Aktenzeichen M 32 K 17.44475
Leitsatz
Das Verbot einer öffentlichen religiösen Betätigung kann nur als hinreichend schwere Verletzung der Religionsfreiheit und damit als Verfolgungshandlung angesehen werden, wenn der Asylbewerber bei Ausübung der verbotenen öffentlichkeitswirksamen Glaubensausübung in seinem Herkunftsland tatsächlich Gefahr läuft, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Das Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten über die Sache verhandeln und entscheiden, da die Beklagtenseite ordnungsgemäß geladen worden war (die Beklagte hat mit allgemeiner Prozesserklärung auf die Einhaltung der Ladungsfrist und die förmliche Ladung gegen Empfangsbekenntnis verzichtet) und in der Ladung darauf hingewiesen worden war, dass bei Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Der streitgegenständliche Bescheid stellt sich im maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 AsylG) als rechtmäßig dar und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO). Der Kläger hat auch unter Einbeziehung seines Vorbringens in der mündlichen Verhandlung weder einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigten (Art. 16a Abs. 1 GG), noch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG), noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG). Ebenso wenig liegen Abschiebungsverbote (§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG) vor. Auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes erweist sich als rechtmäßig (§ 11 AufenthG). Die Klage war daher sowohl in Bezug auf den Hauptantrag, als auch in Bezug auf die Hilfsanträge abzuweisen.
Das Gericht folgt den Feststellungen und der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG) und ergänzt wie folgt:
1. Ein Anspruch auf die Zuerkennung von Flüchtlingsschutz besteht nicht. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich
1. aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2. außerhalb des Landes befindet,
a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will
und kein Ausschlussgrund nach § 3 Abs. 2 bis 4 AsylG vorliegt.“
Weitere Einzelheiten zum Begriff der Verfolgung, den maßgeblichen Verfolgungsgründen sowie zu den in Betracht kommenden Verfolgungs- und Schutzakteuren regeln die §§ 3a bis 3d AsylG.
Die Verfolgung im Sinne von § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG kann gemäß § 3c AsylG ausgehen vom Staat, von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder von nichtstaatlichen Akteuren, sofern die zuvor genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht. Schutz vor Verfolgung kann gemäß § 3d Abs. 1 AsylG nur geboten werden vom Staat oder von Parteien oder Organisationen einschließlich internationaler Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, sofern sie willens und in der Lage sind, wirksamen und nicht nur vorübergehenden Schutz zu gewähren (vgl. § 3d Abs. 2 Satz 1 AsylG). Generell ist ein solcher Schutz gewährleistet, wenn die genannten Akteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung zu verhindern, beispielsweise durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung von Handlungen, die eine Verfolgung darstellen, und wenn der Ausländer Zugang zu diesem Schutz hat (§ 3d Abs. 2 Satz 2 AsylG). Gemäß § 3e Abs. 1 AsylG wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn eine sogenannte interne Schutzalternative besteht, weil er in einem Teil seines Herkunftslands keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
Nach § 3b Abs. 1 Nr. 2 AsylG umfasst der Begriff der Religion insbesondere theisti-sche, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind. Danach gehören zu der geschützten Religionsfreiheit nicht nur gravierende Eingriffe in die Freiheit, seinen Glauben im privaten Rahmen auszuüben, sondern auch solche in die Freiheit, den Glauben öffentlich zu leben (BVerwG, U.v. 20. Februar 2013 – 10 C 23.12 – juris Rn. 24).
Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG gelten nach § 3a Abs. 1 AsylG Handlungen, die auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen (Abs. 1 Nr. 1) oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher Weise betroffen ist (Abs. 1 Nr. 2). Als mögliche Verfolgungshandlungen werden in § 3a Abs. 2 AsylG beispielhaft u. a. die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden sowie unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung genannt.
