Aktenzeichen M 21 K 16.32710
Leitsatz
Der Senegal stellt ein sicheres Herkunftsland iSd § 29a AsylG dar; insbesondere ist die Geltendmachung einer Bedrohung durch MFDC-Rebellen fernliegend. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
Über die Klage wird ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entschieden, da sie keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt – soweit entscheidungserheblich – geklärt ist (§ 84 Abs. 1 VwGO).
Im Hinblick auf die durch das Richtlinienumsetzungsgesetz vom 28. August 2013 (BGBl. 2013 I S. 3474 ff.) sowie durch das Asylverfahrensbeschleunigungsgesetz vom 20. Oktober 2015 (BGBl. 2015 I S. 1722 ff.) geänderten bzw. neuen Vorschriften des Asylgesetzes (AsylG) und des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) sowie unter Berücksichtigung des erkennbar gewollten Rechtsschutzziels ist die Klage gemäß § 88 VwGO dahin auszulegen, dass – neben der Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheids – die Verpflichtung der Beklagten begehrt wird, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen (Art. 16a GG), hilfsweise dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylG oder hilfsweise subsidiären Schutz nach § 4 AsylG zuzuerkennen sowie (weiter hilfsweise) nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen. Ferner ist bei gebotener Auslegung davon auszugehen, dass sich der Klageantrag nicht auf die Aufhebung der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots in Ziffer 7. bezieht. Anhaltspunkte dafür, dass eine – mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässige – isolierte Aufhebung der Befristungsentscheidung nach § 11 Abs. 2 AufenthG (ausführlich m.w.N. VG München, B.v. 19.1.2016 – M 21 S. 16.30019) mitumfasst sein soll, bestehen nicht.
Die Klage ist mit diesem Rechtsschutzziel zulässig, aber offensichtlich unbegründet.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts setzt eine Abweisung der Asylklage als offensichtlich unbegründet – mit der Folge des Ausschlusses weiterer gerichtlicher Nachprüfung (§ 78 Abs. 1 AsylVfG) – voraus, dass im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen des Gerichts vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung die Abweisung der Klage sich dem Verwaltungsgericht geradezu aufdrängt (BVerfG, B.v. 21.7.2000 – 2 BvR 1429/98 – juris Rn. 3; B.v. 27.9.2007 – 2 BvR 1613/07 – juris Rn. 18). Da dem Asylgesetz ein einheitlicher Begriff der offensichtlichen Unbegründetheit zu Grunde liegt, ist die Bestimmung des § 30 AsylG grundsätzlich auch für das gerichtliche Verfahren maßgeblich.
Entsprechend diesem Maßstab ist offensichtlich, dass die Entscheidung des Bundesamtes rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Das Gericht folgt zunächst der Begründung des angefochtenen Bescheids, nimmt auf diesen sowie auf die Gründe des Beschlusses vom 22. September 2016 Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG) und weist ergänzend auf Folgendes hin: Nach § 29a Abs. 1 AsylG ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG – einem sogenannten sicheren Herkunftsstaat – als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsylG droht.
Art. 16a Abs. 3 GG und die entsprechende Regelung in § 29a AsylG beinhalten eine Arbeitsteilung zwischen dem Gesetzgeber und den Behörden und Gerichten. Indem der Gesetzgeber nach vorhergehender Prüfung einzelne Staaten bestimmen kann, in denen gewährleistet erscheint, dass dort weder politische Verfolgung noch unmenschliche oder erniedrigende Bestrafung oder Behandlung stattfindet, wird ihm ein Ausschnitt aus der von Art. 16a Abs. 1 GG geforderten umfassenden Prüfung übertragen, die ansonsten dem Bundesamt und den Gerichten obläge (BVerfG, U.v. vom 14.5.1996 – 2 BvR 1507/93 – NVwZ 1996, 691 = juris Rn. 65). Für die Bestimmung eines Staates zum sicheren Herkunftsstaat muss Sicherheit vor politischer Verfolgung (und dementsprechend auch vor unmenschlicher oder erniedrigender Bestrafung oder Behandlung) landesweit und für alle Personen- und Bevölkerungsgruppen bestehen (vgl. BVerfG, U.v. 14.5.1996 a.a.O. – juris Ls 2 und Rn. 71). Stellt der Gesetzgeber nach dieser Prüfung fest, dass ein bestimmter Herkunftsstaat sicher im Sinne des Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG ist, sind Bundesamt und Gerichte hieran bei der Prüfung des Einzelfalls gebunden und haben den Asylantrag grundsätzlich – mit der Folge der Ablehnung als offensichtlich unbegründet – zu behandeln. Das Bundesamt und – vorbehaltlich der durch Art. 100 GG gezogenen Grenzen – auch die Gerichte haben nur zu prüfen, ob der einzelne Asylbewerber Tatsachen vorgetragen hat, welche entgegen der Vermutung, die an seine Herkunft aus einem sicheren Staat anknüpft, die Annahme begründen, er werde dort gleichwohl politisch verfolgt (BVerfG, U.v. vom 14.5.1996 a.a.O. – juris Rn. 65).
Zur Ausräumung der Vermutung ist nur ein Vorbringen zugelassen, das die Furcht vor politischer Verfolgung auf ein individuelles Verfolgungsschicksal des Klägers gründet. Dabei kann er zwar seine Furcht vor politischer Verfolgung auch dann auf ein persönliches Verfolgungsschicksal stützen, wenn dieses seine Wurzel in allgemeinen Verhältnissen hat. Erforderlich ist aber stets, dass der Asylbewerber die Umstände seiner politischen Verfolgung schlüssig und substantiiert vorträgt (BVerfG, U.v. 14.5.1996 a.a.O. – juris Rn. 97, 98).
Der Kläger hat die gesetzliche Vermutung in § 29a AsylG nicht durch einen schlüssigen Vortrag eines individuellen Verfolgungsschicksals erschüttert.
Die vom Kläger geltend gemachte Bedrohung durch MFDC-Rebellen ist – unabhängig von Fragen der Glaubwürdigkeit – im Hinblick auf die zwischenzeitliche Entwicklung in der Casamance nicht mehr vorstellbar. Die Lage in der Casamance hat sich seit 2012 deutlich entspannt. Seit Ende 2012 ist es dort zu keinen größeren Zwischenfällen gekommen. Im Frühjahr 2014 verkündete der Führer der MFDCD einen einseitigen Waffenstillstand. Die Regierung hat internationale Vermittlungen zur Befriedung angestoßen (vgl. Bericht des Auswärtigen Amtes im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, S. 13).
Ungeachtet dessen besteht die zumutbare Möglichkeit internen Schutzes im Senegal (§ 3e AsylG).
Auch nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Absatz. 5 und 7 Satz 1 AufenthG liegen offensichtlich nicht vor.
Die Abschiebungsandrohung sowie die auf der Ablehnung des Asylantrags als offensichtlich unbegründet beruhende einwöchige Ausreisefrist nach §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG ist nach alledem nicht zu beanstanden.
Schließlich ist auch das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 7 AufenthG ermessensfehlerfrei angeordnet worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).