Aktenzeichen Au 2 K 17.31072
Leitsatz
1. Der Vortrag, in Somalia aufgrund einer Familienfehde mit einer anderen Familie bzw. deren Clan mit dem Tode bedroht worden zu sein, stellt kriminelles Unrecht ausgehend von privaten Dritten dar und lässt einen flüchtlingsrechtlich relevanten Anknüpfungspunkt vermissen. (Rn. 37 – 39) (redaktioneller Leitsatz)
2. In Mogadischu herrscht keine solche Gefahrendichte, dass jedermann alleine aufgrund seiner Anwesenheit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden. (Rn. 54 – 58) (redaktioneller Leitsatz)
3. Zwar ist die humanitäre Lage in Teilen von Somalia derzeit besorgniserregend, doch ist im Laufe der ersten Jahreshälfte 2017 eine massive Hilfsoperation mit durchaus beachtlichen Erfolgen hinsichtlich der Entwicklung in Mogadischu angelaufen, was ein Abschiebungsverbot ausschließt. (Rn. 65) (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Gründe
Das Gericht konnte im vorliegenden Fall über die Klage entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung vom 9. November 2017 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurde bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zuerkennung der klagegegenständlichen Schutzansprüche (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
a) Die Voraussetzungen der Zuerkennung der Eigenschaft eines Flüchtlings i.S.v. § 3 AsylG liegen beim Kläger nicht vor.
aa) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559 – Genfer Flüchtlingskonvention – GFK) darf ein Ausländer gemäß § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist.
Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention, wenn er sich
1. aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe,
2. außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a) dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b) in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
Einem Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG , der nicht den Ausschlusstatbeständen nach § 3 Abs. 2 und 3 AsylG oder nach § 60 Abs. 8 Satz 1 AufenthG unterfällt, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt (§ 3 Abs. 4 AsylG ).
Als Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG , des Art. 1 A GFK und der Qualifikationsrichtlinie (QRL ) gelten Handlungen, die aufgrund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen gemäß Art. 15 Abs. 2 EMRK keine Abweichung zulässig ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG ; Art. 9 Abs. 1 lit. a QRL), oder in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in § 3a Abs. 1 Nr. 1 AsylG beschriebenen Weise betroffen ist (§ 3a Abs. 1 Nr. 2 AsylG ; Art. 9 Abs. 1 lit. b QRL).
Zwischen den Verfolgungsgründen (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG i.V.m. § 3b AsylG ) und den in den § 3a Abs. 1 und 2 AsylG als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft eine Verknüpfung bestehen (§ 3a Abs. 3 AsylG ; Art. 9 Abs. 3 QRL ).
Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden (§ 3b Abs. 2 AsylG ; Art. 10 Abs. 2 QRL ).
Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG ist, gilt einheitlich der Prognosemaßstab der tatsächlichen Gefahr („real risk“). Dieser gilt für Anerkennung und Erlöschen der Flüchtlingseigenschaft gleichermaßen und entspricht demjenigen der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 1.6.2011 – 10 C 25/10 – juris Rn. 20/23).
Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris Rn. 32).
Die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 QRL in Form einer widerlegbaren Vermutung ist im Asylerstverfahren zu beachten, wenn der Antragsteller frühere Verfolgungshandlungen oder Bedrohungen mit Verfolgung als Anhaltspunkt für die Begründetheit seiner Furcht geltend macht, dass sich die Verfolgung im Falle der Rückkehr in das Heimatland wiederholen werde. Die solchen früheren Handlungen oder Bedrohungen nach Art. 4 Abs. 4 QRL zukommende Beweiskraft ist von den zuständigen Behörden unter der sich aus Art. 9 Abs. 3 QRL ergebenden Voraussetzung zu berücksichtigen, dass diese Handlungen oder Bedrohungen eine Verknüpfung mit dem Verfolgungsgrund aufweisen, den der Betreffende für seinen Antrag auf Schutz geltend macht (vgl. zum Ganzen: BVerwG, B.v. 6.7.2012 – 10 B 18/12 – juris Rn. 5 unter Bezugnahme auf EuGH, U.v. 2.3.2010 – Rs. C-175/08 u.a. – juris Rn. 93; BVerwG, U.v. 5.5.2009 – 10 C 21/08 – juris Rn. 25).
Dem Ausländer wird die Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3e Abs. 1 AsylG i.V.m. Art. 8 QRL nicht zuerkannt, wenn er (Nr. 1) in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und (Nr. 2) sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt.
bb) Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze sind im Fall des Klägers die Voraussetzungen der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft i.S.v. § 3 Abs. 1 AsylG nicht gegeben.
Das Gericht geht nicht davon aus, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Somalia mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit landesweit Verfolgung i.S.v. § 3 Abs. 1 AsylG droht. Grund hierfür ist, dass das Gericht dem Vortrag des Klägers insgesamt keinen Glauben schenkt.
Ein sich steigernder Vortrag des Asylsuchenden kann zur Unglaubwürdigkeit seines Asylvorbringens führen (vgl. BVerwG, B.v. 12.9.1986 – 9 B 180/86 -juris Rn. 5). In gleicher Weise darf das Vorbringen eines Asylsuchenden tatrichterlich als unglaubhaft beurteilt werden, wenn es erhebliche, nicht überzeugend aufgelöste Widersprüche enthält (vgl. BVerwG, U.v. 23.2.1988 -9 C 273/86 – juris Rn. 11). So liegt der Fall jeweils auch hier.
