Aktenzeichen M 17 K 17.34308
Leitsatz
1 Macht der Kläger Verfolgung durch die Taliban geltend, steht ihm eine inländische Fluchtalternative in den Gebieten zur Verfügung, die von der Regierung kontrolliert werden und in denen die Gebietsgewalt beim afghanischen Staat liegt. (Rn. 18 – 21) (redaktioneller Leitsatz)
2 In Afghanistan hat sich die Sicherheitslage trotz der aktuellen Anhäufung von Anschlägen nicht derart verschärft, dass jede Zivilperson unabhängig von besonderen gefahrerhöhenden Umständen allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet konkret und individuell gefährdet wäre, einen ernsthaften Schaden zu erleiden. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
3 Eine längerfristige psychiatrische Behandlung ist in Afghanistan nicht gewährleistet. Eine posttraumatische Belastungsstörung und eine mittelgradige rezidivierende depressive Störung sind nicht ausreichend behandelbar. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Der Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 20. Februar 2017 wird in den Nrn. 4 bis 6 aufgehoben.
Die Beklagte wird verpflichtet festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz hinsichtlich Afghanistans vorliegen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Verfahrens trägt der Kläger ¾, die Beklagte ¼.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Über den Rechtsstreit konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung am 30. Juni 2017 trotz Ausbleibens der Beklagtenseite entschieden werden. Denn in der frist- und formgerechten Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die zulässige Klage ist insoweit begründet, als die Beklagte verpflichtet ist, festzustellen, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vorliegen, im Übrigen jedoch unbegründet, da der angegriffene Bescheid rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 und 5 VwGO).
1. Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag des Klägers nicht erkennbar. Das Gericht nimmt insoweit auf die Ausführungen im Bescheid vom 20. Februar 2017 Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:
1.1 Gemäß § 3 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
Die Furcht vor Verfolgung (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) ist begründet, wenn dem Ausländer die oben genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich drohen. Der in dem Tatbestandsmerkmal „… aus der begründeten Furcht vor Verfolgung …“ des Art. 2 Buchst. d Richtlinie 2011/95/EU enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG übernommen worden ist, orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Er stellt bei der Prüfung des Art. 3 EMRK auf die tatsächliche Gefahr ab („real risk“; vgl. EGMR, Große Kammer, U.v. 28.2.2008 – Nr. 37201/06, Saadi – NVwZ 2008, 1330); das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. VG Ansbach, U.v. 28.4.2015 – AN 1 K 14.30761 – juris Rn. 65ff. m.V. auf: BVerwG, U.v. 18.4.1996 – 9 C 77.95, Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 4; B.v. 7.2.2008 – 10 C 33.07, ZAR 2008, 192; U.v. 27.4.2010 – 10 C 5.09, BVerwGE 136, 377; U.v. 1.6.2011 – 10 C 25.10, BVerwGE 140, 22; U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – NVwZ 2013, 936).
Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – NVwZ 2013, 936; U.v. 5.11.1991 – 9 C 118.90, BVerwGE 89, 162).
