Verwaltungsrecht

Genehmigung einer sechsstufigen Wirtschaftsschule

Aktenzeichen  M 3 K 18.3894

Datum:
22.10.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 55822
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayEUG Art. 92, Art. 99 Abs. 1
GG Art. 7 Abs. 4
BayEUG Art. 6 Abs. 1
BayEUG Art. 14

 

Leitsatz

1. Der Genehmigungsvorbehalt des Staates gilt für Privatschulen, die als Ersatz für öffentliche Schulen vorgesehen sind.  (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Schule in freier Trägerschaft kann nur dann „Ersatzschule“ sein, wenn sie in der Lage ist, diese zu „ersetzen“. Dies bedingt,   dass ein Mindestmaß an Verträglichkeit mit vorhandenen Schulstrukturen einschließlich der damit verfolgten pädagogischen Ziele zu beachten ist (so BVerwG, U.v. 18.12.1996 – – 6 C 6/95 – NVwZ-RR 1997, 541).  (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die sechsstufige Wirtschaftsschule, für welche die Klägerin die Genehmigung begehrt, fügt sich in die gesetzgeberische Gesamtkonzeption nicht ein. Das bayerische Schulwesen gliedert sich nach Landesschulrecht in die Schularten allgemein bildende Schulen, berufliche Schulen, Förderschulen sowie Schulen für Kranke (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 13.12.2000 – 6 C 5/00 – BayVBl 2001, 474 – Rn 16). Sie ist vielmehr eine „Mischform“ zwischen den Schularten „allgemein bildende Schulen“ und „beruflichen Schulen“. Für den gesetzlich nicht vorgesehen Schuldtyp kann es keinen privaten Ersatz geben.  (Rn. 41 – 47) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. 
IV. Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 31. Juli 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Klägerin hat keinen Anspruch auf eine Genehmigung einer 5. Jahrgangsstufe an ihrer als Ersatzschule geführten Wirtschaftsschule in T. (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Die Einrichtung einer 5. Jahrgangsstufe an der als Ersatzschule genehmigten Wirtschaftsschule der Klägerin ist eine wesentliche Änderung, die gemäß Art. 99 Abs. 1 i.V.m. Art. 92 Satz 1 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen – BayEUG – i.d.F der Bek. vom 31. Mai 2000 (GVBl S. 414, 632) der Genehmigung bedarf.
Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet das Recht zur Errichtung von privaten Schulen (Satz 1), stellt jedoch private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen unter den Genehmigungsvorbehalt des Staates und unterstellt sie den Landesgesetzen (Art. 7 Abs. 4 Satz 2 GG). Demzufolge bestimmt auch Art. 92 Abs. 1 Satz 1 BayEUG, dass Ersatzschulen nur mit staatlicher Genehmigung errichtet und betrieben werden dürfen.
Ersatzschulen im Sinne von Art. 7 Abs. 4 GG, Art. 91 Abs. 1 BayEUG, sind Privatschulen, die nach dem mit ihrer Errichtung verfolgten Gesamtzweck als Ersatz für eine in dem Land vorhandene oder grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schule dienen sollen (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2000 – 6 C 5/00 – BayVBl 2001, 474). Die Beantwortung der Frage, welche Schule Ersatzschule ist, hängt somit insofern vom Landesrecht ab, als dieses bestimmt, welche öffentlichen Schulen es gibt, denen eine Privatschule entsprechen kann (BVerwG, U.v. 18.12.1996 – 6 C 6/95 – NVwZ-RR 1997, 541):
Unstreitig ist eine sechsstufige Wirtschaftsschule, wie sie die Klägerin im vorliegenden Verfahren beansprucht, weder eine im Landesrecht vorhandene, noch grundsätzlich vorgesehene öffentliche Schule. Denn nach der weiterhin aktuellen gesetzlichen Vorgabe in Art. 14 Abs. 2 Satz 1 BayEUG ist die Wirtschaftsschule eine Berufsfachschule, die gemäß Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BayEUG in der zweistufigen Form (die Jahrgangsstufen 10 und 11 umfassend) aufbaut auf dem qualifizierenden Abschluss der Mittelschule, in dreistufiger Form aufbaut auf der Jahrgangsstufe 7, in vierstufiger Form aufbaut auf der Jahrgangsstufe 6 der Mittelschule.
