Aktenzeichen M 2 K 16.35174
Leitsatz
1. Im Iran können gemessen an vorliegenden Erkenntnismitteln zum Christentum konvertierte Muslime durch die aktive Glaubensausübung im konkreten Einzelfall landesweit einer beachtlichen Gefahr von Verfolgungshandlungen durch den iranischen Staat oder diesem zurechenbaren Akteuren ausgesetzt sein, jedenfalls dann, wenn sie ihren christlichen Glauben öffentlich leben (vgl. OVG NRW BeckRS 2013, 45497). (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
2. Jedoch setzt die Annahme einer solchen Verfolgungsgefährdung im konkreten Einzelfall voraus, dass die vorgetragene Hinwendung des Asylsuchenden zu der angenommenen Religion zur vollen Überzeugung des Gerichts auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruht, mithin eine ernsthafte, dauerhafte und nicht lediglich auf Opportunitätserwägungen oder asyltaktischen Gründen beruhende Hinwendung zum Christentum vorliegt und der neue Glaube die religiöse Identität des Schutzsuchenden prägt. (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
3. Kann der Asylsuchende die gerichtliche Frage nach zentralen Glaubensaussagen des Christentums nur mit inhaltsleeren, oberflächlichen und floskelhaften Wendungen beantworten, deutet sein Wissen über die christliche Religion nicht auf eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung hin. (Rn. 44) (redaktioneller Leitsatz)
4. Eine regelmäßige Teilnahme an Gottesdiensten und einem Gebetskreis in der Evangelisch-methodistischen Kirche reicht allein nicht aus, von einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung auszugehen, weil derartigen Verhaltensweisen auch rein asyltaktische Überlegungen zu Grunde liegen können. (Rn. 45) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte weder Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG), noch auf Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG), noch auf Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG (hinsichtlich der Ablehnung des Antrags auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16 a GG ist der Bescheid vom 1. Dezember 2016 bestandskräftig geworden, nachdem insoweit ausdrücklich kein Verpflichtungsantrag gestellt wurde; ohnehin wäre eine Klage insoweit allein deshalb ohne Erfolg geblieben, weil der Kläger nach eigenem Vortrag u.a. über Österreich und damit über einen sicheren Drittstaat nach Deutschland gelangt ist, Art. 16 a Abs. 2 GG i.V.m. § 26 a Abs. 1 und 2 AsylG). Die Abschiebungsandrohung in Ziffer 5. des Bescheids vom 1. Dezember 2016 und die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 6. dieses Bescheids sind rechtmäßig.
Hinsichtlich der allgemeinen Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes sowie die Feststellung von Abschiebungsverboten, ferner hinsichtlich der Abschiebungsandrohung und der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots wird zunächst auf den Bescheid des Bundesamts vom 1. Dezember 2016 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist zur behaupteten Vorverfolgung (sogleich 1. und 2.), zu der vorgetragen Hinwendung zum Christentum (sogleich 3.) sowie zu dem Tattoo in Gestalt eines Kreuzes (sogleich 4.) wie folgt auszuführen:
1. Zur Überzeugung des Gerichts handelt es sich beim Vortrag des Klägers, er sei vorverfolgt aus dem Iran ausgereist, um eine Schutzbehauptung. Das Vorbringen des Klägers beim Bundesamt und gegenüber dem Gericht hinsichtlich der angeblichen Geschehnisse im Iran, welche eine Vorverfolgung belegen sollen (v.a. Festnahme 2006, Entlassung/Suspendierung als Lehrer, telefonische Belästigungen), ist gänzlich unglaubwürdig. Infolgedessen können dem Kläger wegen dieses Vorbringens schon aus tatsächlichen Gründen weder die Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG), noch subsidiärer Schutz (§ 4 AsylG), noch Abschiebungsverbote (§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG) zuerkannt werden. Im Einzelnen:
a) Insgesamt unglaubwürdig ist das klägerische Vorbringen zur angeblichen Vorverfolgung auch deshalb, weil der Kläger hinsichtlich der zeitlichen Abläufe der angeblichen Geschehnisse mehrfach erheblich widersprüchliche Angaben gemacht hat:
So hat der Kläger etwa hinsichtlich des Zeitpunkts seiner Inhaftierung in der mündlichen Verhandlung zunächst davon gesprochen, er sei im Sommer 2006 verhaftet und für zwei Wochen inhaftiert worden (was mit seinen Äußerungen beim Bundesamt, Bl. 56 BA, im Einklang steht). Im Widerspruch dazu hat er in der mündlichen Verhandlung auch behauptet, er sei erst im Dezember 2006 aus dem Gefängnis freigelassen worden. Diesen Widerspruch hat er auf gerichtlichen Vorhalt (SP S. 4) durch die Einlassung zu entkräften versucht, im Dezember 2006 habe er seine Heimatstadt … verlassen und sei nach Gorgan gegangen. Dies kann schon deshalb nicht überzeugen, weil der Kläger in der mündlichen Verhandlung anfangs unmissverständlich vorgetragen hatte, es sei entschieden worden, ihn freizulassen, das sei im 10. Monat des Jahres 1385, also im Dezember 2006 gewesen, danach sei er in … in eine Hauskirche gegangen (SP S. 2). Darüber hinaus widerspricht dieser klägerische Erklärungsversuch auch dessen Vorbringen beim Bundesamt, er habe sich bis 2008 in … aufgehalten und sei erst dann nach Gorgan gegangen (Bl. 56 f. BA).
Widersprüchlich ist auch das Vorbringen des Klägers zum Zeitpunkt seiner angeblichen Tätigkeit als Lehrer in …: In der mündlichen Verhandlung hat er hierzu auf Frage vorgetragen, er habe diese Tätigkeit in den Jahren 1387 und 1388, also 2008/2009 und 2009/2010 ausgeübt (SP S. 8). Dies widerspricht indes seinen Angaben beim Bundesamt, wonach er „zuletzt seit 2008“ bzw. „ungefähr seit 9 Jahren“ (also bezogen auf den Zeitpunkt der Anhörung ungefähr seit 2007) nicht mehr als Lehrer gearbeitet habe (Bl. 55 BA). Diesen Widerspruch konnte der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch auf gerichtlichen Vorhalt hin nicht auflösen (SP S. 8).
