Verwaltungsrecht

Klage auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen familiärem Konflikt

Aktenzeichen  Au 4 K 17.33850

Datum:
27.10.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3
AsylG AsylG § 4

 

Leitsatz

Innerfamiliäre oder innerdörfliche Vorgaben, Zwänge und Traditionen in Sierra-Leone stellen keine asylrechtlich relevante Bedrohungssituation dar. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des subsidiären Schutzes. Der Bescheid der Beklagten vom 27. Juni 2017 ist insoweit rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht ihren Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Hinzuweisen ist zunächst darauf, dass die Beklagte im Rahmen der Feststellung eines Abschiebungsverbotes die humanitären Bedingungen in Nigeria und nicht, wie geboten, in Sierra Leone dargestellt hat (S. 6 ff. des streitgegenständlichen Bescheids). Dies stellt einen Fehler des Bescheids jedenfalls insoweit zu Gunsten der Kläger dar, als die Situation in Nigeria, wie der streitgegenständliche Bescheid auch ausführt, von weit verbreiteter Gewalt, gewalttätigen Auseinandersetzungen und Terror durch die islamistische Organisation Boko Haram gekennzeichnet ist. In Sierra Leone herrscht hingegen seit Ende des Bürgerkriegs 2002 stabiler Frieden.
In Bezug auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes hat das Bundesamt das Vorbringen der Kläger bei der Anhörung am 6. Oktober 2016 – weiteres asylrelevantes Vorbringen liegt nicht vor – jedoch zur Überzeugung des Gerichts in dem streitgegenständlichen Bescheid zutreffend gewürdigt; auf dessen Begründung wird daher vollumfänglich Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Zu der von der Klägerin zu 1 befürchteten weiteren Beschneidung führt der Bescheid nachvollziehbar aus (S. 3), dass hierfür keine Anhaltspunkte bestehen. Die männlichen Kläger zu 2 und zu 3 sind von der Gefahr einer Beschneidung nicht betroffen. Hinsichtlich einer Bedrohung durch eine Geheimgesellschaft ist das Vorbringen der Kläger vage geblieben. Soweit in dieser Hinsicht erneut die Gefahr einer Beschneidung geltend gemacht wird, gelten, wie der Bescheid zu Recht ausführt (S. 5), die Ausführungen zu § 3 AsylG entsprechend; die Gefahr einer weiteren Beschneidung droht nicht. Im Übrigen ist, was Probleme mit einer Geheimgesellschaft angeht, nichts ersichtlich für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3c Nr. 3 AsylG (ggfs. i.V.m. § 4 Abs. 3 AsylG), also eine Verfolgung bzw. Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure. Das Vorbringen der Klägerin zu 1 zeigt insoweit ausschließlich Probleme auf, die sich aus rein innerfamiliären bzw. innerdörflichen Vorgaben, Zwängen und Traditionen ergeben. Hingegen gibt es in Sierra-Leone viele Menschen, die nicht Mitglied einer Geheimgesellschaft sind. Sie können insbesondere in den größeren Städten ohne Probleme leben (vgl. VG Augsburg, U.v. 22.3.2017 – Au 4 K 16.32061 – juris Rn. 40 unter Bezugnahme auf die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 9.1.2017, bestätigt von BayVGH, B.v. 2.6.2017 – 9 ZB 17.30605 – juris Rn. 5 bezüglich der Beweiswürdigung; VG Augsburg, U.v. 5.8.2017 – Au 4 K 17.31114 – Rn. 22).
Die Klage auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft bzw. des subsidiären Schutzes war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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