Verwaltungsrecht

Keine Verfolgung armenischer Christen im Iran

Aktenzeichen  W 8 K 16.32560

Datum:
23.10.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
EMRK EMRK Art. 3
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5
AsylG AsylG § 25 Abs. 1, Abs. 2

 

Leitsatz

1 Wegen des Auslandsaufenthalts oder der Asylantragstellung in Deutschland droht im Iran keine Verfolgung. Personen, die den Iran illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, bekommen von der iranischen Vertretung ein Passersatzpapier und können in den Iran zurückkehren. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2 Die Lebensumstände armenischer Christen im Iran begründen kein Abschiebungshindernis, zumal der Vielvölkerstaat Iran gegenüber der ethnischen Minderheit grundsätzlich eine auf Ausgleich bedachte Politik verfolgt. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

Die Klage, über die entschieden werden konnte, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung erschienen sind (§ 102 Abs. 2 VwGO), ist zulässig, aber unbegründet.
Der Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 8. Dezember 2016 ist – soweit er überhaupt noch angefochten wurde, konkret betreffend die Nrn. 4 bis 6 – rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Insbesondere liegen die Voraussetzungen nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich des Irans nicht vor (§ 113 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 5 Satz 1 VwGO). Die Abschiebungsandrohung in den Iran ist nicht zu beanstanden. Das Gericht folgt im Ergebnis sowie in der wesentlichen Begründung dem angefochtenen Bescheid und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Zur Klarstellung weist das Gericht darauf hin, dass die Klägerin die ursprüngliche Klage auf entsprechende Aufhebung des streitgegenständlichen Bescheides und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise auf Gewährung subsidiären Schutzes, zurückgenommen hat, nachdem sie in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich erklärt hatte, nicht vom Islam zum Christentum konvertiert zu sein, sondern gebürtige Christin armenischer Volkszugehörigkeit zu sein. Damit war das betreffende Begehren im Folgeverfahren hinfällig geworden.
Soweit die Klage aufrechterhalten wurde, ist das Gericht insbesondere auch nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung nicht davon überzeugt, dass der Klägerin bei einer Rückkehr in den Iran eine ernsthafte Gefahr, insbesondere der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe (Art. 3 EMRK i.V.m. § 60 Abs. 5 AufenthG) mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.
Die Klägerin hat vorliegend keinen Anspruch auf Feststellung des Vorliegens von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK bzw. gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Der Begriff der tatsächlichen Gefahr bzw. des realen Risiko in der europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) ist mit der beachtlichen Wahrscheinlichkeit vergleichbar (BVerwG, U.v. 20.2.2013, 10 C 23/12 – BVerwGE 146, 67). Erniedrigende oder unmenschliche Maßnahmen sind aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte ernsthaft zu befürchten, wenn stichhaltige Gründe für die Annahme des realen Risikos einer solchen Misshandlung oder Bestrafung konkret gegeben sind.
Aufgrund seiner prozessualen Mitwirkungspflicht hat ein Kläger (oder eine Klägerin) seine (ihre) Gründe für eine politische Verfolgung oder für sonst drohende Gefahren schlüssig und vollständig vorzutragen (§ 25 Abs. 1 und 2 AsylG, § 86 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz VwGO). Er muss unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt schildern, aus dem sich – als wahr unterstellt – bei verständiger Würdigung die behauptete Verfolgung ergibt. Bei den in die eigene Sphäre des Klägers fallenden Ereignissen, insbesondere seinen persönlichen Erlebnissen, muss er eine Schilderung abgeben, die geeignet ist, den Abschiebungsschutz lückenlos zu tragen. Unauflösbare Widersprüche und erhebliche Steigerungen des Vorbringens sind hiermit nicht vereinbar und können dazu führen, dass dem Vortrag im Ganzen nicht geglaubt werden kann. Bleibt ein Kläger hinsichtlich seiner eigenen Erlebnisse konkrete Angaben schuldig, so ist das Gericht nicht verpflichtet, insofern eigene Nachforschungen durch weitere Fragen anzustellen. Das Gericht hat sich für seine Entscheidung die volle Überzeugung von der Wahrheit, nicht bloß von der Wahrscheinlichkeit zu verschaffen (vgl. hierzu BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 106.84 – BVerwGE 71, 180).