So hat der Kläger zunächst bei der Regierung von Oberbayern angegeben, niemals somalische Ausweisdokumente besessen zu haben (Blatt 37 der Verwaltungsakte), während er beim Bundesamt vorgetragen hat, seine somalischen Papiere in Libyen verloren zu haben (Blatt 53 der Verwaltungsakte). Als Ausreisedatum gab der Kläger zudem bei der Regierung von Oberbayern (Blatt 41 der Verwaltungsakte) den 1. Juni 2013 an, beim Bundesamt sowohl in der Dublinals auch der Asylanhörung den Juni 2013 (Blatt 20 und 53 der Verwaltungsakte); in der mündlichen Verhandlung hat er hingegen angegeben, Somalia bereits am 25. Januar 2013 verlassen zu haben, auch die fluchtauslösenden Ereignisse hätten sich bereits im Januar 2013 zugetragen (Blatt 2 der Niederschrift). Beim Bundesamt hatte der Kläger zudem angegeben, dass ein lokales Scharia-Gericht – kein staatliches Gericht – mit dem Fall der Tötung des Mitglieds der anderen Familie befasst gewesen sei (Blatt 55 der Verwaltungsakte); in der mündlichen Verhandlung hat er hingegen angegeben, dass es sich insoweit um ein staatliches Gericht gehandelt habe (Blatt 2 der Niederschrift). Zudem hatte der Kläger beim Bundesamt noch angegeben, dass die andere Familie zwischenzeitlich eine Entschädigungszahlung für die Tötung ihres Familienmitglieds akzeptiert habe, die er mit dem Gegenwert von hundert Kamelen konkretisierte (Blatt 55 der Verwaltungsakte); in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger hingegen ausgeführt, dass eine solche Entschädigungszahlung niemals erfolgt sei (Blatt 3 der Niederschrift). Beim Bundesamt hatte der Kläger zudem noch angegeben, dass das angerufene somalische Gericht ein Urteil zugunsten einer Entschädigungszahlung ausgesprochen hätte (Blatt 55 der Verwaltungsakte); in der mündlichen Verhandlung hat er hingegen ausgeführt, es habe sich lediglich um ein unverbindlichen Vorschlag des Gerichts gehandelt (Blatt 2 f. der Niederschrift). Zudem hat der Kläger von einer seitens seines Vaters im Gegenzug für seine Freilassung abgegebenen Verpflichtungserklärung, dass am Kläger Blutrache geübt werden dürfe, erstmals in der mündlichen Verhandlung berichtet (Blatt 3 der Niederschrift); hiervon ist beim Bundesamt noch keine Rede gewesen; es handelt sich insoweit mithin um einen gesteigerten Vortrag, eine Rechtfertigung für das verspätete Vorbringen ist weder vorgetragen noch ersichtlich.
Auf eine unzutreffende Übersetzung beim Bundesamt kann sich der Kläger zudem nicht berufen. Grund hierfür ist, dass der Kläger ausdrücklich bei der Anhörung beim Bundesamt am 9. Januar 2017 durch seine Unterschrift auf dem Kontrollbogen (Blatt 2 der Verwaltungsakte) bestätigt hat, dass er ausreichend Gelegenheit hatte, die Gründe für seinen Asylantrag zu schildern und dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben hat; er hat durch seine Unterschrift auch bestätigt, dass er auf eine Rückübersetzung des gefertigten Anhörungsprotokolls und damit eine Möglichkeit zur Ausräumung etwaiger Missverständnisse verzichtet hat und seine Angaben vollständig sind und der Wahrheit entsprechen. Bei einer solchen Sachlage ist einem Asylkläger die Berufung auf Verständigungsschwierigkeiten mit dem Dolmetscher bzw. auf eine falsche Übersetzung des Dolmetschers verwehrt (vgl. BVerwG, U.v. 23.2.1988 – 9 C 273/86 – juris Rn. 11).
Unabhängig davon ist selbst bei Wahrunterstellung des klägerischen Vortrags festzustellen, dass es vorliegend bereits an einem Verfolgungsgrund i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG i.V.m. § 3b AsylG und Art. 10 QRL fehlt. Denn eine Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe hat der Kläger nicht vorgetragen. Er hat vielmehr im Kern vorgetragen, in Somalia aufgrund einer Familienfehde durch eine andere Familie bzw. deren Clan mit dem Tode bedroht worden zu sein. Dieser Vortrag stellt jedoch lediglich kriminelles Unrecht ausgehend von privaten Dritten dar; ein flüchtlingsrechtlich relevanter Anknüpfungspunkt ist nicht erkennbar.
Es handelt sich vorliegend auch nicht um eine flüchtlingsrechtlich relevante mittelbare staatliche Verfolgung. Zwar wird eine von nichtstaatlicher Seite -also insbesondere von Privatpersonen oder nicht-staatlichen Organisationen -ausgehende Verfolgung dem Staat zugerechnet, wenn er die Verfolgung billigt oder fördert, ferner, wenn er grundsätzlich nicht willens oder nicht in der Lage ist, die Betroffenen gegen Übergriffe effektiv zu schützen (vgl. § 3c Nr. 3 AsylG). Die erforderliche flüchtlingsrechtliche Gerichtetheit ist jedoch nur vorhanden, wenn entweder die Privaten bei Begehung der Übergriffe „wegen.“
eines flüchtlingsrechtlich relevanten Persönlichkeitsmerkmals handeln oder bei unpolitischem Charakter der von den Privaten begangenen Übergriffe der Staat „wegen“ flüchtlingsrechtlich relevanter Persönlichkeitsmerkmale der Opfer den gebotenen Schutz versagt (vgl. § 3a Abs. 3 AsylG; vgl. auch BVerwG, B.v. 24.3.1995 – 9 B 747/94 – juris Rn. 5 – zu Art. 16a GG). Hiervon ausgehend kann im vorliegenden Kontext offenbleiben, ob die somalische Polizei grundsätzlich hinreichend schutzbereit hinsichtlich der vorgetragenen kriminellen Bedrohungen durch eine andere Familie bzw. deren Clan ist. Denn jedenfalls fehlt es im hiesigen Fall an der erforderlichen Anknüpfung an flüchtlingsrechtlich relevante Persönlichkeitsmerkmale i.S.v. § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG i.V.m. § 3b AsylG seitens der anderen Familie bzw. des somalischen Staates (§ 3a Abs. 3 AsylG).
b) Auch die Voraussetzungen des subsidiären Schutzes aus § 4 AsylG sind im Fall des Klägers nicht gegeben.
Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG i.V.m. Art. 15 QRL die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3). Nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3c Nr. 3 AsylG kann die Verfolgung i.R.v. § 4 AsylG auch von nichtstaatlichen Akteuren ausgehen, sofern die (staatlichen bzw. quasistaatlichen) Akteure einschließlich internationaler Organisationen (§ 3c Nr. 1 und 2 AsylG) erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, Schutz vor Verfolgung i.S.v. § 3d AsylG zu bieten. Gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG wird dem Ausländer kein subsidiärer Schutz gewährt, wenn inländische Fluchtalternativen i.S.v. § 3e AsylG bestehen.
Auch im Rahmen von § 4 AsylG ist bei der Prognose, ob für einen Kläger im Abschiebezielstaat die konkrete Gefahr besteht, der Todesstrafe, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung unterworfen zu werden, der Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zugrunde zu legen (vgl. BVerwG, U.v. 7.9.2010 – 10 C 11/09 – juris Rn. 14).
Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze geht das Gericht nicht davon aus, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Somalia – hier: Mogadischu – mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein ernsthafter Schaden i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 AsylG droht.
aa) Im Fall des Klägers sind die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG nicht gegeben, da ihm im Fall der Rückkehr nach Mogadischu nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein ernsthafter Schaden in Form einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung droht.
Wann eine „unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung“ vorliegt, hängt nach der insoweit vor allem maßgebenden Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte (EGMR) vom Einzelfall ab. Eine Schlechtbehandlung einschließlich Bestrafung muss jedenfalls ein Minimum an Schwere erreichen. Die Bewertung dieses Minimums ist nach Natur der Sache relativ. Kriterien hierfür sind abzuleiten aus allen Umständen des Einzelfalls, wie etwa der Art der Behandlung oder Bestrafung und dem Zusammenhang, in dem sie erfolgte, der Art und Weise ihrer Vollstreckung, ihrer zeitlichen Dauer, ihrer physischen und geistigen Wirkungen, sowie ggf. abgestellt auf Geschlecht, Alter bzw. Gesundheitszustand des Opfers. Abstrakt formuliert sind unter einer menschenrechtswidrigen Schlechtbehandlung Maßnahmen zu verstehen, mit denen unter Missachtung der Menschenwürde absichtlich schwere psychische oder physische Leiden zugefügt werden und mit denen nach Art und Ausmaß besonders schwer und krass gegen Menschenrechte verstoßen wird (vgl. zum Ganzen: VGH BW, U.v. 27.4.2012 – A 11 S 3079/11 – juris Rn. 17).
Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze droht dem Kläger bei einer Rückkehr nach Mogadischu nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG. Soweit es die vorgetragene Furcht vor einer Tötung durch die andere Familie bzw. deren Clan betrifft, so überzeugt dies das Gericht – wie ausgeführt – nicht. Das Gericht erachtet den widersprüchlichen und gesteigerten Vortrag des Klägers nicht als glaubhaft (siehe oben zu § 3 AsylG).
bb) Auch die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 Asyl sind mit Blick auf eine Rückkehr des Klägers nach Mogadischu nicht gegeben.
(1) Der Begriff des internationalen wie auch des innerstaatlichen bewaffneten Konflikts ist unter Berücksichtigung der Bedeutung dieses Begriffs im humanitären Völkerrecht auszulegen. Ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt liegt demnach jedenfalls dann vor, wenn ein bewaffneter Konflikt im Hoheitsgebiet eines Staates zwischen dessen Streitkräften und abtrünnigen Streitkräften oder anderen organisierten bewaffneten Gruppen stattfindet, die unter einer verantwortlichen Führung eine solche Kontrolle über einen Teil des Staatsgebiets ausüben, dass sie anhaltende, koordinierte Kampfhandlungen durchführen. Ein innerstaatlicher bewaffneter Konflikt liegt hingegen dann nicht vor, wenn es sich nur um innere Unruhen und Spannungen handelt wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und andere ähnliche Handlungen. Auch bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konflikts nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss hierfür aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen. Typische Beispiele sind Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfe (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 24.6.2008 – 10 C 43/07 – juris Rn. 19-22).
Für eine ernsthafte individuelle Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt i.S.v. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG bedarf es schädigender Eingriffe, die sich gegen Zivilpersonen ungeachtet ihrer Identität richten. Der den bestehenden bewaffneten Konflikt kennzeichnende Grad willkürlicher Gewalt muss ein so hohes Niveau erreichen, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestehen, dass praktisch jede Zivilperson bei einer Rückkehr in das betreffende Land oder ggf. die betroffene Region allein durch ihre Anwesenheit im Gebiet dieses Landes oder dieser Region tatsächlich Gefahr liefe, einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit ausgesetzt zu sein. in jedem Fall müssen Feststellungen über das Niveau willkürlicher Gewalt in dem betreffenden Gebiet getroffen werden. Liegen keine gefahrerhöhenden persönlichen Umstände vor, ist ein besonders hohes Niveau willkürlicher Gewalt erforderlich; liegen gefahrerhöhende persönliche Umstände vor, genügt auch ein geringeres Niveau willkürlicher Gewalt. Zu diesen gefahrerhöhenden Umständen gehören in erster Linie solche persönlichen Umstände, die eine Person von der allgemeinen, ungezielten Gewalt stärker betroffen erscheinen lassen, etwa weil er von Berufs wegen – z.B. als Arzt oder Journalist – gezwungen ist, sich nahe der Gefahrenquelle aufzuhalten. Dazu können aber auch solche persönlichen Umstände gerechnet werden, aufgrund derer eine Person als Zivilperson zusätzlich der Gefahr gezielter Gewaltakte – etwa wegen seiner religiösen oder ethnischen Zugehörigkeit -ausgesetzt ist, sofern deswegen nicht schon eine Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Betracht kommt. Auch im Fall gefahrerhöhender persönlicher Umstände muss jedoch ein hohes Niveau willkürlicher Gewalt bzw. eine hohe Gefahrendichte für die Zivilbevölkerung in dem fraglichen Gebiet festgestellt werden. Allein das Vorliegen eines bewaffneten Konflikts und die Feststellung eines gefahrerhöhenden Umstands in der jeweiligen Person reichen hierfür nicht aus. Erforderlich ist vielmehr eine jedenfalls annäherungsweise quantitative Ermittlung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen einerseits und der Akte willkürlicher Gewalt andererseits, die von den Konfliktparteien gegen Leib oder Leben von Zivilpersonen in diesem Gebiet verübt werden, sowie eine wertende Gesamtbetrachtung mit Blick auf die Anzahl der Opfer und die Schwere der Schädigungen (Todesfälle und Verletzungen) bei der Zivilbevölkerung. Insoweit können auch die für die Feststellung einer Gruppenverfolgung im Bereich des Flüchtlingsrechts entwickelten Kriterien entsprechend herangezogen werden (vgl. zum Ganzen: BVerwG, U.v. 27.4.2010 – 10 C 4/09 – juris Rn. 32 f.; U.v. 14.7.2009 – 10 C 9.08 – juris Rn. 15).
