Verwaltungsrecht

Geltendmachung von Bezügen und Rechtsanwaltskosten

Aktenzeichen  AN 1 K 19.01018

Datum:
29.10.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 36474
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtStG § 63 Abs. 3 S. 2
BRRG § 126, § 135 S. 2
KVGG § 11
WRV Art. 137 Abs. 3 S. 2
BGB § 291
VwGO § 40, § 124a
GVG § 17a Abs. 2
PfDG § 71 Abs. 2 S.2, § 77

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage ist unzulässig.
Der Rechtsweg zu den staatlichen Verwaltungsgerichten (Art. 19 Abs. 4 GG, § 40 VwGO) ist nicht eröffnet. Da auch kein Rechtsweg zu einer anderen staatlichen Gerichtsbarkeit gegeben ist, kommt eine Verweisung der Verwaltungsstreitsache nach § 17a Abs. 2 GVG nicht in Betracht. Die Klage ist daher als unzulässig abzuweisen (vgl. BayVGH, B. v. 23.3.1998 – 3 C 97.2767 – juris Rn. 11).
Der Rechtsweg zu den staatlichen Gerichten ist nicht eröffnet, da es an einer Streitigkeit nach staatlich justiziablem Recht fehlt.
Um über den in erster Linie auf einen Zahlungsanspruch gerichteten Klageantrag entscheiden zu können, ist zunächst zwingend darüber zu befinden, ob die Klägerin unter gleichzeitiger Erhöhung ihres Teildienstes abgeordnet wurde bzw. zumindest einen Anspruch hierauf gehabt hat. Damit begehrt die Klägerin die Entscheidung über eine ihren Status betreffende Frage. Derartige Statusfragen sollen indes auch dann nicht in die Kompetenz der staatlichen Gerichte fallen, wenn sie nur als Vorfrage bei einer (aufgrund § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG, § 135 Satz 2 BRRG i.V.m. § 126 BRRG, § 11 KVGG) den staatlichen Verwaltungsgerichten zugewiesenen vermögensrechtlichen Streitigkeit von Bedeutung sind (BVerfG, B.v. 18.9.1998 – 2 BvR 69/93 – juris Rn. 13; BVerfG, B.v. 18.9.1998 – 2 BvR 1476/94 – juris Rn. 30; BVerwG, U.v. 30.10.2002 – 2 C 23/01 – juris Rn. 8 ff.; BVerwG, U.v. 28.4.1994 – 2 C 23/92 – juris Rn. 11). Es handelt sich um rein innerkirchliche Angelegenheiten, über die infolge des den Kirchen verfassungsgemäß gewährleisteten Selbstverwaltungsrechts (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Satz 2 WRV) die staatlichen Gerichte nicht zu entscheiden haben.
Die Klägerin verfolgt mit ihrer Klage das Ziel, finanziell so gestellt zu werden, als ob sie für den Zeitraum 1. März 2018 bis 31. August 2018 – sei es als Zahlung weiterer Bezüge anlässlich einer Abordnung oder als Schadensersatz – die Kirchengemeinde … im Umfang einer halben Stelle mitbetreut habe. Zur Begründung des geltend gemachten Anspruchs beruft sich die Klägerin im Wesentlichen darauf, dass sich ein Anspruch auf Abordnung im Umfang einer halben Stelle unmittelbar aus Ziffer 12. der Vereinbarung 2012 ergebe.
Die Frage, ob sich ein solcher Anspruch tatsächlich unmittelbar aus der Vereinbarung 2012 als öffentlich-rechtlichen Vertrag gem. §§ 48 ff. VVZ-EKD ergibt oder, wie die Beklagte meint, hierfür ein gesonderter Bescheid nach §§ 71 Abs. 2 Satz 2, 77 PfDG.EKD, mit dem eine Abordnung und Änderung des von der Klägerin zum damaligen Zeitpunkt geleisteten Teildienstes auf einen Antrag der Klägerin hin erlassen hätte werden müssen, ist eine inzident zu prüfende Vorfrage. Die kirchengesetzliche Zuweisung vermögensrechtlicher Streitigkeiten aus einem kirchlichen Dienstverhältnis an die staatlichen Verwaltungsgerichte durch § 11 KVGG umfasst aber nicht die Zuweisung