Die Beurteilung, ob eine Verletzung der Religionsfreiheit eine Verletzungshandlung im Sinne des § 3a Abs. 1 AsylG darstellt, richtet sich danach, wie schwerwiegend die Maßnahmen und Sanktionen sind, die gegenüber dem Betroffenen ergriffen werden oder ergriffen werden können. Ein hinreichend schwerer Eingriff in die Religionsfreiheit setzt nicht voraus, dass der Ausländer seinen Glauben im Falle einer Rückkehr in sein Herkunftsland auch tatsächlich in einer Weise ausübt, durch die er der Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt wird. Bereits der durch den Druck einer etwaigen Verfolgungsgefahr erzwungene Verzicht kann die Qualität einer Verfolgung erreichen (BVerwG, U. v. 20. Februar 2013 – 10 C 23.12 – juris Rn. 25 f.).
Wann eine Verletzung der Religionsfreiheit die zur Annahme einer Verletzungshandlung im Sinne von § 3a AsylG erforderliche Schwere aufweist, bestimmt sich nach objektiven und subjektiven Kriterien. Als objektives Kriterium ist insbesondere die Schwere der dem Ausländer bei Ausübung seiner Religion drohenden Beeinträchtigungen anderer Rechtsgüter, z.B. Leib und Leben, zu berücksichtigen. Bei strafrechtlichen Verboten kommt es maßgeblich auf die tatsächliche Strafverfolgungspraxis an, denn ein Verbot, das nicht durchgesetzt wird, kann eine Verfolgungsgefahr nicht begründen. Als subjektives Kriterium ist der Umstand anzusehen, dass für den Betroffenen die Befolgung einer bestimmten gefahrträchtigen religiösen Praxis in der Öffentlichkeit zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist. Dabei ist nicht erforderlich, dass der Betroffene innerlich zerbrechen oder schweren seelischen Schaden nehmen würde, wenn er auf eine entsprechende Praktizierung seines Glaubens verzichtet. Jedoch muss die konkrete Glaubenspraxis für den Einzelnen ein zentrales Element seiner religiösen Identität und in diesem Sinne für ihn unverzichtbar sein. Es reicht nicht aus, dass der Asylbewerber eine enge Verbundenheit mit seinem Glauben hat, wenn er diesen nicht in einer Weise lebt, die ihn im Herkunftsstaat der Gefahr der Verfolgung aussetzen würde. Maßgeblich für die Schwere der Verletzung der religiösen Identität ist die Intensität des Drucks auf die Willensentscheidung des Betroffenen, seinen Glauben in einer für ihn als verpflichtend empfundenen Weise auszuüben oder hierauf wegen der drohenden Sanktionen zu verzichten. Die Tatsache, dass er die unterdrückte religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend empfindet, um seine religiöse Identität zu wahren, muss der Asylbewerber zur vollen Überzeugung des Gerichts nachweisen (BVerwG, U.v. 20. Februar 2013 – 10 C 23.12 – juris Rn. 28 ff.).
Das Verbot einer öffentlichen religiösen Betätigung als solches kann aber nur dann als hinreichend schwere Verletzung der Religionsfreiheit und damit als Verfolgungshandlung angesehen werden, wenn der Asylbewerber – über die soeben genannten objektiven und subjektiven Gesichtspunkte hinaus – bei Ausübung der verbotenen öffentlichkeitswirksamen Glaubensausübung in seinem Herkunftsland tatsächlich Gefahr läuft, an Leib, Leben oder Freiheit verletzt, strafrechtlich verfolgt oder einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden. Das bedeutet, dass die genannten Folgen und Sanktionen dem Ausländer im Herkunftsland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen müssen. Dieser in dem Tatbestandsmerkmal „… aus der begründeten Furcht vor Verfolgung …“ des Art. 2 Buchst. c der RL 2004/83/EG (RL 2011/95/EU: Art. 2 Buchst. d) enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR), der bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr abstellt („real risk“). Das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit. Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U.v. 20. Februar 2013 – 10 C 23.12 – juris Rn. 32 ff.). Der Vorverfolgte wird dabei privilegiert durch die – durch stichhaltige Gründe widerlegbare – Vermutung, dass sich eine frühere Verfolgung oder Schädigung bei einer Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen wird (BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 5.09 – juris Rn. 23).
Gemessen an diesen Kriterien liegen die Voraussetzungen des § 3 Abs. 1 AsylG für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nicht vor. Denn das Gericht ist nicht davon überzeugt, dass dem Kläger im Fall einer Rückkehr in Pakistan Verfolgung droht.