1.2 Der Kläger macht hier im Wesentlichen eine Bedrohung durch die Taliban geltend. Ob insoweit ein Verfolgungsmerkmal i.S.v. § 3 AsylG bejaht werden kann, kann letztendlich dahingestellt bleiben, da eine inländische Fluchtalternative gemäß § 3e AsylG besteht:
a) Nach dieser Vorschrift wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und er sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
Dem Ausländer dürfen in dem in Betracht kommenden Gebiet keine anderen Nachteile und Gefahren drohen, die nach ihrer Intensität und Schwere einer asylerheblichen Rechtsgutbeeinträchtigung gleichkommen, sofern diese existenzielle Gefährdung am Herkunftsort so nicht bestünde (BVerfG, B.v. 10.11.1989 – 2 BvR 403/84 – juris; Hailbronner, Asyl und Ausländerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 1325). Der Flüchtling muss für eine gewisse Dauerhaftigkeit Schutz erhalten und sich dort niederlassen können. Die Verweisung auf eine interne Fluchtalternative ist daher nur zumutbar, wenn dort nicht andere unzumutbare Nachteile, wie die konkrete Beeinträchtigung elementarer Menschenrechte, drohen. Zumutbar ist eine Rückkehr nur dann, wenn der Ort der inländischen Schutzalternative ein wirtschaftliches Existenzminimum ermöglicht, zum Beispiel durch zumutbare Beschäftigung oder durch Mittel der Existenzsicherung aufgrund von Leistungen humanitärer Organisationen. Diese Voraussetzung ist nicht gegeben, wenn den Asylsuchenden am Ort der internen Schutzalternative ein Leben erwartet, das zu Hunger, Verelendung und zum Tod führt oder wenn er dort nichts anderes zu erwarten hat als ein „Dahinvegetieren am Rande des Existenzminimums“ (BVerwG, B.v. 17.5.2006 – 1 B 100/05 – juris; BVerwG, B.v. 21.5.2003 – 1 B 298/02 – juris). Im Hinblick auf den internen Schutz gem. § 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG muss für den Rückkehrer in dem schutzgewährenden Landesteil die Existenzgrundlage damit soweit gesichert sein, dass von ihm erwartet werden kann, dass er sich vernünftigerweise dort aufhält. Dies geht als Zumutbarkeitsmaßstab über das Fehlen einer im Rahmen des § 60 Abs. 7 Satz 1 und Satz 5 AufenthG beachtlichen existenziellen Notlage hinaus, wobei das Bundesverwaltungsgericht bislang offen gelassen hat, welche darüber hinausgehenden wirtschaftlichen und sozialen Standards erfüllt sein müssen (vgl. BVerwG, U.v. 29.5.2008 – 10 C 11.07 – juris Rn. 35; U.v. v. 31.01.2013 – 10 C 15/12 – juris Rn. 20, jeweils zu § 60 Abs. 7 Sätze 1 und 3 AufenthG a. F.; NdsOVG, U.v. 19.09.2016 – 9 LB 100/15 – juris; OVG NW, B.v. 6.6.2016 – 13 A 1882/15.A – juris Rn. 14). Der UNHCR hält in seinen Richtlinien vom 19. April 2016 eine innerstaatliche Fluchtalternative in Afghanistan nur für zumutbar, wenn der betreffende Ausländer dort Zugang zu Obdach, Grundleistungen wie Trinkwasser, sanitären Einrichtungen, Gesundheitsfürsorge und Bildung sowie die Möglichkeit, sich eine Existenzgrundlage zu schaffen, hat. Als Ausnahme vom Erfordernis einer externen Unterstützung sieht er alleinstehende, leistungsfähige Männer und Ehepaare im Arbeitsalter an, die nicht aufgrund persönlicher Umstände auf eine besondere Unterstützung angewiesen sind. Solche Personen können dazu in der Lage sein, ohne die Unterstützung durch die Familie oder durch eine Gemeinschaft in städtischen und halbstädtischen Gebieten zu leben, die unter staatlicher Kontrolle sind und die nötige Infrastruktur und die Möglichkeit bieten, die Grundbedürfnisse zu befriedigen (vgl. UNHCR, Eligibility Guidelines for accessing the international protection needs of asylum-seekers from Afghanistan, 19.4.2016, S. 83 f.; NdsOVG, U.v. 19.9.2016 – 9 LB 100/15 – juris Rn. 76). Außerdem muss das Zufluchtsgebiet für den Betroffenen sicher und legal erreichbar sein (Hailbronner, Asyl und Ausländerrecht, 4. Aufl. 2017, Rn. 1325).
