Verwaltungsrecht

Ordnungsmaßnahme: Entlassung von der Schule, Schulische Gefährdung, Wiederholtes Fehlverhalten, Schulischer Bezug, Außerschulisches Verhalten, Post in den sozialen Netzwerken (hier: Instagram)

Aktenzeichen  M 3 K 17.5634

Datum:
21.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 19852
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 1 S. 4
BayEUG Art. 86 Abs. 2 Nr. 10
BayEUG Art. 86 Abs. 3 Nr. 5
BayEUG Art. 86 Abs. 2 Nr. 6

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO) zulässig. Hat sich die Ordnungsmaßnahme der Entlassung erledigt, weil ein Schüler die Schule verlassen hat und sich auch nicht eine Rückkehr an die vormals besuchte Schule offen halten möchte, so besteht grundsätzlich ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse unter dem Gesichtspunkt der Rehabilitation (BayVGH, U.v. 19.2.2008 – 7 B 06.2352 – BayVBl 2009, 343).
Die Klage ist aber unbegründet. Die streitgegenständliche Ordnungsmaßnahme der Entlassung von der Schule war rechtmäßig und verletzte die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO).
Die Ordnungsmaßnahme der Entlassung von der Schule findet ihre Rechtsgrundlage in Art. 86 Abs. 2 Nr. 10 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG) in der Fassung der Bekanntmachung vom 31. Mai 2000 (GVBl. S. 414, 632, BayRS 2230-1-1-K), das zuletzt durch Gesetz vom 24. Juli 2020 (GVBl. S. 386) geändert worden ist. Danach darf die Ordnungsmaßnahme der Entlassung bei einer schulischen Gefährdung verhängt werden, d.h. bei Gefährdung von Rechten Dritter oder der Aufgabenerfüllung der Schule durch schweres oder wiederholtes Fehlverhalten (vgl. Art. 86 Abs. 2 Nr. 6 BayEUG). Im Hinblick darauf, dass die Entlassung die schwerwiegendste Ordnungsmaßnahme darstellt, die die Schule selbst verhängen kann, hat sich die Entscheidung, ob diese oder eine weniger einschneidende Ordnungsmaßnahme ausgesprochen wird, daran zu orientieren, ob ein Verbleiben des Schülers an der Schule im Hinblick auf die unbeeinträchtigte Erfüllung ihres Bildungs- und Erziehungsauftrags oder wegen des Schutzes Dritter nicht mehr hingenommen werden kann und dem Schüler in dieser Deutlichkeit und Konsequenz vor Augen geführt werden muss, dass sein Verhalten nicht geduldet werden kann. Diese Beurteilung entzieht sich einer vollständigen Erfassung nach rein rechtlichen Kriterien und bedingt sachnotwendig einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren pädagogischen Wertungsspielraum. Die Wahl der Ordnungsmaßnahme erweist sich als eine pädagogische Ermessensentscheidung. Trotz dieser Grenzen der gerichtlichen Kontrolle haben die Gerichte zu überprüfen, ob das Verfahren den hierfür vorgesehenen Vorschriften entsprochen hat, ob die Schule ihre Entscheidungen auf Tatsachen und Feststellungen gestützt hat, die einer sachlichen Überprüfung standhalten, und ob sie frei von sachfremden Erwägungen entschieden hat; schließlich unterliegt der gerichtlichen Kontrolle insbesondere auch, ob die getroffene Ordnungsmaßnahme gegen das Gebot der Verhältnismäßigkeit verstößt, d.h. ob die Ordnungsmaßnahme zur Schwere des Fehlverhalten, das Anlass zur disziplinarischen Würdigung gegeben hat, außer Verhältnis steht (ständige Rechtsprechung; z.B. BayVGH, B.v. 11.10.2012 – 7 CS 12.2187 – BayVBl 2013, 120).
Für die Rechtmäßigkeit der Auswahl einer Ordnungsmaßnahme unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit kommt es vor allem darauf an, ob und in welchem Maße die Erfüllung des Anstaltszwecks gestört oder gefährdet und die Erziehungsverantwortung der Schule beeinträchtigt wurde, wie sie in Art. 131 Bayerische Verfassung, Art. 1, 2 BayEUG niedergelegt ist (vgl. BayVGH B.v. 2.9.1993 – 7 CS 93.1736 – BayVBl 1994, 346); die Ordnungsmaßnahme der Entlassung von der Schule darf dabei zur Schwere des zu ahndenden oder zu unterbindenden Verhaltens eines Schülers nicht außer Verhältnis stehen.
Gemessen an den vorstehenden Grundsätzen erweist sich die von der Schule getroffene Ordnungsmaßnahme als rechtmäßig. Die streitgegenständliche Ordnungsmaßnahme der Entlassung von der Schule ist sowohl formell, als auch materiell fehlerfrei ergangen.
1. Der Bescheid ist in formeller Hinsicht nicht zu beanstanden.
Die Schule hat das vom BayEUG vorgesehene Verfahren eingehalten. Nach Art. 88 Abs. 3 Satz 2 BayEUG ist bei Ordnungsmaßnahmen nach Art. 86 Abs. 2 Nr. 3 bis 12 BayEUG, also auch bei der Entlassung nach Art. 86 Abs. 2 Nr. 10 BayEUG, auf Antrag des Schülers oder der Erziehungsberechtigten eine Lehrkraft ihres Vertrauens „anzuhören“ (Nr. 2), außerdem ist bei Ordnungsmaßnahmen, welche der Entscheidung der Lehrerkonferenz bedürfen, wie dies bei der Entlassung nach Art. 88 Abs. 1 Nr. 3 BayEUG der Fall ist, auf Antrag des Schülers oder der Erziehungsberechtigten der Elternbeirat „anzuhören“ (Nr. 3); nach Art. 88 Abs. 3 Satz 2 BayEUG können vor jeder Entscheidung der Lehrerkonferenz über eine Ordnungsmaßnahme der Schüler sowie die Erziehungsberechtigten auf Antrag in der Konferenz persönlich vortragen. Gemäß Art. 88 Abs. 3 Satz 4 BayEUG sind die Betroffenen auf die ihnen zustehenden Rechte nach Art. 88 Abs. 3 Sätze 2 und 3 BayEUG rechtzeitig hinzuweisen. Die Entscheidung wurde von dem nach Art. 86 Abs. 2 Nr. 10, Art, 88 Abs. 1 Nr. 3, Art. 58 Abs. 1 Satz 3 BayEUG zuständigen Disziplinarausschuss getroffen. Verstöße gegen das geschilderte Verfahren sind nicht ersichtlich oder vorgetragen.
Die gerügte Anwesenheit einer Jugendbeamtin der Polizei bei einer Befragung der Klägerin zu ihrem Instagram Post im Vorfeld der Ordnungsmaßnahme stellt keinen Verfahrensfehler dar. Die Befragung der Klägerin war Teil der Sachverhaltsermittlung, die am Beginn eines förmlichen Verfahrens steht. Die Sachverhaltsermittlung selbst unterliegt den allgemeinen Verfahrensgrundsätzen. Diese verbieten nicht die Anwesenheit der Jugendbeamtin bei der Befragung. Es ist auch nicht ersichtlich oder vorgetragen, dass die Anwesenheit störenden Einfluss auf die Sachverhaltsermittlung gehabt hätte.
2. Die getroffene Ordnungsmaßnahme ist ferner auch in materiell-rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden.
Dass die Entlassung auf einem unzutreffenden, nicht hinreichend ermittelten Sachverhalt beruht, ergibt sich nicht. Die hinreichende Sachverhaltsermittlung, insbesondere ob die Schule ihre Entscheidung auf Tatsachen und Feststellungen gestützt hat, die einer sachlichen Überprüfung standhalten, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle. Falls ein Schüler die Feststellung, auf denen die Entscheidung beruht, bestreitet, hat das Gericht dem nachzugehen (BayVGH, U.v. 13.6.2012 – 7 B 11.2651 -, juris Rn. 20). Eine ordnungsgemäße Sachverhaltsaufklärung ist vorliegend erfolgt.
Das maßgeblich die Ordnungsmaßnahme auslösende Ereignis – der Post auf der Plattform Instagram – ist unstreitig. Der Vorwurf der mangelnden Sachverhaltsaufklärung betrifft eine angebliche falsche Zuordnung von Beiträgen in einem Klassenchat auf Whatsapp zu der Klägerin, die zu dem der der Ordnungsmaßnahme vorausgegangen Erziehungsmaßnahme des Präventionsgespräches geführt haben, und hauptsächlich eine angeblich nicht ermittelte und berücksichtigte Vorgeschichte zu den Beiträgen auf Whatsapp und Instagram sowie gegenseitige Entschuldigungen im Nachgang zu den Äußerungen auf Whatsapp.
Zunächst ist festzuhalten, dass der der Ordnungsmaßnahme von der Schule zugrunde gelegte Sachverhalt den Post auf Instagram betrifft, nicht die zeitlichen vorgehenden Beiträge auf Whatsapp. Diese wurden nur dergestalt berücksichtigt, dass deshalb unstreitig ein Präventionsgespräch stattfand mit dem unstreitigen Inhalt, die Klägerin für Fehlverhalten im Internet zu sensibilisieren und von solchem abzuhalten. Insofern wurde der Sachverhalt also ausreichend von der Schule ermittelt. Entgegen dem klägerischen Vortrag wurde ausweislich des Protokolls des Disziplinarausschusses und der Begründung der gegenständlichen Ordnungsmaßnahme auch der Vortrag der Klägerin bezüglich der Vorgeschichte berücksichtigt.
Dass die Entlassung auf einem unzutreffenden, nicht hinreichend ermittelten Sachverhalt beruht, ergibt sich also nicht. Es kann erst recht nicht festgestellt werden, dass die Sachverhaltsermittlung durch die Schule einseitig nur in eine bestimmte Richtung oder zu Ungunsten der Klägerin geführt worden wäre.
Die Voraussetzungen für den Erlass der Ordnungsmaßnahme der Entlassung lagen vor, insbesondere ist ein schulischer Bezug gegeben. Zur Sicherung des Bildungs- und Erziehungsauftrags oder zum Schutz von Personen und Sachen können, soweit andere Erziehungsmaßnahmen nicht ausreichen, nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit förmliche Ordnungsmaßnahmen gegenüber einzelnen Schülern getroffen werden (Art. 86 Abs. 1 BayEUG), wobei ein außerschulisches Verhalten dafür nur Anlass sein darf, soweit es die Verwirklichung der Aufgabe der Schule gefährdet (Art. 86 Abs. 3 Nr. 5 BayEUG).
Dabei ist nach ständiger Rechtsprechung nicht jedes Verhalten, das sich außerhalb der Unterrichtszeit und außerhalb des Schulgeländes abspielt, bereits ein „außerschulisches“ Verhalten. Entscheidend für die Qualifizierung eines Vorfalls als schulischer Vorfall ist, ob der Vorfall einen engen Bezug zur Schule hat. Einen solchen engen Schulbezug hat das erkennende Gericht bejaht, wenn ein Vorgang in engem räumlichem, zeitlichem oder personellen Zusammenhang mit Schule und Unterricht steht (VG München, U.v. 26.2.2019 – M 3 K 18.2544; U.v. 14.2.2017 – M 3 K 15.979; U.v. 17.3.2015 – M 3 K 13.1778; U.v. 11.7.2011 – M 3 K 09.5679; B.v. 5.7.2010 – M 3 E 10.3206). Denn der Erziehungs- und Bildungsauftrag der Schulen hat keine geografischen Grenzen; vielmehr kommt es darauf an, ob das Fehlverhalten störend in den Schulbetrieb hineinwirkt. Schulbezogenes Verhalten ist daher nicht ausschließlich räumlich und zeitlich, sondern auch inhaltlich bestimmt.
Im vorliegenden Fall wohnt dem Verhalten der Klägerin – ein Post auf der Plattform Instagram – der erforderliche schulische Bezug inne. Es ist ein personeller Bezug gegeben. Sowohl die Klägerin als auch die Adressatin des Posts („@…“) sind Schülerinnen der Schule. Auch der Kreis derjenigen, die den Post lesen konnten und sollten, besteht – wenn auch nicht ausschließlich – zu Teilen aus Mitschülern der Klägerin als deren soziale Bezugsgruppe. Zusätzlich besteht ein zeitlicher und vor allem inhaltlicher Bezug der Art, dass am Vortag vor dem streitgegenständlichen Post als pädagogische Maßnahme ein Präventionsgespräch mit der Klägerin stattfand, um genau solche Vorfälle zu verhindern. Soweit weiterhin die Schule einen schulischen Bezug auch aufgrund einer Gefährdung des Erziehungsauftrages annimmt, ist ein solcher als Voraussetzung für eine disziplinarische Ahndung nicht weiter erforderlich. Gleichwohl ist auch die Verwirklichung der Aufgaben der Schule gefährdet durch zum einem der Gefährdung des Erziehungsauftrages aus Art. 1 i.V.m. Art. 2 Abs. 1 UAbs. 3 Var. 3 BayEUG, nach dem die Schule ihre Schüler zu friedlicher Gesinnung und Achtung vor anderen Menschen zu erziehen hat, zum anderen durch die in dem Post zum Ausdruck gebrachten Missachtung des Hausrechts einer anderen Schule als Verstoß gegen die Verhaltenspflichten der Klägerin nach Art. 56 Abs. 4 Satz 4 BayEUG, wonach sie alles zu unterlassen hat, was den Schulbetrieb oder die Ordnung einer anderen Schule stören könnte.
Im Gegensatz zum klägerischen Vortrag liegt also trotz räumlicher und zeitlicher Nutzung des Internets außerhalb des regulären Schulbetriebs ein schulischer Bezug vor. Gerade im Gegensatz zu den von dem Bevollmächtigten der Klägerin genannten mündlichen Äußerungen sind einmal im Internet oder in Chats veröffentlichte Aussagen so gut wie nicht mehr löschbar und können vielfältig weitergegeben oder manipuliert werden. Eine Begrenzung schulrechtliche Ordnungsmaßnahmen auf Fehlverhalten in den Schulräumen ist gerade aufgrund der hohen faktisch Bedeutung der sozialen Netzwerke und Chatprogramme für den Schulalltag nicht angebracht. Die Schüler begegnen einander tagtäglich in der Schule, die Schulgemeinschaft erlangt – wie im vorliegenden Fall – durch den im Zweifelsfall offenen Zugang im Internet Kenntnis von den Vorfällen. Zusätzlich stellen Mitschüler häufig die wichtigste soziale Bezugsgruppe dar (vgl. zum Ganzen auch m.w.N. Bülow, jM 2019, 336/339; Steenhoff, NVwZ 2013, 1190/1192).
Weiterhin ist auch eine schulische Gefährdung im Sinne von Art. 86 Abs. 2 Nr. 10 BayEUG gegeben. Nach der Legaldefinition in Art. 86 Abs. 2 Nr. 6 BayEUG liegt eine schulische Gefährdung bei der Gefährdung von Rechten Dritter oder der Aufgabenerfüllung der Schule durch schweres oder wiederholtes Fehlverhalten vor. Wie bereits ausgeführt, hat die Klägerin durch ihr Verhalten die Aufgabenerfüllung der Schule beeinträchtigt. Zusätzlich handelt es sich bei dem Verhalten der Klägerin um ein wiederholtes Fehlverhalten; zum einen im Umgang in den sozialen Netzwerken, nachdem bereits ihre Äußerungen im Chat mit Mitschülern auf Whatsapp zu der Erziehungsmaßnahme des Präventionsgespräches geführt haben, und zum anderen im Hinblick auf die Bereits im Vorschuljahr ergangenen zahlreichen Ordnungsmaßnahmen (13 Verweise, ein verschärfter Verweis, Unterrichtsausschluss und die Androhung der Entlassung). Es liegt ein wiederholtes Fehlverhalten mit einem eine disziplinarische Würdigung auslösendem Gewicht vor.
Die streitgegenständliche Ordnungsmaßnahme der Entlassung von der Schule verstößt auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit und die Schule hat das ihr bei der Auswahl der Ordnungsmaßnahme zustehende Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt.
Das BayEUG kennt trotz der Aufzählung der Ordnungsmaßnahmen in Art. 86 Abs. 2 BayEUG entsprechend ihrer Bedeutung und Eingriffsintensität keine einzuhaltende Rangfolge. Dem Erlass der Ordnungsmaßnahme der Entlassung hat also nicht zwingend – obwohl vorliegend gleichwohl geschehen – die Ordnungsmaßnahme der Androhung der Entlassung vorauszugehen. Wie dargestellt liegt ein wiederholtes Fehlverhalten vor. Dieses führt – aufgrund der vorausgegangenen Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen – dazu, dass die Entlassung der Klägerin von der Schule nicht außer Verhältnis zu ihrem Verhalten steht.
Zwar muss den Schülern ein erheblicher Freiraum für Internetaktivitäten verbleiben, aber die Ordnungsmaßnahme der Entlassung ist in den Fällen gerechtfertigt, in denen wie hier beleidigende oder bedrohende Äußerungen verfasst und in einer Weise weitergegeben werden, dass der Personenkreis mit potentiellem Zugriff auf diese Äußerungen nicht mehr kontrollierbar ist. Dies ist hier durch den Post der Klägerin auf Instagram geschehen. Hierfür ist irrelevant, ob der Post sich selbst löscht (Instagram-Stories) bzw. von der Klägerin gelöscht wurde. Denn selbst wenn ein Post nach kurzer Zeit wieder gelöscht wird, kann die Äußerung schon weite Kreise gezogen haben. Letztlich wird die Kontrolle über die getätigten Äußerungen aufgegeben. Andere können diese weiterverbreiten. Zusätzlich besteht im Regelfall das Risiko, dass die Äußerung zeitlich unbegrenzt abrufbar ist („Das Internet vergisst nie“). Der Empfängerkreis ist letztlich nicht steuerbar. Dies zeigt sich auch am streitgegenständlichen Post, von dem die Klägerin sicherlich nicht beabsichtigt hatte, dass er der Schule zur Kenntnis gelangt. Hinzu kommt, dass anders als bei mündlichen Äußerungen unter Anwesenden sich für die Leser des Posts weit schwerer feststellen lässt, wie ernst gemeint die geäußerte Drohung ist.
Entgegen der Ansicht der Klägerin ändert auch eine eventuell vorangegangene Provokation bzw. Drohung sowie eine angebliche Nichtahndung desselben Verhaltens einer Mitschülerin nichts an der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme. Denn erstens betrifft die Ordnungsmaßnahme das Verhalten der Klägerin und bei diesem handelt es sich wie dargestellt gerade um ein wiederholtes Fehlverhalten, zweitens hat die Klägerin nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich, dass der Post unüberlegt quasi in der Hitze des Gefechts gefallen sei. Selbst wenn sich die Klägerin durch die von ihr geschilderte Vorgeschichte zu dem Post herausgefordert hätte fühlen dürfen, müsste der Zeitfaktor berücksichtigt werden, so dass nicht mehr von einer spontanen und verzeihlichen Äußerung ausgegangen werden kann.
3. Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff ZPO.


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