Zwar ist im Hinblick auf die Verwirklichung des Grundrechts auf Privatschulfreiheit nach der obergerichtlichen Rechtsprechung – insbesondere im Bereich der weiterführenden Schulen – keine strenge Akzessorietät zu den landesrechtlich vorhandenen oder grundsätzlich vorgesehenen Schulformen zu fordern; jedoch kann eine Schule in freier Trägerschaft schon im wörtliche Sinn nur dann „Ersatzschule“ sein, wenn sie in der Lage ist, diese zu „ersetzen“, sodass ein Mindestmaß an Verträglichkeit mit vorhandenen Schulstrukturen einschließlich der damit verfolgten pädagogischen Ziele zu beachten ist (so BVerwG, U.v. 18.12.1996 – a.a.O.). Dies dann der Fall, wenn die spezifischen pädagogischen Ziele, die mit der landesrechtlichen Ausgestaltung als „Gesamtzweck“ verfolgt werden, in der vorgesehenen Privatschule erfüllt werden können, ohne zugleich diejenigen der öffentlichen Schulen zu beeinträchtigen (BVerwG a.a.O. Rn 40). Ob eine Privatschule hinsichtlich des mit ihrer Errichtung verfolgten Gesamtzwecks einer im Lande, wenn nicht vorhandenen, so doch grundsätzlich vorgesehenen öffentlichen Schule entspricht, kann daher nur unter Würdigung der grundlegenden pädagogischen Gesamtkonzeption entschieden werden, die hinter der Struktur des öffentlichen Schulwesens im Lande steht (BVerwG a.a.O. Rn 40). Selbst wenn festgestellt wird, dass die grundlegenden pädagogischen Ziele, die mit einem pädagogischen Konzept eines Landes verfolgt werden, auch im Rahmen der Gesamtkonzeption der Privatschule zu erfüllen sind, darf durch das private Vorhaben nicht etwa die Verwirklichung der pädagogischen Ziele, die der Gesamtkonzeption der öffentlichen Schulen innewohnt, beeinträchtigt werden (BVerfG, a.a.O., Rn. 40 a.E.).
Nach bayerischem Landesschulrecht (Art. 6 Abs. 1 BayEUG) gliedert sich das Schulwesen in allgemein bildende und berufliche Schularten (Satz 1), diese haben im Rahmen des gemeinsamen Bildungs- und Erziehungsauftrags ihre eigenständige, gleichwertige Aufgabe (Satz 2). Die Schulen der jeweiligen Schulart werden in Art. 6 Abs. 2 BayEUG aufgezählt; für diese Schulen sind in Art. 7 ff BayEUG Bestimmungen getroffen, die „typenprägend“ sind (so BVerwG, U.v. 13.12.2000 a.a.O. Rn 16).
Nach aktueller gesetzlicher Vorgabe in Art. 14 Abs. 2 BayEUG ist die Wirtschaftsschule eine Berufsfachschule. Gemäß Art. 14 Abs. 1 BayEUG vermittelt sie eine allgemeine Bildung und eine berufliche Grundbildung im Berufsfeld Wirtschaft und Verwaltung und bereitet auf eine entsprechende berufliche Tätigkeit vor. Diese Vorgabe steht in Übereinstimmung mit derjenigen des Art. 13 BayEUG für die Berufsfachschule allgemein; danach ist eine Berufsfachschule eine Schule, die ohne eine Berufsausbildung vorauszusetzen, der Vorbereitung auf eine Berufstätigkeit oder der Berufsausbildung dient und die Allgemeinbildung fördert. Nach dem Willen des Landesgesetzgebers stehen somit bei der Wirtschaftsschule die Ziele der Vermittlung (Art. 14 Abs. 1 BayEUG) bzw. bei der Berufsfachschule der Förderung (Art. 13 Satz 1 BayEUG) der Allgemeinbildung gleichrangig neben der Berufsausbildung bzw. der beruflichen Grundbildung.
