Aktenzeichen 9 CS 20.2928
Leitsatz
1. Ein Bauherr muss weder Eigentümer des Baugrundstücks noch Verfügungsbefugter hinsichtlich der baulichen Anlage sein. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2. Zwangsgeldandrohungen können nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die jeweilige Androhung selbst behauptet wird. Einwendungen gegen den unanfechtbaren Grundverwaltungsakt sind ausgeschlossen (vgl. Art. 38 Abs. 1 S. 3 BayVwZVG). (Rn. 15) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Frist ist gem. Art. 36 Abs. 1 S. 2 BayVwZVG angemessen und zumutbar, wenn sie einerseits das behördliche Interesse an der Dringlichkeit der Ausführung berücksichtigt und andererseits dem Betroffenen die nach der allgemeinen Lebenserfahrung erforderliche Zeit gibt, seiner Pflicht nachzukommen. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
AN 9 S 20.1807 2020-11-19 Bes VGANSBACH VG Ansbach
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.625,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen die Androhung von Zwangsgeldern.
Mit bestandskräftigem Bescheid vom 11. Mai 2020 forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin auf, ergänzend zu ihrem am 25. Februar 2013 eingegangenen Bauantrag zu einem bereits realisierten Bauvorhaben der Nutzungsänderung eines ehemaligen Industriebetriebes zu einzelnen Einheiten für Büro und Produktion (Bau * und …) sowie Neuordnung der Stellplätze in der N.straße … bis … in N. (FlNr. … … … u.a. Gemarkung G.) innerhalb eines Monats ab Unanfechtbarkeit einen Stellplatznachweis, einen mit dem Umweltamt hinsichtlich der Begrünung abgestimmten und überarbeiteten Freiflächengestaltungsplan, eine Baubeginnsanzeige, eine Anzeige der Nutzungsaufnahme und einen Standsicherheitsnachweis sowie Nachweis der Feuerwiderstandsfähigkeit tragender Bauteile vorzulegen. Zugleich wurde ein Zwangsgeld, aufgeschlüsselt auf die einzelnen geforderten Nachweise, in Höhe von insgesamt 3.500,00 Euro angedroht.
Mit Bescheid vom 30. Juli 2020 setzte die Antragsgegnerin der Antragstellerin jeweils „Nachfristen“ für die mit Bescheid vom 11. Mai 2020 geforderten Nachweise von jeweils einem Monat ab der Zustellung des gegenständlichen Bescheids und drohte für den Fall der Nichterfüllung innerhalb der jeweils gesetzten Frist, wiederum unter Aufschlüsselung auf die einzelnen Positionen, weitere Zwangsgelder von insgesamt 5.250,00 Euro an.
Gegen den Bescheid vom 30. Juli 2020 hat die Antragstellerin Klage beim Verwaltungsgericht erhoben, über die noch nicht entschieden wurde. Gleichzeitig beantragte sie, die aufschiebende Wirkung ihrer Klage anzuordnen. Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 19. November 2020 abgelehnt. Die Vollstreckungsvoraussetzungen lägen vor. Weder die Höhe des Zwangsgeldes noch die gesetzte Frist begegneten Bedenken. Die Antragstellerin sei mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 6. Februar 2020 aufgefordert worden, die fehlenden Unterlagen zum Bauantrag einzureichen bzw. Änderungen vorzunehmen. Auch auf den Bescheid vom 11. Mai 2020 habe die Antragstellerin nicht reagiert. Der Antragstellerin habe auch in Anbetracht der Corona-Pandemie ein ausreichender Zeitraum zur Verfügung gestanden, ihren Verpflichtungen zur Komplettierung des Bauantrags aus dem Jahr 2012/13, für Gebäude, welche sie seit längerer Zeit nutze, nachzukommen. Sie habe auch keine Anträge auf Fristverlängerungen gestellt.
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin. In Anbetracht der gerichtsbekannten Pandemie und des Umstands, dass der Bauvorgang aus dem Jahr 2013 datiere, sei jedenfalls eine deutlich längere Frist zu setzen gewesen. Der Geschäftsführer der Antragstellerin sei seit Monaten arbeitsunfähig. Das Arbeitsverhältnis mit der vormals zuständigen Mitarbeiterin habe, u.a wegen der Nichteinhaltung der Klagefrist im vorliegenden Fall, beendet werden müssen. Aktuell gebe es pandemiebedingt nur eine Notbesetzung. Der Architekt, der mit der Erstellung der angeforderten Unterlagen habe beauftragt werden sollen, sei in den Ruhestand getreten. Der Architekt, der sodann habe beauftragt werden sollen, habe eine andere Tätigkeit übernommen. Der Bescheid sei aber auch fehlerhaft, da das Objekt nicht im Eigentum der Antragstellerin, sondern im Eigentum der Fa. D. … GmbH stehe.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 19. November 2020 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung ihrer Klage gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 30. Juli 2020 anzuordnen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Antragstellerin sei Bauherrin und richtige Adressatin. Die Antragsgegnerin habe in Beantwortung eines Schreibens der Antragstellerin vom 17. Dezember 2020 die Frist für die Vorlage der Unterlagen bis 26. Februar 2021 verlängert.