Der Klägerin ist es nicht gelungen, die für ihre Ansprüche relevanten Gründe in der dargelegten Art und Weise geltend zu machen. Unter Zugrundelegung der Angaben der Klägerin ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass eine ernsthafte Gefahr bei einer Rückkehr in den Iran droht. Die Klägerin hat im Verlauf des Behördenverfahrens sowie des gerichtlichen Verfahrens, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, ungereimte und widersprüchliche sowie teils gesteigerte Angaben gemacht. Demgegenüber ließ sie eine zweifelsfreie, in sich stimmige Geschichte – gerade auch zu ihrer Staatsangehörigkeit – vermissen. Weiter stützt sie ihre Verfolgungsfurcht im Wesentlichen auf Vermutungen und Spekulationen. So bleiben letztlich nicht ausräumbare, durchgreifende Zweifel an der Glaubhaftigkeit des klägerischen Vorbringens und einer darauf beruhenden tatsächlich drohenden ernsthaften Gefahr.
Auffällig ist schon, dass die Klägerin trotz ausdrücklicher gerichtlicher Aufforderung gemäß § 87b Abs. 3 VwGO während des ganzen gerichtlichen Verfahrens ihre Klage nicht begründete. Erst wenige Tage vor der mündlichen Verhandlung bzw. in der mündlichen Verhandlung machte sie einzelne Angaben zur Klagebegründung, die indes von ihrem Vorbringen im behördlichen Verfahren eklatant abwichen. Abgesehen davon, dass sie einräumte, dass sie, ebenso wie ihre Eltern, gebürtige armenische Christin sei, erklärte sie nun, ihr Vorbringen und insbesondere ihre Identität seien zu berichtigen, der Nachname und das Geburtsjahr seien völlig anders. Sie sei im Iran im Jahr 1958 geboren. Ihre Vorfahren seien von Armenien infolge des dortigen Genozids in den Iran ausgewandert gewesen. 1972 sei die Familie nach Armenien zurückgekehrt. Die Klägerin habe im Jahr 1977 in der damaligen Sowjetunion eine neue Geburtsurkunde mit Geburtsort Iran und Volkszugehörigkeit armenisch erhalten. Die Klägerin sei armenische Staatsangehörige und habe seit 1972 ihren Wohnsitz in Armenien. Ihr Vater habe im Iran seinerzeit die iranische Staatsangehörigkeit besessen und sie ebenfalls. Ihren bisherigen richtigen Namen habe sie aus Angst nicht angegeben. Sie sei 1958 im Iran geboren und habe auch dort schon anders geheißen, als bisher angegeben. Bis zu ihrer Ausreise 1972 habe sie die iranische Staatsangehörigkeit gehabt. Sie habe aus Angst des Weiteren auch falsch angegeben, erst im Iran ihren Ehemann kennengelernt zu haben. Tatsächlich habe sie ihren Ehemann erst in Aserbaidschan kennengelernt. Sie sei ca. 30 Jahre alt gewesen.
Mit diesem Vorbringen hat die Klägerin bestehende Zweifel indes nicht eingeräumt, sondern neue Zweifel erstmals aufgeworfen. Vor diesem Hintergrund ist das Gericht auch nicht gehalten, weitergehende Nachforschungen anzustellen oder sogar Beweis zu erheben. Soweit der Klägerbevollmächtigte nun – erstmals – vorgebracht hat, der Klägerin drohe Gefahr infolge der Annahme der armenischen Staatsangehörigkeit ohne Genehmigung des iranischen Staates, fehlt es gerade an einer widerspruchsfreien und in sich stimmigen Basis für die Anstrengung weiterer Ermittlungen. Eine Beweiserhebung „ins Blaue hinein“ ist erst recht nicht veranlasst.