Mehrfach widersprüchlich sind auch die klägerischen Angaben bezüglich des Zeitpunkts seines Umzugs nach Maschhad. Schon beim Bundesamt hatte sich der Kläger hierzu ungereimt geäußert: Anfangs hatte er den Eindruck erweckt, er habe zeitnah nach seiner angeblichen Freilassung aus dem Gefängnis im Jahr 2006 seinen Wohnort … verlassen und sei unmittelbar nach Maschhad gegangen sei (Bl. 56 BA), im weiteren Verlauf der Anhörung meinte er dann, er sei bis 2008 in … geblieben, sei dann zunächst nach Gorgan und erst 2012 nach Maschhad umgezogen (Bl. 56 f. BA). In der mündlichen Verhandlung hatte er dann zunächst den Eindruck erweckt, er sei etwa ein Jahr vor seinem Militärdienst von Gorgan nach Maschhad umgezogen (SP S. 3), mithin gemessen an den klägerischen Angaben zu seinem achtmonatigen Wehrdienst im Jahr 2009 (Bl. 55 BA) ca. im Jahr 2008. Nach dem Wehrdienst, also ca. 2010, will er dann wieder in Maschhad gelebt haben (SP S. 3). Auf gerichtlichen Vorhalt dieser erheblichen Widersprüche hat der Kläger dann als weitere Variante vorgebracht, er sei im Februar/März 2010 von Gorgan nach Maschhad gegangen, dort habe er im März 2010 versucht, einen Reisepass zu bekommen, wofür er dann aber Militärdienst habe leisten müssen (SP S. 8). Durch diese Einlassung konnte der Kläger die aufgetretenen Widersprüche und Ungereimtheiten nicht beseitigen. Vielmehr steht die Zeitangabe Februar/März 2010 jedenfalls im offensichtlichen Widerspruch zur klägerischen Angabe beim Bundesamt, er sei bis 2012 in Gorgan gewesen und erst dann nach Maschhad umgezogen. Auch lässt sich der Zeitpunkt Februar/März 2010 nicht mit dem Zeitpunkt des achtmonatigen Wehrdienstes vereinbaren: Den Wehrdienst will den der Kläger – so seine wiederholten Angaben in der mündlichen Verhandlung (SP S. 3 und S. 7) – zeitlich nach dem Umzug von Gorgan nach Maschhad im Februar/März 2010 abgeleistet haben. Dazu steht im Widerspruch, dass der Wehrdienst nach den klägerischen Angaben beim Bundesamt (Bl. 55 BA), auf die das Gericht in der mündlichen Verhandlung hingewiesen hatte (SP S. 5), bereits im Jahr 2009 stattgefunden haben soll.
All diese Widersprüche sind derart massiv, dass sie nicht mit bloßen Erinnerungslücken oder Umrechnungsfehlern abgetan werden können. Dies gilt zumal es sich bei den Zeitpunkten einer angeblichen Inhaftierung (mit Folter), einer Berufstätigkeit (mit angeblicher Suspendierung/Entlassung), von Umzügen in andere Städte sowie der Ableistung des Wehrdienstes um lebensprägende Umstände handelt, an die man sich bei lebensnaher Betrachtungsweise auch viele Jahre später erinnern kann. Auch wenn es letztlich nicht entscheidungserheblich darauf ankommt, weil sich die Unglaubwürdigkeit der klägerischen Angaben zur angeblichen Vorverfolgung auch allein aus den nachfolgend genannten Gründen ergibt, so streiten doch auch die widersprüchlichen Angaben zu den zeitlichen Abläufen zusätzlich für die Unglaubwürdigkeit dieser Angaben.
b) Widersprüchlich und damit unglaubwürdig sind auch die klägerischen Angaben hinsichtlich der angeblich erfolglosen Versuche, einen Reisepass zu erhalten (die angebliche Verweigerung eines Reisepasses auf Veranlassung des Polizeichefs … soll wohl die angebliche Verfolgung durch den iranischen Staat belegen): Beim Bundesamt hatte der Kläger noch vorgebracht, er habe noch in … … einen Reisepass beantragt, dies sei – so ausdrücklich auf Frage des Bundesamts – „zwei Wochen nach der Entlassung aus dem Gefängnis“ gewesen (Bl. 56 BA), also im Jahr 2006. Durch den Ehemann seiner Tante habe er dann herausgefunden, dass er keinen Reisepass beantragen könne, weil er beim Geheimdienst bekannt sei. Im Widerspruch dazu erklärte der Kläger in der mündlichen Verhandlung, erst in Maschhad – hierhin ist er gemessen an den verschiedenen klägerischen Angaben erst 2008 oder 2010 oder 2012 gezogen – habe er sich gedacht, einen Reisepass zu beantragen und das Land zu verlassen. Dazu habe er zunächst Militärdienst leisten müssen. Nach der Befreiung vom Militärdienst habe er einen Reisepass beantragt. Im Passamt habe man ihm mitgeteilt, dass er wegen eines „nachrichtendienstlichen Problems“ keinen Reisepass beantragen könne, bei späteren Anträgen auf Ausstellung eines Reisepasses sei er vertröstet worden (SP S. 3). Diesen offenkundigen Widerspruch konnte der Kläger auch auf gerichtlichen Vorhalt (SP S. 7) nicht ausräumen: Zunächst meinte der Kläger, es könne gar nicht möglich sein, dass er unmittelbar nach der Inhaftierungszeit in … … einen Reisepass beantragt habe, da man ohne Militärdienst keinen Reisepass beantragen habe können. Diese Einlassung ändert indes nichts daran, dass der Kläger beim Bundesamt ebendies ausdrücklich behauptet hatte. Im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung meinte der Kläger dann allerdings wieder – nunmehr im Widerspruch zu seinen vorherigen Angaben in der mündlichen Verhandlung –, schon in … sei sein Antrag auf einen Reisepass einmal abgelehnt worden (SP S. 7).
c) Unglaubwürdig ist auch das klägerische Vorbringen hinsichtlich des angeblichen Vorkommnisses beim Schwimmen im Jahr 2006, aufgrund dessen der Kläger zwei Wochen inhaftiert, geschlagen und gefoltert worden sein will:
Lebensfremd ist schon die Darstellung des Klägers, er habe, als der Polizeichef von … beim Schwimmen das Tattoo in Form eines Kreuzes auf seinem Rücken erblickt und ihn gefragt habe, ob er Christ sei, mit „Ja“ geantwortet (Bl. 56 BA, SP S. 2). Im Hinblick darauf, dass Apostaten im Iran wegen des mit einer Hinwendung zum Christentum verbundenen Abfalls vom Islam einer erheblichen Gefahr der staatlichen Verfolgung bis hin zur Todesstrafe ausgesetzt sind (vgl. hierzu: OVG NW, U. v. 7.11.2012 – 13 A 1999/07.A – juris Rn. 48 ff.; HessVGH, U. v. 18.11.2009 – 6 A 2105/08.A – juris Rn. 34 ff.; OVG NW, B. v. 30.7.2009 – 5 A 1999/07.A – juris; SächsOVG, U. v. 3.4.2008 – A 2 B 36/06 – juris Rn. 34 ff.; BayVGH, U. v. 23.10.2007 – 14 B 06.30315 – juris Rn. 20 f.) und dies dem damals ca. 21 Jahre alten, im Iran aufgewachsenen Kläger sicherlich auch bekannt sein musste, ist nicht ansatzweise nachvollziehbar, dass und warum sich der Kläger mit seiner solchen Antwort noch dazu gegenüber einem Polizeibeamten einer derartigen Verfolgungsgefahr ausgesetzt haben sollte. Dies gilt zumal sich der Kläger das Kreuz-Tattoo nach eigenem Bekunden im Jahr 2005 nicht etwa aufgrund eines christlich-religiösen Bekenntnisses hat stechen lassen, sondern ohne Hintergedanken, weil ihm das Muster gefallen hat bzw. er es so schön fand (SP S. 9, Bl. 57 BA; der entgegenstehenden Behauptung der früheren Bevollmächtigten im Schriftsatz vom 4. Januar 2017 kann angesichts dieser unzweifelhaften Angaben des Klägers beim Bundesamt und gegenüber dem Gericht nicht gefolgt werden). Auch hatte er sich zum Zeitpunkt des Vorkommnisses im Jahr 2006 nach eigener Einlassung noch nicht einmal für das Christentum interessiert gehabt, geschweige denn war er Christ gewesen (SP S. 9; Bl. 57 BA; auch insoweit kann aufgrund dieser klägerischen Angaben beim Bundesamt und gegenüber dem Gericht der entgegenstehende Behauptung der früheren Bevollmächtigten im Schriftsatz vom 4. Januar 2017 nicht gefolgt werden). Der Kläger hatte demnach überhaupt keinen Anlass, sich als Christ zu bezeichnen. Nicht nachvollziehbar ist die Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, er habe ungewollt und automatisch „Ja“ gesagt (SP S. 2). Diese Darstellung ist gänzlich lebensfremd. Es ist nicht ansatzweise erkennbar, dass und warum der Kläger seine Antwort unwillentlich gegeben haben könnte.