der Befugnis, den Rechtsstandpunkt der Kirche hinsichtlich des Bestehens bzw. der Veränderung oder Beendigung eines kirchlichen Dienstverhältnisses zu korrigieren, auch nicht durch die Prüfung und Entscheidung als statusrechtliche Vorfrage (BVerwG, U.v. 28.4.1994 – 2 C 23/92 – juris Rn. 12). Soweit also der dienstrechtliche Status eines Geistlichen oder Kirchenbeamten als (Vor-) Frage für dessen vermögensrechtliche Ansprüche aus seinem kirchlichen Dienstverhältnis in Streit steht, ist diese allein durch das kirchliche Verwaltungsgericht zu beurteilen (BayVGH, B.v. 7.8.2017 – 3 ZB 14.536 – juris Rn. 9).
Die Klägerin hätte sich hierbei einer Feststellungsklage nach § 9 Abs. 1 lit. c), Abs. 3 KVGG bedienen können und müssen. Wenn und soweit die Kirchen die Möglichkeit geschaffen haben, Rechtsstreitigkeiten von einem kirchlichen Gericht beurteilen zu lassen, und somit die Gelegenheit besteht, die Streitigkeit im Einklang mit dem kirchlichen Selbstverständnis beizulegen, gebietet die verfassungsrechtlich geschuldete Rücksichtnahme gegenüber diesem Selbstverständnis den staatlichen Gerichten, über Fragen des kirchlichen Amtsrechts nach Maßgabe der allgemeinen Gesetze und in Erfüllung des Justizgewährungsanspruchs jedenfalls nicht vor Erschöpfung des insoweit gegebenen kirchlichen Rechtswegs zu entscheiden (BVerfG, B.v. 18.9.1998 – 2 BvR 1476/94 – juris Rn. 30).
Deshalb handelt es sich vorliegend nicht um eine reine vermögensrechtliche Besoldungsstreitigkeit, in der ausschließlich das Statusfolgenrecht in Streit stünde, sondern um eine „verkappte Statusklage“, weil der zeitliche Umfang des der Klägerin übertragenen Dienstes als statusrechtliche Vorfrage für die Höhe der Besoldung und für eine Nachzahlung in entsprechender Höhe in Streit steht, worüber zunächst die Kirchengerichte zu entscheiden haben (BayVGH, B.v. 7.8.2017 – 3 ZB 14.536 – juris Rn. 21 f.).
Aus Sicht der Kammer ist vorliegend eine vorhergehende Klärung durch das Verwaltungsgerichts der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern unabhängig von der Frage herbeizuführen, ob unmittelbar ein Anspruch aus der Vereinbarung 2012 oder, wie von dem anwaltlichen Bevollmächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 29. Oktober 2020 klargestellt, ein Schadensersatzanspruch aufgrund unterbliebener Abordnung geltend gemacht wird, da auch im Rahmen eines Schadenersatzanspruchs im Hinblick auf eine mögliche Pflichtverletzung zu prüfen wäre, ob die Klägerin in einem Umfang von einer halben Stelle abgeordnet wurde bzw. sie einen Anspruch hierauf hatte. Eventuell sind hierbei auch die von der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Schreiben vom 8. Januar 2018 durch das kirchliche Verwaltungsgericht rechtlich zu würdigen.
Vor diesem Hintergrund ist auch über den unter Ziffer 2. gestellten Klageantrag (außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren) nicht durch das staatliche Verwaltungsgericht zu entscheiden, da auch dieser Annexantrag das Schicksal des Hauptantrages teilt.
Nach alledem war die Klage mit den Nebenentscheidungen aus §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO sowie § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO abzuweisen.
Gründe, die Berufung nach § 124a VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.


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