Aktenzeichen M 28 S 17.46471
AsylG § 29, § 36, § 38, § 74
Leitsatz
1 Wird ein Asylantrag nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG als unzulässig abgelehnt, ist die Gewährung einer Ausreisfrist von 30 Tagen nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens eigentlich nicht vorgesehen; § 36 Abs. 1 AsylG seiht in diesen Fällen vielmehr eine einwöchige Ausreisfrist vor. (Rn. 15) (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Einem gegen die Abschiebung nach Italien gerichteten Eilantrag nach § 80 Abs. 5 VwGO fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn das Bundesamt dem Antragsteller entgegen den gesetzlichen Vorgaben eine 30-tägige Ausreisefrist ab bestandskräftigem Abschluss des Asylverfahrens gesetzt hat. (Rn. 12) (red. LS Clemens Kurzidem)
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Die Antragsteller, nach eigenen Angaben nigerianische Staatsangehörige, reisten ebenfalls eigenen Angaben nach am 12. Januar 2016 in die Bundesrepublik ein und stellten am 16. September 2016 Asylanträge.
Die Anhörung vor dem Bundesamt fand am 19. September 2016 und am 6. Juni 2017 statt.
Mit Bescheid vom 24. Juli 2017 lehnte das Bundesamt die Anträge als unzulässig ab (Ziffer 1.) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziffer 2.). Die Antragsteller wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen; im Falle einer Klageerhebung ende die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens. Sollten die Antragsteller die Ausreisefrist nicht einhalten, würden sie nach Italien abgeschoben (Ziffer 3.). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Ziffer 4.).
Zur Begründung wurde unter anderem ausgeführt, dass nach den Erkenntnissen des Bundesamtes den Antragstellern in Italien im Rahmen des Asylverfahrens internationaler Schutz gewährt worden sei. Laut vorliegender Auskunft des Verbindungsbeamten der Polizeikooperationsstelle vom 10. Juni 2016 hätten die Antragsteller ein gültiges Aufenthaltsrecht in Italien bis 26. Mai 2020. Die Asylanträge der Antragsteller seien daher als unzulässig (§ 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG) abzulehnen. Abschiebungsverbote lägen nicht vor.
Der Bescheid wurde ausweislich der Behördenakten am 29. Juli 2017 zugestellt.
Gegen diesen Bescheid erhoben die Antragsteller am 1. August 2017 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München und beantragten, den Bescheid des Bundesamtes vom 24. Juli 2017 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 bestehen.
Weiter wurde ebenfalls am 1. August 2017 sinngemäß beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung nach Italien anzuordnen.
Eine Begründung von Klage und Eilantrag erfolgte trotz Ankündigung nicht.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten sowie die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der vorliegende Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung nach Italien ist unzulässig.
Zwar kann angesichts der kraft Gesetzes entfallenden aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung (§ 75 Abs. 1 AsylG) von einer Statthaftigkeit des Antrags ausgegangen werden.
Vorliegend fehlt es jedoch am Rechtsschutzbedürfnis. Denn die Antragsteller wurden zwar in Ziffer 3. des Tenors des Bescheids des Bundesamtes vom 24. Juli 2017 aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe des Bescheids zu verlassen. Aufgenommen wurde in den Tenor des streitgegenständlichen Bescheids jedoch darüber hinaus der Zusatz: „im Falle einer Klageerhebung endet die Ausreisefrist 30 Tage nach dem unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens.“.
Die Antragsteller haben gegen den streitgegenständlichen Bescheid Klage erhoben, mithin läuft die für sie geltende Ausreisefrist von bis zu 30 Tagen nach unanfechtbaren Abschluss des Asylverfahrens noch. Derzeit sind sie, zumindest auf Grundlage des streitgegenständlichen Bescheids, nicht verpflichtet, die Bundesrepublik zu verlassen. Die Abschiebung nach Italien wurde den Antragstellern auch nur für den Fall der Nichteinhaltung der Ausreisefrist angedroht.
Derzeit und bis auf weiteres darf damit weder die Antragsgegnerin noch die zuständige Ausländerbehörde von der Abschiebungsandrohung Gebrauch machen und die Antragsteller nach Italien abschieben.
Dass die Ausreisefrist 30 Tage beträgt und im Falle einer Klageerhebung sogar erst 30 Tage nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens endet, ist gesetzlich für den Fall der Ablehnung des Asylantrags als unzulässig gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG eigentlich nicht vorgesehen (§ 36 Abs. 1 AsylG sieht im Falle einer Unzulässigkeitsentscheidung nach § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG eigentlich die Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche -nach Bekanntgabe der Entscheidungvor; die 30-Tage-Frist des § 38 Abs. 1 AsylG gilt nur für die Fälle der „sonstigen Ablehnung“), schadet insoweit aber nicht. Der Tenor des Bescheids in Ziffer 3. ist eindeutig.
Einer Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsandrohung bedurfte es demnach nicht.
Daher war der gerichtskostenfreie Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.