Diese beiden nach der Vorgabe des Landesgesetzgebers mit einer Berufsfachschule – und somit auch der Wirtschaftsschule – verfolgten Bildungsziele stimmen überein mit der Rahmenvereinbarung über die Berufsfachschulen (Beschluss der KMK vom 17.10.2013 i.d.F. vom 22.3.2019); danach haben Berufsfachschulen das Ziel, Grundlagen für den Erwerb beruflicher Handlungsfähigkeit zu vermitteln und zu vertiefen, berufliche Grundqualifikationen für einen oder mehrere anerkannte Ausbildungsberufe zu vermitteln oder zu einem Berufsausbildungsabschluss in einem Beruf zu führen; sie erweitern die vorher erworbene allgemeine Bildung und können einen darüber hinausgehenden Schulabschluss vermitteln (Ziffer 1.1. „Aufgabe und Ziel der Berufsfachschulen“ der Rahmenvereinbarung, Ziffer 1.1.1 Satz 1).
Während für die Berufsschule in Art. 11 BayEUG und für die Berufsfachschule in Art. 13 BayEUG nur Vorgaben für die Dauer des jeweiligen Ausbildungsgangs gemacht werden, enthält Art. 14 Abs. 2 Satz 2 BayEUG spezielle Angaben, in welcher Jahrgangsstufe die Ausbildung an der Wirtschaftsschule beginnt. Nach dieser gesetzgeberischen Vorgabe nimmt die bayerische Wirtschaftsschule insoweit eine Sonderstellung innerhalb der Berufsfachschulen ein, als sie lediglich in ihrer zweistufiger Form auf dem qualifizierenden Mittelschulabschluss aufbaut, jedoch in ihrer von Art. 14 Abs. 2 BayEUG vorgesehenen dreistufigen Form die Jahrgangsstufen 8 bis 10 und in ihrer vierstufigen Form sogar die Jahrgangsstufen 7 bis 10 umfasst. Demzufolge nimmt auch die Rahmenvereinbarung gemäß Beschluss der KMK für die Berufsfachschulen von den dort grundsätzlich vorgesehenen Regelungen des Aufbaus auf dem Hauptschulabschluss (Ziffer 1.1.2) oder der Dauer der beschriebenen Bildungsgänge der Berufsfachschulen von ein oder zwei Jahren (Ziffer 2.1.2) die drei- und vierstufige Wirtschaftsschule in Bayern jeweils aus (vgl. FN 3, FN 5).
Jedoch kann das Gericht nicht erkennen, dass die Wirtschaftsschule nach der Vereinbarung über die Schularten und Bildungsgänge im Sekundarbereich I (Beschluss der KMK vom 3. Dezember 1993 i.d.F. vom 25. September 2014) diesem Sekundarbereich I (der die Jahrgangsstufen 5/7 bis 9/10 umfasst) zugeordnet würde. Nach Ziffer 2. dieser Vereinbarung ist die Struktur des Schulwesens im Sekundarbereich I in den Ländern dadurch gekennzeichnet, dass nach der gemeinsamen – grundsätzlich vierjährigen – Grundschule die weiteren Bildungsgänge mit ihren Abschlüssen und Berechtigungen in unterschiedlichen Schularten organisiert sind, und zwar als
– Hauptschule
– Realschule
– Gymnasium
– Gesamtschule.
Im Text werden dann bestehende landesrechtliche Besonderheiten aufgelistet, etwa für Baden-Württemberg die „Werkrealschule“, für Bayern die „Mittelschule“ (bei der es sich nach der FN 5 um eine Fortentwicklung der Hauptschule handelt) und die „Wirtschaftsschule“, bei der es sich nach der FN 6 handelt „um eine Berufsfachschule, für die die Rahmenvereinbarung über die Berufsfachschulen gilt, die von der KMK am 28.02.1997 beschlossen wurde“. Auch insoweit ist also mit der bloßen Erwähnung der Wirtschaftsschule im Sinne einer vollständigen Bestandsaufnahme, da sie mit ihren Jahrgangsstufen 7 bis 10 in den Sekundarbereich I hineinragt, eine Zuordnung zum Sekundarbereich I gerade nicht erfolgt, wie sich aus dem ausdrücklichen Hinweise in der FN 6, dass die Wirtschaftsschule als Berufsfachschule der Rahmenvereinbarung über die Berufsfachschulen unterfalle, ergibt.