(2) Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze sind für den Kläger bei einer Rückkehr nach Somalia (hier: Süd- und Zentralsomalia, Mogadischu) die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG nicht gegeben.
Nach den maßgeblichen Erkenntnisquellen stellt sich die allgemeine Situation in Somalia aktuell im Wesentlichen wie folgt dar: Somalia ist spätestens seit Beginn des Bürgerkriegs 1991 ohne flächendeckende effektive Staatsgewalt. Die Autorität der Zentralregierung wird vom nach Unabhängigkeit strebenden „Somaliland“ im Nordwesten sowie von der die Regierung aktiv bekämpfenden, radikal-islamistischen Al-Shabaab-Miliz in Frage gestellt. Das Land zerfällt faktisch in drei Teile, nämlich das südliche und mittlere Somalia, die Unabhängigkeit beanspruchende „Republik Somaliland“ im Nordwesten und die autonome Region Puntland im Nordosten. In Puntland gibt es eine vergleichsweise stabile Regierung; die Region ist von gewaltsamen Auseinandersetzungen deutlich weniger betroffen als Süd-/Zentralsomalia. In „Somaliland“ wurde im somaliaweiten Vergleich das bislang größte Maß an Sicherheit, Stabilität und Entwicklung erreicht. In Süd- und Zentralsomalia kämpfen die somalischen Sicherheitskräfte mit Unterstützung der Militärmission der Afrikanischen Union AMISOM gegen die Al-Shabaab-Miliz. Die Gebiete sind teilweise unter der Kontrolle der Regierung, teilweise unter der Kontrolle der Al-Shabaab-Miliz oder anderer Milizen. Die meisten größeren Städte sind schon längere Zeit in der Hand der Regierung, in den ländlichen Gebieten herrscht oft noch die Al-Shabaab. In den „befreiten“ Gebieten finden keine direkten kämpferischen Auseinandersetzungen mehr statt. Die AlShabaab verübt jedoch immer wieder Sprengstoffattentate auf bestimmte Objekte und Personen, bei denen auch Unbeteiligte verletzt oder getötet werden (siehe Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 1.12.2015 – Stand: November 2015, S. 4 f.; Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 25.7.2013, S. 29; siehe auch EGMR, U.v. 5.9.2013 – Nr. 886/11 – K.A.B. ./. Schweden – Rn. 87 ff.; BayVGH, U.v. 17.3.2016 – 20 B 13.30233 – juris; RhPfOVG, U.v. 16.12.2015 – 10 A 10689/15 – juris; vgl. zum Ganzen: BayVGH, U.v. 7.4.2016 – 20 B 14.30101 – juris Rn. 19).
Was die tatsächliche Lage in Somalia angeht, so gehen sämtliche Auskünfte von einer unterschiedlichen Intensität des Konflikts in Somalia, insbesondere was Süd- und Zentralsomalia auf der einen und die relativ friedlichen Regionen Puntland und Somaliland auf der anderen Seite angeht, aus. Dementsprechend ist für die Frage, ob ein bewaffneter innerstaatlicher Konflikt vorliegt, maßgeblich auf die Heimatregion des jeweiligen Klägers als regelmäßige Rückkehrregion abzustellen (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 28.7.2016 – 20 ZB 16.30137 – juris Rn. 7; U.v. 7.4.2016 – 20 B 14.30101 juris Rn. 19-21).
Hiervon ausgehend kann vorliegend offenbleiben, ob in der Heimatregion des Klägers in Süd- und Zentralsomalia – und damit auch in der Hauptstadt Mogadischu – ein bewaffneter innerstaatlicher Konflikt gegeben ist (vgl. hierzu Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 1.1.2017, Stand: November 2016, S. 5: „In Süd- und Zentralsomalia, wo auch die Hauptstadt Mogadischu liegt, herrscht in vielen Gebieten Bürgerkrieg.“; vgl. zum Ganzen: RhPfOVG, U.v. 16.12.2015 – 10 A 10689/15 – juris Rn. 35; vgl. auch VG Augsburg, B.v. 9.12.2016 – Au 2 K 16.32629 – Rn. 4 des Entscheidungsumdrucks; U.v. 21.4.2016 – Au 2 K 16.30021 – juris Rn. 22).
Denn jedenfalls ist der Kläger im hier vorliegenden Einzelfall bei einer Rückkehr nach Süd- und Zentralsomalia – insbesondere in die Hauptstadt Mogadischu – keiner ernsthaften, individuellen Bedrohung infolge willkürlicher Gewalt ausgesetzt (VG Augsburg, B.v. 9.12.2016 – Au 2 K 16.32629 – Rn. 5-8 des Entscheidungsumdrucks; U.v. 21.4.2016 – Au 2 K 16.30021 – juris Rn. 26). Gefahrerhöhende persönliche Umstände, die ihn wegen persönlicher Merkmale einem besonderen Sicherheitsrisiko aussetzen könnten, sind nicht ersichtlich. Der Kläger gehört keiner Risikogruppe an. Gefahrerhöhende Umstände ergeben sich auch nicht bereits aus seiner Situation als Rückkehrer nach einem Auslandsaufenthalt. Zwar sieht die Al-Shabaab Rückkehrer aus westlichen Ländern möglicherweise als Spione der Regierungstruppen an (EASO, Country of Origin Information Report – South and Central Somalia -Country Overview, August 2014, S. 106); da sie aber in den unter der Kontrolle der Regierung stehenden Gebieten – wie Mogadischu – nicht mehr frei agieren kann und angesichts der Zahl von rückkehrenden Personen – v.a. auch Binnenvertriebene (vgl. EASO, Country of Origin Information Report -South and Central Somalia – Country Overview, August 2014, S. 117; Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation -Somalia – Sicherheitslage, 25.7.2013, S. 19) – ergibt sich daraus nicht für jeden Rückkehrer ohne weiteres eine ernsthafte Bedrohung. Das Gericht ist mangels hinreichenden Belegs auch nicht davon überzeugt, dass der Kläger einem Minderheitenclan angehört, so dass auch unter diesem Aspekt kein gefahrerhöhender persönlicher Umstand angenommen werden kann. Auch ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass der Kläger bereits der Al-Shabaab oder den Polizeikräften besonders aufgefallen ist. Den klägerischen Vortrag einer Bedrohung durch einen anderen Clan erachtet das Gericht – wie ausgeführt – nicht als glaubhaft (vgl. zum Ganzen: RhPfOVG, U.v. 16.12.2015 – 10 A 10689/15 – juris Rn. 41).