b) Diese Voraussetzungen sind für den Kläger zumindest hinsichtlich … und … erfüllt, da dieser aufgrund der Anonymität dieser Großstädte und unter Berücksichtigung der Entfernung zu seinem Heimatort nicht gefunden werden kann (vgl. a. VG Ansbach, U.v. 13.1.2017 – AN 11 K 15.31065 – juris Rn. 29; Lagebericht des Auswärtigen Amts v. 19.10.2016), zumal die Gebietsgewalt dort beim afghanischen Staat und nicht bei den Taliban liegt (vgl. a. VG Ansbach, U.v. 13.1.2017 – AN 11 K 15.31065 – juris Rn. 29; Lagebericht des Auswärtigen Amts v. 19.10.2016). Eine Meldepflicht besteht in Afghanistan nicht (vgl. Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Afghanistan der Bundesrepublik Österreich, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl Stand 19.12.2016, S. 188; BayVGH, U.v. 20.1.2012 – 13a B 11.30427 – juris Rn. 28; VG Würzburg, U.v. 15.6.2016 – W 2 K 15.30769 – juris Rn. 25; VG Köln, U.v. 6.6.2014 – 14 K 6276/13.A – juris Rn. 42), so dass die Gefahr, dass der Kläger von den Taliban – selbst wenn ihn diese nach der langen Zeit suchen sollten – aufgespürt werden könnte, nicht beachtlich wahrscheinlich ist. Es ist nicht anzunehmen, dass sein Aufenthalt in … oder … bekannt werden würde.
Der Kläger könnte sich daher in … oder … niederlassen, wo er nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung ausgesetzt wäre. Da der Kläger jung und arbeitsfähig ist, ist davon auszugehen, dass es ihm möglich sein wird, ein Leben oberhalb des Existenzminimums zu führen (vgl. BayVGH, B.v. 6.3.2017 – 13a ZB 17.30099 – juris Rn. 12; U.v. 12.2.2015 – 13a B 14.30309 – juris Rn. 20, unter Berufung auf den UNHCR; VG Ansbach, U.v. 13.1.2017 – AN 11 K 15.31065 – juris Rn. 29; s.a. u. 3.1, 3.2). Insbesondere ist nicht vorgetragen oder ersichtlich, dass er aufgrund seiner Erkrankungen in seiner Arbeitsfähigkeit eingeschränkt ist.
2. Die Beklagte hat auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG abgelehnt.
2.1 Nach § 4 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:
1.die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.
2.2 Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass dem Kläger in Afghanistan die Todesstrafe, Folter oder insbesondere unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bzw. Bestrafung droht.
a) Wann eine „unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung“ vorliegt, hängt vom Einzelfall ab. Eine Schlechtbehandlung einschließlich Bestrafung muss jedenfalls ein Minimum an Schwere erreichen. Kriterien hierfür sind etwa die Art der Behandlung oder Bestrafung und der Zusammenhang, in dem sie erfolgt, die Art und Weise der Vollstreckung, ihre zeitliche Dauer, ihre physischen und geistigen Wirkungen sowie gegebenenfalls Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Abstrakt formuliert sind darunter Maßnahmen zu verstehen, mit denen unter Missachtung der Menschenwürde absichtlich schwere psychische oder physische Leiden zugefügt werden und mit denen nach Art und Ausmaß besonders schwer und krass gegen Menschenrechte verstoßen wird (vgl. VGH BA, U.v. 6.3.2012 – A 11 S 3070/1 – juris Rn. 16; Hailbronner, Ausländerrecht, § 4 AsylG Rn. 21-27 m.w.N.).