Die von der Klägerin verfolgte sechsstufige Wirtschaftsschule fügt sich in die gesetzgeberische Gesamtkonzeption des Art. 6 Abs. 1 BayEUG, wonach sich das bayerische Schulwesen nach Landesschulrecht in die Schularten allgemein bildende Schulen, berufliche Schulen, Förderschulen sowie Schulen für Kranke gliedert (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 13.12.2000 – 6 C 5/00 – BayVBl 2001, 474 – Rn 16), nicht ein.
Für die in Art. 6 Abs. 2 Nr. 1 BayEUG unter der Schulart „Allgemein bildende Schulen“ enumerativ aufgezählten Schulen trifft der Gesetzgeber eine detaillierte Beschreibung ihrer „typenprägenden Merkmale“ in seinem Abschnitt II, Buchst. a) in den Art. 7 ff BayEUG (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2000 – a.a.O. Rn 16). „Typenprägende“ Merkmale einer Schule der Schulart „Allgemein bildende Schulen“, die nicht Schulen des Zweiten Bildungswegs sind – eine solche ist auch die Wirtschaftsschule nicht – sind danach zum einen der Aufbau auf der Jahrgangsstufe 4 der Grundschule, zum anderen die Vermittlung von Allgemeinbildung, ohne dass daneben auch eine berufliche Grundbildung vermittelt werden soll.
Gemäß Art. 7 Abs. 1 Satz 2 BayEUG vermittelt die Grundschule eine grundlegende Bildung und schafft dadurch die Voraussetzungen für jede weitere schulische Bildung; gemäß Art. 7 Abs. 2 Satz 1 BayEUG umfasst sie die Jahrgangsstufen 1 bis 4.
Gemäß Art. 7a Abs. 1 BayEUG vermittelt die Mittelschule eine grundlegende Allgemeinbildung, bietet Hilfe zur Berufsfindung, gemäß Abs. 2 Satz 1 BayEUG baut sie auf der Grundschule auf und umfasst die Jahrgangsstufen 5 bis 9, unter den dort genannten Voraussetzungen auch die Jahrgangsstufe 10.
Gemäß Art. 8 Abs. 1 Satz 1 BayEUG vermittelt die Realschule eine breite allgemeine und berufsvorbereitende Bildung, gemäß Abs. 2 Satz 2 BayEUG baut sie auf der Grundschule auf und umfasst gemäß Abs. 2 Satz 2 die Jahrgangsstufen 5 bis 10.
Gemäß Art. 9 Abs. 1 BayEUG vermittelte das Gymnasium die vertiefte allgemeine Bildung, die für ein Hochschulstudium vorausgesetzt wird; gemäß Abs. 2 Satz 2 baut das Gymnasium auf der Grundschule auf und umfasst gemäß Abs. 2 Satz 1 die Jahrgangsstufen 5 bis 13.
Eine Wirtschaftsschule, die bereits mit der Jahrgangsstufe 5 beginnt, baut damit zwangsläufig auf der Grundschule auf. Der Aufbau auf der Grundschule ist jedoch gerade ein typenprägendes Merkmal einer „allgemein bildenden Schule“, wie sie in Art. 6 Abs. 1, Art. 7 ff BayEUG beschrieben ist. Die Klägerin beabsichtigt jedoch die Weiterführung der dann sechsstufigen Schule nicht als allgemein bildende, sondern als Wirtschaftsschule und damit als berufliche Schule. Damit soll die Vermittlung der beruflichen Grundbildung im Berufsfeld Wirtschaft und Verwaltung und die Vorbereitung auf eine „entsprechende“, also in diesem Berufsfeld angesiedelte berufliche Tätigkeit, als Aufgabe der von ihr betriebenen Schule beibehalten werden. Eine solche „Mischform“ zwischen den Schularten „allgemein bildende Schulen“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 BayEUG und „beruflichen Schulen“ im Sinne von Art. 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 BayEUG ist jedoch ein Schultyp, den der bayerische Gesetzgeber nicht vorgesehen hat und für den es daher auch keinen privaten Ersatz geben kann (vgl. BVerwG, U.v. 13.12.2000 a.a.O. Rn 16). Private Schulträger haben sich jedoch mit den von ihnen geplanten Privatschulen auf die landesrechtlich vorgegebene Schulstruktur „einzustellen“ (BVerwG a.a.O. Rn 34).
