Aktenzeichen 22 ZB 17.1419
BayBO Art. 40 Abs. 1, Art. 54 Abs. 2 S. 2
Leitsatz
1 Der Eigentümer einer Feuerstätte hat keine Wahl- oder Tauschmöglichkeit hinsichtlich der Person des die Feuerstättenschau durchführenden bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers (ebenso BayVGH BeckRS 2017, 535). (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)
2 § 11 SchfHwG und § 18 Abs. 2 und 3 SchfHwG regeln abschließend die Fälle, in denen eine Vertretung des die Feuerstättenschau durchführenden bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers in Betracht kommt. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
Verfahrensgang
M 1 K 16.5663 2017-06-06 GeB VGMUENCHEN VG München
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I.
Der Kläger wendet sich gegen die angeordnete Stilllegung einer Gasfeuerstätte.
Mit Bescheid vom 15. November 2016 bestätigte das Landratsamt München die Stilllegung einer Gasfeuerstätte im Anwesen des Klägers auf dem Grundstück Fl.Nr. … der Gemarkung T … durch den bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger und verpflichtete ihn unter Anordnung des Sofortvollzugs, den Betrieb der Gasfeuerstätte bis zum Nachweis der Betriebssicherheit durch Vorlage eines Feuerstättenbescheids beim Landratsamt zu unterlassen.
Für die im Keller des klägerischen Anwesens befindliche Gasfeuerstätte sei turnusmäßig eine Feuerstättenschau durch den zuständigen Bezirksschornsteinfeger zur Sicherstellung der Betriebssicherheit durchzuführen. Diese Feuerstättenschau habe seit 7. Juli 2011 trotz mehrmaliger Ankündigungen und unter Anwendung unmittelbaren Zwangs nicht durchgeführt werden können, da der Zugang zur Gasfeuerstätte im Untergeschoss durch Gegenstände versperrt gewesen sei. Der Bezirksschornsteinfeger habe mit Schreiben vom 9. September 2016 im Rahmen einer Sicherungsmaßnahme die Gasfeuerstätte vorläufig stillgelegt. Die Stilllegung der Gasfeuerstätte werde auf der Grundlage des Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO angeordnet, da sie zur Vermeidung einer Gefährdung im öffentlichen Interesse erforderlich sei. Feuerstätten, die nicht stillgelegt seien, müssten gemäß Art. 40 Abs. 1 BayBO betriebs- und brandsicher sein. Mit Durchführung einer Feuerstättenschau durch den zuständigen Bezirksschornsteinfeger werde gewährleistet, dass der Zustand der Feuerstätte überprüft und so ein ordnungsgemäßer Betrieb sichergestellt werde. Die Feuerstättenschau sei turnusmäßig zu wiederholen, sofern die Feuerstätte nicht stillgelegt worden sei. Da die Betriebssicherheit der Feuerstätte im vorgenannten Anwesen des Klägers bisher nicht habe festgestellt werden können, seien die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen für die Anordnung zur Stilllegung der Gasfeuerstätte gegeben. Die Stilllegung der Gasfeuerstätte sei nach Abwägung des diesem Einzelfall zu Grunde liegenden Sachverhalts geboten.
Das Bayerische Verwaltungsgericht München lehnte einen gleichzeitig mit der Klageerhebung gegen den Bescheid vom 15. November 2016 gestellten Antrag des Klägers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung mit Beschluss vom 17. Januar 2017 ab (M 1 S 16.5664). Eine Beschwerde hiergegen wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 20. März 2017 zurück (Az. 22 CS 17.341). Die Anfechtungsklage des Klägers hat das Verwaltungsgericht mit Gerichtsbescheid vom 6. Juni 2017 abgewiesen.
Der Kläger hat die Zulassung der Berufung beantragt und macht ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsbescheids geltend.
Der Beklagte hat die Ablehnung des Zulassungsantrags beantragt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und die beigezogenen Behördenakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos. Aus den insoweit maßgeblichen Darlegungen des Klägers (§ 84 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 i.V.m. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergibt sich der geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Gerichtsbescheids (§ 84 Abs. 3 i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht.
