Verwaltungsrecht

Nigeria, alleinerziehende Mutter mit fünf Kindern und familiärem Rückhalt im Herkunftsland, Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (verneint), unglaubhafter Vortrag zu drohender Genitalverstümmelung, subsidiärer Schutz (verneint), Abschiebungsverbote (verneint)

Aktenzeichen  10 B 20.30598

Datum:
24.1.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 3106
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 4
AufenthG § 60 Abs. 5 und Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 32 K 19.31707 2019-12-06 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Berufung wird zurückgewiesen.
II. Die Kläger tragen die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Entscheidung ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die zulässige Berufung der Kläger ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Die Kläger haben keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) bzw. auf Gewährung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG). Auch bestehen zugunsten der Kläger keine nationalen Abschiebungsverbote auf der Grundlage des § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach §§ 3 ff. AsylG.
Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer, der Flüchtling nach § 3 Abs. 1 AsylG ist, die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt. Ein Ausländer ist nach § 3 Abs. 1 AsylG Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560 – Genfer Flüchtlingskonvention), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb seines Herkunftslandes befindet. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).
Die Tatsache, dass der Ausländer bereits verfolgt oder von Verfolgung unmittelbar bedroht war, ist dabei ein ernsthafter Hinweis darauf, dass seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, wenn nicht stichhaltige Gründe dagegensprechen, dass er neuerlich von derartiger Verfolgung bedroht ist. Hat der Asylbewerber seine Heimat jedoch unverfolgt verlassen, kann sein Asylantrag nur Erfolg haben, wenn ihm auf Grund von Nachfluchttatbeständen eine Verfolgung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht. Dabei ist es Sache des Ausländers, die Gründe für eine Verfolgung in schlüssiger Form vorzutragen. Er hat unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung begründet ist, so dass ihm nicht zuzumuten ist, im Herkunftsland zu verbleiben oder dorthin zurückzukehren. Dabei genügt für diesen Tatsachenvortrag auf Grund der typischerweise schwierigen Beweislage in der Regel eine Glaubhaftmachung. Voraussetzung für ein glaubhaftes Vorbringen ist allerdings ein detaillierter und in sich schlüssiger Vortrag ohne wesentliche Widersprüche und Steigerungen.
Wer bereits Verfolgung erlitten hat, für den streitet die tatsächliche Vermutung, dass sich frühere Handlungen und Bedrohungen bei der Rückkehr in das Herkunftsland wiederholen werden. Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-)Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus (vgl. BVerfG, B.v. 12.2.2008 – 2 BvR 2141/06 – juris Rn. 20).
Gemessen an diesen Maßstäben konnten die Kläger eine individuelle Verfolgung nicht glaubhaft machen.
Für die Klägerinnen zu 1 und 5 scheidet die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft wegen einer vorgetragenen geschlechtsbezogenen Verfolgung aus. Zwar stellt die geltend gemachte zwangsweise Genitalverstümmelung einen asylerheblichen Eingriff dar, der vom Grundsatz her einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 3 ff. AsylG) begründen kann. Der Senat ist aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens jedoch nicht davon überzeugt (§ 108 Abs. 1 VwGO), dass den Klägerinnen zu 1 und 5 eine solche mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht.
Dabei geht der Senat nach den vorliegenden Erkenntnissen davon aus, dass die weibliche Genitalverstümmelung in allen bekannten Formen nach wie vor in Nigeria verbreitet ist (vgl. dazu etwa Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria – Lagebericht – vom 5. Dezember 2020, Stand Dezember 2020, Nr. II.1.8). Der Anteil der betroffenen Frauen und Mädchen ist dabei rückläufig und lag 2017 noch bei 18,4% (vgl. Länderinformationsblatt der Staatendokumentation des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich – BFA – Nigeria, Gesamtaktualisierung vom 12.4.2019 Nr. 18.1, S. 38 m.w.N.). Das Beschneidungsalter variiert von kurz nach der Geburt bis zum Erwachsenenalter und ist abhängig von der jeweiligen Ethnie (EASO, Country Guidance: Nigeria, Februar 2019, S. 63). In den meisten Fällen findet der Eingriff in den ersten vier bis fünf Lebensjahren statt, weit weniger häufig bis zum Alter von 15 Jahren, danach nur noch in sehr seltenen Fällen (vgl. die bereits im angegriffenen Bescheid angeführte Darstellung bei Terre de femmes, abrufbar unter https://www.frauenrechte.de/unsere-arbeit/themen/weibliche-genitalverstuemmelung/unser-engagement/aktivitaeten/genitalverstuemmelung-in-afrika/fgm-in-afrika/1462-nigeria). In den Fällen einer Genitalverstümmelung nach dem 15. Lebensjahr findet diese vor der Eheschließung, während der ersten Schwangerschaft oder nach dem Tod der Frau statt (EASO, ebd.). Die Entscheidung über die Durchführung der Genitalverstümmelung wird in aller Regel von den Eltern getroffen. Auch wenn andere Familienmitglieder bisweilen versuchen, auf diese Entscheidung Einfluss zu nehmen, wird grundsätzlich keine Gewalt ausgeübt oder angedroht (EASO, ebd.).