Es ist zwar zuzugeben, dass sich die Wirtschaftsschule nach dem bayerischen Landesrecht nicht zur Gänze einfügt in das sowohl in den anderen Bundesländern (vgl. die Rahmenvereinbarung der KMK über die Berufsfachschulen, a.a.O.), als auch vom BayEUG vorgesehene Konzept der beruflichen Schulen, wonach die vergleichsweise kurzen Bildungsgänge auf einem vorher erworbenen Abschluss aufbauen, so dass die Entscheidung für ein bestimmtes Berufsfeld erst nach dem Erwerb eines allgemeinen Schulabschlusses getroffen werden muss. Der für eine berufliche Schule untypische, frühe Beginn eines beruflichen Bildungswegs, wie er nach Art. 14 BayEUG für die Wirtschaftsschule vorgesehen ist, beruht auf dem gesetzgeberischen Zugeständnis an eine Fortführung der traditionellen „Handelsschule“, ohne deren vollständige Anpassung an das Konzept der beruflichen Schulen vorzunehmen. Der Gesetzgeber hat jedoch die Zuordnung der Wirtschaftsschule zu den beruflichen Schulen beibehalten. Aus dieser Zuordnung resultiert insbesondere, wie der Vertreter des Staatsministeriums in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass die Wirtschaftsschule einbezogen ist in die Regelungen der KMK-Rahmenvereinbarung über die Berufsfachschulen und nur durch diese Einbeziehung der Abschluss der Wirtschaftsschule als mittlerer Schulabschluss bundesweit anerkannt wird, wie dies Art. 25 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 BayEUG für Bayern vorsieht.
Das Gericht anerkennt diese auf guten Gründen beruhenden grundlegenden Entscheidungen des Landesgesetzgebers, wonach die Wirtschaftsschule eine Berufsfachschule ist, an. Das erkennende Gericht sieht keinen Grund, weshalb der oben beschriebene, für eine Berufsfachschule bereits untypische Beginn der Wirtschaftsschule mit der 7. Jahrgangsstufe, nun noch erweitert um die an der Wirtschaftsschule in Befolgung des Urteils des BayVGH vom 12. Juli 2017 – a.a.O. – genehmigte 6. Jahrgangsstufe, die als „Vorklasse“ geführt werden soll, der Klägerin einen Anspruch darauf verleihen sollte, den Beginn der von ihr betriebenen Berufsfachschule nochmals um eine Jahrgangsstufe „nach unten“ zu erweitern und die 5. Jahrgangsstufe einrichten zu dürfen, mit der Folge, dass Schüler eine Entscheidung für eine berufliche Grundbildung in dem Berufsfeld Wirtschaft und Verwaltung bereits nach der 4. Jahrgangsstufe treffen sollten. Soweit gegen diese Überlegung von Seiten der Klägerin eingewandt wird, die Stundentafel der geplanten 5. Jahrgangsstufe der Wirtschaftsschule werde weitgehend den Stundentafeln der 5. Jahrgangsstufen der allgemeinbildenden Schulen entsprechen, wie auch die Stundentafel der 6. Jahrgangsstufe der Wirtschaftsschulen im Modellversuch weitgehend den Stundentafeln der 6. Jahrgangsstufen der allgemeinbildenden Schulen entsprächen, ist dem entgegenzuhalten, dass die von der Klägerin betriebene Schule eine „Wirtschaftsschule“ ist, die nach der gesetzgeberischen Konzeption, wie sie in Art. 13 BayEUG für die Berufsfachschule allgemein, in Art. 14 BayEUG für die Wirtschaftsschule speziell normiert ist, insgesamt, also auch bereits in den „unteren“ Jahrgangsstufen, eine berufliche Grundbildung neben einer