Es ist zunächst ohne Belang, dass sich der Kläger in der Antragsbegründung nicht ausdrücklich auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bezieht. Es genügt insoweit, dass er mit dem Vortrag, die erfolgte Klageabweisung sei aus tatsächlichen und rechtlichen Gesichtspunkten heraus nicht haltbar, sinngemäß ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung geltend macht.
Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen dann, wenn gegen die Richtigkeit des Gerichtsbescheids nach summarischer Prüfung gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (Kopp/Schenke, VwGO, 18. Aufl. 2012, § 124 Rn. 7 m.w.N.). Diese schlüssigen Gegenargumente müssen gemäß § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO innerhalb offener Frist vorgebracht werden. Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (BVerfG, B.v. 8.12.2009 – 2 BvR 758/07 – NVwZ 2010, 634/641; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 62 f.).
Teil der maßgeblichen Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheids ist die Begründung des angefochtenen Bescheids vom 15. November 2016, soweit das Verwaltungsgericht gemäß § 84 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 117 Abs. 5 VwGO dieser Begründung folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt (vgl. S. 6 des Abdrucks). Es handelt sich nicht, wie der Kläger meint, um eine unzulässige und unsachgemäße Verkürzung der Entscheidungsgründe, sondern um eine im Gesetz ausdrücklich vorgesehene Möglichkeit, insbesondere auch zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Darstellung dieser Gründe abzusehen.
Der Kläger hat keine ernstlichen Zweifel an der Bewertung des Verwaltungsgerichts dargelegt, dass die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Stilllegungsverfügung auf der Grundlage des Art. 54 Abs. 2 Satz 2 BayBO erfüllt sind und diese Verfügung zudem ermessensfehlerfrei ergangen ist.
Der Kläger stellt nicht in Frage, dass die betreffende Feuerstätte der Pflicht zur Überprüfung der Betriebs- und Brandsicherheit im Rahmen der Feuerstättenschau unterliegt; diese darf grundsätzlich frühestens drei Jahre und soll spätestens fünf Jahre nach der letzten Feuerstättenschau durchgeführt werden (§ 14 Abs. 1 Sätze 2 und 3 des Schornsteinfegerhandwerksgesetzes – SchfHwG). Er macht vielmehr im Wesentlichen geltend, dass er die Durchführung der Feuerstättenschau durch den für den Bezirk bestellten bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger (§ 8 Abs. 1 SchfHwG) nicht hinnehmen müsse, da dieser bei seinem Anwesen Schäden verursacht und sich als inkompetent erwiesen habe.
Damit wird die Bewertung des Verwaltungsgerichts im angefochtenen Gerichtsbescheid (S. 6 des Abdrucks) nicht in Zweifel gezogen, wonach die Betriebs- und Brandsicherheit bei der Feuerstätte des Klägers nicht sichergestellt sei, weil seit November 2011 keine Feuerstättenschau mehr stattgefunden habe, und deshalb die Stilllegungsverfügung verhältnismäßig und interessengerecht sei. Aus den Darlegungen des Klägers ergibt sich nicht, inwieweit die Betriebs- und Brandsicherheit auch ohne Durchführung der Feuerstättenschau entsprechend der gesetzlichen Fristen gewährleistet wäre. Insoweit ist unerheblich, dass der Kläger sinngemäß meint, er wäre hypothetisch damit einverstanden gewesen, wenn ein anderer Bezirksschornsteinfeger die Feuerstättenschau durchführt hätte.
Zu den Vorbehalten des Klägers gegenüber dem zuständigen bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger führt das Verwaltungsgericht (a.a.O.) in Einklang mit der Beschwerdeentscheidung des Verwaltungsgerichtshofs vom 20. März 2017 (Az. 22 CS 17.341 – juris Rn. 18) aus, dass § 10 und § 14 SchfHwG keine Wahl- oder Tauschmöglichkeit des Eigentümers einer Feuerstätte hinsichtlich der Person des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers vorsehen. Die Bestellung eines bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers beziehe sich grundsätzlich nur auf einen Bezirk.