Der Ausländer hat stichhaltige Gründe für die Annahme darzulegen, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Der Maßstab der stichhaltigen Gründe entspricht dabei dem Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit, wobei das Element der Konkretheit der Gefahr das zusätzliche Erfordernis einer einzelfallbezogenen, individuell bestimmten und erheblichen Gefährdungssituation kennzeichnet. Bei qualifizierender Betrachtungsweise, d.h. bei einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung, müssen die für die Rechtsgutverletzung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht haben und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Die in diesem Sinne erforderliche Abwägung bezieht sich nicht allein auf das Element der Eintrittswahrscheinlichkeit, sondern auch auf das Element der zeitlichen Nähe der befürchteten Ereignisse und auch die besondere Schwere des befürchteten Eingriffs ist in die Betrachtung einzubeziehen (vgl. VGH BW, U.v. 6.3.2012 – A 11 S 3070/11 – juris Rn. 17 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 4 AsylG Rn. 61 ff. m.w.N.).
b) Diese Kriterien für die Zuerkennung subsidiären Schutzes sind vorliegend nicht erfüllt, da insbesondere – wie bereits ausgeführt (s.o. 1.) – eine inländische Fluchtalternative im Sinne von § 3e i.V.m. § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG zu bejahen ist.
2.3 Auch eine ernsthafte Bedrohung seines Lebens oder seiner Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines bewaffneten Konflikts im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG kann nicht angenommen werden:
a) Die von einem bewaffneten Konflikt ausgehende – und damit allgemeine – Gefahr muss sich in der Person des Klägers so verdichtet haben, dass sie eine erhebliche individuelle Gefahr i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG darstellt. Bezugspunkt für die Beurteilung der Bedrohung ist der tatsächliche Zielort des Ausländers, d.h. im vorliegenden Fall primär Großstädte, wie … oder … (s.o. 1.2 b), und Prognosemaßstab ist die beachtliche Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13.10 – juris Rn. 20 unter Verweis auf EGMR, U.v. 28.2.2008 – Saadi/Italien, Nr. 37201/06 – NVwZ 2008, 1330 Rn. 125 ff.; BVerwG, U.v. 27.4.2010- 10 C 4.09 – juris Rn. 22 zu § 60 Abs. 2 AufenthG und Art. 15 Buchst. b Richtlinie 2004/83/EG; BayVGH, B.v. 17.1.2017 – 13a ZB 16.30182 – juris Rn. 7 m.w.N.).
In Eine Individualisierung der Gefahr kann sich bei einem hohen Niveau willkürlicher Gewalt für die Zivilbevölkerung aus gefahrerhöhenden Umständen in der Person des Betroffenen ergeben, wie etwa berufsbedingter Nähe zu einer Gefahrenquelle oder einer bestimmten religiösen Zugehörigkeit (vgl. BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13/10 – juris Rn. 18). Derartige Umstände liegen in der Person des Klägers jedoch nicht vor.
b) Beim Fehlen individueller gefahrerhöhender Umstände kann eine Individualisierung nur ausnahmsweise bei einer außergewöhnlichen Situation eintreten, die durch einen so hohen Gefahrengrad gekennzeichnet ist, dass praktisch jede Zivilperson allein aufgrund ihrer Anwesenheit in dem betroffenen Gebiet einer ernsthaften individuellen Bedrohung ausgesetzt wäre, was ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt voraussetzt (BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13/10 – juris Rn. 19).
Zur Ermittlung einer für die Annahme einer erheblichen individuellen Gefahr ausreichenden Gefahrendichte ist – in Anlehnung an die Vorgehensweise zur Feststellung einer Gruppenverfolgung im Bereich des Flüchtlingsrechts (vgl. dazu BVerwG, U.v. 18.7.2006 – 1 C 15.05 – BVerwGE 126, 243 Rn. 20 ff.) – aufgrund aktueller Quellen die Gesamtzahl der in der Herkunftsprovinz lebenden Zivilpersonen annäherungsweise zu ermitteln und dazu die Häufigkeit von Akten willkürlicher Gewalt sowie der Zahl der dabei Verletzten und Getöteten in Beziehung zu setzen. Insoweit hat das Bundesverwaltungsgericht das vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ermittelte Risiko von ca. 1:800 oder 0,12%, in der Herkunftsprovinz verletzt oder getötet zu werden, sowie die auf der Grundlage dieser Feststellungen gezogene Schlussfolgerung, dass der Kläger bei seiner Rückkehr in sein Herkunftsland keiner erheblichen individuellen Gefahr für Leib oder Leben infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt sei, im Ergebnis revisionsgerichtlich nicht beanstandet (BVerwG, U.v. 17.11.2011 – 10 C 13/10 – juris Rn. 22).