Mit Schreiben vom 9. März 2021 teilte die Antragstellerin noch mit, dass eine weitere Fristverlängerung bis 15. August 2021 beantragt worden sei. Zu den Gründen für die Verzögerung bei der Vorlage der von der Antragsgegnerin geforderten Unterlagen wurde weiter ausgeführt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten im vorliegenden Verfahren und im Klageverfahren sowie der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Die zulässige Beschwerde hat keinen Erfolg. Die von der Antragstellerin dargelegten Gründe, auf die die Prüfung des Senats im Beschwerdeverfahren beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), rechtfertigen keine Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses.
1. Die Antragstellerin ist als Bauantragstellerin bzw. Bauherrin richtige Adressatin des Bescheids vom 30. Juli 2020. Der Bauherr muss weder Eigentümer des Baugrundstücks noch Verfügungsbefugter hinsichtlich der baulichen Anlage sein (vgl. BayVGH, B.v. 26.1.2021 – 9 ZB 19.876 – juris Rn. 9).
2. Soweit im Beschwerdevorbringen Einwendungen gegen die den hier streitgegenständlichen Zwangsgeldandrohungen zugrundeliegenden bestandskräftigen zwangsgeldbewehrten Anordnungen vom 11. Mai 2020 erhoben werden, ist die Antragstellerin damit schon nach Art. 38 Abs. 1 Satz 3 BayVwZVG ausgeschlossen, der die Anfechtung isolierter Zwangsgeldandrohungen wesentlich einschränkt. Diese können nur insoweit angefochten werden, als eine Rechtsverletzung durch die jeweilige Androhung selbst behauptet wird. Einwendungen gegen den unanfechtbaren Grundverwaltungsakt sind ausgeschlossen (vgl. BayVGH, B.v 18.1.2021 – 9 CS 20.1771 – juris Rn. 15 m.w.N.).
3. Die Antragstellerin kann mit ihrem Beschwerdevorbringen, die gesetzte Erfüllungsfrist sei zu kurz bemessen, auch sonst nicht durchdringen.
Abgesehen davon, dass die gesetzte Frist längst abgelaufen ist und die Antragsgegnerin diese zudem bis 26. Februar 2021 verlängert hat, sodass fraglich ist, ob der Antragstellerin für einen vorläufigen Rechtsschutz insoweit überhaupt noch ein Rechtsschutzinteresse zustehen kann (vgl. BayVGH, B.v. 1.4.2016 – 15 CS 15.2451 – juris Rn. 26), ist die Frist von einem Monat jedenfalls auch nicht zu kurz bemessen gewesen. Nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 BayVwZVG ist bei der Androhung der Vollstreckung für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb welcher dem Pflichtigen der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann. Eine Frist ist angemessen und zumutbar, wenn sie einerseits das behördliche Interesse an der Dringlichkeit der Ausführung berücksichtigt und andererseits dem Betroffenen die nach der allgemeinen Lebenserfahrung erforderliche Zeit gibt, seiner Pflicht nachzukommen (vgl. BayVGH, B.v. 1.4.2016 – 15 CS 15.2451 – a.a.O. m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass trotz pandemiebedingter Einschränkungen für die Antragsgegnerin in Anbetracht des vorangegangenen Anforderungsschreibens vom 6. Februar 2020 und der Anordnung mit Bescheid vom 11. Mai 2020 mit einer Fristsetzung von einem Monat, worauf die Antragstellerin jeweils nicht reagierte, zum für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt des Bescheiderlasses kein Anlass bestand, die gesetzte Frist von einem weiteren Monat ab Zustellung des Bescheids als unzureichend anzusehen. Der Umstand, dass die Antragstellerin die Gebäude seit Jahren ungenehmigt nutzt, dürfte im Übrigen eher für eine kürzere als eine längere Frist sprechen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG; sie folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwendungen erhoben wurden.
Dieser Beschluss ist gemäß § 152 Abs. 1 VwGO unanfechtbar.