Das Gericht konnte nicht die Überzeugung gewinnen, dass der Kläger berechtigterweise befürchten muss, dass ihm aufgrund seiner Glaubensüberzeugung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine schwere Rechtsgutsverletzung droht. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich der Kläger bei einer Rückkehr nach Pakistan durch ein von ihm als identitätsbestimmend empfundenes Tragen von deistischen bzw. atheistischen Überzeugungen in die Öffentlichkeit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer Gefahr aussetzen würde, durch private Akteure in Leib und Leben beeinträchtigt werden, ohne dass der pakistanische Staat ausreichend Schutz bieten würde, oder mit Blick auf die sog. Blasphemiegesetzgebung durch den Staat verfolgt zu werden.
Der Kläger hat im Vorgriff auf und in der eineinhalbstündigen mündlichen Verhandlung zwar ausführlich dargelegt, dass er sich mit Glaubensfragen, unter anderem auch mit dem Islam, vertieft beschäftigt habe. Er hat auch in überzeugender Weise dem Gericht glaubhaft machen können, dass er sich als Deist bzw. Atheist sieht. Jedoch sieht das Gericht es nicht als erwiesen an, dass für den Kläger das Tragen eigener Glaubensüberzeugung in die Öffentlichkeit und das Werben dafür zur Wahrung seiner religiösen Identität besonders wichtig ist. Vielmehr würde der Kläger seine deistische bzw. atheistische Überzeugung auch bei einer Rückkehr nach Pakistan im privaten Rahmen halten und nicht offensiv äußern – so wie er es auch schon vor seine Ausreise – mit einer Ausnahme im alkoholisierten Zustand – getan hat. Dies ergibt sich aufgrund der informatorischen Befragung in der mündlichen Verhandlung. Darin führte der Kläger aus, man könne seinen Glauben nicht (im Sinne einer Religion) praktizieren, sich lediglich Wissen dazu aneignen. Er rede zwar mit Deutschen oft über seinen Glauben, mit Pakistanern jedoch nicht, da er erst das Vertrauen in den deutschen Staat gewinnen müsse, dass ihm deswegen nichts passieren werde. Diese Gespräche ergäben sich meistens auf Feiern oder z.B. im Krankenhaus anlässlich des Essens, wenn er Schweinefleisch esse, weil die Leute aufgrund seines Aussehens davon ausgingen, dass er Moslem sei und ihn auf seine Religion ansprächen. Die Gespräche gehen jedoch nie von ihm aus, sondern vom jeweiligen Gegenüber. Auch die Kontaktaufnahme zur Sekulären Flüchtlingshilfe e.V. vermag zu keiner anderen Einschätzung zu führen; die Absicht des Klägers, sich dort zu engagieren, ist zum einen nicht glaubhaft gemacht, zum anderen spricht die zeitliche Parallele der vorgelegten Stellungnahme zur angesetzten mündlichen Verhandlung für ein asyltaktisches Vorgehen. Eine missionarische Komponente seiner Glaubensüberzeugung ist nach alledem nicht ersichtlich. Es käme ihm auch ausdrücklich nicht darauf an, über seine Glaubensüberzeugungen sprechen zu dürfen oder zu können. Zwar würde er in Pakistan mit dem Islam und dessen religiösen Pflichten konfrontiert sein und könnte sich nicht offen zu seinem Glauben bekennen, jedoch müsse er auch in Deutschland manchmal bezüglich seiner Gesprächspartner aufpassen. Nach Einschätzung des Gerichts ist das nach Außen Tragen seines Glaubens für den Kläger kein zentrales identitätsbestimmendes Element, das für ihn persönlich unverzichtbar wäre.
Davon ausgehend besteht keine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass dem Kläger in Pakistan Verfolgung durch nichtstaatliche Akteure wegen seiner Glaubensüberzeugung droht. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es äußerst unwahrscheinlich ist, dass abgesehen von einem erlesenen Kreis von Personen des privaten Umfeldes Dritte Kenntnis von der Glaubensüberzeugung des Klägers erlangen. Zudem ist zu Grunde zu legen, dass der Kläger sich auch in einer der pakistanischen Großstädte niederlassen kann, in der größere Anonymität herrscht und religiöse Diskriminierung geringer ist als in ländlichen Regionen (vgl. EASO, Länderinformation Pakistan, 2015, S. 94 zur Lage der Christen).