In … hat sich die Sicherheitslage trotz der aktuellen Häufung von Anschlägen nicht derart verschärft, dass jede Zivilperson unabhängig von besonderen gefahrerhöhenden Umständen allein aufgrund ihrer Anwesenheit im betreffenden Gebiet konkret und individuell gefährdet wäre, einen ernsthaften Schaden zu erleiden (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 30. 1.2017 – 13a ZB 16.30824 – juris). Es besteht damit nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine existenzielle Gefährdung, insbesondere die Gefahr einer Verletzung von Leib und Leben: In der Zentralregion Afghanistans, zu der auch … gehört, wurden laut UNAMA (www.unama.unmissions.org; Afghanistan – protection of civilians in armed conflict, annual report 2016) im Jahr 2016 2.348 Zivilpersonen getötet oder verletzt. Ausgehend von einer Einwohnerzahl von insgesamt ca. 6,5 Millionen (vgl. VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 – 3 A 140/16 – juris Rn. 32), ergibt sich ein Risiko von 1:2.768 bzw. – bei Berücksichtigung der Dunkelziffer – von 1:922, verletzt oder getötet zu werden, was keine erhebliche individuelle Gefahr darstellt.
Selbst wenn die Schwelle der erheblichen Gefahr in der Zentralregion durch den aktuellen Anschlag in … am 31. Mai 2017 mit ca. 500 Toten und Verletzten überschritten sein sollte, wäre es dem Kläger z.B. auch zumutbar, sich in … niederzulassen. In der westlichen Region, in der … liegt, gab es 836 Opfer. Bei einer Einwohnerzahl von ca. 3,5 Millionen ergibt sich ein Risiko von nur ca. 1:4.187 bzw. – bei Berücksichtigung der Dunkelziffer – von 1:1.396 (vgl. VG Lüneburg, U.v. 6.2.2017 – 3 A 140/16 – juris Rn. 35 ff.).
Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Vierteljahresbericht von UNAMA vom 25. April 2017. Danach wurden zwischen 1. Januar 2017 und 31. März 2017 2.181 Zivilpersonen getötet oder verletzt. Hochgerechnet auf das Jahr ergäben sich damit 8.724 Opfer, so dass sich – bezogen auf die Bevölkerungszahl Afghanistans von ca. 33,3 Millionen (vgl. www.wikipedia.org) – ein Risiko von 1:3.817 bzw. 1:1.272 errechnet.
Das Bundesverwaltungsgericht hat zwar entschieden, dass es neben der quantitativen Ermittlung des Risikos, in der Rückkehrprovinz verletzt oder getötet zu werden, auch einer wertenden Gesamtbetrachtung des statistischen Materials mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen bei der Zivilbevölkerung bedarf. Ist allerdings die Höhe des quantitativ festgestellten Risikos eines dem Kläger drohenden Schadens – wie hier – weit von der Schwelle der beachtlichen Wahrscheinlichkeit entfernt, vermöge sich das Unterbleiben einer wertenden Gesamtbetrachtung im Ergebnis nicht auszuwirken. Zudem sei die wertende Gesamtbetrachtung erst auf der Grundlage der quantitativen Ermittlung der Gefahrendichte möglich (U.v. 13.2.2014 – 10 C 6.13 – juris Rn. 24; 17.11.2011 – 10 C 13.10 – juris Rn. 23; 27.4.2010 – 10 C 4.09 – juris Rn. 33).