Auch die allgemeine Lage in Mogadischu ist nicht so gefährlich, dass sie sich unabhängig von persönlichen Merkmalen auf jede Zivilperson individualisiert. Die erforderliche Gefahrendichte ist somit nicht mehr gegeben. Zwar ist die Sicherheits- und Versorgungslage in Süd- und Zentralsomalia nach wie vor fragil, dennoch zeichnet sich nach den vorliegenden Erkenntnisquellen eine Entwicklung ab, die eine Verbesserung der generellen Sicherheitssituation für die Bevölkerung mit sich gebracht hat, auch wenn dies nicht landesweit gilt (vgl. zum Ganzen: RhPfOVG, U.v. 16.12.2015 – 10 A 10689/15 – juris Rn. 42).
Eine genaue Bewertung der Gefahrendichte aufgrund einer quantitativen Ermittlung des Tötungs- und Verletzungsrisikos durch Gegenüberstellung der Gesamtzahl der in dem betreffenden Gebiet lebenden Zivilpersonen und der Akte willkürlicher Gewalt, erscheint jedoch kaum verlässlich möglich. Dies beruht bereits darauf, dass es für eine Gesamtbevölkerungszahl als Ausgangsbasis keine gesicherten Zahlen gibt und die entsprechenden Schätzungen erheblich differieren. Zudem kann die Zahl der Zivilpersonen, die Opfer willkürlicher Gewalt geworden sind, kaum annäherungsweise verlässlich geschätzt werden, weil belastbare Zahlen nicht vorhanden sind. Dies betrifft etwa die Frage, ob in den insoweit verfügbaren Aufstellungen die Zählung der „Zivilpersonen“ auch solche Opfer umfasst, die den besonderen Risikogruppen (Politiker, Regierungsmitarbeiter etc.) angehören. Auch wird in den Berichten über Vorfälle meist lediglich über die Zahl der Getöteten, nicht aber auch über die der Verletzten berichtet (vgl. zum Ganzen: RhPfOVG, U.v. 16.12.2015 – 10 A 10689/15 – juris Rn. 43).
Die Gesamtbevölkerung von Mogadischu wird vom Auswärtigen Amt als vermutlich deutlich über eine Million Einwohner einschließlich einer großen Anzahl Binnenvertriebener eingeschätzt (www.auswaertiges-amt.de). Setzt man zu dieser Einwohnerzahl die sich aus der Aufstellung von ACCORD (Kurzübersicht über Vorfälle aus dem Armed Conflict Location & Event Data Project – ACLED – v. 3.11.2015) ergebende Zahl der im Jahr 2014 in der gesamten Region Benadir verzeichneten 739 Vorfälle mit 586 Toten – jedoch bezogen auf alle Konfliktvorfälle, d.h. nicht nur Gewaltvorfälle gegen Zivilpersonen -, würde sich unter Zugrundelegung dieser Zahlenwerte ein Tötungsrisiko von etwa 1:1700 (0,0586 v.H.) ergeben, wobei eine Berechnung des Verletzungsrisikos mangels entsprechender verfügbarer Auflistung nicht möglich erscheint (vgl. zum Ganzen: RhPfOVG, U.v. 16.12.2015 – 10 A 10689/15 – juris Rn. 44).
Auch ungeachtet einer quantitativen Bewertung ergibt sich unter Zugrundelegung der maßgeblichen Erkenntnisquellen in Mogadischu keine solche Gefahrendichte, dass jedermann alleine aufgrund seiner Anwesenheit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen muss, Opfer willkürlicher Gewalt zu werden. In den Berichten ist regelmäßig von „Verbesserungen“ die Rede, auch wenn dies angesichts der früheren extremen Situation nicht damit gleichgesetzt werden kann, dass keine wesentliche Gefahr für die Zivilbevölkerung mehr gegeben ist. Aus der Hauptstadt Mogadischu wurde die Al-Shabaab-Miliz im August 2011 vertrieben. Es gelingt ihr zwar immer wieder, Anschläge zu verüben. Diese Anschläge richten sich aber in der Regel gezielt gegen Funktionsträger (vgl. Danish Immigration Service, South Central Somalia – Country of Origin Information for Use in the Asylum Determination Process, September 2015, S. 11). Wegen der verdeckten Präsenz der Al-Shabaab besteht in Mogadischu für mehrere Risikogruppen (z.B. Regierungsmitarbeiter, Politiker, Sicherheitskräfte etc.) eine Gefahr durch auf Funktionsträger und deren Einrichtungen gerichtete Attentate und Anschläge. Für den einfachen Stadtbewohner droht hingegen als einzige Gefahr, sich „zur falschen Zeit am falschen Ort“ zu befinden und damit Opfer im Rahmen solcher Anschläge zu werden (Österreichisches Bundesasylamt, Analyse der Staatendokumentation – Somalia – Sicherheitslage, 25.7.2013, S. 43). Die Gesamtzahl der zivilen Opfer dürfte daher zu