Dies zu Grunde gelegt, ist die Schilderung der Klägerin zu 1, ihr drohe nach einer Rückkehr erstmalig eine Genitalverstümmelung, weil man diese bereits nach der Geburt ihres ersten Kindes zwangsweise durchführen habe wollen, unplausibel, zumal sie aus Benin City – einer Millionenstadt – stammt. Die Schilderung der Klägerin zu 1 zu den angeblichen Vorfällen nach der Geburt ihres ersten Sohnes ist vage und bisweilen widersprüchlich und kann damit nach Überzeugung des Senats nicht den Eindruck eines wahrheitsgemäßen Berichts vermitteln. Bereits im Kern widerspricht das Vorbringen der Klägerin zu 1 ihrem Vorbringen in der Anhörung vor dem Bundesamt. Hatte sie vor dem Bundesamt noch vorgetragen, ihre Mutter habe sie „versteckt“, um sie vor der Genitalverstümmelung zu beschützen, gab sie in der mündlichen Verhandlung an, die Mutter habe sie aufgefordert, zu fliehen, was sie dann getan habe. Anschauliche Details zu diesen einschneidenden Erlebnissen vermochte die Klägerin zu 1 nicht zu berichten. Aufgrund des Gesamtergebnisses des Verfahrens geht der Senat daher davon aus, dass der Klägerin zu 1 zu keinem Zeitpunkt eine Genitalverstümmelung drohte und auch eine solche im Falle einer Rückkehr nicht drohen wird.
Damit ist auch im Falle der Klägerin zu 5 nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit einer Genitalverstümmelung zu rechnen. Die Klägerin zu 1 hat sich noch in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich gegen eine solche ausgesprochen und würde mit der Klägerin zu 5 bei einer Rückkehr nach Nigeria vom Familienverband mütterlicherseits aufgenommen (dazu sogleich), der schon bei der Klägerin zu 1 keine Genitalverstümmelung vornehmen ließ. Zum Vater des Kindes besteht nach Angaben der Klägerin zu 1 im Verwaltungsverfahren kein solcher Kontakt mehr, dass dieser in Nigeria Einfluss auf eine entsprechende Entscheidung nehmen könnte.
Der Vortrag in der Berufungsbegründung, der Klägerin zu 1 drohe als alleinerziehender Mutter in vielfacher Hinsicht asylrelevante Verfolgung, ist vage und unsubstantiiert, zumal die Klägerin zu 1 aus Benin City und damit aus einer Großstadt stammt, wo sie vom Familienverband aufgenommen werden kann und wo im Übrigen alleinlebende Frauen eher akzeptiert werden (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria – Lagebericht – vom 5. Dezember 2020, Stand Dezember 2020, Nr. II.1.8).
Für die Kläger zu 2, 3 und 4 wurden bereits keine Gründe vorgetragen, die die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft rechtfertigen könnten.
2. Auch die Voraussetzungen für die Feststellung des subsidiären Schutzstatus nach § 4 AsylG liegen bei den Klägern nicht vor.
Nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist ein Ausländer subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Solche Schäden drohen den Klägern bei einer Rückkehr nach Nigeria nicht. Insoweit verweist der Senat auf die Begründung des angegriffenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG), zumal hierzu im Klageverfahren nichts vorgetragen wurde.
3. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG in Verbindung mit der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) oder nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen zu Gunsten der Kläger ebenfalls nicht vor.
a) Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) liegt nicht vor.
Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit eine Abschiebung nach den Bestimmungen der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) unzulässig ist. Dies umfasst auch das Verbot der Abschiebung in einen Zielstaat, in dem dem Ausländer unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung im Sinne von Art. 3 EMRK droht. Eine Verletzung des Art. 3 EMRK kommt in besonderen Ausnahmefällen auch bei „nichtstaatlichen“ Gefahren aufgrund prekärer Lebensbedingungen in Betracht, bei denen ein „verfolgungsmächtiger Akteur“ (§ 3c AsylG) fehlt, wenn die humanitären Gründe gegen die Ausweisung „zwingend“ sind mit Blick auf die allgemeine wirtschaftliche Lage und die Versorgungslage betreffend Nahrung, Wohnraum und Gesundheitsversorgung (hierzu und zum Folgenden BVerwG, U.v. 4.7.2019 – 1 C 45.18 – BVerwGE 166, 113 – juris Rn. 12 m.w.N.). Die einem Ausländer im Zielstaat drohenden Gefahren müssen hierfür jedenfalls ein „Mindestmaß an Schwere“ (minimum level of severity) aufweisen; es kann erreicht sein, wenn er seinen existentiellen Lebensunterhalt nicht sichern kann, kein Obdach findet oder keinen Zugang zu einer medizinischen Basisbehandlung erhält. In seiner jüngeren Rechtsprechung stellt der Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH, U.v. 19.3.2019 – C-297/17 u.a. – Ibrahim – Rn. 89 ff.) darauf ab, ob sich die betroffene Person „unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not“ befindet, „die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre“.