Denn es fehlen substanziierte und in sich stimmige Angaben zum Erwerb und Verlust gegebenenfalls der iranischen bzw. armenischen Staatsangehörigkeit. Die Klägerin erklärte, sie habe im Iran genauso wie ihr Vater die iranische Staatsangehörigkeit besessen und danach die armenische Staatsangehörigkeit erhalten. Für das Fortbestehen der iranischen Staatsangehörigkeit legte die Klägerin indes jedoch bis heute keinen Beleg vor. Im ersten Asylverfahren hatte sie noch angegeben, einen iranischen Pass besessen zu haben, den ihr Ehemann aber im Jahr 1990 vernichtet habe. Noch nicht geklärt ist weiter, ob bzw. wann und wie die Klägerin mittlerweile die armenische Staatsangehörigkeit tatsächlich erlangt hat. Letzteres hat sie zwar behauptet. Aus der vorgelegten Geburtsurkunde vom 21. Oktober 1977 ergibt sich indes laut der ebenfalls vorgelegten Übersetzung entgegen dem Vorbringen des Klägerbevollmächtigten nicht die Nationalität armenisch, sondern vielmehr nur die Volkszugehörigkeit armenisch. Soweit die Klägerin vorgebracht hat, sie habe einen armenischen Pass besessen, der inzwischen abgelaufen sei, hat sie diesen – ebenso wie einen möglicherweise früher vorhandenen iranischen Pass – bisher nicht vorgelegt. Damit fehlt es an einem Dokument, das die eine und/oder die andere Nationalität belegen könnte. Der Klägerbevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung vielmehr erklärt, dass die Geburtsurkunde (nur) die Grundlage für einen armenischen Pass darstellen würde.
Hinzu kommt, dass die Klägerin, außer kurzen allgemeinen Aussagen, auch sonst keine substanziierten Angaben zu ihren Staatsangehörigkeit gemacht hat. So machte sie keine näheren Angaben zu ihrer Ausreise aus dem Iran im Jahr 1972 – noch zu Zeiten des Schah-Regimes – zusammen mit ihren Eltern und den näheren Umständen, etwa ob dies mit Genehmigung des iranischen Staates erfolgte und gegebenenfalls unter Verlust der iranischen Staatsangehörigkeit. Ebenso bleibt unklar, ob die Klägerin womöglich später die iranische Staatsangehörigkeit verloren hat, etwa mit dem Erwerb der sowjetischen bzw. armenischen Staatsangehörigkeit oder mit der Heirat eines nicht iranischen Ehemannes. Offen ist des Weiteren der Zeitpunkt eines eventuellen Erwerbs der armenischen Staatsangehörigkeit etwa schon im Jahr 1972 oder im Jahr 1977 im Zuge der Ausstellung der Geburtsurkunde oder zu einem späteren Zeitpunkt, etwa bei der Eheschließung oder durch einen eigenen Einbürgerungsakt oder im Zuge der staatlichen Umwälzungen in der ehemaligen Sowjetunion, nachdem die Klägerin lange Zeit in der damaligen Sowjetunion gelebt hatte und rechtlich die armenische Staatsangehörigkeit erst mit Gründung des armenischen Staates und die Selbstständigkeit dieses Staates erlangt haben kann.
Zusammengefasst steht gegenwärtig nicht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Klägerin zurzeit sowohl die armenische als auch die iranische Staatsangehörigkeit hat oder nur eine von beiden Staatsangehörigkeiten oder gegebenenfalls sogar keine dieser beiden Staatsangehörigkeiten und wann sie möglicherweise eine doppelte Staatsangehörigkeit erlangt hat. Eine weitere Aufklärung ist nur der Klägerin möglich, indem sie aussagekräftige Belege bzw. Dokumente sowohl des iranischen als auch des armenischen Staates beibringt. Die offizielle Registrierungsbehörde des iranischen Staates nimmt alle iranische Staatsangehörige in ihre Datenbank auf – zumindest heutzutage. Auslandsvertretungen sind indes nicht ermächtigt, Auskünfte zur Feststellung der Staatsangehörigkeit beim iranischen Staat einzuholen (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Iran vom 8.12.2016, Stand: Oktober 2016, S. 18).
Denkbar ist durchaus der Erwerb der iranischen Staatsangehörigkeit infolge der Geburt als Tochter eines iranischen Staatsangehörigen (vgl. BFA, Bundesamt für Fremdwesen und Asyl der Republik Österreich, Anfragebeantwortung der Staatendokumentation, Iran, vom 23.6.2017: Staatsangehörigkeit). Aber auch ein Verlust der iranischen Staatsangehörigkeit ist unter Umständen theoretisch möglich, wenn der Betreffende dies erbittet oder aber die Staatsangehörigkeit eines anderen Staates annimmt, sofern die islamische Republik Iran zustimmt. Eine doppelte Staatsbürgerschaft wird nicht gut geheißen. In der Praxis wird dies nach der Auskunftslage sogar als Verbot gewertet (vgl. Deutsches Orientinstitut, Auskunft vom 12.6.2017). So kann etwa die Eheschließung einer iranischen Frau mit einem ausländischen Ehemann zum Verlust der iranischen Staatsangehörigkeit führen (vgl. BFA, Bundesamt für das Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, Iran, vom 22.5.2017, S. 75).
Des Weiteren ist zu betonen, dass die Klägerin ihren eigenen Angaben zufolge Iran 1972 verlassen hat und die vorgelegte Geburtsurkunde von 1977 datiert. Diese Vorgänge fallen noch in die Zeit des Schah-Regimes in Iran und vor der Gründung der jetzigen islamischen Republik im Jahr 1979. Die Klägerin war zudem im Jahr 1972 bei der Auseise aus dem Iran erst 14 Jahre alt. Ob das jetzige Regime im Iran aufgrund dieser weit zurückliegenden Vorfälle heute noch einen möglichen Gesetzesverstoß infolge der Annahme einer ausländischen Staatsangehörigkeit ahnden würde, wie klägerseits in den Raum gestellt wird, steht unter diesen Vorzeichen nicht zur Überzeugung des Gerichts fest.
Aber selbst wenn die Klägerin sich in irgendeiner Form strafbar gemacht haben sollte und dies tatsächlich vom jetzigen iranischen Staat noch verfolgt würde, würde es sich dabei zum einen um repressive Maßnahmen bzw. um Strafverfolgung wegen eines allgemeinen Straftatbestandes im Iran handeln, der sich auf eine alle Staatsbürger gleichermaßen treffende Pflicht bezieht. Zum anderen müsste der Klägerin aufgrund der Umstände des Einzelfalls bei einem Verstoß tatsächlich keine Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohen, zumal die iranischen Behörden nicht die Möglichkeit haben, gegen den Willen des Betroffenen Zugang zu deutschen Geburtsurkunden oder zu deutschen Dokumenten zu erhalten (vgl. Deutsches Orientinstitut, Auskunft an das VG Greifswald vom 28.11.2016). Hinzu kommt, das bei einer Bestrafung im Iran regelmäßig die Möglichkeit besteht, diese durch Geldzahlung abzuwenden (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Iran vom 8.12.2016, Stand: Oktober 2016, S. 4; vgl. auch OVG Bn-Bbg, U.v. 16.9.2009 – OVG 3 B 12.07 – juris). Abgesehen davon würde selbst eine im Iran möglicherweise drohende Geld- oder Freiheitsstrafe für sich kein Abschiebungshindernis begründen.
Zusammengefasst hält das Gericht eine mögliche Ahndung, sei es mit einer Geldbuße bzw. Geldstrafe oder sogar Freiheitsstrafe für unwahrscheinlich. Für repressive Maßnahmen, die zu unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe oder sogar zu Folter führen würden, fehlen gegenwärtig erst recht jegliche substanzielle Anhaltspunkte. Vor diesem Hintergrund steht auch kein Anlass zu einer weiteren Ermittlung oder gar Beweiserhebung seitens des Gerichts von Amts wegen.