einem nicht unerheblichen Teil Personen mit erhöhten Gefährdungspotentialen betroffen haben. Dies beruht darauf, dass nach bisheriger Erkenntnislage durch die von der Al-Shabaab vorgenommene strategische Auswahl der Anschlagsziele bestimmte Berufsgruppen in besonderer Weise betroffen waren: Regierungsmitarbeiter, Mitarbeiter internationaler Organisationen, Angehörige der Sicherheitskräfte, Abgeordnete, mit der Regierung zusammenarbeitende Personen, Politiker. Dies verdeutlichen die nach den vorliegenden Erkenntnisquellen verübten Anschläge (siehe zu den Ereignissen im Jahr 2015 etwa die Aufstellung von ACCORD, ecoi.net-Themendossier, Al-Shabaab: Zeitachse von Ereignissen, Stand: 22.9.2015; siehe zu weiteren Vorfällen im Jahr 2015 auch BAMF, Briefing Notes v. 28.9.2015 und v. 2.11.2015). Die Betrachtung der – in den o.g. Aufstellungen von ACCORD auch für die Vorjahre – verzeichneten Anschläge zeigt, dass es die Al-Shabaab nicht gezielt auf Zivilisten absieht, insoweit aber Opfer in Kauf nimmt. Die Vorkommnisse, über die berichtet wird, sind insgesamt nicht so häufig und erreichen keine so hohen zivilen Opferzahlen, als davon gesprochen werden könnte, dass jeder Zivilist der weit über eine Million Einwohner zählenden Stadt aufgrund seiner bloßen Anwesenheit gefährdet wäre. Insoweit lässt sich zwar bislang keine wesentliche rückläufige Tendenz der Vorfälle verzeichnen, indes ergeben sich aber auch keine eindeutigen Anhaltspunkte dafür, dass abgesehen von Schwankungen in der Häufigkeit der Vorfälle und der Anzahl der Opfer von einer wesentlichen Trendänderung dahingehend auszugehen ist, dass jeder Zivilperson bereits durch ihre Anwesenheit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit ein Schaden an den Rechtsgütern Leib oder Leben drohen würde. Jedenfalls lässt sich auch ein staatliches Vorgehen gegen die Al-Shabaab verzeichnen, etwa die Aussetzung eines Kopfgeldes von insgesamt 1,3 Mio. USD für elf ranghohe Funktionsträger der Al-Shabaab und ein Großeinsatz somalischer Sicherheitskräfte mit Durchsuchungen in Mogadischu und 60 Festnahmen mutmaßlicher Mitglieder der Al-Shabaab (vgl. BAMF, Briefing Notes v. 13.4.2015 und 15.6.2015; vgl. zum Ganzen: RhPfOVG, U.v. 16.12.2015 – 10 A 10689/15 – juris Rn. 45).
c) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Zuerkennung eines nationalen Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG.
Insbesondere ist der Kläger bei einer Rückkehr nach Mogadischu keiner extremen Gefahrenlage i.S.v. § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK aufgrund der allgemeinen schlechten Versorgungslage und der aktuellen Dürrekatastrophe in Somalia ausgesetzt.
Nach Einschätzung des Auswärtigen Amtes ist in Süd- und Zentralsomalia die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln nach wie vor nicht gewährleistet; es gibt keinen sozialen Wohnraum oder Sozialhilfe und keine Aufnahmeeinrichtungen für Rückkehrer (Auswärtiges Amt, Lagebericht v. 1.1.2017, S. 16). Wenngleich die somalische Wirtschaft ständig wächst und eine Anzahl von somalischen Flüchtlingen bereit ist, freiwillig zurückzukehren bzw. viele schon zurückgekehrt sind (vgl. Österr. Bundesasylamt, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Somalia v. 25.4.2016, S. 82 ff. m.w.N.; EASO, Informationsbericht – Süd- und Zentralsomalia, Länderüberblick, August 2014, S. 36 ff.), ist doch in allen Städten Süd- und Zentralsomalias für den Großteil der Bevölkerung der Zugang zur sozialen Grundversorgung beschränkt. Clan und Familie, einbezogen die weitere Familie, sind nach wie vor die wichtigsten Faktoren bezüglich der Akzeptanz, der Sicherheit und dem Zugang zu Grundbedürfnissen wie Wohnung und Essen (Auswärtiges Amt, Lagebericht, a.a.O.). Überdies sind einige Regionen Somalias derzeit von einer Dürrekatastrophe betroffen (vgl. Österr. Bundesasylamt, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Somalia, Kurzinformationen v. 19.1.2017; UN Security Council, Report of the Secretary-General on Somalia, 9.1.2017, S. 12; vgl. zum Ganzen: BayVGH, U.v. 23.3.2017 – 20 B 15.30110 – juris Rn. 37).