Dass den Klägern bei einer Rückkehr nach Nigeria eine so beschriebene Lage drohen würde, kann der Senat nicht feststellen. Der Senat verkennt dabei nicht die schlechte wirtschaftliche Situation in Nigeria, wo der größte Teil der Bevölkerung von informellem Handel und Subsistenzwirtschaft abhängig ist (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Bundesrepublik Nigeria vom 5. Dezember 2020, Stand Dezember 2020, Nr. V.1.). Gleichwohl ist davon auszugehen, dass es der Klägerin zu 1 gelingen wird, durch eine eigene Erwerbstätigkeit, familiären Rückhalt, die Unterstützung durch Nichtregierungsorganisationen sowie Rückkehrhilfen, den Lebensunterhalt für sich und ihre Kinder zu sichern. Die Klägerin zu 1 ist volljährig und erwerbsfähig. Ihre Schulbildung erweist sich für nigerianische Verhältnisse als durchschnittlich, sie war bereits in Nigeria, Spanien und Deutschland berufstätig. Auf dieser Grundlage können von der Klägerin zu 1 Bemühungen erwartet werden, auf dem nigerianischen Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Überdies halten sich nach der Überzeugung des Senats (§ 108 Abs. 1 VwGO) noch mehrere Familienangehörige in Nigeria auf, die die Klägerin zu 1 finanziell und bei der Kinderbetreuung unterstützen können. Bei Ihrer Anhörung vor dem Bundesamt hat die Klägerin zu 1 angegeben, ihr Vater lebe noch in Benin City, Geschwister und weitere Verwandte lebten in anderen Teilen von Nigeria. Die von der Klägerin zu 1 in der mündlichen Verhandlung aufgestellte Behauptung, sie habe von einer Person in Ingolstadt erfahren, dass ihre gesamte Familie tot sei, hält der Senat für unglaubhaft. Die Klägerin zu 1 macht zu diesem für sie einschneidenden Ereignis keinerlei konkrete Angaben. Dass sie nicht wenigstens versucht haben will, hierzu Näheres herauszufinden, ist nicht nachvollziehbar. Schließlich stehen den Klägern im Falle einer freiwilligen Rückkehr nach Nigeria umfangreiche Rückkehrhilfen und (wenn auch aufgrund der Corona-Pandemie eingeschränkt) Unterstützung durch Nichtregierungsorganisationen vor Ort (zu deren Berücksichtigungsfähigkeit BVerwG, U.v. 7.9.2021 – 1 C 3.21 – juris Leitsatz) zur Verfügung, um die Zeit bis zu einer Integration in den nigerianischen Arbeitsmarkt zu überbrücken. Auf die entsprechende Auflistung durch die Beklagte im Schriftsatz vom 1. Juni 2021 wird insoweit Bezug genommen. Dass die Zugangsmöglichkeiten zum Arbeitsmarkt oder zu Unterstützung durch nichtstaatliche Organisationen aufgrund der Maßnahmen zur Bekämpfung der Corona-Pandemie in entscheidungserheblicher Weise eingeschränkt wären, vermag der Senat anhand der zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel nicht zu erkennen. Auch die Kläger haben hierzu nichts vorgetragen.
b) Gründe, die ein nationales Abschiebungsverbot auf der Grundlage des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG begründen könnten, sind von den Klägern weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Auch insofern verweist der Senat auf die Gründe des angegriffenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG). An dieser Einschätzung ändert auch die fortdauernde Corona-Pandemie nichts. Nach § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG sind Gefahren nach § 60 Abs. 7 Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, nur bei einer Anordnung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Eine derartige allgemeine Entscheidung hinsichtlich des Zielstaats Nigeria i.S.d. § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG liegt derzeit nicht vor. Eine persönliche Betroffenheit von der Krankheit oder besondere Risikofaktoren im Falle einer Erkrankung gerade in Nigeria haben die Kläger nicht aufgezeigt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Kläger gleichsam sehenden Auges dem Tod oder schwersten Gesundheitsschäden ausgeliefert würden.
4. Die auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG gestützte Abschiebungsandrohung ist ebenfalls rechtmäßig. Auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots begegnet im Ergebnis keinen durchgreifenden Bedenken. Die in Anwendung von § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG a.F. verfügte Befristung, die notwendig das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG (i.d.F. des Gesetzes vom 27. Juli 2015, BGBl. I S. 1386) voraussetzt, ist bei einer Gesamtbetrachtung nach dem Inkrafttreten der Neufassung des § 11 AufenthG (Zweites Gesetz zur besseren Durchsetzung der Ausreisepflicht vom 15. August 2019, BGBl. I S. 1294) umzudeuten (§ 47 VwVfG) in eine behördliche Anordnung eines befristeten Einreise- und Aufenthaltsverbots (BVerwG, U.v. 7.9.2021 – 1 C 3.21 – juris Rn. 32).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Das Verfahren ist gerichtskostenfrei (§ 83b AsylG).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.


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