Soweit der Kläger auf Grund des beschriebenen Vorfalls am 24. Dezember 2016 eine Verfolgung durch Jamiat Ulmai-Islam geltend macht, wäre der Kläger auf eine inländische Fluchtalternative gem. § 3e AsylG verwiesen. Nach § 3e Abs. 1 AsylG wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er
1. in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und
2. sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
Nach der aktuellen Erkenntnislage (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der islamischen Republik Pakistan, Stand August 2018, Seite S. 19) können potentiell Verfolgte in den Großstädten Rawalpindi, Lahore, Karachi, Peshawar oder Multan aufgrund der dortigen Anonymität unbehelligt leben. Selbst Personen, die wegen Mordes von der Polizei gesucht werden, können in einer Stadt, die weit genug von ihrem Heimatort entfernt liegt, unbehelligt leben (vgl. Auswärtiges Amt, Lagebericht, 2018, S. 20). In einem flächen- und bevölkerungsmäßig großen Land wie Pakistan (Fläche 880.000 m², über 200 Mio. Einwohner) ohne funktionierendes Meldewesen ist es grundsätzlich möglich, in einer der größeren Städte dauerhaft der Aufmerksamkeit der lokalen Behörden oder eines potentiellen Verfolgers zu entgehen (Auswärtiges Amt, Stellungnahme an VG Leipzig, 15.1.2014). Gemäß der Auskunft von Accord vom 5. Februar 2015 führt der Ermittlungsbericht des Vertrauensanwalts der österreichischen Botschaft in Islamabad vom Juli 2013 aus, dass selbst eine Person, die von einem Konfliktherd mit Taliban fliehe, durchaus in einer pakistanischen Stadt in den Provinzen Sindh oder Punjab Zuflucht finden könne. Hinsichtlich der Sicherheit würden in Pakistan – schon aufgrund der Größe des Landes – interne Fluchtalternativen bestehen (vgl. allgemein zur Annahme einer inländischen Fluchtalternative: VG Augsburg, U.v. 30.3.2015 – Au 3 K 14.30437 – juris Rn. 49ff; VG Ansbach, U.v. 7.8.2014 – AN 11 K 14.30589 – juris Rn. 27ff).
Es ist nicht erkennbar, dass es dem Kläger nicht möglich sein sollte, sich in einer dieser Großstädte niederzulassen und dort unbehelligt von seinen mutmaßlichen Verfolgern zu leben. Der Kläger hat eine solche Exponiertheit, dass ihm landesweite Verfolgung drohen würde, nicht glaubhaft gemacht. Er hat explizit bestätigt, dass man ihn in seiner Stadt auf Grund seines Agrarbetriebs zwar gekannt habe, er aber nicht landesweit bekannt sei. Dass die gegnerische Gruppierung Jamiat Ulmai-Islam über die erforderlichen Mittel und Strukturen verfügen würde, um den Kläger landesweit zu verfolgen, ist nicht in hinreichender Tiefe dargelegt (vgl. auch VG München, U.v. 31.1.2019 – M 10 K 17.39702 – noch nicht veröffentlicht). Der Kläger hat außer dem in Zusammenhang mit dem Vorfall in der Moschee stehenden Drohanruf keine weiteren Verfolgungshandlungen vorgetragen. Soweit der Klägerbevollmächtigte vorträgt, ein Schutz vor Verfolgung wäre auch in einer Großstadt auf Grund der oftmals erforderlichen Personalausweisnummer der Klägers nicht gegeben, ist zu entgegnen, dass die Absicht, den Kläger landesweit zu suchen, ein Bekanntwerden seiner Personalausweisnummer oder die Einleitung eines Strafverfahrens bzw. polizeilicher Ermittlungen nicht zur Überzeugung des Gerichts vorgetragen worden sind. Dies gilt umso mehr, als der Kläger bereits seit über zwei Jahren aus Pakistan ausgereist ist.
