Verwaltungsrecht

Ernennung, Verwaltungsrechtsweg, Verletzung, Entlassung, Rechtsweg, Antragsteller, Kostenentscheidung, Soldaten, Verfahren, Verwendung, Soldat, Ausnahme, Bundeswehr, Bescheidung, Verletzung von Pflichten

Aktenzeichen  RO 1 S 21.859

Datum:
28.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 30981
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Verwaltungsrechtsweg ist unzulässig.
II. Der Rechtsstreit wird an das Truppendienstgericht Süd verwiesen.

Gründe

Der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist nicht gegeben, sondern der Rechtsweg zum Truppendienstgericht.
Der Antragsteller verfolgt das Begehren, die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde vom 19. April 2021 gegen eine „Entlassung“ aus dem militärischen Dienst vom 8. April 2021 anzuordnen. Hilfsweise beantragt der Antragsteller nach § 123 Abs. 1 VwGO die Antragsgegnerin zu verpflichten, dem Antragsteller die Ernennungsurkunde zum Soldaten auf Zeit unter Mitteilung der Dauer des Dienstverhältnisses von 15 Jahren auszuhändigen und ihn zum Soldaten auf Zeit zu berufen. Mangels Bedingungseintritts, nämlich Entscheidung über die Unzulässigkeit oder Unbegründetheit des Hauptantrags, ist dieser Hilfsantrag bislang nicht rechtshängig.
Der Antragsteller ist nach dem Akteninhalt nicht zum Soldaten auf Zeit ernannt worden.
Er wurde mit Schreiben des Kompaniechefs vom 8. April 2021 auf Grund der festgestellten Dienstuntauglichkeit mit Ablauf des 30. April 2021 aus dem militärischen Dienst (wörtlich) „entlassen“.
Mit Schreiben vom 29. Juli 2021 teilte die Antragsgegnerin im Wesentlichen mit, dass es sich beim Schreiben vom 8. April 2021 nicht um eine Entlassung oder eine solche Bescheidung handle, sondern um ein „Inmarschsetzen“. Dies habe Hauptmann H. als Kompaniechef nach Rücksprache bestätigt. Dass es sich nicht um eine Entlassung handeln könne, dürfte mangels Ernennung des Antragstellers ersichtlich sein. Der Antragsteller sei einer förmlichen Bescheidung über die Frage der (Nicht-) Ernennung quasi zuvorgekommen.
Der Antragsteller wurde am 27. Januar 2021, am 30. März 2021 und am 27. April 2021 betreffend seine Dienstfähigkeit begutachtet.
Im Rahmen des Beschwerdeverfahrens wurde festgestellt, dass der Antragsteller durch die Einheit in Marsch gesetzt wurde, da er in einem faktischen Dienstverhältnis gewesen sei (vgl. Bl. 11 der Beschwerdeakten).
Im vorliegenden Fall ist der Antragsteller nicht ernannt und konnte daher nicht entlassen werden. Mit Schreiben vom 29. Juni 2021 wurde klargestellt, dass eine Entlassung im Schreiben vom 8. April 2021 nicht gesehen werden kann. Auch wenn der Antragsteller als sog. faktischer Soldat zu betrachten ist, liegt keine Entlassung nach § 55 Abs. 2 SG vor, da der Antragsteller nicht ernannt ist. Wer aufgrund einer rechtswidrigen Berufung Wehrdienst leistet, ist de facto Soldat geworden. Wird ohne wirksame Begründung des Wehrdienstverhältnisses der Wehrdienst angetreten und geleistet, wird von einem faktischen Wehrdienstverhältnis bzw. einem faktischen Soldaten gesprochen (vgl. auch BVerwG, 2. Wehrdienstsenat, B.v. 13.7.1981 – 2 WD 8/81 – juris). Im vorliegenden Fall wurde der Antragsteller durch seine Heranziehung zur Dienstleistung in die Bundeswehr eingegliedert, ohne als Soldat auf Zeit ernannt worden zu sein.