In Mogadischu stellt sich jedoch im Vergleich zu anderen Regionen Somalias die wirtschaftliche Situation günstiger dar, wenngleich zuverlässige Daten zur Wirtschaft unmöglich zu erhalten bzw. zu verifizieren sind (vgl. hierzu und zum Folgenden Österreichisches Bundesasylamt, Länderinformationsblatt Somalia, 25.4.2016, S. 82 ff.; EASO, Informationsbericht – Süd- und Zentralsomalia, Länderüberblick, August 2014, S. 15 ff.). Etwa 20 v.H. der Bevölkerung von Mogadischu erhalten humanitäre Unterstützung in Form von Nahrungsmittelhilfe und anderen Leistungen von humanitären Organisationen. Die Männer dieser Bevölkerungsgruppen arbeiten oft im Transportwesen, am Hafen und als Bauarbeiter; Frauen arbeiten als Hausangestellte. Eine weitere Einkommensquelle ist der Kleinhandel, vor allem mit landwirtschaftlichen Produkten. Für Arbeitslose gibt es seitens der Regierung keinerlei Unterstützung. Arbeitslose Jugendliche werden in erster Linie von der Familie in Somalia und von Verwandten im Ausland versorgt. Dabei kann angenommen werden, dass es in Mogadischu viel mehr Arbeitsmöglichkeiten gibt als an anderen Orten Somalias. Der ökonomische Wiederaufbau verlangt sowohl nach erfahrenen, ausgebildeten Arbeitskräften als auch nach jungen Menschen ohne Bildung und Arbeitserfahrung, insbesondere im Baugewerbe aber auch in zahlreichen anderen Wirtschaftszweigen. Mit der steigenden Kaufkraft der Bevölkerung steigt auch die Nachfrage nach Dienstleistungen, z.B. nach Reinigungskräften oder anderer Hausarbeit. Mit der zunehmenden Sicherheit in Mogadischu sind auch aus anderen Teilen des Landes unausgebildete Arbeitskräfte auf der Suche nach Arbeit in die Hauptstadt gekommen. Dementsprechend sind unqualifizierte Arbeitskräfte, deren physische Kraft benötigt wird, vor allem in der kontinuierlich wachsenden Bauwirtschaft und als Hafenarbeiter, in Mogadischu zahlreich verfügbar. Dabei werden jedoch junge Bewerber bevorzugt. Der Mangel an Fachkräften ist so groß, dass in manchen Bereichen auf Gastarbeiter zurückgegriffen wird. Weil freie Stellen oft nicht breit beworben werden und die Arbeitgeber den Clan und die Verwandtschaft eher berücksichtigen als erworbene Fähigkeiten, haben Bewerber ohne gute Verbindungen oder aus Minderheiten sowie Frauen, Witwen und Migranten ohne Familien schlechtere Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Arbeitssuchende greifen deshalb auf ihre privaten Netzwerke zurück. Vor allem junge, nicht ausgebildete Männer sind auf die Arbeit als Tagelöhner angewiesen. Der militärische Erfolg gegen Al-Shabaab in Mogadischu hat dazu geführt, dass viele Somali aus der Diaspora zurückgekehrt sind. Die Rückkehrer haben investiert und gleichzeitig eine wachsende Nachfrage geschaffen. Außerdem traten neue Investoren aus dem Ausland in den Vordergrund. Heute ist Mogadischu vom Wiederaufbau, ökonomischer Wiedererholung und Optimismus gekennzeichnet (vgl. zum Ganzen: BayVGH, U.v. 28.3.2017 – 20 B 15.30204 – juris Rn. 35).
Unter Zugrundelegung dieser Umstände ist im Fall des Klägers nicht ersichtlich, dass er bei einer Rückkehr nach Mogadischu mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage bzw. unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wäre. Der Kläger ist ein junger, hinreichend gesunder und erwerbsfähiger Mann, der nach eigener Aussage über eine neunjährige Schulbildung und Berufserfahrung als Friseur verfügt (Anhörung, Blatt 54 der Verwaltungsakte). Die Zugehörigkeit des Klägers zum Minderheitenclan der Madhiban ist – wie ausgeführt – nicht hinreichend belegt. Selbst wenn man die Zugehörigkeit des Klägers zum Minderheitenclan der Madhiban zugrunde legte, wäre jedoch zu bedenken, dass der Kläger in Mogadischu geboren ist dort bis zu seiner Ausreise gelebt hat. Er ist somit mit den örtlichen Verhältnissen vertraut und kann auf örtliche Kontakte zurückgreifen. In Mogadischu verfügt der Kläger zudem über ein familiäres Netzwerk (Eltern, 6 Geschwister und eine Tante, Blatt 43 und 54 der Verwaltungsakte), das ihn soweit erforderlich unterstützen kann. Der Kläger kann daher sich und seiner Ehefrau dort wieder eine hinreichende Existenz aufbauen.
Auch dass aufgrund der derzeitigen Dürre in Teilen Somalias für den Kläger bei Rückkehr in seine Heimatstadt Mogadischu eine Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG rechtfertigende extreme Gefahrenlage gegeben ist, ist derzeit (§ 77 Abs. 1 AsylG ) nicht ersichtlich.
Ausweislich einer aktuellen Kurzinformation des Österr. Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 27. Juni 2017 hat sich in Somalia eine humanitäre Katastrophe entwickelt, nachdem über zwei Jahre beide Regenzeiten (Deyr und Gu) ausgeblieben sind. Das System von Subsistenz-Landwirtschaften in den Flussgebieten von Shabelle und Juba ist teilweise zusammengebrochen; die Preise für Grundnahrungsmittel haben sich verdoppelt. Millionen Stück Vieh sind verendet (zwischen 50 und 80 v.H. des Viehbestands). In vielen Städten Süd/Zentralsomalias sind Nahrungsmittel für Binnenflüchtlinge und sehr arme Bevölkerungsteile kaum mehr leistbar. Die Dürresituation hält vor allem im Südwesten Somalias weiter an, dort bleibt die Angst vor einer Hungersnot bestehen. In den nördlichen und zentralen Teilen des Landes hat der teils durchschnittliche, teils überdurchschnittliche Regen im Jahr 2017 zur verbesserten Weide- und Wasserlage beigetragen. Gleichzeitig ist eine massive Hilfsoperation angelaufen, an der zahlreiche ausländische und lokale NGOs beteiligt sind. Dank der großzügigen Ressourcen, die von Gebern zur Verfügung gestellt worden sind, konnten nationale und internationale NGOs sowie UNO-Agenturen ihre humanitäre Unterstützung in ganz Somalia massiv nach oben fahren. Dabei wird mit den Behörden zusammengearbeitet. In Mogadischu, Baidoa und Garoowe wurden Koordinierungszentren eingerichtet. Koordinierung und Management der Operationen sind angesichts der Fehler in der Vergangenheit (2011) stark verbessert worden. Die internationale Unterstützung erfolgte relativ rasch, die Anstrengungen sind besser koordiniert. Auch auf nationaler Ebene wurde reagiert und geholfen. Die Regierung hat Anstrengungen unternommen, selbst Studenten wurden ermutigt, jeweils 10 US-$ zu spenden. Firmen und Wirtschaftstreibende 64 haben signifikant zu den Hilfskampagnen beigetragen. Die Zahl der Menschen, die durch die Operationen zur Verbesserung des Zugangs zu Nahrungsmitteln erreicht werden, hat sich von 1,1 Mio. im Februar 2017 auf 1,7 Mio. erhöht. Allein im März 2017 konnten 332.000 Kinder von Ernährungsleistungen profitieren. Darunter waren 69.000 schwer unterernährte Kinder unter 5 Jahren. Auch die Versorgung mit sicherem Trinkwasser wurde hochgefahren. Dabei wurden zwischen Januar und März 2017 knapp 1.150.000 Menschen erreicht. Allein im Februar 2017 hat sich die Zahl der Erreichten verdoppelt. Trotz aller Bemühungen wurden die gesetzten Ziele aber nicht erreicht, die humanitäre Lage verschlechtert sich weiter. Das Risiko einer Hungersnot besteht weiterhin. 6,2 Mio. Menschen sind akut von Nahrungsmittelknappheit betroffen, 3 Mio. Menschen brauchen lebenserhaltende Unterstützung. Seit November 2016 verließen über 740.000 Menschen aufgrund der Dürre ihre Heimatgebiete, darunter 480.000 unter 18jährige. Aus manchen Regionen wurden Hungertote gemeldet – etwa aus Bay. Einige Schwierigkeiten, die schon im Jahr 2011 vorherrschten, bestehen auch weiterhin. Unsicherheit und mangelnder Zugang zu Hilfsgütern sind problematisch. Vor allem in Süd-/Zentralsomalia hindert die schlechte Sicherheitslage Menschen manchmal am Zugang zu humanitärer Hilfe. Dabei ist Süd-/Zentralsomalia wieder das Epizentrum der humanitären Krise. Diese wird dort durch lokale Clan-Konflikte und Al-Shabaab noch verschärft. Dahingegen waren zwar auch Teile („pockets“) von Somaliland und Puntland schwer von der Dürre betroffen. Dort ist die Situation aber bei weitem weniger schlecht als im Süden. Überhaupt variiert die Abdeckung mit internationaler humanitärer Unterstützung regional. Die meisten Gebiete in Somaliland und Puntland sind besser abgedeckt, die Möglichkeiten in Süd/Zentralsomalia mehr eingeschränkt (siehe zum Ganzen: Österr. Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation -Somalia, Kurzinformationen v. 27.6.2017, S. 6 f.).
Hiervon ausgehend sind die Voraussetzungen aus § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG bei einer Rückkehr des Klägers nach Mogadischu nicht gegeben. Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass nach den Erkenntnismitteln die humanitäre Lage in Teilen von Somalia derzeit besorgniserregend ist; Süd-/Zentralsomalia -dort liegt auch Mogadischu – wird insoweit als Epizentrum der humanitären Krise bezeichnet. Gleichzeitig ist jedoch nach den aktuellen Erkenntnismitteln eine massive Hilfsoperation in Somalia angelaufen, die im Laufe der ersten Jahreshälfte 2017 durchaus beachtliche Erfolge erzielen konnte, auch wenn das Risiko einer Risiko einer Hungersnot fortbesteht. Dass die oben dargestellte, grundsätzlich positive Entwicklung für Mogadischu und der daraus folgende Ausschluss eines Abschiebungsverbots für den Kläger aufgrund der Dürre grundsätzlich infrage gestellt würden, lässt sich aus den vorliegenden Erkenntnismitteln nicht ableiten. Vielmehr gilt, dass der Kläger von der derzeitigen Dürrekatastrophe in ländlichen Gebieten Somalias in Mogadischu allenfalls mittelbar betroffen ist. Auch nach dem Dokument „Somalia: Humanitarian Snapshot“ des UNO-Büros für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten -OCHA – vom 7. November 2017 (abrufbar unter https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/somalia humanitarian snaps hot – november 2017.pdf) gilt, dass Mogadischu bzw. der Distrikt Benadir zu den Bereichen gehören, in denen zwar eine krisenartige Lebensmittelversorgungsunsicherheit der Phase 3, jedoch keine Notfallsituation besteht (vgl. zum Ganzen auch: BayVGH, U.v. 28.3.2017 – 20 B 15.30204 – juris Rn. 37; U.v. 23.3.2017 – 20 B 15.30110 – juris Rn. 39).
Abschließend ist noch klarzustellen, dass im Fall des Klägers auch kein krankheitsbedingtes Abschiebungsverbot aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG gegeben ist.
Nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nach § 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (§ 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG ). Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt gemäß § 60 Abs. 7 Satz 4 AufenthG in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats 67 gewährleistet ist. Gefahren i.S.v. § 60 AufenthG , denen die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind gemäß § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG nur bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen.
Vorliegend ergibt sich aus dem fachärztlichen Attest vom 26. Januar 2017 (Blatt 62 f. der Verwaltungsakte) nicht das Vorliegen einer erheblichen konkreten Gefahr aus gesundheitlichen Gründen. Insbesondere ist nicht dargelegt, dass beim Kläger lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankungen vorliegen, die sich im Heimatland bei fehlender fachgerechter Behandlung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit alsbald wesentlich verschlechtern würden (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufenthG ). Der Facharzt stellt insoweit selbst zur chronischen Gastritis klar, dass eine Tumorentstehung nur eine Möglichkeit bei ausbleibenden Kontrollen sei und überdies nur im Verlauf von Jahren in Betracht komme. Zur psychischen Problematik berichtet das Attest nur über einen etwa zweiwöchigen stationären Aufenthalt im Bezirkskrankenhaus im Frühjahr 2016 sowie einen Suizidversuch; zur derzeitigen psychischen Gesundheit des Klägers äußert sich das Attest hingegen nicht. Hierzu hat der Kläger vielmehr beim Bundesamt selbst angegeben, dass eine im März 2016 erfolgte Psychotherapie abgeschlossen sei (Blatt 56 der Verwaltungsakte). Zur latenten Tuberkulose führt der Facharzt aus, dass diese derzeit nicht aktiv sei. Der Kläger selbst hat überdies in der mündlichen Verhandlung seinen Gesundheitszustand nicht thematisiert, so dass davon auszugehen ist, dass auch aus seiner Sicht aktuell keine abschiebungsrelevanten Beschwerden bestehen.
d) Die Abschiebungsandrohung unter Nr. 5 des streitgegenständlichen Bescheids (Frist: 30 Tage) findet ihre Rechtsgrundlage in § 34 AsylG , § 38 AsylG und § 59 AufenthG.
2. Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei. Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.