Auch kann vom Kläger vernünftigerweise erwartet werden, dass er sich in einem Landesteil niederlässt (§ 3e Abs. 1 Nr. 2 a.E. AsylG). Es ist davon auszugehen, dass der Kläger in den Großstädten Pakistans bzw. in anderen Landesteilen sein Existenzminimum sicherstellen kann. Mit Blick auf die Zumutbarkeit innerstaatlicher Schutzalternativen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass von dem Betroffenen nur dann vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich in dem verfolgungsfreien Landesteil aufhält, wenn er am Zufluchtsort eine ausreichende Lebensgrundlage vorfindet, d.h. dort das Existenzminimum gewährleistet ist. Im Falle fehlender Existenzgrundlage ist eine interne Schutzmöglichkeit nicht gegeben; dies gilt auch dann, wenn im Herkunftsgebiet die Lebensverhältnisse gleichermaßen schlecht sind. Für die Frage, ob der Betroffene vor Verfolgung sicher ist und eine ausreichende Lebensgrundlage besteht, kommt es danach allein auf die allgemeinen Gegebenheiten im Zufluchtsgebiet und die persönlichen Umstände des Betroffenen an (BVerwG, U.v. vom 29.5.2008 – 10 C 11/07 – juris Rn. 32). Ein verfolgungssicherer Ort bietet erwerbsfähigen Personen das wirtschaftliche Existenzminimum in aller Regel dann, wenn sie dort, sei es durch eigene, notfalls auch wenig attraktive und ihrer Vorbildung nicht entsprechende Arbeit, die grundsätzlich zumutbar ist, oder durch Zuwendungen von dritter Seite jedenfalls nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten das zu ihrem Lebensunterhalt unbedingt Notwendige erlangen können. Zu den danach zumutbaren Arbeiten gehören auch Tätigkeiten, für die es keine Nachfrage auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt gibt, die nicht überkommenen Berufsbildern entsprechen, etwa weil sie keinerlei besondere Fähigkeiten erfordern, und die nur zeitweise, etwa zur Deckung eines kurzfristigen Bedarfs, beispielsweise in der Landwirtschaft oder auf dem Bausektor, ausgeübt werden können (BVerwG, U.v. 1.2.2007 – 1 C 24/06 – juris Rn. 11).
Zwar ist festzustellen, dass die wirtschaftliche Situation in Pakistan schwierig, aber dennoch relativ stabil ist. Insbesondere in den Städten, die hier als verfolgungsfreier Landesteil zur Verfügung stehen, gibt es Beschäftigungsmöglichkeiten (vgl. Home Office, Pakistan: Background Information, including actors of protection and internal relocation (Independent Advisory on Country Information (IAGCI) – Home Office, Inländische Fluchtalternative), Juni 2017, Seite 35 f; EASO, Pakistan Länderüberblick, 2015, Seite 43). Es ist auch davon auszugehen, dass der Kläger als erwachsener, junger und arbeitsfähiger Mann mit einer 12-jährigen Schulbildung, einem zweijährigen Studium sowie Berufserfahrung im Ackerbau, in der Viehzucht sowie im elektronischen Bereich für eine amerikanische Firma und der darüber hinaus Eigentümer eines landwirtschaftlichen Betriebes sowie eines Wohnhauses ist, in einer pakistanischen Großstadt bzw. in anderen Landesteilen sein Existenzminimum sicherstellen kann. Weiterhin ist davon auszugehen, dass der Kläger, möglicherweise nach Überwindung von Anfangsschwierigkeiten und gewissen Übergangszeiten seinen Lebensunterhalt eigenständig sicherstellen kann.
Weiterhin besteht danach keine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Kläger aufgrund seiner Glaubensüberzeugungen durch den Staat verfolgt werden würde.
Die pakistanische Verfassung garantiert die freie Religionsausübung, der Abfall vom muslimischen Glauben (Apostasie) wird anders als in anderen islamischen Ländern nicht strafrechtlich sanktioniert (Auswärtiges Amt, Lagebericht, 2018, S. 12f.).
Die sog. Blasphemiegesetze erfassen die hier in Rede stehende innerliche Distanzierung vom Glauben tatbestandlich bereits nicht (vgl. dazu Auswärtiges Amt, a.a.O.). Das gilt insbesondere auch für die Vorschrift in Sec. 295 C des Pakistanischen Strafgesetzbuches. Dafür, dass diese Vorschrift aufgrund ihrer vagen Formulierung missbräuchlich gegen den Kläger gewandt wird (vgl. dazu EASO, Pakistan Länderüberblick, 2015, S. 87ff), gibt es hier bereits deswegen keine beachtliche Wahrscheinlichkeit, weil es nach dem oben Gesagten nicht beachtlich wahrscheinlich ist, dass abgesehen von selbst gewählten Menschen des privaten Umfeldes Dritte Kenntnis von den Glaubensüberzeugungen des Klägers erlangen.
2. Dem Kläger steht auch nicht die Anerkennung als Asylberechtigter gem. Art. 16 a Abs. 1 GG zu. Dem Kläger kann zwar nicht die Drittstaatenregelung (Art. 16 a Abs. 2 Satz 1 GG) entgegengehalten werden, da er nachweislich auf dem Luftweg in die Bundesrepublik eingereist ist. Dem Kläger droht jedoch keine politische Verfolgung im Sinne von Art. 16 Abs. 1 GG, da dessen Anwendungsbereich im Vergleich zum § 3 AsylG enger ist und bei einer Ablehnung des Flüchtlingsschutzes erst Recht die Voraussetzungen der Asylanerkennung nicht gegeben sind.
3. Ferner sind die Voraussetzungen für die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach einer der Alternativen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 bis 3 AsylG nicht gegeben.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt dabei neben der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG) die Gefahr der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG) sowie eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG). Dabei muss die Art der Behandlung oder Bestrafung eine Schwere erreichen, die dem Schutzbereich des Art. 3 EMRK zuzuordnen ist und für den Fall, dass die Schlechtbehandlung von nichtstaatlichen Akteuren ausgeht, muss der Staat erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sein, Schutz zu gewähren (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3c Nr. 3 AsylG). Für die Zuerkennung subsidiären Schutzes im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG gelten nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG die §§ 3c bis 3e AsylG entsprechend. Damit werden die dortigen Bestimmungen über den Vorverfolgungsmaßstab, Nachfluchtgründe, Verfolgungs- und Schutzakteure und internen Schutz als anwendbar auch für die Zuerkennung subsidiären Schutzes erklärt.
Gemessen daran hat der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung subsidiären Schutzes i.S. des § 4 Abs. 1 AsylG. Aus den zum Flüchtlingsschutz ausgeführten Gründen muss er nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten, dass ihm bei einer Rückkehr nach Pakistan von staatlichen bzw. nichtstaatlichen Stellen ein ernsthafter Schaden droht. Im Herkunftsstaat erlitt er keinen ernsthaften Schaden i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG; weshalb ihm bei der Rückkehr ein ernsthafter Schaden i.S. des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG drohen würde, ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers nicht: Die Gefahr der Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AsylG) erscheint nicht beachtlich wahrscheinlich. Es droht ihm auch keine Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG (zu den Begriffen vgl. VGH BW, U.v. 17.1.2018 – A 11 S 241/17 – juris Rn. 156 ff) durch einen Verfolgungsakteur i.S.d. § 4 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 3c AsylG. Auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG (ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts) liegen nicht vor, da in Pakistan gegenwärtig kein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt vorliegt. Zum anderen weisen die dem Kläger in Pakistan drohenden allgemeinen Gefahren keine derart hohe Dichte bzw. keinen derart hohen Grad auf, dass praktisch jede Zivilperson bei einer Rückkehr allein durch ihre Anwesenheit in dem betreffenden Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung für Leib und Leben ausgesetzt ist (zu den rechtlichen Maßstäben einschl. des lokalen Anknüpfungspunktes vgl. BVerwG, U.v. 14.7.2009 – 10 C 9.08 – juris Rn. 15,17,18; BayVGH, B.v. 9.1.2015 – 13a ZB 14.30449 – juris Rn. 10). Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichts ist bei einer geschätzten Gesamtbevölkerung von über 200 Millionen Menschen in Pakistan das Risiko, als Zivilperson Schaden an Leib oder Leben durch Anschläge zu erleiden, verschwindend gering (vgl. VG München, B.v. 29.1.2019 – M 32 K 16.35462 – noch nicht veröffentlicht; U.v. 21.1.2019 – M 32 K 16.35510 – noch nicht veröffentlicht; so auch bereits VG München, U.v. 19.5.2016 – M 23 K 14.31121 – juris Rn. 58).