Gegen den Wahrheitsgehalt des klägerischen Vorbringens spricht auch seine Darstellung des weiteren Geschehensablaufs: Der Kläger will offenbar wegen des aus Sicht des iranischen Staates schweren Vorwurfs, Christ geworden und damit vom Islam abgefallen zu sein (Apostasie), inhaftiert und sogar geschlagen und gefoltert worden sein soll (SP S. 2, Bl. 56 BA). Wenn die iranischen Sicherheitsbehörden den Kläger tatsächlich der Apostasie verdächtigt haben sollten und dem Kläger deshalb sogar die Todesstrafe drohte (der Kläger spricht selbst davon, ihm sei später die Hinrichtung angedroht worden, vgl. Bl. 56 BA), dann hätten ihn diese sicherlich nicht bereits nach lediglich zwei Wochen ohne weiteres wieder aus der Haft entlassen. Von etwaigen Auflagen oder einem sich anschließenden Strafverfahren berichtet der Kläger nicht. Zum angeblichen Vorwurf einer Apostasie passt auch nicht, dass der Vater des Klägers wegen des Vorkommnisses Klage gegen den Polizeichef von … eingereicht haben soll: Eine solche Klage macht keinen Sinn, wenn die iranischen Sicherheitsbehörden den Kläger tatsächlich wegen Apostasie verfolgt hätten, was dem Vater des Klägers bei lebensnaher Betrachtungsweise auch hätte bekannt sein müssen. Hinzu kommt, dass der Kläger nach seiner eigenen Einlassung einige Zeit später als Lehrer an einer Schule eingestellt worden sein soll und dort Schüler der Sekundarstufe unterrichtet haben will. Es ist schlechterdings unvorstellbar, dass der iranische Staat einem Apostaten bzw. einer der Apostasie zumindest verdächtigen und deshalb zuvor bereits inhaftierten und gefolterten Person gestattet, Kinder an einer Schule zu unterrichten. Vor allem wäre auch zu erwarten gewesen, dass der Kläger, wenn er tatsächlich ernsthaft der Apostasie verdächtigt worden wäre und deshalb mit schweren Strafen bis hin zur Todesstrafe hätte rechnen müssen, unverzüglich nach seiner Freilassung aus der Haft zumindest versucht hätte, den Iran zu verlassen. Das Vorbringen des Klägers auf den entsprechenden gerichtlichen Vorhalt in der mündlichen Verhandlung (SP S. 8) überzeugt nicht: Der Umstand, dass der Kläger über keinen Reisepass verfügte, hätte ihn nicht gehindert, mit Hilfe eines Schleusers illegal den Iran zu verlassen, wie es im Jahr 2015 dann ja auch tatsächlich geschehen ist. Es ist gerichtsbekannt, dass es vielen Iraner auch relativ kurzfristig möglich ist, auf dem Landweg abseits der regulären Grenzübergänge etwa in die Türkei zu reisen. Die weitere Einlassung des Klägers, erst nachdem die europäischen Grenzen (Mitte/Ende des Jahres 2015) geöffnet worden seien, habe er es sich finanziell leisten können, hierher zu kommen, streitet massiv dafür, dass der Kläger den Iran gerade nicht wegen einer asylrelevanten und asylerheblichen Vorverfolgung verlassen hat: Wäre der Kläger wirklich vorverfolgt gewesen, dann hätte er nicht viele Jahre gewartet, bis die für ihn aus seiner Sicht offenbar optimale Auswanderungsoption nach Europa/Deutschland realisierbar wurde, vielmehr wäre er sogleich wenigstens in die für ihn sichere Türkei geflüchtet, ohne dass er die Kosten für eine Schleusung nach Europa hätte aufbringen müssen.
d) Auch das klägerische Vorbringen im Zusammenhang mit der angeblichen Entlassung bzw. Suspendierung vom Schuldienst je nach Einlassung des Klägers etwa im Jahr 2007/2008 oder 2010 ist zur Überzeugung des Gerichts nicht glaubwürdig:
Die klägerische Darstellung, er habe als Lehrer in seiner Klasse darüber gesprochen, was in der Bibel gesagt werde (Bl. 58 BA) bzw. was er über das Christentum erfahren habe, u.a. dass das Christentum besser sei als der Islam (SP S. 3), ist gänzlich lebensfremd. Mit derartigen Äußerungen hätte sich der Kläger einer erheblichen Gefahr ausgesetzt, nicht nur seinen Beruf zu verlieren, sondern darüber hinaus staatlicherseits als Apostat verfolgt zu werden. Dies musste dem Kläger bei lebensnaher Betrachtungsweise auch bewusst sein. Es ist gänzlich unplausibel, dass und warum sich der Kläger einem solchen Risiko ausgesetzt haben sollte, zumal er ja angeblich im Jahr 2006 bereits inhaftiert und gefoltert worden war. Auch zu diesem Zeitpunkt war der Kläger nach seinem eigenen Bekunden in der mündlichen Verhandlung noch kein gläubiger Christ, vielmehr immer noch „nur in der Recherchephase“ (SP S. 9). Es gab demnach nach wie vor überhaupt keinen Anlass für den Kläger, sich zum christlichen Glauben zu bekennen. Gänzlich unplausibel ist die Erklärung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, er habe bei diesem angeblichen Vorkommnis keine Kontrolle über sich gehabt (SP S. 3). Es ist nicht ansatzweise erkennbar, dass und warum es durch einen Kontrollverlust zu derartigen Aussagen über das Christentum gekommen sein könnte.
Gegen den Wahrheitsgehalt des klägerischen Vorbringens spricht auch insoweit der angebliche weitere Geschehensablauf: Wenn es sich, wie der Kläger behauptet, tatsächlich um schwerwiegende Äußerungen gegen den Islam gehandelt haben sollte, dann ist nicht plausibel, dass und warum es bei einer Entlassung aus dem Schuldienst (so der Kläger beim Bundesamt, Bl. 55 BA) bzw. sogar nur einer Suspendierung (so der Kläger in der mündlichen Verhandlung, SP S. 3) geblieben sein soll. Vielmehr wäre bei schwerwiegenden Äußerungen gegen den Islam zu erwarten gewesen, dass der Kläger etwa wegen des Vorwurfs der Apostasie zusätzlichen Strafverfolgungsmaßnahmen der iranischen Sicherheitsbehörden ausgesetzt gewesen wäre, zumal dieser – wie er selbst betont – aufgrund der angeblichen Vorkommnisse im Jahr 2006 bereits eine Akte in … hatte. Lebensfremd ist jedenfalls, dass der Kläger gemessen an seiner Darstellung in der mündlichen Verhandlung sogar eine Vorladung unbeachtet lassen konnte (SP S. 3), offenbar ohne dass dies zu Konsequenzen geführt hatte. Vor allem wäre zu erwarten gewesen, dass der Kläger, wenn er aufgrund seiner Äußerungen tatsächlich eine asylrelevante und asylerhebliche Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung befürchten musste, zumindest versucht, unverzüglich den Iran zu verlassen. Die klägerischen Einwände, warum dies nicht möglich gewesen sein soll, überzeugen auch insoweit nicht (siehe dazu im Einzelnen die Ausführungen oben unter c) am Ende). Dass der Kläger lediglich innerhalb Irans nach Maschhad umgezogen sein will, streitet zusätzlich gegen die Annahme einer asylrelevanten und asylerheblichen Bedrohung, Verfolgung oder Gefährdung durch den iranischen Staat. Bei einer derartigen staatlicher Verfolgung besteht im gesamten Iran keine inländische Fluchtalternative, wovon auch der mit den iranischen Verhältnissen vertraute Kläger ausgehen musste.