Auch sonst drohen der Klägerin bei einer eventuellen Rückkehr in den Iran keine ernsthaften Gefahren. Von ihrem ursprünglichen Vorbringen, vom Islam zum Christentum konvertiert zu sein, ist die Klägerin selbst abgerückt, indem sie zugegeben hat, gebürtige Christin zu sein.
Schließlich ist auch nicht anzunehmen, dass der Klägerin sonst bei einer Rückkehr politische Verfolgung droht, etwa wegen ihres Auslandsaufenthalts oder ihrer Asylantragstellung in Deutschland. Auslandsaufenthalte sind nicht verboten. Zwar kann es bei der Rückkehr in Einzelfällen zu einer Befragung durch die Sicherheitsbehörden über den Auslandsaufenthalt kommen; die Befragung geht in Ausnahmefällen mit einer ein- bis zweitägigen Inhaftierung einher. Darüber hinaus kommt es jedoch zu keinen staatlichen Repressionen. Keiner westlichen Botschaft ist bisher ein Fall bekannt geworden, in dem Zurückgeführte darüber hinaus staatlichen Repressionen ausgesetzt waren. Zudem wurde auch kein Fall bekannt, in dem Zurückgeführte im Rahmen der Befragung psychisch oder physisch gefoltert wurden. Zurzeit gibt es keine Hinweise auf eine Veränderung dieser Praxis. Schließlich können Personen, die das Land illegal verlassen und sonst keine weiteren Straftaten begangen haben, von der iranischen Vertretung ein Passersatzpapier bekommen und in den Iran zurückkehren. Mit dieser „gesetzlichen Wiedereinreise“ werden die früheren illegalen Ausreisen legalisiert (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Iran vom 9.12.2015, Stand: November 2015 und vom 8.12.2016, Stand: Oktober 2016). Vorstehendes gilt auch in Bezug auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 9. März 2010 (R.C./Sweden, Nr. 41827/07). Denn die dort entschiedene Fallkonstellation ist nicht mit der hier vorliegenden vergleichbar, weil der Europäische Gerichtshof in jenem Fall seiner Beurteilung eine Vorverfolgung (Demonstrationsteilnahme mit anschließender Verhaftung und Folter) als substanziiert glaubhaft gemacht zugrunde gelegt hat (OVG NRW, B.v. 10.2.2017 – 13 A 293/17.A – juris; B.v. 16.6.2011 – 13 A 1188/11. A – Asylmagazin 2011, 246; VGH BW, U.v. 15.4.2015 – A 3 S 1459/13 – juris; SächsOVG, U.v. 14.1.2014 – A 2 A 911/11 – juris; BayVGH, B.v. 25.2.2013 – 14 ZB 13.30023 – juris; B. v. 21.1.2013 – 14 ZB 12.30456 – juris; OVG Lüneburg, B.v. 13.5.2011 – 13 LA 176/10 – AuAS 2011, 174).
Letztlich begründen auch die Lebensumstände armenischer Christen im Iran kein Abschiebungshindernis, zumal der Vielvölkerstaat Iran gegenüber der ethnischen Minderheit grundsätzlich eine auf Ausgleich gedachte Politik verfolgt (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der islamischen Republik Iran vom 8.12.2016, Stand: Oktober 2016, S. 9).
Im Übrigen wird auf den angefochtenen Bundesamtsbescheid Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung der Gründe abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Dies gilt auch hinsichtlich der Begründung der Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung sowie der Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots. Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass bei der Zielstaatsbestimmung nach § 59 Abs. 2 AufenthG der Zielstaat nicht der Herkunftsstaat sein muss, so dass auch bei unterstellter armenischer Staatsangehörigkeit der Klägerin eine Abschiebung in den Iran rechtlich möglich ist (vgl. Kluth in Beck, Online-Kommentar, AuslR, Kluth/Heusch, 15. Edition, Stand: 1.8.2017, § 59 AufenthG Rn. 29).
Nach alledem war die Klage mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG abzuweisen.

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