Verwaltungsrecht

Nachzahlung von Familienzuschlag, Eingetragene Lebenspartnerschaft, Umwandlung in Ehe, Bestandskräftiger Bescheid, Wiederaufgreifen des Verfahrens, Neuer Anspruch, Keine Verjährung

Aktenzeichen  M 5 K 19.1884

Datum:
20.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 10793
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
EheöffnungsG § 3 Abs. 2
LPartG § 20a Abs. 5
BBesG §§ 39 ff.
BayBesG Art. 13
BayBesG Art. 108 Abs. 10

 

Leitsatz

Tenor

I. Der Beklagte wird verpflichtet, den Widerspruchsbescheid vom … Oktober 2004 und den Widerspruchsbescheid vom … März 2019 aufzuheben und dem Kläger für den Zeitraum vom … Juni 2003 bis … Februar 2007 den Familienzuschlag der Stufe 1 zu zahlen zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit … April 2019.
II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung entschieden werden, da die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren erklärt haben (§§ 87a Abs. 2 und 3, 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Die zulässige Klage ist begründet.
1. Soweit der Kläger die Nachzahlung des Familienzuschlags der Stufe 1 für den Zeitraum … 2003 bis … 2004 begehrt, hat er einen Anspruch auf rückwirkende Zahlung des Familienzuschlags im Wege des Wiederaufgreifens des Verfahrens, da über diesen Zeitraum bereits bestandskräftig entschieden wurde. Durch die Umwandlung der eingetragenen Lebenspartnerschaft des Klägers in eine Ehe am 6* … 2018 ist eine Änderung der Sach- und Rechtslage i.S.v. Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 des Bayerischen Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) eingetreten, die im Verwaltungsverfahren zu einer für den Kläger günstigen Entscheidung geführt hätte. Der Kläger hat daher einen Anspruch darauf, dass die Frage, ob ihm der Familienzuschlag der Stufe 1 für den streitgegenständlichen Zeitraum rückwirkend zu bezahlen ist, erneut – nach der nunmehr gegebenen Sach- und Rechtslage – geprüft wird.
a) Der Kläger hat einen Anspruch auf Wiederaufgreifen des bestandskräftig abgeschlossenen Verwaltungsverfahrens.
Die Voraussetzungen des Art. 51 Abs. 1 BayVwVfG liegen vor. Nach dieser Vorschrift hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn einer der in Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BayVwVfG abschließend aufgeführten Wiederaufgreifensgründe gegeben ist. Das bedeutet, dass auf der ersten Stufe des Verfahrens nur über die Frage zu entscheiden ist, ob die Voraussetzungen für die Eröffnung des Verfahrens gem. Art. 51 BayVwVfG, nämlich die Zulässigkeit und Begründetheit des Wiederaufnahmeantrags, und damit für die Wiedereröffnung des Verfahrens zur Sache erfüllt sind. Ist danach ein Wiederaufgreifen des Verfahrens zulässig und begründet, steht der Behörde kein Ermessen zu. Sie muss vielmehr auf der Grundlage des materiellen Rechts erneut in der Sache entscheiden (BVerwG, U.v. 21.4.1982 – 8 C 75/80 – juris Rn. 8 ff.; VGH BW, B.v. 22.6.1990 – 4 S 2257/89 – juris Rn. 7; Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 51 Rn. 28; Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Auflage 2018, § 51 Rn. 9 ff.; Falkenbach in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, Stand: 1. Januar 2021, § 51 Rn. 19 ff.).
Der Antrag des Klägers auf Wiederaufgreifen des Verfahrens ist zulässig und begründet.
aa) Der Antrag ist zulässig.
Der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens ist statthaft; insbesondere liegt ein unanfechtbarer Verwaltungsakt vor. Der Antrag des Klägers auf rückwirkende Zahlung des Familienzuschlags der Stufe 1 ab … 2003 ist mit Widerspruchsbescheid vom … 2004 bestandskräftig abgelehnt worden.
Es liegt auch ein ordnungsgemäßer Antrag des Klägers vor. Dieser hat mit Schreiben vom … 2019 das Wiederaufgreifen des Verfahrens beim Landesamt für Finanzen beantragt und den Wiederaufgreifensgrund nach Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG (Änderung der Sach- oder Rechtslage) geltend gemacht.
Zulässigkeitsvoraussetzung ist darüber hinaus, das Vorliegen eines Wiederaufgreifensgrundes nach Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 BayVwVfG. Vorliegend ist der geltend gemachte Grund der nachträglichen Änderung der Sach- und Rechtslage gegeben.