Die Antragsbegründung des Klägers enthält hierzu keine schlüssigen Gegenargumente. Der Kläger legt nicht dar, inwieweit dem Gesetz ein Anspruch auf die Durchführung der Feuerstättenschau durch einen anderen Bezirksschornsteinfeger zu entnehmen wäre und inwieweit die von ihm angesprochene eigene Fachkunde insoweit von Bedeutung sein könnte. Es erschließt sich auch nicht, inwieweit sich ein solches Recht des Klägers daraus ergeben sollte, dass er dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger den Zutritt zu seinem Anwesen rein tatsächlich verwehren könnte. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger als Grundstückseigentümer gesetzlich verpflichtet ist, dem bevollmächtigten Bezirksschornsteinfeger und sonstigen Beauftragten der zuständigen Behörden für die Durchführung der in den §§ 14, 15 und 26 SchfHwG bezeichneten Tätigkeiten sowie von Tätigkeiten, die durch Landesrecht vorgesehen sind, Zutritt zu den Grundstücken und Räumen zu gestatten (§ 1 Abs. 3 SchfHwG). Diese Pflicht kann durch eine behördliche Anordnung im Einzelfall z.B. dahingehend konkretisiert werden, dass der Grundstückseigentümer verpflichtet wird, die Durchführung der Feuerstättenschau in seinem Anwesen an bestimmten Terminen zu dulden. Entsprechende Bescheide zur Durchsetzung der verweigerten Feuerstättenschau hat das Landratsamt gegenüber dem Kläger am 21. April und 11. August 2016 erlassen (vgl. S. 2 des Abdrucks des Gerichtsbescheids).
Auch aus den Regelungen über die Vertretung des bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers in § 11 SchfHwG und ferner in § 18 Abs. 2 und 3 SchfHwG ergibt sich nicht, dass im vorliegenden Fall die Feuerstättenschau von einem anderen Bezirksschornsteinfeger durchgeführt werden könnte. Das Verwaltungsgericht weist im angefochten Gerichtsbescheid (S. 6 des Abdrucks) zutreffend darauf hin, dass es sich bei den genannten Regelungen um eine abschließende gesetzliche Regelung der Vertretungsfälle handelt. Aus der Antragsbegründung ergibt sich nicht näher, was für die vom Kläger angenommene planwidrige Regelungslücke sprechen könnte, die eine analoge Anwendung der Vertretungsregelung im Fall der ausstehenden Feuerstättenschau auf dem klägerischen Anwesen erlauben könnte.
Wie der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 20. März 2017 (Az. 22 CS 17.341 – juris Rn. 18) unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 17.12.2015 – 7 C 5.14 – GewArch 2016, 389/391 Rn. 26 a.E.) zudem bereits näher ausgeführt hat wird der Problematik fachlich nicht ordnungsgemäßer Amtsführung nach der gesetzlichen Konzeption des SchfHwG nicht durch den Ausschluss des betroffenen Bezirksschornsteinfegers aus dem Verwaltungsverfahren, sondern durch mit disziplinarischen Mitteln (vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 2, § 21 Abs. 3 SchfHwG) durchsetzbare Berufspflichten (vgl. § 18 Abs. 1 SchfHwG) Rechnung getragen.
Aus den Darlegungen in der Antragsbegründung ergibt sich auch nicht, inwieweit die ausschließliche Zuständigkeit des für den betreffenden Bezirk bestellten bevollmächtigten Bezirksschornsteinfegers zur Durchführung der Feuerstättenschau verfassungswidrig sein könnte, wie der Kläger behauptet. Zudem kann sich ein Grundstückseigentümer bei Annahme einer nicht ordnungsgemäßen Amtsführung durch den betreffenden Bezirksschornsteinfeger an das Landratsamt als zuständige Aufsichtsbehörde wenden (vgl. § 21 Abs. 1 Satz 1 SchfHwG i.V.m. § 1 Schornsteinfegerzuständigkeitsverordnung – ZuVSchfw). Das Verwaltungsgericht hat in der angefochtenen Entscheidung ausgeführt (S. 6 f. des Abdrucks), Hinweise darauf, dass sich der Beklagte – wie der Kläger vortrage – aus Unkenntnis der Gefährlichkeit von gasbetriebenen Feuerungsanlagen oder mit dem Ziel einer bewussten Gefährdung des Klägers weigere, einen anderen Schornsteinfeger einzusetzen, seien nicht erkennbar. Der Kläger hat auch gegen diese Annahme des Verwaltungsgerichts keine konkreten Einwände erhoben.
Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.
Streitwert: § 52 Abs. 2, § 47 Abs. 3 GKG.