.
Mit Schriftsatz vom … 2015 erhob die Antragstellerin gemeinsam mit ihrer Kernfamilie Klage (…) gegen diesen Bescheid und stellte gleichzeitig einen Eilantrag (…), den das Gericht mit Beschluss vom 29. Mai 2015 ablehnte. Auf den Inhalt des Beschlusses wird verwiesen. In der Folge wurde die nunmehr vollziehbar ausreisepflichtige Antragstellerin weder abgeschoben noch hat sie freiwillig die Bundesrepublik Deutschland verlassen.
Am … 2016 stellte die Bevollmächtigte der Antragstellerin einen Antrag nach § 80 Abs. 7 VwGO mit der Begründung, dass die Antragstellerin krank sei, und legte ein Attest eines Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie vom … 2016 vor. Danach leidet die Antragstellerin seit 2001 an einer posttraumatischen Belastungsstörung.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag bleibt erfolglos. Weder rechtfertigen veränderte oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachte Umstände eine Änderung der im Beschluss vom 29. Mai 2015 getroffenen Entscheidung (§ 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO), noch sieht das Gericht einen Anlass, diese Entscheidung von Amtswegen zu ändern (§ 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO).
Das Abänderungsverfahren nach § 80 Abs. 7 VwGO darf nicht als Rechtsmittelverfahren zu einer vorhergehenden Entscheidung verstanden werden. Es dient allein der Möglichkeit, einer nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage Rechnung zu tragen. Prüfungsmaßstab für die Entscheidung ist daher allein, ob nach der jetzigen Sach- und Rechtslage die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage geboten ist (vgl. BVerwG, B.v. 25.8.2008 – 2 VR 1/08 – juris; VGH BW, B.v. 16.12. 2001 – 13 S 1824/01 – juris; OVG NRW, B.v. 7.2.2012 – 18 B 14/12 – juris). Dasselbe gilt bei einer Veränderung der Prozesslage, etwa aufgrund neuer Erkenntnisse.
Darüber hinaus müssen die geänderten Umstände geeignet sein, eine andere Entscheidung herbeizuführen (vgl. VG Augsburg, B.v. 30.9.2013 – Au 5 S 13.30305 – juris, Rn. 10; Kopp/Schenke, VwGO, § 80 Rn. 202 ff. m. w. N.).
Die Antragstellerin hat keine veränderten oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachten Umstände vorgetragen. Sie hat keinen Anspruch auf die Feststellung eines Abschiebungshindernisses nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG wegen ihrer vorgetragenen Erkrankung. Zwar war das vorgelegte Attest vom … 2016 noch nicht Gegenstand im Eilverfahren …, die Antragstellerin hätte ihre psychische Erkrankung aber bereits im Verfahren nach § 80 Abs. 5 geltend machen können. Ausweislich des Attestes begannen die ersten Beschwerden bereits im Jahr 2001. Seitdem leidet die Antragstellerin angeblich an traumaassoziierten Symptomen. Sie wird seitdem auch nervenärztlich behandelt. Es ist kein Grund ersichtlich, weshalb die Antragstellerin gehindert war, im Verfahren … die Behörden auf ihre angebliche psychische Erkrankung hinzuweisen und dies mit entsprechenden Attesten zu belegen.
Das Gericht sieht auch keinen Anlass, nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO von Amts wegen den Beschluss vom 29. Mai 2015 abzuändern.
Mit der im Heimatland der Antragstellerin verfügbaren Gesundheitsversorgung ist gewährleistet, dass eine konkrete und erhebliche Gefahr für Leib oder Leben der Antragstellerin nicht besteht. Nur das ist der rechtliche Maßstab für ein Abschiebungsverbot. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass die Antragstellerin seit behaupteten Beginn ihrer Beschwerden im Jahr 2001 14 Jahre lang bis zu ihrer Ausreise 2015 im Kosovo gelebt hat, ohne an Leib und Leben ernsthaft gefährdet zu sein.
Inlandsbezogene Abschiebungshindernisse wie eine fehlende Reisefähigkeit aufgrund der Suizidankündigung sind von der Ausländerbehörde zu prüfen. Weshalb, hier, wie vom Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie ohne weiter Begründung behauptet, keine Flugreisefähigkeit gegeben sein soll und auch Begleitmaßnahmen keine ausreichende Risikobegrenzung ergeben würden, erschließt sich dem Attest in keinster Weise.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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