e) Unglaubwürdig ist auch das klägerische Vorbringen hinsichtlich der angeblichen telefonischen Belästigungen. Diese sollen bereits während der Zeit in … begonnen haben (SP S. 3) bzw. jedenfalls nach dem Umzug nach Maschhad (Bl. 57 BA, SP S. 3) und zuletzt Anfang 2015 (Bl. 58 BA) erfolgt sein. Die Anrufer hätten keinen Namen genannt (Bl. 56 BA) bzw. während der Zeit in … habe der Polizeichef … angerufen, später dessen Leute (SP S. 6).
Soweit der Kläger vorbringt, bei den telefonischen Belästigungen sei ihm u.a. auch vorgeworfen worden, dass er Christ geworden sei, eigentlich müsste er die Todesstrafe bekommen, er sei nur am Leben, weil man ihn einstweilen in Ruhe lasse (SP S. 5), ist dies gänzlich lebensfremd. Hätten die iranischen Sicherheitsbehörden den Kläger tatsächlich der Apostasie verdächtigt, dann hätten sich diese sicherlich nicht mit telefonischen Belästigungen zufrieden gegeben (der Kläger hatte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich nicht einmal von „Bedrohungen“, sondern lediglich von „Belästigungen“ gesprochen, was die Dolmetscherin auf den entsprechenden Einwand des klägerischen Beistands ausdrücklich bestätigte, SP S. 6). Vielmehr hätten die iranischen Sicherheitsbehörden angesichts der Schwere des Apostasievorwurfs und der damit verbunden hohen Strafandrohung bis hin zur Todesstrafe zweifellos jeweils die Gelegenheit genutzt, des Klägers habhaft zu werden. Von Anrufen hätten sie schon deshalb abgesehen, weil diese den Kläger letztlich nur gewarnt hätten, dass die Sicherheitsbehörden ihn trotz seiner angeblichen Vorsichtsmaßnahmen (ständiger Wechsel der SIM-Karten und der Arbeitsstellen; Auto/Wohnung/Telefon sollen auf andere Namen gelaufen sein, SP S. 3 und S. 8) wieder gefunden hatten.
Lebensfremd ist die klägerische Einlassung auch insoweit, als es bei den telefonischen Belästigungen um die Klage des Vaters des Klägers gegen den Polizeichef wegen des Vorkommnisses im Jahr 2006 gegangen sein soll (SP S. 3 und S. 5 f.). Wie oben unter c) bereits dargelegt wurde, ist es schon gänzlich unplausibel, dass und warum der Vater des Klägers den Polizeichef von … verklagt, wenn die iranischen Sicherheitsbehörden den Kläger im Zusammenhang mit dem zugrundeliegenden Vorkommnisses tatsächlich wegen Apostasie verfolgt hatten. Nicht nachvollziehbar ist auch, warum der Polizeichef, wenn es ihm um eine Rücknahme der Klage des Vaters geht, nicht diesen, sondern den Kläger telefonisch belästigt. Die Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, der Polizeichef und sein Vater seien Kollegen gewesen, der Polizeichef habe es deshalb nicht direkt machen können, sondern sei über den Kläger gegangen, um Druck auszuüben, dass die Klage fallen gelassen wird (SP S. 6), überzeugt nicht. Gänzlich lebensfremd ist schließlich die Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung zum Fortgang der Klage des Vaters: Diese soll nicht zu Ende geführt worden sein; jedes Mal, wenn die Klage eingereicht worden sei, dann sei gedroht bzw. belästigt worden und die Klage wieder zurückgenommen worden (SP S. 6). Unbeschadet der Frage, ob es im iranischen Recht überhaupt möglich ist eine eingereichte Klage zurückzunehmen und anschließend offenbar mehrfach immer wieder einzureichen und immer wieder zurückzunehmen, wäre es jedenfalls gänzlich unplausibel anzunehmen, der Vater des Kläger könnte tatsächlich so verfahren sein. Es ist nicht ansatzweise ersichtlich, dass und warum der Vater, wenn ihn der Kläger einmal aufgrund des angeblichen Drucks des Polizeichefs zu einer Rücknahme der Klage gebracht haben sollte, diese Klage anschließend mehrfach immer wieder einreichen und immer wieder zurücknehmen sollte. Ein solches Verhalten des Vaters wäre gänzlich lebensfremd. Außerdem wäre bei lebensnaher Betrachtungsweise zu erwarten gewesen, dass der Polizeichef, nachdem er erkannt haben musste, dass seine telefonischen Belästigungen zwar zur Rücknahme der Klage geführt hatten, diese dann aber mehrfach wieder eingereicht worden ist, nicht über mehrere Jahre hinweg immer wieder zu den offenbar letztlich nutzlosen telefonischen Belästigungen greift, sondern zu anderen, effektiveren Methoden.
f) Gegen die Annahme, der Kläger habe den Iran vorverfolgt verlassen, spricht schließlich auch, dass der Kläger keinen überzeugenden Anlass dafür benennen konnte, warum er den Iran gerade im November 2015 verlassen hatte. Auf Vorhalt erklärte der Kläger hierzu in der mündlichen Verhandlung, er sei wegen der durch den Polizeichef veranlassten telefonischen Belästigungen und den damit verbundenen Folgen (Auto/Wohnung/Telefon sollen auf andere Namen gelaufen sein) ausgereist (SP S. 8). Unbeschadet dessen, dass das Vorbringen zu den angeblichen telefonischen Belästigungen wie eben dargelegt schon nicht glaubwürdig ist, ist nicht nachvollziehbar, dass und warum der Kläger den Iran wegen dieser bloßen Belästigungen ganz plötzlich in einer Nacht- und Nebelaktion – so der Kläger, SP S. 3 – im November 2015 verlassen haben will: Diese telefonischen Belästigungen dauerten ja gemessen an der klägerischen Einlassung bereits seit mehreren Jahren an, die letzte Belästigung soll dann bereits Anfang 2015 gewesen sein (Bl. 58 BA). Nicht verständlich ist auch, warum zwar die angebliche Inhaftierung mit Folterung im Jahr 2006 und auch die Entlassung bzw. Suspendierung vom Schuldienst im Jahr 2007/2008 oder 2010 kein Anlass für eine Flucht aus dem Iran gewesen sein sollen, dann aber die bloßen Belästigungen den Kläger zur Ausreise bewegt haben sollen. Massiv gegen eine asylrelevante und asylerhebliche Vorverfolgung streitet auch im Zusammenhang mit der Frage des Anlasses der klägerischen Ausreise dessen weitere Einlassung, erst nachdem die europäischen Grenzen geöffnet worden seien, habe er es sich finanziell leisten können, hierher zu kommen: Wäre der Kläger wirklich asylrelevant und asylerheblich vorverfolgt gewesen, dann hätte er nicht gewartet, bis die für ihn aus seiner Sicht offenbare optimale Auswanderungsoption nach Europa/Deutschland Mitte/Ende 2015 realisierbar wurde. Vielmehr hätte er viel früher wenigstens in die für ihn sichere Türkei flüchten können, ohne dass er die Kosten für eine Schleusung nach Europa hätte aufbringen müssen. Eine Flucht vom Iran in die Türkei ist gerichtsbekanntermaßen auch ohne Reisepass abseits der regulären Grenzübergänge auf dem Landweg relativ kurzfristig möglich, wie letztlich auch die so durchgeführte Ausreise des Klägers im November 2015 belegt.
2. Unbeschadet des Vorstehenden sei zu der dargelegten Vorverfolgung noch darauf hingewiesen, dass diese selbst bei Wahrunterstellung nicht die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG), des subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG), oder von Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG) rechtfertigen könnte: Die angeblichen telefonischen Belästigungen erreichen hinsichtlich Art und Intensität nicht das Niveau, um von einer asylrelevanten und asylerheblichen Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung sprechen zu können. Daher lägen die Voraussetzungen für die Gewährung asylrechtlichen Schutzes selbst dann nicht vor, wenn man unterstellte, diese telefonischen Belästigungen würden im Falle einer Rückkehr des Klägers in den Iran wieder aufgenommen werden. Bei der angeblichen Inhaftierung des Klägers im Jahr 2006 handelt es sich um einen seit vielen Jahren abgeschlossenen Vorgang. Der Kläger hat bis zu seiner Ausreise im November 2015 noch viele Jahre im Iran gelebt, ohne dass er wegen dieses Vorkommnisses asylrelevant und asylerheblich verfolgt, bedroht oder gefährdet worden wäre. Es kann daher erst recht nicht davon ausgegangen werden, im Falle einer Rückkehr in den Iran würde es zu einer derartigen Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung kommen. Entsprechendes gilt im Zusammenhang mit der angeblichen Entlassung bzw. Suspendierung vom Schuldienst im Jahr 2007/2008 oder 2010: Auch diesbezüglich handelt es sich um einen seit vielen Jahren abgeschlossen Vorgang, ohne dass der Kläger bis zur Ausreise aus dem Iran wegen dieses Vorkommnisses asylrelevant und asylerheblich verfolgt, bedroht oder gefährdet worden wäre, weshalb dies auch im Falle einer Rückkehr in den Iran nicht zu erwarten wäre.
3. Auch die behauptete Hinwendung des Klägers zum Christentum kann der Klage unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zum Erfolg verhelfen.
Zwar können im Iran gemessen an den vorliegenden Erkenntnismitteln (vgl. etwa die Lageberichte des Auswärtigen Amts vom 9. Dezember 2015, S. 15 f., sowie vom 8. Dezember 2016, S. 10) zum Christentum konvertierte Muslime durch die aktive Glaubensausübung im konkreten Einzelfall landesweit einer beachtlichen Gefahr von Verfolgungshandlungen durch den iranischen Staat oder diesem zurechenbaren Akteuren ausgesetzt sein, jedenfalls dann, wenn sie ihren christlichen Glauben öffentlich leben, so dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 ff. AsylG) oder zumindest des subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) oder zumindest die Feststellung von Abschiebungsverboten (§ 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG) in Betracht kommen kann (vgl. hierzu: OVG NW, U. v. 7.11.2012 – 13 A 1999/07.A – juris Rn. 48 ff.; HessVGH, U. v. 18.11.2009 – 6 A 2105/08.A – juris Rn. 34 ff.; OVG NW, B. v. 30.7.2009 – 5 A 1999/07.A – juris; SächsOVG, U. v. 3.4.2008 – A 2 B 36/06 – juris Rn. 34 ff.; BayVGH, U. v. 23.10.2007 – 14 B 06.30315 – juris Rn. 20 f.).
Die Annahme einer solchen Verfolgungsgefährdung setzt im konkreten Einzelfall allerdings voraus, dass die vorgetragene Hinwendung des Asylsuchenden zu der angenommenen Religion zur vollen Überzeugung des Gerichts auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruht, mithin eine ernsthafte, dauerhafte und nicht lediglich auf Opportunitätserwägungen oder asyltaktischen Gründen beruhende Hinwendung zum Christentum vorliegt und der neue Glaube die religiöse Identität des Schutzsuchenden prägt. Hierzu gehört auch, aber nicht nur, dass dem Konvertiten die wesentlichen Grundelemente seiner neuen Religion vertraut sind, wobei seine Persönlichkeit und seine intellektuellen Fähigkeiten zu berücksichtigten sind. Allein der formale Übertritt zum Christentum durch eine kirchenrechtlich wirksame Taufe genügt nicht. Das Gericht ist auch nicht an die Beurteilung des Amtsträgers einer christlichen Kirche gebunden, der Taufe des Betroffenen liege eine ernsthafte und nachhaltige Glaubensentscheidung zugrunde. Eine beachtliche Verfolgungsgefährdung lässt sich ferner auch nicht allein daraus ableiten, dass sich der Asylsuchende in Deutschland religiös betätigt hat, selbst wenn dies öffentlich (z.B. im Internet) bekannt geworden ist. Das Gericht muss vielmehr die volle Überzeugung gewinnen, dass der Asylsuchende die religiöse Betätigung seines Glaubens für sich selbst als verpflichtend zur Wahrung seiner religiösen Identität empfindet. Es muss davon ausgehen können, dass der Asylsuchende seinen neuen Glauben in einer Weise verinnerlicht hat, dass es ihm ein tief empfundenes Bedürfnis ist, diesen Glauben auch im Fall der Rückkehr in das Herkunftsland ungehindert leben zu können. Hingegen ist nicht zu erwarten, dass ein Asylsuchender nach der Rückkehr in sein Herkunftsland eine Religion aktiv lebt, die er in seinem Zufluchtsland nur vorgeblich, oberflächlich oder aus asyltaktischen Gründen angenommen hat (zum Ganzen: BVerwG, B. v. 25.8.2015 – 1 B 40.15 – juris Rn. 9 ff. m.w.N.; BayVGH, B. v. 7.11.2016 – 14 ZB 16.30380 – juris Rn. 7 ff., 12, B. v. 16.11.2015 – 14 ZB 13.30207 – juris Rn. 5 ff. m.w.N.; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 10.2.2017 – 13 A 2648/16.A – juris Rn. 11 f., B. v. 27.4.2015 – 13 A 440/15.A – juris Rn. 10 ff. m.w.N., B. v. 24.5.2013 – 5 A 1062/12.A – juris Rn. 8 ff. m.w.N.; U. v. 7.11.2012 – 13 A 1999/07.A – juris Rn. 37 ff. m.w.N; OVG Lüneburg, B. v. 16.9.2014 – 13 LA 93/14 – juris Rn. 4 ff. m.w.N.; VGH BW, B. v. 23.4.2014 – A 3 S 269/14 – juris Rn. 6 m.w.N.).
Gemessen an diesen Grundsätzen ist im Fall des Klägers bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände, insbesondere dessen Einlassung beim Bundesamt und gegenüber dem Gericht in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen, dass die behauptete Hinwendung zum Christentum nicht auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruht, welche die religiöse Identität des Klägers prägte, vielmehr dass dieser asyltaktische Überlegungen zugrunde liegen. Im Einzelnen:
a) Dafür, dass der behaupteten Hinwendung zum Christentum lediglich asyltaktische Überlegung des Klägers zugrunde liegen, spricht massiv, dass es sich bei dem Vorbringen des Klägers, er habe sich bereits im Iran dem Christentum zugewandt, zur Überzeugung des Gerichts um eine gänzlich unglaubwürdige Schutzbehauptung handelt:
Zunächst ist festzuhalten, dass der Kläger entgegen der Behauptungen im Schriftsatz der früheren Bevollmächtigten vom 4. Januar 2017 nicht bereits im Jahr 2005 zum Christentum übergetreten war und er sich auch das Tattoo in Gestalt eines Kreuzes im Jahr 2005 nicht aufgrund eines christlich-religiösen Bekenntnisses hat stechen lassen. Vielmehr hatte der Kläger sowohl beim Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich bekundet, das Tattoo habe er sich ohne Hintergedanken stechen lassen, weil ihm das Muster gefallen habe bzw. er es so schön gefunden habe (SP S. 9, Bl. 57 BA). Auch hatte er sich noch zum Zeitpunkt des Vorkommnisses im Jahr 2006 nach eigener Einlassung noch nicht einmal für das Christentum interessiert gehabt, geschweige denn war er Christ gewesen (SP S. 9; Bl. 57 BA). Das unrichtige Vorbringen der früheren Bevollmächtigten ist indes nicht zu Lasten des Klägers zu werten.
Unglaubwürdig ist allerdings das eigene klägerische Vorbringen insoweit, als er behauptet, sein Interesse für das Christentum habe im Jahr 1385, also 2006/2007 begonnen, als er in die Hauskirche gegangen sei (SP S. 9). Bei diesen angeblichen Besuchen der Hauskirche handelt es sich zur Überzeugung des Gerichts um eine Schutzbehauptung: Erstmals in der mündlichen Verhandlung hatte der Kläger vorgebracht, er sei nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis im Jahr 2006 in … vier Monate lang in eine Hauskirche gegangen, er sei in der Hauskirche ein- und ausgegangen (SP S. 2 f., S. 4, S. 10). Diese angeblichen Hauskirchenbesuche hatte der Kläger indes beim Bundesamt mit keinem Wort erwähnt. Dies wäre zu erwarten gewesen, da sich der Kläger auch beim Bundesamt auf eine Konversion zum Christentum berufen hatte. Trotz zweifachen Vorhalts in der mündlichen Verhandlung (SP S. 4) konnte der Kläger keine Erklärung aufzeigen, die dieses gesteigerte Vorbringen von Hauskirchenbesuchen glaubwürdig erscheinen lassen könnte.
Ebenso unglaubwürdig ist auch das weitere Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, er sei in Maschhad in eine armenische Kirche gegangen. Diese Einlassung steht im Widerspruch zu dem klägerischen Vorbringen beim Bundesamt, in Maschhad habe es eine Kirche gegeben, er habe dort gefragt, ob es eine Kirche gibt, er habe auch mal hineingehen wollen, aber es sei zugeschlossen gewesen, sowie, er habe nach einer Kirche gesucht, aber die sei aber zu gewesen (Bl. 58 BA). Auf Vorhalt dieses Widerspruchs relativierte der Kläger dann seine Angaben in der mündlichen Verhandlung dahingehend, dass er in Maschhad nur einmal in die Kirche gegangen (allerdings steht selbst dies im Widerspruch zu den Angaben beim Bundesamt), das nächste Mal sei die Kirche geschlossen gewesen, er habe dann nicht mehr danach gesucht, als Christ müsse man ja nicht unbedingt in die Kirche gehen (SP S. 4). Im weiteren Verlauf der mündlichen Verhandlung meinte er dann sogar, in Maschhad sei keine Kirche gewesen (SP S. 10). Es ist mithin festzustellen, dass der Kläger widersprüchliche Angaben zu dem angeblichen Kirchenbesuch in Maschhad gemacht hat, ihm kann deshalb nicht geglaubt werden, er sei in Maschhad in eine armenische Kirche gegangen.
Der Kläger konnte auch nicht überzeugend darlegen, dass und warum man davon ausgehen können soll, sein christlicher Glaube sei im Iran ab 1392, also 2013 „sehr gestärkt“ gewesen (SP S. 9). Einen nachvollziehbaren Anlass oder Grund dafür, warum er 2013 zu einem gläubigen Christ geworden sein soll, etwa ein Ereignis, ein Erlebnis oder eine Erfahrung, konnte er nicht nennen. Aus seiner Aussage, seine Kenntnisse über Jesus Christus seien soweit gewesen seien, dass er, wenn ihn jemand über das Christentum gefragt hätte, hätte erklären können, warum er sich für das Christentum entschieden habe, wird nicht ansatzweise deutlich, dass und warum sich der Kläger für das Christentum im Sinne eines spezifisch religiösen Bekenntnisses und aufgrund einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung entschieden hätte.
Der Kläger konnte auch nicht glaubwürdig darlegen, dass und wie er sich im Iran über das Christentum informiert hatte: Seine Einlassung in der mündlichen Verhandlung, er sei vier Monate in … in eine Hauskirche gegangen, dort habe er viele Fragen gestellt (S. 9 f.) überzeugt schon deshalb nicht, weil dem Kläger wie bereits dargelegt nicht geglaubt werden kann, er habe in … eine Hauskirche besucht. Nicht glaubwürdig ist auch das klägerische Vorbringen beim Bundesamt (Bl. 57 BA) und – allerdings erst auf gerichtlichen Vorhalt – in der mündlichen Verhandlung (SP S. 10), ein armenischer Freund habe ihm im Iran viel über das Christentum erzählt. Gemessen an der klägerischen Einlassung ist schon nicht glaubwürdig, dass dieser angebliche armenische Freund tatsächlich existiert: So hatte der Kläger beim Bundesamt zunächst angegeben gehabt, dieser Freund habe … … geheißen (Bl. 57 BA). Zum Vorhalt des Bundesamts, dies sei kein christlicher, sondern ein muslimischer Name, konnte der Kläger zunächst nichts anführen (vgl. Bl. 57 BA). Erst als ihn das Bundesamt zum Ende der Anhörung nochmals Gelegenheit gab zu erklären, warum sein angeblicher christlicher Freund einen muslimischen Namen habe, meinte er, sein Freund habe im Iran eine muslimische Frau geheiratet, wegen des Rufs der Familie habe dieser seinen Namen geändert, zuvor habe er … geheißen, an den Familiennamen könne er sich nicht erinnern. Erst nach Beendigung der Anhörung beim Verabschieden erklärte er dann, der Freund habe mit Familiennamen zuvor … geheißen (zum Ganzen Bl. 61 BA). Im Ergebnis zu Recht hat das Bundesamt diese Einlassung im Bescheid vom 1. Dezember 2016 als lebensfremd und unglaubwürdig gewertet: Es ist schon ziemlich unwahrscheinlich, dass ein christlicher Iraner im Iran eine muslimische Frau heiratet und seinen christlichen in einen muslimischen Namen ändert. Nicht nachvollziehbar ist jedenfalls, warum der Kläger diesen angeblichen Namenswechsel beim ersten Vorhalt des Bundesamts noch nicht erwähnte, er diesen vielmehr erst zum Ende der Anhörung anführte, als das Bundesamt nochmals auf die Thematik zu sprechen kam. Ebenso wenig nachvollziehbar ist, warum der Kläger den ursprünglichen Familiennamen seines angeblich guten christlichen Freundes, der ihm viel über das Christentum erzählt haben soll und in dessen Bibel er gelesen haben will, zunächst nicht wusste. Vor allem auch hat der Kläger dann auf gerichtlichen Vorhalt in der mündlichen Verhandlung behauptet, der Name … … sei der Name eines Polizisten, der ihn verletzt habe, der mit Messern auf ihn eingestochen habe, da müsse ein Fehler passiert sein (SP S. 10). Diese Einlassung ist gänzlich unglaubwürdig: Zum einen hatte der Kläger zuvor weder beim Bundesamt noch in der mündlichen Verhandlung erwähnt gehabt, dass ihn jemals ein Polizist verletzt hatte und mit Messern auf ihn eingestochen hatte. Zum andern widerspricht diese Einlassung offensichtlich den klägerischen Angaben beim Bundesamt. Dort hatte er zunächst ausdrücklich bekundet, sein armenischer Freund, der ihm viel über das Christentum erzählt habe, habe … … geheißen. Im weiteren Verlauf hatte er dann auf Frage ausdrücklich davon gesprochen, dieser Freund habe diesen Namen wegen seiner muslimischen Frau angenommen, zuvor habe dieser Freund … geheißen. Wenig glaubwürdig ist ferner auch der Hinweis des Klägers in der mündlichen Verhandlung, seine Informationen beruhten auch darauf, dass er in der Bibel gelesen habe (SP S. 10): Gemäß seiner Einlassung beim Bundesamt hatte er im Iran die Bibel seines armenischen Freundes gelesen (Bl. 58 BA). Indes ist wie eben dargelegt schon nicht glaubwürdig, dass dieser angebliche armenisch-christliche Freund des Klägers tatsächlich existiert hat. Unglaubwürdig ist schließlich auch die Einlassung des Klägers in der mündlichen Verhandlung, sie hätten ein Projekt in der Schule gehabt und es sei ihnen alles über die Kirche und das Christentum erzählt worden (SP S. 10): Zum einen hat der Kläger dies – wie er selbst einräumt – beim Bundesamt nicht vorgetragen gehabt. Dies wäre indes zu erwarten gewesen, weil er beim Bundesamt ausdrücklich auch nach seinen Informationsquellen über das Christentum gefragt worden war (Bl. 57 BA). Zum andern erscheint es lebensfremd, dass im Iran in der Schule „alles über die Kirche und das Christentum erzählt“ wird, jedenfalls sicherlich nicht in einer Art und Weise, die Muslime zum Übertritt zum Christentum veranlassen könnte.
b) Zur Überzeugung des Gerichts kann auch nicht davon ausgegangen werden, der Kläger habe sich nach seiner Ankunft in Deutschland aufgrund einer inneren Glaubensüberzeugung, welche seine religiöse Identität prägte, dem Christentum zugewandt. Vielmehr ist das Gericht davon überzeugt, dass auch diesem Vorbringen asyltaktische Überlegungen zugrunde liegen.
Insbesondere hat der Kläger nicht deutlich machen können, dass seine Taufe am 29. Mai 2016 Ausdruck einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung war: Auffällig ist schon, dass der Kläger bei seiner Anhörung beim Bundesamt am 4. November 2016 nicht sagen konnte, wann diese Taufe stattfand (Bl. 60 BA). Wer tatsächlich aufgrund einer inneren Glaubensüberzeugung den christlichen Glauben annimmt, bei dem ist zu erwarten, dass er viel genauer weiß, wann das für ihn wichtige Fest der Taufe stattfand. Daran ändert nichts, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung das Datum seiner Taufe nunmehr nennen konnte (SP S. 11): Der Kläger wusste durch die Anhörung beim Bundesamt, dass das Datum der Taufe relevant werden könnte. Entscheidend bleibt der Umstand, dass der Kläger, als die Frage nach dem Taufdatum beim Bundesamt erstmals gestellt wurde, dieses nicht angeben konnte. Hinzu kommt, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung seinen (auch auf der Taufurkunde angegebenen) Taufspruch nicht wusste. Auch dies spricht dagegen, dass der Kläger die Taufe als Ausdruck seiner identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung empfunden hat. Der Kläger hat auch nicht deutlich machen können, dass seiner Hinwendung zum Christentum und der sich anschließenden Taufe Beweggründe zugrunde lagen, die als Ausdruck einer eigenen inneren Glaubensüberzeugung verstanden werden können: Zwar hat er in seiner Taufgemeinde, der Evangelisch-methodistischen Kirche …, die er seit dem 25. Januar 2016 (so die Angabe beim Bundesamt, Bl. 58 BA) bzw. seit Dezember 2015 (so die Angabe in der mündlichen Verhandlung, SP S. 11) besucht haben soll, an einem Taufkurs teilgenommen. Indes lässt sich den klägerischen Einlassungen in der mündlichen Verhandlung entnehmen, dass die Entscheidung, die Taufe auch tatsächlich zu vollziehen, letztendlich maßgeblich darauf beruhte, dass er „die Genehmigung für die Taufe bekommen“ hat (SP S. 11) bzw. dass ihm der Pastor gesagt hat, dass er für die Taufe reif sei (SP S. 12). Hingegen wird aus den Einlassungen des Klägers nicht hinreichend deutlich, dass die Taufe auf einer aktiven und eigenen Willensentscheidung des Klägers aufgrund einer substantiellen Glaubensüberzeugung beruhte. Die substanzlosen und phrasenhaften Einlassungen des Klägers, die Taufe sei für ihn der „erste Schritt im Christentum“, jeder müsse „unter Taufwasser von seinen Sünden befreit werden“, man müsse „wie ein Neugeborener leben“, es sei für ihn ein „ganz neues besonderes Gefühl“ gewesen, zuvor sei er ein „Sünder“ gewesen (SP S. 11 f.), können es schon im Ansatz nicht rechtfertigen anzunehmen, die klägerische Taufe habe auf einer eigenen identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung beruht.
Auch das Wissen des Klägers über die christliche Religion deutet nicht auf eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung hin. Die gerichtliche Frage nach zentralen Glaubensaussagen des Christentums konnte der Kläger nur mit inhaltsleeren, oberflächlichen und floskelhaften Wendungen beantworten: zuallererst komme der „Glaube an Gott“, man „beichtet seine Sünden“, man schenke anderen „Liebe“, man sehe alle „wie Brüder und Schwestern“, man verspüre keinen „Neid“, es gebe die „zehn Gebote“ (SP S. 12). Diese Antworten in der mündlichen Verhandlung, die immerhin ein Jahr nach der klägerischen Taufe stattfand, zeugen nicht von substantiellem Wissen des Klägers über zentrale Glaubensaussagen des Christentums. Dies gilt gerade auch im Vergleich zu anderen Asylbewerbern aus dem Iran, die sich ebenfalls auf eine Konversion zum Christentum berufen. Als ihm bekannte Bibelstelle zitierte der Kläger lediglich sinngemäß einige wenige Bruchstücke aus Psalm 23. Die Frage nach der persönlichen Bedeutung dieser Bibelstelle konnte der Kläger indes nicht ansatzweise beantworten. Vielmehr nannte er rudimentär eine ganz andere Bibelstelle, offenbar meinte er das Gleichnis vom verlorenen Schaf (zum Ganzen SP S. 13). Offensichtlich verfügt der Kläger nur über sehr oberflächliches Bibelwissen.
