Verwaltungsrecht

Kein Anspruch auf Zulassung zum Studium der Betriebswirtschaft bei Ausschöpfung der Ausbildungskapazität

Aktenzeichen  7 CE 16.10139

Datum:
5.7.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayHZV BayHZV § 40, § 48
BayLUFV § 4, § 5, § 7
VwGO VwGO § 123, § 146

 

Leitsatz

§ 7 Abs. 5 BayLUFV begrenzt den Umfang der Ermäßigungen sowohl in Bezug auf die einzelnen Lehrpersonen als auch in Bezug auf die Gesamtheit der Lehrverpflichtungen der hauptberuflichen Lehrpersonen. Mit dieser Regelung hat der Verordnungsgeber einen angemessenen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen der Fachhochschulen, des dortigen Lehrpersonals, der Studierenden sowie der Studienbewerber vorgenommen und Ermäßigungen der Lehrverpflichtungen für Lehrpersonen an Fachhochschulen auch unter Berücksichtigung des Gebots der erschöpfenden Nutzung der Ausbildungskapazität für unbedenklich erachtet. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

3 E 15.4182 2016-03-15 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,– Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum Studium der Betriebswirtschaft (Bachelor) im ersten Fachsemester an der Hochschule für angewandte Wissenschaften München (Hochschule) nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2015/2016. Sie macht geltend, die Hochschule habe ihre tatsächliche Ausbildungskapazität nicht ausgeschöpft.
Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat den Antrag mit Beschluss vom 15. März 2016 abgelehnt.
Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel weiter. Sie trägt vor, die Hochschule habe in der Kapazitätsberechnung bei der Ermittlung des Lehrangebots zu Unrecht 87,9352 Semesterwochenstunden (SWS) als „Bedarf für Fortschreibung Ausbau 11/12 bzw. 12/13 bzw. 14/15“ abgezogen. Ebenso seien Ermäßigungen der Lehrverpflichtungen und der Dienstleistungsexport für der Lehreinheit nicht zugeordnete Studiengänge nicht plausibilisiert worden. Auch habe das Verwaltungsgericht die Höhe der Lehrauftragsstunden nicht in Zweifel gezogen und auf die Übermittlung anonymisierter Belegungslisten verzichtet. Auf die Schriftsätze des Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 17. Mai 2016 und 22. Juni 2016 wird verwiesen.
Der Antragsgegner widersetzt sich der Beschwerde.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Das Beschwerdevorbringen, auf das sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), begründet den geltend gemachten Anordnungsanspruch der Antragstellerin nicht.
1. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die Hochschule ihre Ausbildungskapazität für Studienanfänger (erstes Fachsemester) im Studiengang Betriebswirtschaft (Bachelor) ausgeschöpft hat. Der Senat folgt den Gründen des streitgegenständlichen Beschlusses des Verwaltungsgerichts und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist im Hinblick auf das Vorbringen der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren zu bemerken:
a) Die Hochschule hat in der Kapazitätsberechnung bei der Ermittlung des Lehrangebots zu Recht 87,9352 Semesterwochenstunden (SWS) als „Bedarf für Fortschreibung Ausbau 11/12 bzw. 12/13 bzw. 14/15“ abgezogen, weil das Lehrangebot aus dem Ausbauprogramm insoweit nicht mehr für Studienanfänger im Wintersemester 2015/2016 (und im Sommersemester 2016) zur Verfügung steht, sondern – wie sich aus der Unterlage „3.b Berechnung Anlage“ der Kapazitätsberechnung ergibt – für die Ausbildung fortgeschrittener Fachsemester (5. bis 7. Fachsemester) und