Verwaltungsrecht

Offensichtlich unbegründeter Asylantrag eines Asylbewerbers aus Mali

Aktenzeichen  Au 5 K 16.32399

Datum:
30.3.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Augsburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
EMRK EMRK Art. 3
AsylG AsylG § 3, § 4 Abs. 3, § 30 Abs. 1, § 34, § 36 Abs. 1
AufenthG AufenthG § 11 Abs. 1, § 59

 

Leitsatz

1 Integrationsprobleme eines früh aus seinem Heimatstaat ausgewanderten Bürgers können offensichtlich keine asylerhebliche Verfolgung begründen. (Rn. 26) (redaktioneller Leitsatz)
2 In Mali besteht eine innerstaatliche Fluchtalternative im Süden des Landes, der bürgerkriegsfrei ist. Vereinzelte Anschläge erreichen nicht die Qualität eines Bürgerkrieges. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Die Klage wird als offensichtlich unbegründet abgewiesen.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Der Einzelrichter (§ 76 Abs. 1 AsylG) konnte über die Klage des Klägers verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung vom 30. März 2017 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten ausweislich der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
Die zulässige Klage ist offensichtlich unbegründet.
Ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, dass die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag des Klägers nicht im Ansatz (§ 78 AsylG) erkennbar.
Die Ablehnung des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet beruht auf § 30 Abs. 1 AsylG. Nach § 30 Abs. 1 AsylG ist ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes offensichtlich nicht vorliegen. Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag nach ständiger Rechtsprechung dann, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemeiner Rechtsauffassung sich die Abweisung des Antrags geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B.v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – InfAuslR 1993, 196; B.v. 20.12.2006 – 2 BvR 2063/06 – NVWZ 2007, 1046).
Bei der Berufung auf eine Individualverfolgung kann das Offensichtlichkeitsurteil u.a. dann gerechtfertigt sein, wenn die im Einzelfall behauptete Gefährdung offensichtlich nicht asylrelevant ist, den erforderlichen Grad der Verfolgungsintensität nicht erreicht oder sich das Vorbringen des Asylbewerbers insgesamt als eindeutig unglaubhaft erweist.
Gemessen an diesen Grundsätzen bestehen hier keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der insoweit seitens der Beklagten getroffenen Entscheidungen. Das Gericht folgt der zutreffenden Begründung der Beklagten im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Einer Asylanerkennung des Klägers steht bereits entgegen, dass dieser auch nach seinen eigenen Ausführungen auf dem Landweg über einen sicheren Drittstaat in die Bundesrepublik Deutschland eingereist ist. Dies schließt eine Asylanerkennung von vornherein aus.
Weiter ist für das Gericht offensichtlich, dass der geltend gemachte Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dem Kläger nicht zusteht. Es ergeben sich nach seinem Vortrag schon im Ansatz ganz offensichtlich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass beim Kläger bezogen auf den Zielstaat Mali eine asylrelevante und asylerhebliche Verfolgung, Bedrohung oder Gefährdung vorliegen könnte. Der Kläger verweist im Wesentlichen lediglich darauf, dass er die letzten Jahre in Nigeria gelebt habe und es dort zu Problemen mit der Polizei und der Terrormiliz Boko Haram gekommen sei. Eine Rückkehr nach Mali, seinem Heimatland, sei für ihn ausgeschlossen, da er dort keine Verwandte habe und in Mali Krieg herrsche. Damit ergeben sich offensichtlich keine Hinweise auf eine individuelle staatliche, politische Verfolgung im Sinne des § 3 AsylG. Die irgendwie geartete Gefährdung, die den erforderlichen Grad der Verfolgungsintensität erreichen könnte, ist bezogen auf den Zielstaat Mali bereits im Ansatz vom Kläger nicht vorgetragen. Vielmehr verweist der Kläger im Wesentlichen auf eine Integrationsproblematik eines früh aus seinem Heimatland ausgewanderten Bürgers.