allgemeinen Bildung zu vermitteln hat. Dass nach der obergerichtlichen Rechtsprechung erst nach Abschluss der Schulzeit eine Gleichwertigkeit des Lernerfolgs mit dem von Schülern an öffentlichen Schulen verlangt werden kann, bedeutet nicht, dass erst im weiteren Verlauf des Bildungsgangs die für den Schultyp „Wirtschaftsschule“ vorgegebene berufliche Grundbildung vermittelt werden sollte. Eine Angleichung der Stundentafel der Wirtschaftsschule in den unteren Jahrgangsstufen an die Stundentafeln der allgemein bildenden Schulen wird der gesetzgeberischen Vorgabe für die Wirtschaftsschule, eine berufliche Grundbildung im Berufsfeld Wirtschaf und Verwaltung zu vermitteln und auf eine entsprechende berufliche Tätigkeit vorzubereiten, nicht gerecht und belegt dadurch gerade, dass sich eine 5. Jahrgangsstufe einer Wirtschaftsschule, wenn diese tatsächlich der ihr vom Gesetzgeber zugewiesenen Funktion nachkommt, nicht in die Gesamtkonzeption des Schulwesens in Bayern einfügt.
Einen Anspruch auf Genehmigung der 5. Jahrgangsstufe kann das Gericht auch nicht den Gründen des Urteils des BayVGH vom 12. Juli 2017 – a.a.O. – entnehmen. Die oben beschriebene Gesamtkonzeption des Landesgesetzgebers mit ihrer Gliederung in die Schularten „allgemein bildende Schulen“, zu denen als weiterführende Schulen nur die auf der Jahrgangsstufe 4 aufbauenden Schulen (Mittelschule, Realschule, Gymnasium) gehören und die keinerlei berufliche Grundbildung vermitteln, und „berufliche Schulen“, in denen auch berufliche Bildung vermittelt wird und die grundsätzlich auf einem bereits erworbenen Abschluss, die Wirtschaftsschule ausnahmsweise auf bereits auf der Jahrgangsstufe 6 aufbauen, war durch die im Verfahren vor dem BayVGH streitgegenständliche 6. Jahrgangsstufe als Erweiterung des vierstufigen Betriebs der Wirtschaftsschule nicht berührt worden.
Auf die Frage, ob für den vorgesehenen, um die 5. Jahrgangsstufe erweiterten Schulbetrieb bereits ein Schulversuch durchgeführt wurde oder wird, kommt es nicht entscheidungserheblich an. Eine solche Voraussetzung sieht die normative Regelung, wie sie in der obergerichtlichen Rechtsprechung ihre Auslegung gefunden hat, nicht vor.
Ebenso wenig wirkt sich die Ausgestaltung der Jahrgangsstufe 5 an allen weiterführenden Schulen als Gelenkklasse in der Übertrittsphase (gemäß KMBek. vom 27. Mai 2010 – Az. III.5-5 S. 4302-6.136 797) auf die Entscheidung über die vorliegende Klage aus. Diese Bekanntmachung bleibt ohne Auswirkung auf die für das Gericht allein maßgebliche, vom Gesetzgeber getroffene Gesamtkonzeption des bayerischen Schulwesens. Bestünde tatsächlich ein Anspruch der Klägerin auf den Betrieb der Wirtschaftsschule in T. als sechsstufige Wirtschaftsschule, wäre deren Einbeziehung in die Konzeption der Übertrittsphase durch Ausgestaltung als „Gelenkklasse“, wie sie der genannten KMBek. zu Grunde liegt, jederzeit möglich.
Da das Gericht einen solchen Anspruch jedoch nicht erkannt hat, war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.
Die Berufung war wegen der grundsätzlichen Bedeutung zuzulassen (§§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

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