Nach alledem ist es auch bei einer wertenden Gesamtbetrachtung aller Umstände weder in … noch in … beachtlich wahrscheinlich, aufgrund eines sicherheitsrelevanten Vorfalls verletzt oder getötet zu werden. Zumindest für alleinstehende männliche Staatsangehörige besteht in Afghanistan keine extreme Gefahrenlage (vgl. BayVGH, B.v. 25.1.2017 – 13a ZB 16.30374 – juris Rn. 11).
c) Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus den aktuellen Anmerkungen von UNHCR zur Situation in Afghanistan auf Anfrage des deutschen Bundesministeriums des Innern vom Dezember 2016.
Abgesehen davon, dass auch bei der vom UNHCR geforderten Einbeziehung der individuellen Aspekte des Klägers nicht von einer Gefahr, aufgrund eines innerstaatlichen Konflikts getötet oder verletzt zu werden, auszugehen ist (s.o. a, b), beruht die Bewertung in den genannten Anmerkungen auf den vom UNHCR selbst angelegten Maßstäben, die sich nicht mit den oben (s. a, b) dargelegten Anforderungen des Bundesverwaltungsgerichts an einen bewaffneten Konflikt und eine erhebliche individuelle Gefährdung decken. Konkrete bzw. neuere Zahlen oder Ausgangsdaten, die die bisherige Einschätzung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, der sich das Gericht anschließt, in Frage stellen könnten, werden nicht genannt (vgl. BayVGH, B.v. 11.4.2017 – 13a ZB 17.30294 – juris Rn. 6 f.; B.v. 4.4.2017 – 13a ZB 17.30231 – juris Rn. 12; B.v. 28.3.2017 – 13a ZB 17.30212 – juris Rn. 5; B.v. 25.1.2017 – 13a ZB 16.30374 – juris Rn. 11; B.v. 20.1.2017 – 13a ZB 16.30996 – juris Rn. 9; VG Augsburg, U.v.19.12.2016 – Au 5 K 16. 31939 – juris Rn. 42). Entsprechendes gilt für die übrigen von Klägerseite in Bezug genommenen Unterlagen zur aktuellen Sicherheitslage in Afghanistan.
Basierend auf den oben dargelegten Zahlen ist auch bei einer Gesamtbetrachtung nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass dem Kläger, bei dem keine individuellen gefahrerhöhenden Umstände vorliegen, ein ernsthafter Schaden im Sinne von § 4 AsylG droht.
d) Schließlich kann auch der Umstand, dass einige Bundesländer hinsichtlich Afghanistans einen Abschiebestopp beschlossen haben und auch die Bundesregierung Abschiebungen – mit Ausnahmen – einstweilig ausgesetzt hat, nicht zur Zuerkennung subsidiären Schutzes führen. Denn diese Entscheidungen basieren primär auf politischen Erwägungen (BayVGH, B.v. 6.4.2017 – 13a ZB 17.30254 – juris Rn. 9).
3. Es liegt jedoch ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor.
3.1 Nach dieser Vorschrift soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Diese Regelung erfasst zwar nur solche Gefahren, die in den spezifischen Verhältnissen im Zielstaat begründet sind, während Gefahren, die sich aus der Abschiebung als solcher ergeben, nur von der Ausländerbehörde als inlandsbezogenes Vollstreckungshindernis berücksichtigt werden können. Ein zielstaatbezogenes Abschiebungshindernis kann aber gegeben sein, wenn die Gefahr besteht, dass sich eine vorhandene Erkrankung aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise verschlimmert, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d.h. dass eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers droht. Dies kann etwa der Fall sein, wenn sich die Krankheit im Heimatstaat aufgrund unzureichender Behandlungsmöglichkeiten verschlimmert oder wenn der betroffene Ausländer die medizinische Versorgung aus sonstigen Umständen tatsächlich nicht erlangen kann (BVerwG, B.v. 17.8.2011 – 10 B 13/11 u.a. – juris; BayVGH, U.v. 3.7.2012 – 13a B 11.30064 – juris Rn. 34). Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands ist dabei nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlich schweren körperlichen oder psychischen Schäden (OVG NRW, B.v. 30.12.2004 – 13 A 1250/04.A – juris Rn. 56).
