Verwaltungsrecht

Geeignetheit einer Pflegeperson

Aktenzeichen  RO 4 K 15.1594

Datum:
12.4.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SGB VIII SGB VIII § 27 Abs. 3, § 33, § 41

 

Leitsatz

Bei der Entscheidung über die Notwendigkeit und Geeignetheit der Hilfe handelt es sich um das Ergebnis eines kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses unter Mitwirkung mehrerer Fachkräfte, welches nicht den Anspruch objektiver Richtigkeit erhebt, jedoch eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation enthält, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss. Daraus folgt, dass die verwaltungsgerichtliche Überprüfung sich darauf zu beschränken hat, ob allgemein gültige fachliche Maßstäbe beachtet wurden, ob keine sachfremden Erwägungen eingeflossen und die Adressaten in umfassender Weise beteiligt worden sind. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung der von ihm beantragten Jugendhilfeleistung (§ 113 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)).
Rechtsgrundlage für die von dem Kläger geltend gemachte Hilfe für junge Volljährige in Form von Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung durch die Unterbringung in Vollzeitpflege ist § 41 des Achten Sozialgesetzbuches i. V. m. § 27 Abs. 3 und § 33 SGB VIII. Nach § 41 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII soll einem jungen Volljährigen Hilfe für die Persönlichkeitsentwicklung und zu einer eigenverantwortlichen Lebensführung gewährt werden, wenn und solange die Hilfe aufgrund der individuellen Situation des jungen Menschen erforderlich ist.
Nach § 33 Satz 1 SGB VIII soll Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Die Geeignetheit der Hilfe ist dabei nicht nur allgemein, sondern auch im Hinblick auf die konkrete Form der Hilfe zur Erziehung zu überprüfen. Bei der Vollzeitpflege ist dabei auch auf die Eignung der Pflegeperson abzustellen. Zur Eignungsprüfung gehört dabei auch, dass die Pflegeperson eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung gewährleisten kann und sich auf die Kooperation mit dem Jugendamt einlässt.
Bei der Entscheidung über die Notwendigkeit und Geeignetheit der Hilfe handelt es sich um das Ergebnis eines kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses unter Mitwirkung mehrerer Fachkräfte, welches nicht den Anspruch objektiver Richtigkeit erhebt, jedoch eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation enthält, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss. Daraus folgt, dass die verwaltungsgerichtliche Überprüfung sich darauf zu beschränken hat, ob allgemein gültige fachliche Maßstäbe beachtet wurden, ob keine sachfremden Erwägungen eingeflossen und die Adressaten in umfassender Weise beteiligt worden sind (BayVGH, Beschluss vom 16.10.2013, Az.: 12 C 13.1599). Dies zugrunde legend finden sich keine Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte den ihr zustehenden Beurteilungsspielraum bei der Beurteilung der Eignung der Pflegeperson nicht ordnungsgemäß ausgeübt hätte.
Das Gericht hat insbesondere keinen Anlass dazu, an den Angaben des Landratsamtes A. gegenüber der Beklagten zur Eignung von Frau Z. als Pflegeperson zu zweifeln. Diese Angaben wurden von der Beklagten bei ihrer Entscheidung zugrunde gelegt und rechtfertigen die von ihr getroffene Einschätzung. Soweit der Kläger in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hat, dass das Jugendamt der Stadt N. am 6.11.2015 im Rahmen einer Inobhutnahme einen unbegleiteten Minderjährigen bei Frau Z. untergebracht und insoweit auch ein Schreiben der Stadt N. vorgelegt hat, führt dies nicht dazu, dass die von der Beklagten im Rahmen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums getroffene Entscheidung zur Eignung von Frau Z. seitens des Gerichts zu beanstanden wäre. Die Einschätzung der Beklagten ist aufgrund der ihr vorliegenden Erkenntnisse, die auch durch die bei der vorgelegten Behördenakte befindlichen Schreiben des Landkreises A. vom 9.1.2015 und 26.5.2015 bestätigt werden, nachvollziehbar. Eine Überschreitung des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums ist nicht erkennbar. Hinzuweisen ist darauf, dass jeder Jugendhilfeträger die Eignung einer Pflegeperson in eigener Zuständigkeit zu überprüfen hat und ihm dabei ein Beurteilungsspielraum zusteht. Dies kann zu abweichenden Entscheidungen hinsichtlich der Eignung einer Pflegeperson bei unterschiedlichen Jugendhilfeträgern führen. Es war daher nicht näher aufzuklären, warum das Jugendamt der Stadt N. hinsichtlich Frau Z. zu einer anderen Einschätzung gelangt als die Beklagte. Insbesondere war nicht zu ermitteln, ob dem Jugendamt der Stadt N. bei der von ihm getroffenen Entscheidung die gleichen Erkenntnisse über Frau Z. vorlagen, wie der Beklagten.
Im Hinblick darauf, dass die Beklagte bereits die Eignung der Pflegeperson verneint und die beantragte Jugendhilfemaßnahme aus diesem Grunde abgelehnt hat, konnte offenbleiben, ob die streitgegenständliche Jugendhilfemaßnahme hier überhaupt notwendig war. Anzumerken ist hierzu allerdings, dass für das Gericht aufgrund der Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung dazu, welche Hilfestellungen Frau Z. für ihn erbringt, nicht ersichtlich ist, dass es sich hierbei um jugendhilferechtlich relevante Tätigkeiten handeln würde. Vielmehr handelt es sich um Unterstützungen bei der Bewältigung des Lebensalltags (Fahrdienste, Zurverfügungstellung von Wohnraum, Unterstützung bei Terminabsprachen und Ämtergängen). Erzieherische Tätigkeiten zur Unterstützung der Persönlichkeitsentwicklung des Klägers sind für das Gericht nicht ersichtlich. Auch drängte es sich für das Gericht nach dem klägerischen Vortrag in der mündlichen Verhandlung auf, dass das Ziel der Klage vorrangig die Auszahlung von Pflegegeld, nicht die Gewährung von pädagogischer Unterstützung war.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.
Der Ausspruch über die sofortige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.


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