für Studienanfänger im Masterstudiengang benötigt wird und damit für Studienanfänger im Wintersemester 2015/2016 bereits „verbraucht“ ist. Die Vorgehensweise der Hochschule ist korrekt, weil das Ausbauprogramm – mit einer daraus folgenden Erhöhung des Lehrangebots – lediglich zum Ausgleich zusätzlicher Belastungen in den Vorjahren („zusätzliche Studienplätze zur Bewältigung des prognostizierten ‚Studierendenberges‘/doppelten Abiturientenjahrgangs“; vgl. Unterlage „3.b Berechnung Anlage“ der Kapazitätsberechnung) geschaffen wurde und bei der Feststellung der („regulären“) Aufnahmekapazität somit unberücksichtigt bleibt; die entsprechenden Maßnahmen wurden dementsprechend auch gesondert ausgewiesen (vgl. § 40 Abs. 2 der Verordnung über die Hochschulzulassung an den staatlichen Hochschulen in Bayern [Hochschulzulassungsverordnung – HZV] vom 18.6.2007 [GVBl S. 401; BayRS 2210-8-2-1-1-K], zuletzt geändert durch Verordnung vom 31.3.2015 [GVBl S. 74]). Weil die Erhöhung des Lehrangebots aus dem Ausbauprogramm nicht nur den seinerzeitigen (vermehrten) Studienanfängern im ersten Fachsemester, sondern diesen Studierenden während ihrer gesamten Hochschulausbildung zur Verfügung stehen muss, stellt die Hochschule zu Recht – dem Studienverlauf folgend – das aus dem Ausbauprogramm resultierende zusätzliche Lehrangebot vorrangig für die fortgeschrittenen Fachsemester (und nunmehr erstmals auch für Studienanfänger des Masterstudiengangs) zur Verfügung. Das Lehrangebot aus dem Ausbauprogramm steht für gegenwärtige Studienanfänger somit nur noch in dem Umfang zur Verfügung, als es nicht bereits für die weitere Ausbildung der mittlerweile fortgeschrittenen Studierenden „verbraucht“ ist.
b) Entgegen der Ansicht der Antragstellerin hat das Verwaltungsgericht die von der Hochschule in der Kapazitätsberechnung berücksichtigten Ermäßigungen der Lehrverpflichtungen und den Dienstleistungsexport für der Lehreinheit nicht zugeordnete Studiengänge hinreichend überprüft. Auf die entsprechenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts (S. 8 f. im Urteil) wird verwiesen.
aa) Das Verwaltungsgericht hat zu Recht nicht nur Ermäßigungen der Lehrverpflichtungen nach Maßgabe des § 7 Abs. 1 der Verordnung über die Lehrverpflichtung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an Universitäten, Kunsthochschulen und Fachhochschulen (Lehrverpflichtungsverordnung – LUFV) vom 14. Februar 2007 (GVBl S. 201; BayRS 2030-2-21-K), zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. Juli 2014 (GVBl S. 286), sondern auch Ermäßigungen nach Maßgabe des § 7 Abs. 5 LUFV anerkannt. Die insoweit gewährten Ermäßigungen der Lehrverpflichtungen sind kapazitätsrechtlich zu berücksichtigen (§ 46 Abs. 2 Satz 1 HZV).
Der Verordnungsgeber hat in § 7 Abs. 5 LUFV im Einzelnen geregelt, in welchem Umfang dem Lehrpersonal an Fachhochschulen für die Durchführung anwendungsbezogener Forschungs- und Entwicklungsvorhaben sowie für die Wahrnehmung von weiteren dienstlichen Aufgaben und Funktionen in Fachhochschulen, die nach Art oder Umfang von der Hochschulverwaltung nicht übernommen werden können und deren Übernahme zusätzlich zu der Lehrverpflichtung wegen der damit verbundenen Belastung nicht zumutbar ist, Ermäßigungen gewährt werden können. Er hat den Umfang der Ermäßigungen sowohl in Bezug auf die einzelnen Lehrpersonen (bis zu vier bzw. acht Lehrveranstaltungsstunden [LVS]) als auch in Bezug auf die Gesamtheit der Lehrverpflichtungen der hauptberuflichen Lehrpersonen (bis zu 5 v. H. hinsichtlich