Verwaltungsrecht

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag in asylrechtlicher Streitigkeit

Aktenzeichen  21 ZB 18.30867

Datum:
7.5.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 11759
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 3
VwGO § 108 Abs. 1 S. 1, § 138 Nr. 3
GG Art. 103 Abs. 1

 

Leitsatz

Ein den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzender Verstoß gegen § 108 Abs. 1 S. 1 VwGO kann ausnahmsweise gegeben sein, wenn die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Gerichts objektiv willkürlich ist oder allgemeine Erfahrungssätze missachtet (ebenso BVerwG BeckRS 2014, 50226). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 5 K 17.32840 2018-03-01 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der geltend gemachte Verfahrensmangel der Versagung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) liegt nicht vor.
1. Der Kläger rügt, das Verwaltungsgericht habe ihm das rechtliche Gehör versagt, indem es sich mit den Details eines von ihm vorgelegten Gutachtens nicht auseinandergesetzt habe. Er habe dargelegt und durch ein fachärztliches Gutachten vom 28. Januar 2018 nachgewiesen, dass er an einer dringend behandlungsbedürftigen posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS) und an Depressionen leide. Das Verwaltungsgericht habe jedoch angenommen, das Gutachten entspreche nicht den nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu verlangenden Anforderungen und dazu ausgeführt: Das Gutachten hätte sich „nicht ansatzweise mit der späten Thematisierung der Erkrankung des Klägers auseinandergesetzt.“ Das sei ersichtlich unzutreffend und zeige, dass das Verwaltungsgericht die auf Seite 4 des Gutachtens unter „Verlauf der psychischen Erkrankung und der Behandlung“ enthaltenen Äußerungen übergangen habe.
Daraus ergibt sich nicht, dass das Verwaltungsgericht eine für seine Entscheidung wesentliche Aussage des Gutachtens und damit entscheidungserheblichen Parteivortrag des Klägers (vgl. BVerwG, B.v. 12.10.2009 – 3 B 55.09 – juris Rn. 6) übergangen hat. Das Verwaltungsgericht hat zunächst ausgeführt, die fachärztliche Stellungnahme setze sich nicht ansatzweise damit auseinander, dass eine psychische Erkrankung des Klägers erst mehr als drei Jahre nach seiner Einreise (Dezember 2014) und erst nach Erhalt des ablehnenden Bescheids des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge im Mai 2017 im persönlichen Umfeld des Klägers thematisiert worden sei. Sodann stellt es fest, die allenfalls rudimentären Ausführungen in der Anamnese, wonach die Albträume sowie Flashbacks nach der Fahrt mit dem Boot begonnen hätten, es dem Kläger in Deutschland erstmals besser gegangen und sich sein Befinden vor der Anhörung (12.10.2016) jedoch wieder verschlechtert habe, entsprächen nicht den Anforderungen an ein fachärztliches Gutachten, das eine PTBS zum Gegenstand habe. Vor diesem Hintergrund brauchte das Verwaltungsgericht nicht mehr eigens auf die im Zulassungsantrag wiedergegebenen Ausführungen einzugehen, die auf Seite 4 der fachärztlichen Stellungnahme vom 28. Januar 2018 unter „Verlauf der psychischen Erkrankung und Behandlung“ enthalten sind. Denn dort werden im Wesentlichen mit dem Hinweis, dem Kläger sei es in Deutschland zunächst gelungen, „sich psychisch etwas zu stabilisieren, 1,5 Jahre später“ sei es jedoch zur Verschlechterung der Symptomatik gekommen, nur die vom Verwaltungsgericht bereits berücksichtigten Feststellungen wiederholt.
Letztlich übt der Kläger in der Form einer Gehörsrüge Kritik an der richterlichen Überzeugungsbildung (§ 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO), ohne damit einen Gehörsverstoß darzulegen. Die dem Gericht im Rahmen seiner Überzeugungsbildung obliegende Sachverhalts- und Beweiswürdigung ist grundsätzlich dem materiellen Recht zuzuordnen. Ein den Grundsatz des rechtlichen Gehörs verletzender Verstoß gegen § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann aber ausnahmsweise insbesondere dann gegeben sein, wenn die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Gerichts objektiv willkürlich ist oder allgemeine Erfahrungssätze, missachtet (vgl. BVerwG, U.v. 16.3.1994 – 6 C 5.93 – NVwZ-RR 1994, 582 und B.v. 12.3.2014 – 5 B 48/13 – juris Rn. 22). Derartige Verstöße zeigt der Zulassungsantrag nicht auf, solche sind im Übrigen auch sonst nicht ersichtlich.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, § 83b AsylG.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 1. März 2018 rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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