Verwaltungsrecht

Ersatzvornahme zur Bekämpfung von Borkenkäfern

Aktenzeichen  M 12 K 17.137

Datum:
6.7.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwZVG VwZVG Art. 32

 

Leitsatz

1. Die Rechtmäßigkeit einer Ersatzvornahme und die Erstattungsfähigkeit der dafür angefallenen Kosten setzen nicht die Rechtmäßigkeit, sondern nur die Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit der Grundverfügung voraus. (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Voraussetzung der fehlenden Erfogsaussichten eines Zwangsgeldes ist der Sache nach gegeben, wenn angesichts der Dringlichkeit der Maßnahme keine Zeit mehr besteht, um einen eventuellen Erfolg eines angedrohten oder nach Fälligkeit beigetriebenen Zwangsgeldes abzuwarten und bei eventuell ausbleibendem Erfolg dann unter erneuter Fistsetzung ein weiteres Zwangsmittel in Form der Ersatzvornahme anzudrohen (vgl. BayVGH, Urt. v. 20.12.1990 – 19 B 90.154). (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Über den Rechtsstreit konnte auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 6. Juli 2017 entschieden werden, obwohl der Kläger nicht erschienen ist. Denn in der Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden könne (§ 102 Abs. 2 VwGO). Der Kläger ist form- und fristgerecht geladen worden.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 13. Oktober 2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. Dezember 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt das Gericht Bezug auf die zutreffenden Ausführungen des Beklagten im Bescheid vom 13. Oktober 2016 sowie im Widerspruchsbescheid vom 8. Dezember 2016. Zur Sache und zum Klagevorbringen ist ergänzend Folgendes auszuführen:
Rechtsgrundlage für den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch des Beklagten ist Art. 32 Satz 1 des Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG). Diese Vorschrift ermächtigt das Landratsamt als Vollstreckungsbehörde, die aufgewendeten Kosten der Ersatzvornahme vom Pflichtigen durch Leistungsbescheid zu fordern. Nach Art. 32 VwZVG gilt Folgendes: Wird die Pflicht zu einer Handlung, die auch ein anderer vornehmen kann (vertretbare Handlung), nicht oder nicht vollständig oder nicht zur gehörigen Zeit erfüllt, so kann die Vollstreckungsbehörde die Handlung auf Kosten des Pflichtigen vornehmen lassen. Die Ersatzvornahme ist nur zulässig, wenn ein Zwangsgeld keinen Erfolg erwarten lässt. Das Zwangsmittel muss schriftlich angedroht werden; es muss eine Frist gesetzt und bei der Ersatzvornahme der Kostenbetrag vorläufig veranschlagt werden (Art. 36 Abs. 1 und 4 VwZVG). Im Übrigen setzen die Durchführung der Ersatzvornahme und die Erstattungsfähigkeit der dafür angefallenen Kosten die Rechtmäßigkeit der ergangenen Grundverfügung nicht voraus, es kommt vielmehr nur auf deren Wirksamkeit und Vollstreckbarkeit im Zeitpunkt der Ersatzvornahme an (vgl. OVG Schleswig-Holstein, U.v. 27.4.2006 – 4 LB 23/04 – juris).
Im vorliegenden Fall liegt jeweils ein unanfechtbarer bzw. vollziehbarer Verwaltungsakt im Sinne der Art. 18 Abs. 1, 19 Abs. 1, 29 Abs. 1 und 32 Satz1 VwZVG sowie eine wirksame Androhung des Vollzugs dieses Verwaltungsaktes im Wege der Ersatzvornahme nach Art. 35, 36 VwZVG vorliegen, da der Kläger mit bestandskräftig gewordenen Bescheiden vom 23. Mai 2016 und 14. Juli 2016 verpflichtet worden war, auf den dort einzeln aufgeführten Grundstücken Borkenkäferbekämpfungsmaßnahmen durchzuführen. Für den Fall der Nichterfüllung oder nicht fristgerechten Erledigung wurde in diesen Bescheiden die Ersatzvornahme auf Kosten der Pflichtigen angedroht, wofür ein Betrag von 30,- Euro pro Festmeter und 75,- Euro pro Stunde veranschlagt wurde. Da innerhalb der jeweils gesetzten Frist die Bekämpfungsmaßnahmen nicht durchgeführt worden waren, wurde dann die Durchführung der angedrohten Ersatzvornahme angeordnet und ein geeigneter Unternehmer beauftragt. Anhaltspunkte dafür, dass die zu vollstreckende Verfügung nichtig oder offensichtlich rechtswidrig sein könnte, bestehen nicht. Dabei ist die Ersatzvornahme allerdings nur zulässig, wenn ein Zwangsgeld keinen Erfolg erwarten läßt (Art. 32 S. 2 BayVwZVG). Diese Voraussetzung war im gegebenen Fall erfüllt. Zum einen bestand angesichts der Vermehrung der waldschädlichen Insekten bereits von der Sache her keine Zeit mehr, um einen eventuellen Erfolg eines angedrohten oder nach Fälligkeit beigetriebenen Zwangsgeldes abzuwarten und bei eventuell ausbleibendem Erfolg dann unter erneuter Fristsetzung ein weiteres Zwangsmittel in Form der Ersatzvornahme anzudrohen (vgl. BayVGH, U.v. 20.12.1990 – 19 B 90.154). Zum anderen war auch hinsichtlich der Person des Klägers kein Erfolg eines Zwangsgeldes zu erwarten. So wurde der Kläger bereits mit Schreiben vom 21. März 2016, 13. April 2016 und 11. Mai 2016 mehrfach zur Beseitigung der Borkenkäfergefahr unter Fristsetzung aufgefordert. Unter diesen Umständen wäre die Verhängung eines Zwangsgeldes als Beugemittel ohne Aussicht auf Erfolg gewesen.
Auch die Durchführung der Ersatzvornahme gibt keinen Anlass zu rechtlicher Beanstandung.
Der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch ist auch sonst der Höhe nach nicht zu beanstanden. Nach Art. 32 Satz 1 VwZVG kann die Vollstreckungsbehörde die Handlung auf Kosten des Pflichtigen vornehmen lassen. Dabei umfasst der Begriff der Kosten der Ersatzvornahme alle Kosten für die im Wege der Ersatzvornahme vorzunehmenden Handlungen. Der Ordnungspflichtige muss grundsätzlich den Betrag erstatten, den die sachgerecht mit der Durchführung der Ersatzvornahme beauftragte Firma der Behörde in Rechnung stellt, sofern keine groben Fehler in der Preiskalkulation erkennbar sind und keine überflüssigen Maßnahmen durchgeführt wurden (vgl. z.B. OVG Sachsen-Anhalt, B.v. 15.5.2005 – 2 L 785/03 – juris). Dafür ist hier nichts erkennbar, insbesondere hat auch der Kläger keinerlei Anhaltspunkte dafür geliefert, dass eine andere Firma die Maßnahmen zeitnah zu einem ins Gewicht fallenden günstigeren Preis hätte durchführen können.
Der Leistungsbescheid ist somit insgesamt nicht zu beanstanden und die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die vorläufige Vollstreckbarkeit hinsichtlich der Kosten ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.


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