Verwaltungsrecht

Erlaubnis für die Haltung von Servalen, Berechtigtes Interesse (verneint)

Aktenzeichen  10 ZB 22.1014

Datum:
1.6.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 13323
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Art. 37 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 LStVG

 

Leitsatz

Verfahrensgang

AN 15 K 21.01683 2022-01-27 Urt VGANSBACH VG Ansbach

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihre in erster Instanz erfolglose Klage auf Erteilung einer Erlaubnis zur Haltung zweier S. weiter.
Der zulässige Antrag ist unbegründet. Zulassungsgründe im Sinne von § 124 Abs. 2 VwGO wurden mit dem Zulassungsvorbringen nicht dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) und liegen auch nicht vor.
Das Zulassungsvorbringen rügt ohne Bezugnahme auf Zulassungsgründe i.S.d. § 124 Abs. 2 VwGO „sowohl formell- als auch materiellrechtliche Fehler des Urteils“. Das Verwaltungsgericht habe gegen seine Hinweispflichten verstoßen, den Sachverhalt unzureichend gewürdigt und gegen den Untersuchungsgrundsatz verstoßen. In der Sache sei das Verwaltungsgericht zu Unrecht davon ausgegangen, dass es sich bei S. um gefährliche Tiere im Sinne von Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG handele. Hierzu sei trotz der entsprechenden Einordnung in der Beispielliste zur Vollzugsbekanntmachung des Bayerischen Staatministeriums des Innern, für Bau und Verkehr vom 1. Januar 2015 ein Sachverständigengutachten einzuholen. Das Verwaltungsgericht sei weiter zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Klägerin kein berechtigtes Interesse an der Haltung der Tiere habe. Ein solches ergebe sich bei der Klägerin bereits aus wirtschaftlichen Interessen; sie wolle sich damit ein zweites berufliches Standbein schaffen. Daneben könnten die Tiere auch (Aus-)Bildungs- und Wissenschaftszwecken dienen. Das Interesse an den Tieren und deren Haltung habe in den vergangenen Jahren deutlich zugenommen. Deshalb sei auch der Bedarf an ihrer Erforschung groß. Das Verwaltungsgericht habe den Vortrag der Klägerin insofern nicht als bloße „Behauptung“ abtun dürfen. Zudem habe die Beklagte bereits Erlaubnisse für die Haltung von S. erteilt, weshalb auch der Gleichbehandlungsgrundsatz zu beachten sei.
Die damit wohl angesprochenen Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, vgl. 2.) oder des Vorliegens eines Verfahrensfehlers (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO, vgl. 1.) sind damit nicht ausreichend dargelegt und liegen auch nicht vor.
1. Es liegen keine Verfahrensfehler im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO vor.
Soweit das Zulassungsvorbringen an verschiedenen Stellen einen Verstoß gegen die Hinweispflicht des Gerichts rügt, wird ein Verfahrensfehler – etwa ein Verstoß gegen die gerichtliche Hinweispflicht aus § 86 Abs. 3 VwGO oder gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör – nicht dargelegt. Nach ständiger Rechtsprechung besteht keine, auch nicht aus Art. 103 Abs. 1 GG abzuleitende, generelle Pflicht des Gerichts, die Beteiligten vorab auf seine Rechtsauffassung oder die mögliche Würdigung des Sachverhalts hinzuweisen, weil sich die tatsächliche oder rechtliche Einschätzung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Entscheidungsfindung nach Schluss der mündlichen Verhandlung ergibt. Das Verwaltungsgericht wäre lediglich verpflichtet gewesen, entsprechende Hinweise zu erteilen, wenn es seine Entscheidung auf einen bis dahin nicht erörterten oder sonst hervorgetretenen rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt hätte stützen und damit dem Rechtsstreit eine Wendung hätte geben wollen, mit der die Beteiligten nach dem bisherigen Verlauf des Verfahrens auch unter Berücksichtigung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nicht zu rechnen brauchten, und die Beteiligten sich dazu nicht äußern konnten (stRspr, vgl. BVerwG, B.v. 29.11.2021 – 8 B 15.21 – juris Rn. 7). Wenn die Klägerin insofern rügt, das Verwaltungsgericht habe nicht darauf hingewiesen, dass ein berechtigtes Interesse an der Haltung der S. nicht ausreichend nachgewiesen sei, wird ein Verfahrensfehler nicht aufgezeigt. Denn angesichts der entsprechenden detaillierten Ausführungen im angegriffenen Bescheid der Beklagten war die Entscheidungserheblichkeit dieses Vortrags offensichtlich (dementsprechend hatte die Klägerin hierzu auch vorgetragen).