Nach Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG hat die Behörde auf Antrag des Betroffenen über die Aufhebung oder Änderung eines unanfechtbaren Verwaltungsaktes zu entscheiden, wenn sich die dem Verwaltungsakt zugrunde liegende Sach- oder Rechtslage nachträglich zugunsten des Betroffenen geändert hat.
Eine Änderung der Sachlage liegt vor, wenn Tatsachen, die im Zeitpunkt des Erlasses des früheren Verwaltungsaktes vorlagen und für die behördliche Entscheidung objektiv bedeutsam waren, nachträglich wegfallen oder wenn neue, für die Entscheidung erhebliche Tatsachen nachträglich eintreten (Engels in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Auflage 2019, § 51 Rn. 26). Maßgeblich sind diejenigen Tatsachen, deren Subsumtion unter die einschlägigen Rechtsnormen die Entscheidung tragen. Als Tatsachenänderung anzusehen sind auch Erkenntnisfortschritte. Ebenso eine Rechtsänderung, die den für eine Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt ändert (Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Auflage 2018, § 51 Rn. 29).
Eine nachträgliche Änderung der Rechtslage zugunsten des Betroffenen liegt vor, wenn sich die für den ergangenen Verwaltungsakt entscheidungserheblichen Rechtsnormen oder tatsächlichen Grundlagen geändert haben, sodass die Änderung eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung erfordert oder doch ermöglicht (vgl. BVerwG, U.v. 10.10.2018 – 1 C 26.17 – juris Rn. 18; U.v. 20.11.2018 – 1 C 25/17 – juris Rn. 13). Die Rechtslage muss sich hinsichtlich solcher Umstände geändert haben, die für den bestandskräftigen Verwaltungsakt – hier: den Ablehnungsbescheid – tatsächlich maßgeblich waren. Nicht ausreichend ist die Änderung tatsächlicher oder rechtlicher Voraussetzungen für den mit der Verpflichtungsklage erstrebten Verwaltungsakt, die für die bestandskräftige Ablehnung nicht (allein) ausschlaggebend waren (BVerwG, U.v. 20.11.2018 – 1 C 25/17 – juris Rn. 13). Die erstmalige Klärung einer Rechtsfrage durch die höchstrichterliche Rechtsprechung begründet ebenso wie eine Änderung dieser Rechtsprechung regelmäßig keine Änderung der Rechtslage im Sinne von § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG (BVerwG, U.v. 20.11.2018 – 1 C 25/17 – juris Rn. 17).
Grundsätzlich sind nur solche Rechtsänderungen relevant, die sich auf die Rechtmäßigkeit des Verwaltungsakts auswirken können. Die nachträglich ergangene Rechtsvorschrift muss die für den Erlass des Verwaltungsakts maßgeblichen Rechtsnormen mit Wirkung für den erlassenen Verwaltungsakt ändern. Es entspricht einem allgemein anerkannten Rechtsgrundsatz, dass sich die rechtlichen Wirkungen, die sich aus einem bestimmten Sachverhalt ergeben, nach denjenigen Rechtsvorschriften beurteilen, die im Zeitpunkt der Verwirklichung des Sachverhalts gegolten haben. Von diesem Grundsatz ist eine Ausnahme zu machen, wenn eine nachträglich ergangene Rechtsvorschrift rückwirkend in Kraft tritt, eine nachträglich ergangene Rechtsvorschrift einen „Dauersachverhalt“ betrifft, der in einem sog. Verwaltungsakt mit Dauerwirkung geregelt worden ist oder, wenn eine nachträglich ergangene Rechtsvorschrift, ohne rückwirkend in Kraft zu treten, auch bereits vorher verwirklichte Sachverhalte erfasst (BVerwG, U.v. 29.11.1979 – 3 C 103/79 – BVerwGE 59, 148-168 – juris Rn. 72 ff.; OVG NW, U.v. 14.7.2017 – 11 A 155/17 – juris Rn. 37). Unberücksichtigt bleiben Rechtsänderungen, die für den einschlägigen Fall noch nicht oder nicht mehr greifen (Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 51 Rn. 99).
Gemessen daran hat sich mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts (Eheöffnungsgesetz) zum 1. Oktober 2017 sowohl die Sach- als auch Rechtslage geändert. Mit dem Eheöffnungsgesetz wurde für Personen gleichen Geschlechts bundesrechtlich die Möglichkeit eröffnet, zu diesem Zeitpunkt bestehende eingetragene Lebenspartnerschaften (mit Rückwirkung zum Eintragungszeitpunkt) durch entsprechende Erklärungen in eine Ehe umzuwandeln. Dadurch hat sich die bestehende Rechtslage geändert. Denn eingetragene Lebenspartner können von nun an eine Ehe schließen. Die (Neu) Eintragung einer Lebenspartnerschaft ist nicht mehr möglich. Nach der Umwandlung der eingetragenen Lebenspartnerschaft in eine Ehe besteht die rechtliche Beziehung fort, ändert allerdings ihre Gestalt. Die Lebenspartnerschaft geht in der Ehe auf. Durch die normierte Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Eintragung der Lebenspartnerschaft haben eingetragene Lebenspartner nach der Umwandlung in eine Ehe die gleichen Rechte und Pflichten, „als ob sie am Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft geheiratet hätten“ (vgl. BT-Drs. 18/6665, S. 10; Art. 3 Abs. 2 Eheöffnungsgesetz, nahezu wortgleich umgesetzt in § 20 a Abs. 5 Gesetz über die eingetragene Lebenspartnerschaft – Lebenspartnerschaftsgesetz/LPartG).
Mit der Umwandlung der eingetragenen Lebenspartnerschaft des Klägers in eine Ehe am … 2018 hat sich auch die Sachlage geändert, da der Kläger von diesem Zeitpunkt an nicht mehr in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebte, sondern in einer Ehe.
Diese Änderung lässt auch einen anderen Ausgang des bestandskräftig abgeschlossenen Verfahrens möglich erscheinen.
Der Antrag auf Wiederaufgreifen wurde auch rechtzeitig innerhalb der Dreimonatsfrist des Art. 51 Abs. 3 BayVwVfG gestellt. Die Frist beginnt mit dem Tag, an dem der Betroffene von dem Grund für das Wiederaufgreifen Kenntnis erhalten hat (Art. 51 Abs. 3 Satz 2 BayVwVfG). Bei einem auf Art. 51 Abs. 1 Nr. 1 BayVwVfG gestützten Antrag ist das der Tag, an dem der Kläger von der Änderung der Sach- oder Rechtslage Kenntnis erlangt. Auf die Kenntnis der Rechtsänderung – namentlich die Möglichkeit der Umwandlung einer eingetragenen Lebenspartnerschaft in eine Ehe – zum 1. Oktober 2017 kann vorliegend jedoch nicht abgestellt werden, da es dem Kläger zu diesem Zeitpunkt rechtlich noch nicht möglich war, den Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens zu stellen. Denn erst ab dem Zeitpunkt der Umwandlung seiner eingetragenen Lebenspartnerschaft in eine Ehe am … 2018 konnte der Kläger eine Änderung der Sach- und Rechtslage für sich geltend machen. Der Antrag vom … 2019 erfolgte daher fristgerecht.
bb) Der Antrag auf Wiederaufgreifen des Verfahrens ist auch begründet. Denn die Änderung der Sach- und Rechtslage ist nachträglich und zu Gunsten des Klägers erfolgt.
Der auf Änderung der Sach- und Rechtslage gestützte Antrag hat Erfolg, wenn der Betreffende geltend machen kann, die Änderung sei zu seinen Gunsten erfolgt, d.h. sie muss für den fraglichen Verwaltungsakt entscheidungserhebliche Voraussetzungen betreffen, sodass die Änderung eine dem Betroffenen günstigere Entscheidung erfordert oder ermöglicht (OVG NW, U.v. 14.7.2017 – 11 A 155/17 – juris Rn. 54 m.w.N.).
Die oben dargestellte Änderung sowohl der Sach- als auch der Rechtslage bewirkt eine für die bestandskräftige Ablehnung der rückwirkenden Zahlung des Familienzuschlags entscheidungserhebliche Veränderung der rechtlichen Voraussetzungen und ermöglicht eine für den Kläger günstigere Entscheidung. Denn durch die geänderte Rechtslage steht dem Kläger nunmehr als Ehegatte ein (neuer) unbeschränkter Anspruch auf rückwirkende Zahlung des halben Familienzuschlags der Stufe 1 für den Zeitraum … 2003 bis … 2004 zu.
Der Anspruch des Klägers auf (rückwirkende) Zahlung des Familienzuschlags ist durch das Landesamt abgelehnt worden, da der Kläger zum damaligen Zeitpunkt nicht verheiratet war. Durch die Ablehnung steht bestandskräftig fest, dass der Kläger für den Zeitraum vom … 2003 bis … 2004 keinen Anspruch auf die Zahlung des Familienzuschlags hat.
Durch die Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe ergibt sich aus dem Eheöffnungsgesetz jedoch nun ein neuer Anspruch für gleichgeschlechtliche Ehegatten auf rückwirkende Zahlung des Familienzuschlags.
b) Das Verfahren ist wieder aufzugreifen und eine Entscheidung in der Sache aufgrund der aktuellen Rechtslage zu treffen. Denn ist der Antrag auf Wiederaufgreifen zulässig und begründet, muss die Behörde erneut in der Sache entscheiden. Für die Frage, welche Entscheidung in der Sache zu treffen ist, kommt es ausschließlich auf das in der Sache anzuwendende materielle Recht im Zeitpunkt der nunmehr zu treffenden Entscheidung an. Aus den somit maßgeblichen materiellen Rechtsnormen kann sich gegebenenfalls ein Ermessensspielraum ergeben; sehen diese kein Ermessen vor, ist der Zweitbescheid als gebundene Entscheidung nach zwingendem Recht zu erlassen (BVerwG, U.v. 21.4.1982 – 8 C 75/80 – juris Rn. 14; VGH BW, B.v. 22.6.1990 – 4 S 2257/89 – juris Rn. 7; Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Auflage 2018, § 51 Rn. 32; Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Auflage 2018, § 51 Rn. 18).
Der vom Kläger begehrte Familienzuschlag ist Bestandteil der Besoldung (Art. 2 Abs. 1, 2 Nr. 4 BayBesG). Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 BayBesG haben die Berechtigten Anspruch auf Besoldung. Ein Ermessensspielraum der Behörden ist daher nicht vorgesehen. Liegen die Voraussetzungen für die Zahlung vor, erhält der Berechtigte die Besoldung.
c) Vorliegend hat der Kläger einen Anspruch auf rückwirkende Zahlung des Familienzuschlags für den Zeitraum vom … 2003 bis … 2004.
Dieser Anspruch ergibt sich weder aus Art. 108 Abs. 10 BayBesG noch aus einer unmittelbaren Anwendung der RL 2000/78/EG vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Vielmehr ergibt sich der Anspruch aus §§ 39 ff. Bundesbesoldungsgesetz (BBesG) a.F. i.V.m Art. 3 Abs. 2 Eheöffnungsgesetz bzw. §§ 39 ff. BBesG a.F. i.V.m. § 20a Abs. 5 LPartG.
aa) Art. 108 Abs. 10 BayBesG sieht vor, dass ein Anspruch auf Nachzahlung des Familienzuschlags für Lebenspartner ab Beginn des Jahres besteht, in dem dieser einen Antrag auf Zahlung des Familienzuschlags gestellt hat, ohne dass über seinen Anspruch schon abschließend entschieden worden ist. Diese Vorschrift ist auf den Kläger seit der Umwandlung seiner eingetragenen Lebenspartnerschaft in eine Ehe nicht mehr anwendbar. Denn die Übergangsvorschrift erfasst nach ihrem eindeutigen Wortlaut ausschließlich diejenigen Beamtinnen und Beamten, die zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner Anwendung „in einer Lebenspartnerschaft“ (im Sinne des LPartG) leben. Dies ist beim Kläger seit dem … 2018 nicht mehr der Fall. Der für die besoldungsrechtlichen Regelungen des Klägers zuständige bayerische Landesgesetzgeber hat die bundesrechtlich durch das Eheöffnungsgesetz eröffnete Gestaltungsmöglichkeit für eingetragene Lebenspartner nicht zum Anlass einer Änderung des Art. 108 Abs. 10 BayBesG genommen. Insbesondere hat er den Anwendungsbereich der Vorschrift nicht über die – aktuell und weiterhin – in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Beamten hinaus, die von ihrem Umwandlungsrecht nach Art. 3 Abs. 2 Eheöffnungsgesetz keinen Gebrauch gemacht haben und machen, erweitert, obwohl Möglichkeit hierzu angesichts der zahlreichen Änderungen des Bayerischen Besoldungsgesetzes bestanden hat (vgl. BayVGH, B.v. 24.7.2020 – 3 ZB 19.1356 – juris Rn. 11 ff.).
bb) Ein Anspruch ergibt sich auch nicht aus einer unmittelbaren Anwendung der RL 2000/78/EG. Denn die Richtlinie wurde ausreichend in das deutsche Recht umgesetzt, da Art. 108 Abs. 10 BayBesG nicht gegen Unionsrecht verstößt (vgl. BayVGH, B.v. 23.11.2015 – 3 BV 13.2587 – juris Rn. 20 ff.). Auch kann sich der Kläger für die unmittelbare Anwendbarkeit nicht auf eine zu spät erfolgte Umsetzung der Richtlinie berufen, da mittlerweile eine Umsetzung der Richtlinie erfolgt ist (OVG Lüneburg, U.v. 24.11.2015 – 5 LB 83/15 – juris Rn 37).
cc) Der Kläger hat jedoch einen Anspruch auf Nachzahlung des Familienzuschlags für den streitgegenständlichen Zeitraum aus §§ 39 ff. BBesG a.F. i.V.m. Art. 3 Abs. 2 Eheöffnungsgesetz bzw. §§ 39 ff. BBesG a.F. i.V.m. § 20 a Abs. 5 LPartG.
Nach Art. 3 Abs. 2 Eheöffnungsgesetz und § 20a Abs. 5 LPartG soll für Rechte und Pflichten der Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner nach der Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe der Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft maßgebend sein. Nach der Gesetzesbegründung zu Art. 3 Abs. 2 Eheöffnungsgesetz (vgl. BT-Drs. 18/6665, S. 10) sollen sie daher die gleichen Rechte und Pflichten haben, als ob sie an dem Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft geheiratet hätten. Die bestehende Ungleichbehandlung eingetragener Lebenspartnerinnen und Lebenspartner mit Ehegatten, auf die bereits mehrmals sowohl europäische als auch deutsche Gerichte hingewiesen und sie als europarechts- und verfassungsrechtswidrig bewertet haben, soll rückwirkend beseitigt werden.
Hätte der Kläger am … 2003 eine Ehe geschlossen und wäre nicht eine Lebenspartnerschaft eingegangen, so hätte ihm gemäß § 40 Abs. 1 BBesG a.F. in dem streitgegenständlichen Zeitraum ein Anspruch auf Zahlung des Familienzuschlags der Stufe 1 zugestanden (vgl. VG Würzburg, U.v. 14.5.2019 – W 1 K 18.1277 – juris Rn. 30 ff.).
Der Widerspruchsbescheid vom … Oktober 2004, mit dem der Antrag auf Zahlung des Familienzuschlags für den Zeitraum vom … 2003 bis … 2004 bestandskräftig abgelehnt worden ist, steht dem nicht entgegen. Denn die in Art. 3 Abs. 2 Eheöffnungsgesetz normierte Rückwirkung geht nach Auffassung der Kammer so weit, dass bestimmte bestandskräftige Entscheidungen neu getroffen werden müssen.
Wie weit die Rückanknüpfung gehen soll, ist vom Bundesgesetzgeber nicht eindeutig festgelegt. Aus dem Gesetzesentwurf zu dem Gesetz zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts (BT-Drs. 18/6665, S. 10) geht hervor, dass neben der Öffnung der Ehe und der Abschaffung der Lebenspartnerschaft auch die mit einer eingetragenen Lebenspartnerschaft verbundene Ungleichbehandlungen beseitigt werden sollte. Diese Ungleichbehandlung liegt vorliegend darin, dass nicht alle eingetragenen Lebenspartner, die ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt haben, rückwirkend ab dem Tag der eingetragenen Lebenspartnerschaft den Familienzuschlag erhalten, wie Ehegatten auch. Eine Gleichbehandlung kann vollumfänglich nur dann hergestellt werden, wenn auch bereits getroffene (ablehnende) Entscheidungen geändert werden können. Zwar hat der Bayerische Gesetzgeber die Ungleichbehandlung von eingetragenen Lebenspartnern und Ehegatten durch die Übergangsvorschrift des Art. 108 BayBesG beseitigt bzw. beseitigen wollen. Diese Übergangsvorschrift gilt jedoch nur für Lebenspartner und gerade nicht mehr nach der Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe (s.o.).
In dem Gesetzesentwurf zum Eheöffnungsgesetz wird ausgeführt, dass nach der Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe die Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner die gleichen Rechte und Pflichten haben, als ob sie am Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft geheiratet hätten. Damit werde die bestehende Ungleichbehandlung eingetragener Lebenspartnerinnen und Lebenspartner mit Ehegatten, auf die bereits mehrmals sowohl europäische als auch deutsche Gerichte hingewiesen und sie als europarechts- und verfassungswidrig bewertet haben, rückwirkend beseitigt. Dies bedeute, dass bestimmte sozial- und steuerrechtliche Entscheidungen neu getroffen werden müssten (BT-Drs. 18/6665, S. 10). Damit ist ausdrücklich festgelegt, dass der Gesetzgeber eine rückwirkende Beseitigung von Ungleichbehandlungen gewollt hat. Der letzte Satz gibt zu erkennen, dass man sich im Gesetzgebungsverfahren bewusst gewesen ist, dass infolge dessen auch bereits getroffene Entscheidungen zu ändern sein werden. Dieser Zusatz wäre überflüssig gewesen, wenn ausschließlich noch nicht bestandskräftige Verwaltungsakte hätten erfasst sein sollen (FG Hamburg, U.v. 31.7.2018 – 1 K 92/18 – juris Rn. 29).
Zwar hat der Gesetzgeber in dem Gesetzesentwurf zu dem Gesetz zur Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts (Eheöffnungsumsetzungsgesetz, BT-Drs. 19/4670, S. 21) ausgeführt, dass das Eheöffnungsgesetz keine Rückwirkung auf den Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft für in der Vergangenheit bereits abgeschlossene Sachverhalte entfalten solle. Die Bestandskraft von Bescheiden oder die Verjährung von Ansprüchen würden nicht durchbrochen. Diese im Nachhinein zum Ausdruck gebrachte Beschränkung ist jedoch mit dem Ziel des Eheöffnungsgesetzes, wonach eine rückwirkende Beseitigung von Ungleichbehandlungen gewollt ist, nicht vereinbar und daher unbeachtlich (vgl. FG Hamburg, U.v. 31.7.2018 – 1 K 92/18 – juris Rn. 26).
Für eine Änderung von Bescheiden aufgrund des Eheöffnungsgesetzes ist es auch nicht erforderlich, dass das Eheöffnungsgesetz eine ausdrückliche Regelung zur Frage einer Änderung von bestandskräftigen Bescheiden enthält.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat sich verschiedentlich zur Wirkung der Bestandskraft geäußert und dabei an die Vorschrift des § 79 Abs. 2 Satz 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz (BVerfGG) angeknüpft. § 79 BVerfGG regelt die Folgen, wenn das BVerfG eine Norm oder ihre Auslegung für mit dem Grundgesetz unvereinbar oder für nichtig erklärt. Nach § 79 Abs. 2 Satz 1 BVerfG bleiben – vorbehaltlich der Vorschrift des § 95 Abs. 2 BVerfGG oder einer besonderen gesetzlichen Regelung – die nicht mehr anfechtbaren Entscheidungen, die auf einer gemäß § 78 BVerfGG für nichtig erklärten Norm beruhen, unberührt. Das BVerfG sieht diese Vorschrift als Ausdruck eines allgemeinen Rechtsgedankens, der dahin geht, dass die nachteiligen Wirkungen, die von fehlerhaften Akten der öffentlichen Gewalt in der Vergangenheit ausgegangen sind, nicht beseitigt werden, dass aber für die Zukunft die sich aus der Durchsetzung solcher Akte ergebenden Folgen abgewendet werden sollen (BVerfG, B.v. 11.10.1966 – 1 BvR 178/64, 1 BvR 164/64 – BVerfGE 20, 230, 236; B.v. 21.05.1974 – 1 BvL 22/71, 1 BvL 21/72 – BVerfGE 37, 21; B.v. 27.11.1997 – 1 BvL 12/91 – BVerfGE 97, 35, BGBl I 1998, 427). Diesen Rechtsgedanken habe der Gesetzgeber im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens zu beachten, wenn er zur Einschränkung der Auswirkungen einer vom BVerfG festgestellten Verfassungswidrigkeit einer Vorschrift eine besondere Regelung trifft (BVerfG, B.v. 21.05.1974 – 1 BvL 22/71, 1 BvL 21/72 – BVerfGE 37, 217; zum Ganzen vgl. FG Hamburg, U.v. 31.7.2018 – 1 K 92/18 – juris Rn. 35 ff.).
Eine solche Konstellation ist aufgrund des Eheöffnungsgesetzes allerdings nicht gegeben. Mit dem Eheöffnungsgesetz wollte der Gesetzgeber nicht bloß die Folgen einer erkannten Verfassungswidrigkeit einer Vorschrift eindämmen. Das Eheöffnungsgesetz zielte nicht (vorrangig) auf die Beseitigung verfassungswidriger Folgen eines zu engen Lebenspartnerschaftsgesetzes, sondern sollte – unter Aufgabe der Lebenspartnerschaft – den Begriff der Ehe erweitern und sie damit für gleichgeschlechtliche Paare öffnen. Über die Reichweite der Rechtsänderung konnte der Gesetzgeber frei entscheiden. Dem Gesetzgeber ist es möglich, Bestandskraft durchbrechende Regelungen zu treffen. Wie sich aus der Begründung zu Art. 3 Abs. 2 Eheöffnungsgesetz ergibt, sollte das Gesetz neben der Öffnung der Ehe Benachteiligungen der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften überwinden. Es ist also davon auszugehen, dass der Gesetzgeber mit der Erweiterung der Ehe zur „Ehe für alle“ und der Abschaffung des Rechtsinstituts der Lebenspartnerschaft die mit diesem Rechtsinstitut verbundenen Ungleichbehandlungen – auch und gerade im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens – umfassend beseitigen wollte (FG Hamburg, U.v. 31.7.2018 – 1 K 92/18 – juris Rn. 40 ff.). Daher kann dem Kläger auch nicht das Argument der fehlenden zeitlichen Geltendmachung des Anspruchs entgegen gehalten werden.
dd) Der geltend gemachte Nachzahlungsanspruch ist auch nicht verjährt. Denn die Verjährungsfrist begann vorliegend erst mit Ablauf des … 2018 zu laufen, also des Jahres, in dem die eingetragene Lebenspartnerschaft des Klägers in eine Ehe umgewandelt wurde. Denn erst mit der Umwandlung am … 2018 ist der streitgegenständliche Nachzahlungsanspruch – mit Rückwirkung gem. Art. 3 Abs. 2 Eheöffnungsgesetz – entstanden (vgl. Art. 13 Satz 2 BayBesG, § 198 Satz 1 BGB – zum Ganzen: BayVGH, B.v. 24.7.2020 – 3 ZB 19.1356 – juris Rn. 15 ff.).
d) Das Gericht konnte vorliegend auch direkt in der Sache entscheiden und war nicht darauf beschränkt, die Behörde lediglich zum Wiederaufgreifen des Verfahrens zu verpflichten. Denn jedenfalls bei gebundenen Entscheidungen kann sogleich in einem Verfahren auch in der Sache selbst entschieden und ein Anspruch auf Wiederaufgreifen abgelehnt werden, wenn in der Sache selbst keine andere Entscheidung ergehen kann (BVerwG, B.v. 22.2.2010 – 4 B 69/09 – juris Rn. 10; U.v. 21.4.1982 – 8 C 75.80 – juris Rn. 14; Falkenbach in: Bader/Ronellenfitsch, BeckOK VwVfG, Stand: 1. Januar 2021, § 51 Rn. 64 ff.; Ramsauer in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 19. Auflage 2018, § 51 Rn. 53ff; a.A. Sachs in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwvfG, 9. Auflage 2018, § 51 Rn. 69 ff.). Dies ist auch prozessökonomisch sinnvoll.
2. Soweit der Kläger die Nachzahlung des Familienzuschlags der Stufe 1 für den Zeitraum vom … 2004 bis … 2007 begehrt, ist der Widerspruchsbescheid vom 26. März 2019 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Nachzahlung des Familienzuschlags der Stufe 1 für den Zeitraum vom … 2004 bis … 2007 (§ 113 Abs. 5 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO).
a) Der Anspruch des Klägers ergibt sich für den streitgegenständlichen Zeitraum vorliegend aus §§ 39 ff. des Bundesbesoldungsgesetzes (BBesG) a.F. i.V.m. Art. 3 Abs. 2 des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts (Eheöffnungsgesetz) bzw. §§ 39 ff. BBesG a.F. i.V.m. § 20 a Abs. 5 des Lebenspartnerschaftsgesetzes (LPartG).
Nach Art. 3 Abs. 2 des Eheöffnungsgesetzes und § 20a Abs. 5 LPartG soll für Rechte und Pflichten der Lebenspartnerinnen oder Lebenspartner nach der Umwandlung der Lebenspartnerschaft in eine Ehe der Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft maßgebend sein. Nach der Gesetzesbegründung zu Art. 3 Abs. 2 Eheöffnungsgesetz (BT-Drs. 18/6665 S. 10) sollen sie daher die gleichen Rechte und Pflichten haben, als ob sie an dem Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft geheiratet hätten. Die bestehende Ungleichbehandlung eingetragener Lebenspartnerinnen und Lebenspartner mit Ehegatten, auf die bereits mehrmals sowohl europäische als auch deutsche Gerichte hingewiesen und sie als europarechts- und verfassungsrechtswidrig bewertet haben, soll rückwirkend beseitigt werden.
Hätte der Kläger am … 2003 eine Ehe geschlossen und wäre nicht eine Lebenspartnerschaft eingegangen, so hätte ihm gemäß Art. 40 Abs. 1 BBesG a.F. in dem streitgegenständlichen Zeitraum ein Anspruch auf Zahlung des Familienzuschlags der Stufe 1 zugestanden (vgl. VG Würzburg, U.v. 14.5.2019 – W 1 K 18.1277 – juris Rn. 30 ff.).