Eine irgendwie geartete politische Verfolgung in Bezug auf den Zielstaat Mali hat der Kläger bereits im Ansatz nicht geltend gemacht. Im Übrigen erscheint das Vorbringen des Klägers insgesamt unglaubwürdig, da der Vortrag des Klägers im Klagebegründungsschriftsatz vom 11. Dezember 2016 eine erhebliche Steigerung gegenüber dem Vorbringen des Klägers bei seiner persönlichen Anhörung gegenüber dem Bundesamt darstellt. Der Vortrag, soweit er sich im Klagebegründungsschriftsatz findet, hat keine Entsprechung in der Niederschrift über die persönliche Anhörung des Klägers beim Bundesamt. Gegenüber dem Bundesamt hat der Kläger weitestgehend auf seine wirtschaftliche Lage hingewiesen (Behördenakte Bl. 41). Letztlich bedarf aber auch dies keiner weitergehenden Vertiefung, da sich der Vortrag des Klägers auch im Klagebegründungsschriftsatz allenfalls auf eine Verfolgungssituation im Staat Nigeria bezieht. Eine Verfolgung bezogen auf den Zielstaat Mali ist dem Vorbringen des Klägers hingegen nicht zu entnehmen und erfahrungsgemäß auch nicht zu erwarten.
Ernstliche Zweifel bestehen ebenfalls nicht hinsichtlich der Versagung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG). Die Gewährung subsidiären Schutzes kommt offensichtlich (§ 30 Abs. 1 AsylG) nicht in Betracht, weil unter Hinweis auf die Ausführungen zum Flüchtlingsschutz und unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers keine Anhaltspunkte dafür erkennbar sind, dass ihm bei einer Rückkehr nach Mali ein ernsthafter Schaden droht. Einen solchen hat der Kläger bereits nicht aufgezeigt.
Ungeachtet der Frage, ob die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG vorliegen, ist der Kläger, soweit er überhaupt eine Gefährdung in seiner Heimatregion bzw. seinem Heimatland befürchtet, auf eine innerstaatliche Fluchtalternative im Süden Malis zu verweisen (§ 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i.V.m. § 3e AsylG).
Der Süden Malis ist bürgerkriegsfrei. Von den Kampfhandlungen islamistischer Gruppen, die im Januar 2012 ihren Anfang nahmen, war der Norden Malis betroffen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Mali: Aktuelle Lage, Auskunft der SFH-Länderanalyse vom 30. Oktober 2012). Bereits im Juni 2013 war zwischen der malischen Regierung und mehreren bewaffneten Gruppen ein Friedensabkommen zur Stabilisierung der Lage im Norden Malis geschlossen worden (Amnesty International, Mali-Report 2015). Am 15. Mai und 20. Juni 2015 wurde erneut ein innerstaatliches Friedensabkommen zur nachhaltigen Befriedung von Nord-Mali geschlossen. Von den bürgerkriegsähnlichen Zuständen im Norden Malis blieb der Süden Malis jedoch verschont, auch wenn selbst in der Hauptstadt Bamako eine Gefährdung durch terroristische Gruppen nicht ausgeschlossen werden kann (Auswärtiges Amt, Mali: Reise- und Sicherheitshinweise, Stand: 2.11.2016). Greifbare Anhaltspunkte dafür, dass vereinzelte Anschläge bereits die Qualität eines Bürgerkriegs erreicht haben, bestehen nicht (s. hierzu auch VG Magdeburg, U.v. 27.5.2016 – 1 A 125/15 MD – juris).
Ferner bestehen keine Anhaltspunkte für Abschiebungsverbote i.S. des § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG.
Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger bei seiner Abschiebung nach Mali befürchten müsste, auf derart schlechte humanitäre Bedingungen zu stoßen, dass die Gefahr einer Verletzung des Art. 3 EMRK besteht, gibt es, wie bereits ausgeführt, nicht. Obwohl die wirtschaftliche Lage nach wie vor schlecht ist (Auswärtiges Amt, Mali: Wirtschaftliche Rahmenbedingungen, Stand: April 2016), geht das Gericht, wie ausgeführt, davon aus, dass der Kläger seinen Lebensunterhalt dort sicherstellen kann. Damit liegen weder die Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG noch für die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Hieran ändern auch eventuelle Unterhaltspflichten des Klägers nichts. Nach seinem Vortrag in der mündlichen Verhandlung kennt der Kläger den Aufenthalt seiner Ehefrau nicht. Seine Kinder sind bei einem „Bruder“ dauerhaft untergebracht.
Vor diesem Hintergrund ist auch die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden. Die gesetzte Ausreisefrist entspricht der Regelung in § 36 Abs. 1 AsylG. Schließlich erweist sich auch die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes nach § 11 Abs. 1 AufenthG als offensichtlich rechtmäßig; das Bundesamt hat das ihm insoweit zukommende Ermessen erkannt und in der Befristungsentscheidung die maßgeblichen Belange in ordnungsgemäßer Weise abgewogen.
Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG); die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO.
Dieses Urteil ist unanfechtbar (§ 78 Abs. 1 Satz 1 AsylG).


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