der Wahrnehmung weiterer dienstlicher Aufgaben und Funktionen bzw. bis zu 7 v. H. hinsichtlich der Ermäßigungen nach § 7 Abs. 5 LUFV insgesamt) begrenzt. Die Ermäßigungen werden vom Staatsministerium gewährt; das Staatsministerium kann diese Befugnis den Fachhochschulen als staatliche Angelegenheit übertragen. Mit dieser Regelung des § 7 Abs. 5 LUFV hat der Verordnungsgeber – unter Berücksichtigung der deutlich höheren Lehrverpflichtungen der Lehrpersonen an Fachhochschulen (§ 5 LUFV) im Vergleich zum Umfang der Lehrverpflichtungen von Lehrpersonen an Universitäten (§ 4 LUFV) – einen angemessenen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Interessen der Fachhochschulen, des dortigen Lehrpersonals, der Studierenden sowie der Studienbewerber vorgenommen und Ermäßigungen der Lehrverpflichtungen für Lehrpersonen an Fachhochschulen – im vorgegebenen Rahmen – auch unter Berücksichtigung des Gebots der erschöpfenden Nutzung der Ausbildungskapazität für unbedenklich erachtet.
Dem Lehrpersonal der Hochschule sind – ausweislich der Kapazitätsberechnungsunterlagen („Übersicht über die Verminderungen“) – lediglich in einem Umfang von 52,5 Semesterwochenstunden (SWS = LVS) Ermäßigungen der Lehrverpflichtungen nach Maßgabe des § 7 Abs. 5 LUFV gewährt worden. Dabei bewegen sich die den einzelnen Lehrpersonen gewährten Ermäßigungen zwischen 0,5 und max. 3 SWS. Im Verhältnis zur Gesamtheit der Lehrverpflichtungen aller hauptberuflichen Lehrpersonen (940 SWS), zu denen auch solche hauptberuflichen Lehrpersonen zählen, die im Rahmen des „Ausbauprogramms“ lediglich vorübergehend an der Hochschule tätig sind, beträgt der Umfang der Ermäßigungen lediglich 5,59 v. H. und bleibt damit deutlich unter der Höchstgrenze von 7 v. H. Auch die für die Wahrnehmung weiterer dienstlicher Aufgaben und Funktionen geltende Grenze für Ermäßigungen in Höhe von 5.v. H. (§ 7 Abs. 5 Satz 2 LUFV) ist eingehalten, weil von den insgesamt 52,5 SWS lediglich 44 SWS nach Maßgabe dieses Tatbestands gewährt worden sind. Zweifel am – in der Kapazitätsberechnung zu berücksichtigenden – Umfang der gewährten Ermäßigungen bestehen danach nicht.
bb) Den Kapazitätsberechnungsunterlagen lassen sich ebenso die Dienstleistungen (§ 48 HZV) für die drei der Lehreinheit nicht zugeordnete Studiengänge – auch im Hinblick auf die einzelnen Lehrveranstaltungen – ohne weiteres entnehmen. Anlass zur Beanstandung der Kapazitätsberechnung hat das Verwaltungsgericht insoweit zu Recht nicht gesehen.
c) Das Verwaltungsgericht war schließlich auch nicht verpflichtet, die Angaben der Hochschule zu den Lehrauftragsstunden in Zweifel zu ziehen oder auf der Übermittlung „anonymisierter Belegungslisten“ zu bestehen.
Zu Recht geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass die Angaben der Hochschule zu den Lehrauftragsstunden und den Studierendenzahlen glaubhaft sind. Tatsächlich gibt es keinerlei Hinweis darauf, dass die Hochschule – deren Angaben in der Kapazitätsberechnung ohnehin vom Staatsministerium überprüft werden – „falsche“ Angaben macht. Auch ist die Vorlage anonymisierter Belegungslisten kaum geeignet, Erkenntnisse zu unterstellten „Doppeleintragungen“ oder Beurlaubungen (soweit kapazitätsrechtlich von Bedeutung) einzelner Studierender zu gewinnen.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i. V. m. Nr. 1.5 und Nr. 18.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Anhang) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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