Im Übrigen steht dem Kläger – wie oben ausgeführt – die Möglichkeit internen Schutzes offen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3e Abs. 1 AsylG).
4. Die Voraussetzungen für ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor.
a) Anhaltspunkte für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind nicht gegeben. Danach darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) unzulässig ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Vorgängerregelung in § 53 Abs. 4 AuslG (BVerwG, U.v. 11.11.1997 – 9 C 13/96 – juris Rn. 8ff) umfasst der Verweis auf die EMRK lediglich Abschiebungshindernisse, die in Gefahren begründet liegen, welche dem Ausländer im Zielstaat der Abschiebung drohen. Insbesondere sind zu nennen das Recht auf Leben (Art. 2 Abs. 1 EMRK) und das Verbot der Folter (Art. 3 EMRK). Für die Frage, wie die Gefahr beschaffen sein muss, mit der die Rechtsgutverletzung droht, ist auf den asylrechtlichen Prognosemaßstab der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ zurückzugreifen.
Ein solches zielstaatsbezogenes Abschiebungshindernis liegt nicht vor. In den Fällen, in denen gleichzeitig über die Gewährung eines subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG) und eines nationalen Abschiebungsschutzes zu entscheiden ist, scheidet bei Verneinung der Voraussetzungen des § 4 AsylG regelmäßig – so auch hier – die Annahme eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG aus denselben tatsächlichen und rechtlichen Gründen aus (BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn. 36).
b) Es liegt auch kein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für ihn eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Unerheblich ist dabei, von wem die Gefahr ausgeht und auf welchen Umständen sie beruht. Für die Annahme einer „konkreten“ Gefahr im Sinne dieser Vorschrift genügt aber nicht die bloße Möglichkeit, Opfer von Eingriffen in die geschützten Rechtsgüter zu werden. Vielmehr ist insoweit der Maßstab der „beachtlichen Wahrscheinlichkeit“ anzuwenden und zwar unabhängig davon, ob der Ausländer vorverfolgt ausgereist ist oder nicht. Zudem muss eine auf den Einzelfall bezogene, individuell bestimmte und erhebliche, also auch alsbald nach der Rückkehr eintretende Gefährdungssituation vorliegen und es muss sich um Gefahren handeln, die dem Ausländer landesweit drohen, denen er sich also nicht durch Ausweichen in sichere Gebiete seines Herkunftslandes entziehen kann. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erfasst also nur einzelfallbezogene, individuell bestimmte Gefährdungssituationen. Gefahren, denen die Bevölkerung oder Bevölkerungsgruppen allgemein ausgesetzt ist bzw. sind, werden indes allein bei Entscheidungen über eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG berücksichtigt. Allgemeine Gefahren in diesem Sinn unterfallen § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG selbst dann nicht, wenn sie den Einzelnen konkret und individualisierbar zu treffen drohen. Angesichts der Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG kann ein Ausländer daher in verfassungskonformer Anwendung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG Abschiebungsschutz nur dann beanspruchen, wenn er bei einer Rückkehr in sein Heimatland aufgrund der dortigen Existenzbedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre oder sonst eine individuelle existenzielle Gefahr für ihn besteht. Nur dann gebieten es die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, ihm trotz einer fehlenden politischen Leitentscheidung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 zu gewähren. Die Abschiebung muss somit ausgesetzt werden, wenn der Ausländer ansonsten „gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen“ ausgeliefert würde und sich diese Gefahren alsbald nach der Rückkehr realisieren würden.
Hiervon ausgehend vermag das Gericht keine erhebliche individuelle Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit des Klägers i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei seiner Rückkehr in sein Heimatland zu erkennen.