Für den faktischen Soldaten kommen truppendienstliche Maßnahmen in Betracht.
Aufgrund der eindeutigen Erklärung der Gegenseite vom 29. Juni 2021 ist in der „Entlassung“ vom 8. April 2021 ein „Inmarschsetzen“ und keine Entlassung zu sehen. Dafür spricht auch, dass eine förmliche Verbescheidung im Schreiben des Kompaniechefs kaum gesehen werden kann, und dass der Antragsteller am 27. April 2021 und damit nach dem Schreiben vom 8. April 2021 nochmals auf Dienstfähigkeit untersucht wurde. Das „Inmarschsetzen“ wurde gegenüber dem Antragsteller auch durch den Dienstvorgesetzen verfügt. Auch hat der Antragsgegner erklärt, dass eine Verbescheidung betreffend die Ernennung oder Nichternennung noch aussteht (Schreiben vom 29.6.2021).
Dass im Schreiben vom 8. April 2021 zum einen eine Entlassung und gleichzeitig ein „Inmarschsetzen“ zu sehen wäre, erschließt sich des Weiteren nicht.
Mit Schreiben vom 15. Juli 2021 ließ der Antragsteller mitteilen, soweit die Entlassung vom 8. April 2021 als „Inmarschsetzen“ gesehen werde, richte sich der Antrag auch hiergegen.
Abweichend von § 82 Abs. 1 SG ist nach § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO für Klagen, die eine Verletzung der Rechte eines Soldaten oder eine Verletzung von Pflichten eines Vorgesetzten ihm gegenüber zum Gegenstand haben, die im 2. Unterabschnitt des 1. Abschnitts des Soldatengesetzes mit Ausnahme von §§ 24, 25, 30 und 31 SG geregelt sind, erstinstanzlich der Rechtsweg zu den Truppendienstgerichten eröffnet (vgl. BayVGH, B.v. 12.9.2016 – 6 C 16.1655 – juris). Im vorliegenden Fall wehrt sich der Antragsteller gegen ein aus seiner Sicht rechtswidriges „Inmarschsetzen“, mithin seine Verwendung. Eine statusrechtliche Entscheidung liegt in einem „Inmarschsetzen“ nicht. Damit tritt nach § 17 Abs. 2 WBO das Verfahren vor dem Truppendienstgericht an die Stelle des Verwaltungsrechtswegs nach § 82 SG. Das Recht auf dienstliche Verwendung gehört zum Recht eines Soldaten i.S.v. § 17 Abs. 1 WBO. Der Antragsteller ist als faktischer Soldat in die Bundeswehr eingegliedert worden.
Die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsgerichts ist vorliegend nicht gegeben; anstelle des grundsätzlich zuständigen Truppendienstgerichts nach § 17 Abs. 1 Satz 1 WBO besteht im gerichtlichen Verfahren nach der Wehrbeschwerdeordnung und in den Fällen der §§ 21 und 22 WBO die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts (vgl. BVerwG 1. Wehrdienstsenat, B.v. 13.7.2015 – 1 WB 64/14 – juris). Dieser Fall liegt aber nicht vor. Weder liegt eine Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung vor, noch eine Entscheidung des Generalinspekteurs der Bundeswehr.
Sonach ist der Verwaltungsrechtsweg nach § 17 a Abs. 2 GVG unzulässig.
Nach § 17 a Abs. 2 GVG war daher nach Anhörung der Beteiligten von Amts wegen der Verwaltungsrechtsweg für unzulässig zu erklären und der Rechtsstreit an das zuständige Truppendienstgericht Süd zu verweisen (§ 83 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17 Abs. 2 GVG, § 2 der Verordnung über die Errichtung von Truppendienstgerichten).
Eine Kostenentscheidung scheidet nach § 17 b Abs. 2 Satz 1 GVG aus.


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