Denn der Familienzuschlag ist gem. Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 BayBesG (entspricht § 1 Abs. 2 Nr. 3 BBesG) Teil der Besoldung und steht dem Beamten von Gesetzes wegen bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen zu (Art. 3 Abs. 1 BayBesG, entspricht § 2 Abs. 1 BBesG). Ein Antrag ist hierfür nicht erforderlich. Gleichwohl setzt die Zahlung voraus, dass die Behörde Kenntnis vom Familienstand des Beamten erlangt. Dieser ist daher im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht gehalten, dem Dienstherrn jede Änderung seines Familienstandes anzuzeigen. Gem. Art. 37 Satz 1 BayBesG (entspricht § 41 Satz 1 BBesG) wird der Familienzuschlag sodann ab dem Ersten des Monats gezahlt, in den das hierfür maßgebende Ereignis fällt (vgl. OVG Lüneburg, U.v. 24.11.2015 – 5 LB 81/15 – juris Rn. 49 f.).
Zwar heißt es in dem Gesetzesentwurf zu dem Gesetz zur Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts (Eheöffnungsumsetzungsgesetz, BT-Drs. 19/4670 S. 21), dass das Eheöffnungsgesetz keine Rückwirkung auf den Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft für in der Vergangenheit bereits abgeschlossene Sachverhalte entfalten soll. Die Bestandskraft von Bescheiden oder die Verjährung von Ansprüchen sollen nicht durchbrochen werden. Dieser Gesetzesentwurf ist auch bei der Auslegung der Intention des Gesetzgebers bei Erlass des Eheöffnungsgesetzes zu berücksichtigen. Vorliegend wird jedoch kein bestandskräftiger Bescheid durchbrochen, denn über den streitgegenständlichen Zeitraum ist noch nicht abschließend entschieden worden.
Der Kläger hat mit Schreiben vom … 2004 einen Antrag auf rückwirkende Zahlung des Familienzuschlags ab … 2003 beantragt. Mit Widerspruchsbescheid vom 5. Oktober 2004 ist dieser Antrag abgelehnt worden. Der Zeitraum danach (… 2004 bis … 2007) ist von dem Bescheid nicht umfasst. Für diesen Zeitraum liegt daher kein bestandskräftiger Bescheid und daher kein abgeschlossener Sachverhalt vor. Die Frage nach der Zulässigkeit einer rückwirkenden Änderung eines bestandskräftigen Bescheides stellt sich daher nicht.
b) Art. 108 Abs. 10 BayBesG (entspricht Art. 108 Abs. 12 BayBesG a.F.) steht dem nicht entgegen. Denn diese Vorschrift ist auf den Kläger seit der Umwandlung seiner eingetragenen Lebenspartnerschaft in eine Ehe nicht mehr anwendbar. Die Übergangsvorschrift erfasst nach ihrem eindeutigen Wortlaut ausschließlich diejenigen Beamtinnen und Beamten, die zum maßgeblichen Zeitpunkt seiner Anwendung „in einer Lebenspartnerschaft“ (im Sinne des LPartG) leben. Dies ist beim Kläger seit dem … 2018 nicht mehr der Fall (s.o.).
c) Der Anspruch des Klägers ist auch nicht verjährt. Da der Familienzuschlag ein Teil der Besoldung ist, richtet sich die Verjährung nach Art. 13 BayBesG. Danach verjähren Ansprüche auf Besoldung in drei Jahren. Gemäß Art. 13 S. 2 BayBesG beginnt die Verjährung mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Die Verjährungsfrist begann vorliegend erst mit Ablauf des … 2018 zu laufen, also des Jahres, in dem die eingetragene Lebenspartnerschaft des Klägers in eine Ehe umgewandelt wurde. Denn erst mit der Umwandlung am … 2018 ist der streitgegenständliche Nachzahlungsanspruch – mit Rückwirkung gem. Art. 3 Abs. 2 Eheöffnungsgesetz – entstanden (vgl. Art. 13 Satz 2 BayBesG, § 198 Satz 1 BGB – zum Ganzen: BayVGH, B.v. 24.7.2020 – 3 ZB 19.1356 – juris Rn. 15 ff.).
3. Der Anspruch auf Zahlung von Prozesszinsen ergibt sich aus der analogen Anwendung der §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (Rennert in: Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 90 Rn. 14). Entscheidend ist der Eintritt der Rechtshängigkeit i. S. d. § 90 VwGO. Für den Zinsbeginn gilt § 187 Abs. 1 BGB entsprechend (Lorenz in: BeckOK, BGB, Stand: August 2020, § 291 Rn. 6). Die Zinspflicht entsteht ab dem auf den Eintritt der Rechtshängigkeit des Zahlungsanspruchs folgenden Tag. Da die Klage vorliegend am … 2019 rechtshängig geworden ist, steht dem Kläger der Anspruch auf Prozesszinsen ab dem … 2019 zu.
4. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).
5. Die Berufung war gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Denn sie ist obergerichtlich noch nicht geklärt und betrifft – worauf der Beklagte verweist – eine Vielzahl von Fällen.


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