Der Kläger hat zwar vorgetragen, dass er seit 2006 alkoholkrank sei und sich in alkoholisiertem Zustand in Bezug auf seine Glaubensüberzeugungen nicht beherrschen könne, so dass es bei einer Konfrontation mit dem Glauben zu einem solchen Zeitpunkt der Alkoholisierung seinerseits möglicherweise zu unbedachten und islamkritischen Äußerungen kommen könnte, die ihn einer Verfolgung durch staatliche oder nichtstaatliche Akteure aussetzen könnten.
Zur Stützung seiner Aussage wurde eine ärztliche Stellungnahme des Assistenzarztes R. vom Isar-Amper-Klinikum München-Ost vom 6. März 2019 sowie ein Therapiepass des Klägers vom 27. März 2019 vorgelegt. Diese bescheinigt einen stationären Aufenthalt seit 18. Februar 2019 auf Grund einer Alkoholabhängigkeit. Zudem werden darin ein prolongiertes depressives Syndrom sowie Symptome einer Panikstörung erwähnt, und gemutmaßt, dass dies den Alkoholkonsum verursacht haben könne. Der Kläger werde medikamentös therapiert, eine psychiatrische Weiterbehandlung sowie psychotherapeutische Anbindung werde empfohlen.
Die vom Kläger behauptete Gefahr liegt hier somit nicht in der Verschlechterung einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung i.S.d. § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG, sondern in dem aus einer Erkrankung, der Alkoholsucht, resultierenden Verhalten des Klägers, das dieser im Zustand einer Alkoholisierung nicht soweit steuern könnte, dass er verfolgungsauslösende Situationen vermeiden könnte.
Die glaubhaft gemachte Alkoholsucht ist in Pakistan jedenfalls behandelbar. Sowohl eine ambulante als auch eine stationäre Behandlung von Suchtkrankheiten, z.B. Alkoholsucht, einschließlich der Nachbehandlung, ist in Pakistan verfügbar. Dies gilt auch für psychologische und psychiatrische Behandlungen (vgl. Home Office, Country Information, Pakistan: Medical and Healthcare issues (Independent Advisory on Country Information (IAGCI) – Home Office, Medical and Healthcare issues), Februar 2015, Seite 9). Dabei ist es nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (Satz 3). Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist (Satz 4). Nach den Erkenntnissen des Auswärtigen Amtes kann man sich in den staatlichen Krankenhäusern in Pakistan auch bei Bedürftigkeit kostenlos behandeln lassen. Da Bedürftigkeit offiziell nicht definiert ist, reicht die Erklärung aus, dass die Behandlung nicht bezahlt werden kann. Die Grundversorgung mit nahezu allen gängigen Medikamenten ist sichergestellt. Für ärztliche Versorgung und Medikamente muss nur ein Bruchteil der in Deutschland hierfür anfallenden Kosten aufgewendet werden, sodass sie für weite Teile der Bevölkerung ohnehin erschwinglich sind (Auswärtiges Amt, Lagebericht S. 25). Ungeachtet dessen ist davon auszugehen, dass sich der Kläger auch eine ggf. kostenpflichtige Behandlung angesichts seiner behaupteten guten wirtschaftlichen Situation auch leisten könnte.
Damit muss sich der Kläger darauf verweisen lassen, sich alsbald nach einer Rückkehr in Alkoholsuchttherapie zu begeben und diese ggf. nach Möglichkeit auch im Voraus zu organisieren.
Im Übrigen ist der Kläger ein junger, physisch gesunder und arbeitsfähiger Mann mit guter Schul- und Berufsausbildung sowie Arbeitserfahrung, von dem zu erwarten ist, dass er seinen Lebensunterhalt in Pakistan wird sichern können.
5. Gegen die auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG gestützte Abschiebungsandrohung bestehen keine Bedenken.
6. Auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes gemäß § 75 Nr. 12 AufenthG i.V.m. § 11 Abs. 2 und 3 AufenthG erfolgte ermessensgerecht. Die Länge der Frist liegt exakt in der Mitte des von § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vorgegebenen Rahmens und begegnet keinen Bedenken. Besondere Anhaltspunkte für ein Abweichen wurden nicht vorgetragen und liegen auch nicht vor. Auch insoweit wird auf die Ausführungen im Bescheid des Bundesamts verwiesen.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG und mit dem Ausspruch der vorläufigen Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung nach § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO abzuweisen.