Verwaltungsrecht

Offensichtlich unbegründete Klage eines Asylbewerbers aus dem Senegal

Aktenzeichen  M 17 K 16.33079

Datum:
31.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 6, Art. 16a
AsylG AsylG § 3, § 4, § 29, § 36
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7, § 60a

 

Leitsatz

1 Es bestehen weder verfassungs- noch europarechtliche Bedenken gegen die Einstufung des Senegal als sicherer Herkunftsstaat. (red. LS Clemens Kurzidem)
2 Beruft sich ein Asylbewerber für die rechtliche Unmöglichkeit seiner Abschiebung auf das Bestehen eines Familienverbands (Art. 6 GG bzw. Art. 8 EMRK) im Inland, macht er damit ein im Rahmen von § 60a AufenthG zu berücksichtigendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis geltend, dessen Prüfung nicht dem Bundesamt, sondern der örtlich zuständigen Ausländerbehörde obliegt. (red. LS Clemens Kurzidem)

Tenor

I.
Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Über die Klage konnte nach vorheriger Anhörung der Klägerseite durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da sie keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 VwGO). Die Beklagte hat auf die Anhörung zu Entscheidungen durch Gerichtsbescheid generell verzichtet (s. Schreiben v. 25.02.2016).
Die Klage ist dahingehend auszulegen (vgl. § 88 VwGO), dass unter entsprechender Aufhebung des Bescheids vom 26. August 2016 die Beklagte verpflichtet werden soll, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen bzw. festzustellen, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft vorliegen, hilfsweise, den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen und weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG vorliegen.
1. Die Anerkennung als Asylberechtigter scheidet bereits deswegen aus, weil der Kläger auf dem Landweg und damit aus einem sicheren Drittstaat in das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland eingereist ist (Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG i. V. m. § 26a Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 AsylG).
2. Aber auch ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag des Klägers nicht erkennbar.
2.1 Die Ablehnung der Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und auf Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet beruht auf § 29a Abs. 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat i. S. d. Art. 16a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.
2.2 Das Heimatland des Klägers, Senegal, ist ein sicherer Herkunftsstaat (vgl. § 29a Abs. 2 AsylG und Anlage II zu § 29a AsylG). Die Gerichte sind an diese Einstufung gebunden, es sei denn, sie sind der Überzeugung, dass sich die Einstufung als verfassungswidrig erweist (BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1507/93 – juris Rn. 65). Verfassungs- oder europarechtliche Bedenken gegen die Einstufung Senegals als sicherer Herkunftsstaat bestehen jedoch nicht.
2.3 Der Kläger hat die durch § 29a AsylG normierte Nichtverfolgungsvermutung auch nicht durch den schlüssigen Vortrag von individuellen Verfolgungstatsachen erschüttern können. Vielmehr hat er sich lediglich auf wirtschaftliche Schwierigkeiten und seinen neugeborenen Sohn berufen. Dies begründet aber bereits mangels Anknüpfung an die dort genannten Merkmale keine Verfolgung im Sinne von Art. 16a GG oder § 3 AsylG. Das Gericht folgt daher der zutreffenden Begründung der Beklagten im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG).
3. Das Bundesamt hat auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) abgelehnt und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG verneint. Das Gericht nimmt auch insoweit vollumfänglich auf die Begründung des Bundesamts im streitgegenständlichen Bescheid Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend wird auf Folgendes hingewiesen:
Eine etwaige Geltendmachung der Unmöglichkeit der Abschiebung aus rechtlichen Gründen aufgrund eines etwaigen Familienverbands (Art. 6 GG bzw. Art. 8 Abs. 1 EMRK) wäre kein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, sondern ein im Rahmen von § 60a AufenthG zu prüfendes inlandsbezogenes Abschiebungshindernis, für das sich der Kläger auf einen Antrag auf Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG bei der örtlich zuständigen Ausländerbehörde verweisen lassen muss (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 18.5.2010 – 11 LB 186/08 – juris Rn. 47; OVG Berlin-Bbg. B. v. 30.4.2013 – OVG 12 S 25.13 – juris unter Hinweis auf § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG; BVerwG, U. v. 25.9.1997 – 1 C 6/97 – juris).
4. Nach alledem ist auch die vom Bundesamt nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V. m. §§ 708 ff. ZPO.


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