Die Rüge, das Verwaltungsgericht habe den Sachverhalt insbesondere zum Vorliegen eines berechtigten Haltungsinteresses der Klägerin nicht ausreichend aufgeklärt bzw. eine entsprechende Aufklärung durch die Klägerin nicht angeregt und damit gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 86 Abs. 1 VwGO) verstoßen, greift schon deswegen nicht durch, weil eine Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht grundsätzlich nicht geltend gemacht werden kann, wenn die anwaltlich vertretene Klägerin es – wie hier – im gesamten Verfahren unterlassen hat, einen entsprechende Beweisantrag zu stellen (vgl. etwa BVerwG, B.v. 20.12.2012 – 4 B 20.12 – juris Rn. 6). Mit der Aufklärungsrüge können Versäumnisse eines Verfahrensbeteiligten, vor allem unterbliebene Beweisanträge, nicht kompensiert werden (vgl. BayVGH, B.v. 8.2.2017 – 10 ZB 16.1049 – juris Rn. 8). Eine Aufklärungsrüge nach § 86 Abs. 1 VwGO setzt zudem die Darlegung voraus, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts ermittlungsbedürftig gewesen wären, welche Beweismittel zur Verfügung gestanden hätten und welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären (BVerwG, B.v. 8.7.2009 – 4 BN 12.09 – juris Rn. 7). Solche Darlegungen enthält der Zulassungsantrag nicht in hinreichend substantiierter Form. Insgesamt verkennt das Zulassungsvorbringen, dass es Sache der Klägerin ist, ein berechtigtes Interesse „nachzuweisen“ (vgl. Art. 37 Abs. 2 Satz 1 LStVG) und dass die Verwaltungsgerichte ohne einen solchen Nachweis nicht zur (weiteren) Amtsermittlung verpflichtet sind (vgl. BayVGH, B.v. 30.10.2010 – 10 ZB 09.2861 – juris Rn. 13).
2. Auch bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO.
Soweit sich die Klägerin nunmehr erstmals auf den Standpunkt stellt, S. seien keine gefährlichen Tiere im Sinne des Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG, kann das ihrer Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Die von ihr begehrte (und eingeklagte) Haltungserlaubnis nach Art. 37 Abs. 1 Satz 1 LStVG setzt gerade voraus, dass es sich bei S. um gefährliche Tiere im Sinne dieser Vorschrift handelt. Wären S. tatsächlich nicht gefährlich in diesem Sinne, wäre die Klage von vornherein (jedenfalls) unbegründet.
Im Übrigen wiederholt das Zulassungsvorbringen im Wesentlichen nur den erstinstanzlichen Vortrag zum von Art. 37 Abs. 2 Satz 1 LStVG geforderten berechtigten Interesse der Klägerin an der Haltung von S., mit dem sich das Verwaltungsgericht ausführlich auseinandergesetzt hat, ohne die entsprechenden Ausführungen des Erstgerichts ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Insoweit verweist der Senat auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts und macht sich diese zu Eigen (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Auch das Zulassungsvorbringen lässt nicht erkennen, dass die Klägerin ein berechtigtes Interesse an der Haltung von S. hat. Die Klägerin hat nichts Konkretes vorgetragen, was die Annahme rechtfertigen könnte, gerade die beantragte Haltung diene nachhaltigen wirtschaftlichen, (aus-)bildenden, wissenschaftlichen oder artenschutzrechtlichen Zwecken. Die vage Aussicht, mit der aus Tierschutzgründen sehr aufwändigen Zucht trotz der Erlaubnispflichtigkeit der Haltung dieser Tiere Gewinn zu erzielen, derzeit nicht absehbare wissenschaftliche Interessen zu befriedigen oder künftige artenschutzbedingte Zuchtbedarfe zu decken, reichen jedenfalls nicht aus. Andernfalls würde das Tatbestandsmerkmal des berechtigten Interesses jede beschränkende Wirkung verlieren und damit bedeutungslos werden (zum insofern strengen Maßstab etwa BayVGH, B.v. 18.1.2010 – 10 CS 09.3017 – juris Rn. 9 m.w.N.).
Soweit die Klägerin schließlich geltend macht, die Beklagte habe in anderen Fällen die Haltung von S. erlaubt, greift dies ebenfalls nicht durch. Abgesehen davon, dass nicht ansatzweise dargelegt ist, dass die entsprechenden Fälle mit dem der Klägerin vergleichbar wären, zwingt der Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG die Beklagte gerade nicht dazu, bei Fehlen eines berechtigten Interesses eine (dann rechtswidrige) Haltungserlaubnis zu erteilen.
Die Kostenentscheidung folgt nach alledem aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3 und § 52 Abs. 2 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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