Auch aus den Angaben des Klägers zu seiner Glaubensbetätigung lassen sich keine durchgreifenden Anhaltspunkte für eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung ableiten. Zwar nimmt der Kläger nach seinen Angaben (SP S. 10 f.) regelmäßig an Gottesdiensten und einem Gebetskreis in der Evangelisch-methodistischen Kirche … teil (so auch die Bestätigung des dortigen Pastors K. F. vom 24. September 2016, Bl. 48 BA). Dies allein reicht aber nicht aus, weil derartigen Verhaltensweisen auch rein asyltaktische Überlegungen zu Grunde liegen können. Gegen eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung spricht, dass der Kläger in der mündlichen Verhandlung die Fragen nach der Betätigung seines christlichen Glaubens im privaten Alltag nur oberflächlich und phrasenhaft dahingehend beantworten konnte, er sehe „alle Menschen wie Brüder und Schwestern“, das Beten bringe ihm „inneren Frieden“. Derart substanzlose und floskelhafte Wendungen können es nicht rechtfertigen, von einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung des Klägers auszugehen.
Ferner hat der Kläger auch nicht deutlich machen können, dass und warum er im Falle seiner Rückkehr nach Iran dort offen als Christ leben will: Diesbezüglich hat er in der mündlichen Verhandlung auf Frage des Gerichts angegeben, (nur) wenn man ihm im Iran keine Probleme mache, dann würde er dort die frohe Botschaft weitergeben (SP S. 14). Auch diese Einlassung lässt nicht erkennen, dass der Kläger den christlichen Glauben aufgrund einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung derart verinnerlicht hätte und für sich verbindlich ansehen würde, dass er diesen auch bei drohender Verfolgung im Iran offen leben wollte.
Eine identitätsprägende innere Glaubensüberzeugung des Klägers lässt sich schließlich auch nicht allein aus der vorgelegten Bestätigung des Pastors K. F. von der Evangelisch-methodistischen Kirche … vom 24. September 2016 ableiten: Das Gericht ist an die Beurteilung eines kirchlichen Amtsträgers nicht gebunden, vielmehr hat es sich wie geschehen eine eigene Überzeugung zu bilden. Zudem kann die vorgelegte Bestätigung schon deshalb keine tragfähige Grundlage für die Annahme einer identitätsprägenden inneren Glaubensüberzeugung sein, weil diese gerichtsbekanntermaßen in wesentlichen Teilen den gleichen Wortlaut hat wie viele andere von diesem Pastor für andere iranische Asylsuchende ausgestellte Bestätigungen, worauf das Gericht in der mündlichen Verhandlung auch hingewiesen hatte (SP S. 14).
Nach alldem ist bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen, dass die behauptete Hinwendung zum Christentum im Fall des Klägers nicht auf einer inneren Glaubensüberzeugung beruht, welche dessen religiöse Identität prägte, vielmehr dass dieser Behauptung Opportunitätserwägungen und asyltaktische Überlegungen zu Grunde liegen
4. Schließlich rechtfertigt auch der Umstand, dass sich auf dem Rücken des Klägers ein Tattoo in Gestalt eines Kreuzes befindet, weder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG), noch die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 4 AsylG), noch die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Wie bereits mehrfach ausgeführt hatte sich der Kläger dieses Tattoo nach eigenem Bekunden im Jahr 2005 nicht etwa aufgrund eines christlich-religiösen Bekenntnisses stechen lassen, sondern ohne Hintergedanken, weil ihm das Muster gefallen hat bzw. er es so schön fand (SP S. 9, Bl. 57 BA). Zwar kann sich ein asylrelevanter Verfolgungsgrund grundsätzlich auch daraus ergeben, dass ein tatsächlich nicht bestehendes religiöses Merkmal vom Verfolger zugeschrieben wird (vgl. § 3 b Abs. 2 AsylG). Indes steht vorliegend zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger im Falle seiner Rückkehr in den Iran auch keine asylrelevante und asylerhebliche Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung durch den iranischen Staat wegen eines ihm lediglich zugeschriebenen Merkmals befürchten müsste:
Der Kläger trägt das Tattoo in Gestalt eines Kreuzes nach eigenem Bekunden bereits seit 2005, der iranische Staat hat gemessen am klägerischen Vorbringen seit 2006 auch Kenntnis von diesem Tattoo (darüber hinaus dürfte es dem Kläger während seines Wehrdienstes 2009 kaum gelungen sein, das Tattoo gänzlich vor anderen Personen zu verbergen). Dennoch ist es in dem sehr langen Zeitraum bis zur Ausreise des Klägers aus dem Iran im November 2015 zu keiner asylrelevanten und asylerheblichen Verfolgung, Bedrohung und Gefährdung gekommen; die vom Kläger vorgebrachte Vorverfolgung im Iran ist unglaubwürdig (siehe oben 1.). Wären die iranischen Sicherheitsbehörden wegen des von ihnen bereits 2006 festgestellten klägerischen Tattoos davon ausgegangen, diesem liege ein christlich-religiöses Bekenntnis zu Grunde, der Kläger sei mithin Apostat, dann wäre der Kläger angesichts der Schwere dieses Vorwurfs und der Strafandrohung bis hin zur Todesstrafe in der langen Zeit bis zur Ausreise im November 2015 sicherlich erheblichen Strafverfolgungsmaßnahmen ausgesetzt gewesen. Zudem hätte der Kläger sicherlich nicht als Lehrer an einer Schule tätig werden können. An dieser Einschätzung änderte sich selbst dann nichts, wenn man das das klägerische Vorbringen einer Inhaftierung im Jahr 2006 als wahr unterstellen wollte: Hätten die iranischen Sicherheitsbehörden den Kläger aufgrund des ihnen damals schon bekannten Kreuz-Tattoos als Apostaten betrachtet, dann wäre der Kläger sicherlich nicht bereits nach zwei Wochen ohne weiteres wieder freigelassen worden. Von etwaigen Auflagen oder einem sich anschließenden Strafverfahren berichtet der Kläger nicht. Angesichts dieses Ergebnisses kommt es nicht mehr darauf an, ob es nicht ohnehin ein Obliegenheit des Klägers wäre, der sich zur Überzeugung des Gerichts nicht aus innerer Glaubensüberzeugung, sondern nur aus asyltaktischen Gründen dem Christentum zugewandt hat (siehe oben 3.), zur Vermeidung einer fälschlichen Zuschreibung durch den iranischen Staat das Kreuz-Tattoo z.B. mittels einer Laserbehandlung wieder entfernen zu lassen.
Der Beweisanregung der früheren Bevollmächtigten im Schreiben vom 29. März 2017 war nicht nachzugehen: Der Kläger muss im Falle des Erkennens des Kreuzes nicht mit der Todesstrafe rechnen. Dies wird hinreichend durch den Umstand belegt, dass die iranischen Sicherheitsbehörden gemessen am klägerischen Vorbringen bereits 2006 von dem Tattoo in Gestalt eines Kreuzes Kenntnis hatten, ohne dass der Kläger zum Tode verurteilt worden wäre.
Nach alldem war die gemäß § 83 b AsylG gerichtskostenfreie Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.