Diese Rechtsprechung hat nunmehr auch in § 60 Abs. 7 Satz 2 bis 4 AufenthG seinen Niederschlag gefunden, wonach eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen nur vorliegt bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist.
3.2 Demnach kann hier von einem zielstaatsbezogenen Abschiebungshindernis ausgegangen werden:
Laut der vorgelegten psychotherapeutischen Stellungnahme von Frau … …, psychologische Psychotherapeuten und Psychoanalytikerin, vom … Juni 2017 wurden beim Kläger mittelgradige bis schwere depressive Episode und posttraumatische Belastungsstörung diagnostiziert. Der Kläger befinde sich einmal pro Woche in psychotherapeutischer Behandlung. Er empfinde tiefe Trauer, sei hoffnungslos und habe große Angst vor der Zukunft. Nichts könne ihm Freude bereiten und er spüre eine ständige innere Unruhe. Darüber hinaus habe er Einschlaf- und Durchschlafstörungen. Er leide unter Konzentrationsschwierigkeiten, Kopfschmerzen, Appetitlosigkeit und ständiger Angst vor Abschiebung. Der ängstlich-schüchterne Patient wirke depressiv und sehr traurig. Sein Redefluss werde oft von Tränen unterbrochen und er wirke, als stünde er in einem Schockzustand. Die psychotherapeutische Behandlung sei ein sehr wichtiger Bestandteil der Genesung des Patienten, die auf jeden Fall längerfristig und in einem sicheren, geschützten Rahmen weitergeführt werden müsse. Ein längerer Psychotherapieverlauf nach der Akuttherapie zeichne sich infolgedessen als notwendig ab. Eine Rückführung nach Afghanistan hieße für den Kläger einen Abbruch seiner notwendigen Behandlung sowie einen Abbruch des therapeutischen Vertrauensverhältnisses und damit den Verlust einer konstanten Vertrauensperson. Dies werde mit Sicherheit eine signifikante langanhaltende Verschlechterung seines ohnehin psychisch und physisch desolaten Zustands zur Folge haben. Es sei davon auszugehen, dass der Kläger in Afghanistan keine Psychotherapie erhalten werde und eine rein medikamentöse Behandlung würde bei den vorliegenden Diagnosen nicht ausreichen. Durch den Abbruch der Behandlung in einem sehr sensiblen Stadium und des vertrauensvollen therapeutischen Verhältnisses würde der Kläger völlig aus der Bahn geworfen. Es sei zu erwarten, dass sich seine Symptomatik nach der Rückkehr massiv verschlechtern würde. Dies würde zur Folge haben, dass Erinnerungsdruck in Form von belastenden Albträumen, Flashbacks, Nachhallerlebnissen sowie physiologischen Reaktionen bei Erinnerung noch stärker auftreten würden. Die ohnehin vorhandene erhöhte Reizbarkeit, Schlafstörungen, Hypervigilanz und Ohnmachtsgefühle würden noch stärker auftreten. All dies bedeute für den Patienten einen enormen psychischen und physischen Stress und letztendlich eine weitere Traumatisierung. Auch seine depressive Symptomatik würde sich dadurch verschlechtern und ihn in seinen Aktivitäten massiv beeinträchtigen. Ein circulus vitiosus würde sich anbahnen bis zur Eskalation, sodass eine Selbstgefährdung mit suizidaler Absicht nicht auszuschließen wäre.
Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese Erkrankungen des Klägers in Afghanistan behandelt werden können. Insbesondere ist eine längerfristige psychiatrische Behandlung nicht gewährleistet. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 3.7.2012 – 13a B 11.30064 – juris; U.v. 17.3.2016 – 13a B 16.30007 – juris) ist eine rezidivierende depressive Störung mittelgradiger Ausbildung in Afghanistan nicht ausreichend behandelbar und führt zu einem Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach gebe es zwar in … einige psychiatrische Kliniken. Allerdings müssten Familienangehörige verfügbar sein, die den Patienten versorgten. Laut Lagebericht des Auswärtigen Amts vom 19. Oktober 2016 (S. 23 f.) leidet die medizinische Versorgung in Afghanistan trotz der erkennbaren und erheblichen Verbesserungen weiterhin an unzureichender Verfügbarkeit von Medikamenten und Ausstattung der Kliniken, insbesondere aber an fehlenden Ärzten sowie gut qualifiziertem Assistenzpersonal. Die Behandlung von psychischen Erkrankungen finde, abgesehen von einzelnen Pilotprojekten, nach wie vor nicht in einem ausreichenden Maß statt. Folgebehandlungen seien oft schwierig zu leisten, insbesondere, wenn Patienten kein unterstützendes Familienumfeld hätten. Sie würden nicht selten in spirituellen Schreinen unter teilweise unmenschlichen Bedingungen „behandelt“ oder es werde ihnen in einer „Therapie“ mit Brot, Wasser und Pfeffer der „böse Geist ausgetrieben“. Traditionell mangele es in Afghanistan an einem Konzept für psychisch Kranke. Auch nach Auskunft der schweizerischen Flüchtlingshilfe zur Behandlung von Trauma in … vom 11. März 2009 haben psychisch erkrankte Personen, die eine lang andauernde, spezifische Behandlung benötigten, ohne die Unterstützung der Familie in Afghanistan keine Möglichkeit, zu leben. Der Zugang zu psycho-sozialer Traumabehandlung in Afghanistan sei sehr limitiert bis nicht vorhanden. Ohne die Unterstützung der Familie sei die Behandlung nicht möglich. Daran hat sich offenbar, wie sich aus dem aktuellen Lagebericht ergibt, nichts geändert (vgl. VG München, U.v. 27.1.2017 – M 15 K 16. 33242).
Der Kläger leidet nach der vorgelegten psychotherapeutischen Stellungnahme sogar an einer mittelgradigen bis schweren depressiven Episode sowie an einer posttraumatischen Belastungsstörung. Diese müssten nach der prognostischen Einschätzung der Psychotherapeutin behandelt werden, um die Gefahr einer weiteren Traumatisierung bis hin zum Suizid zu verhindern. Der Kläger hat nach seinen glaubhaften Ausführungen in Afghanistan keine Verwandten, die ihn unterstützen könnten, bzw. ihm sind derartige Verwandte nicht bekannt, da kein Kontakt (mehr) besteht. Damit ist mit ausreichender Sicherheit anzunehmen, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Afghanistan wegen der fehlenden Behandlungsmöglichkeiten und familiären Unterstützung dort eine deutliche und alsbaldige Verschlechterung seiner zum Teil erheblichen psychischen Erkrankungen droht.
Ob daneben die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG erfüllt sind, bedarf keiner Prüfung, da es sich beim national begründeten Abschiebungsverbot um einen einheitlichen und nicht weiter teilbaren Verfahrensgegenstand handelt (BVerwG, U.v. 8.9.2011 – 10 C 14.10 – BVerwGE 140,319 Rn. 16 f.).
Nach alledem war der Klage daher hinsichtlich § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG stattzugeben (Nr. 4 des streitgegenständlichen Bescheids). Dementsprechend waren auch die Abschiebungsandrohung sowie das Einreise- und Aufenthaltsverbot aufzuheben (Nrn. 5 und 6 des Bescheids; vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 AsylG).
Die Kostenfolge ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO und berücksichtigt die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Kostenteilung in Asylverfahren (vgl. z.B. B.v. 29.6.2009 – 10 B 60/08 – juris); Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83 AsylG).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO.