Verwaltungsrecht

Rechtmäßige Abschiebungsandrohung in die Autonome Region Kurdistan-Irak

Aktenzeichen  M 4 S 16.30264

Datum:
22.2.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 3, § 4
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 1, Abs. 5, Abs. 7 S. 1
GG GG Art. 16a

 

Leitsatz

1 Allein die Möglichkeit, als Volljähriger zu den regulären Streitkräften des Heimatlandes eingezogen werden zu können, begründet nicht die Gefahr politischer Verfolgung, sondern entspricht allgemeinen staatsbürgerlichen Verpflichtungen auch in freiheitlichen Staaten. (redaktioneller Leitsatz)
2 Der gesicherte Herrschaftsbereich der Autonomen Region Kurdistan-Irak ist nicht und war nie von Kämpfern des ISIS bzw. IS bedroht. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist ein irakischer Staatsangehöriger kurdischer Volks- und sunnitischer Religionszugehörigkeit aus … in der Provinz … Sein erster Asylantrag wurde vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge mit Bescheid vom 3. April 2012 in vollem Umfang abgelehnt.
Am 22. August 2014 stellte der Antragsteller einen Folgeantrag und gab an, er lebe jetzt seit drei Jahren in Deutschland und habe hier Sicherheit und Arbeit gefunden. Es könne sich nicht mehr vorstellen, woanders zu leben. Die Lage im Irak werde immer gefährlicher und schwieriger.
Mit Bescheid vom 6. Februar 2016, der am 12. Februar 2016 mit Postzustellungsurkunde zugestellt wurde, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Durchführung eines weiteren Asylverfahrens und den Antrag auf Abänderung des Bescheides vom 3. April 2012 bezüglich der Feststellung zu § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG ab. Der Antragsteller wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen; sollte der Antragsteller diese Ausreisefrist nicht einhalten, werde er in den Irak oder einen anderen aufnahmebereiten Staat abgeschoben. Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet.
Zur Niederschrift der Rechtsantragstelle erhob der Antragsteller am 15. Februar 2016 Klage gegen den Bescheid vom 6. Februar 2016 mit dem Ziel der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzstatus sowie der Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 bis 7 Satz 1 AufenthG (Az. M 4 K 16.30263). Gleichzeitig beantragte er,
hinsichtlich der Abschiebungsandrohung die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung trug er im Wesentlichen vor, im Falle einer Rückkehr befürchte er, zwangsrekrutiert zu werden und gegen den IS kämpfen zu müssen. Außerdem sei die Sicherheits- und Versorgungslage in … schlecht. In Deutschland hingegen habe er einen gesicherten Arbeitsplatz und sei mit einer deutschen Staatsangehörigen verlobt, die er heiraten wolle.
Das Bundesamt legte die Akten vor, ohne einen Antrag zu stellen.
Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Akten des Bundesamts Bezug genommen.
II.
Der Antrag bleibt erfolglos.
Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO ist zwar innerhalb der Frist des § 71 Abs. 4 i. V. m. § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG erhoben worden, doch fehlt dem Antrag das Rechtsschutzbedürfnis, da sich aus dem Akteninhalt keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Antragsteller einer Personengruppe angehört, die nicht von der derzeitigen „Erlasslage“ hinsichtlich der Nicht-Abschiebung von Irakern begünstigt wird. Der Antragsteller stammt zwar aus der Autonomen Region Kurdistan-Irak, gehört jedoch nach Aktenlage nicht zur Gruppe der Straftäter und Sicherheitsgefährder.
Jedenfalls ist der Antrag unbegründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids bestehen (§ 71 Abs. 4 i. V. m. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Aus dem Vortrag des Antragstellers ergeben sich weder Anhaltspunkte für eine politische Verfolgung im Sinne von Art. 16a Abs. 1 GG, § 60 Abs. 1 AufenthG, § 3 Abs. 1 AsylG noch für die Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG oder für Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG.
Auf die zutreffenden Ausführungen in dem angefochtenen Bescheid wird gemäß § 77 Abs. 2 AsylG Bezug genommen.
Ergänzend, insbesondere zum Vorbringen in der Klage- und Antragsbegründung, ist anzufügen: Allein die Möglichkeit, dass der Antragsteller – als Volljähriger – zu den regulären Streitkräften seines Heimatlandes eingezogen werden könnte, begründet nicht die Gefahr politischer Verfolgung, sondern entspricht allgemeinen staatsbürgerlichen Verpflichtungen auch in freiheitlichen Staaten. Der Herkunftsort des Antragstellers, … in der Provinz …, liegt im gesicherten Herrschaftsbereich der Autonomen Region Kurdistan-Irak und ist nicht und war nie von Kämpfern des ISIS bzw. IS bedroht. Die allgemeine Versorgungslage dort entspricht dem üblichen Standard in Kurdistan-Irak; es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass der Antragsteller dort in existenzielle Not geraten würde. Die Umstände, dass er sich in Deutschland heimisch fühlt, hier einen gesicherten Arbeitsplatz hat und eine deutsche Staatsangehörige zu heiraten beabsichtigt, beziehen sich nicht auf die Verhältnisse im Irak und sind daher im Asyl(folge)verfahren nicht relevant.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Diese Entscheidung ist nicht anfechtbar (§ 80 AsylG).


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