Verwaltungsrecht

Rechtmäßige Ordnungsmaßnahme – Schulentlassung

Aktenzeichen  RO 3 S 20.11

Datum:
4.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 865
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayEUG Art. 86 Abs. 2 Nr. 9, Nr. 10, Art. 88 Abs. 8
VwGO § 80
BayVwVfG Art. 40

 

Leitsatz

1. Für die Wahl der schulischen Ordnungsmaßnahme unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit kommt es vor allem darauf an, ob und in welchem Maß die Erfüllung des Anstaltszwecks gestört oder gefährdet und die Erziehungsverantwortung der Schule beeinträchtigt wird. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bei dieser Ermessensentscheidung hat der Entscheidungsträger darauf zu achten, dass die Ordnungsmaßnahme in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des zu ahndenden oder zu unterbindenden Verhaltens steht. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500,00 € festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die Ordnungsmaßname der Entlassung von der Schule gemäß Art. 86 Abs. 2 Nr. 10 BayEUG.
Der am … 2006 geborene Antragsteller war seit dem Schuljahr 2017/2018 Schüler der …-Realschule in S… Unter dem 23. Oktober 2017 wurde gegenüber dem Antragsteller, damals in der Klasse 5a, gemäß Art. 86 Abs. 2 Nr. 9 BayEUG die Androhung der Entlassung ausgesprochen. Grundlage hierfür waren zum einen ausländerfeindliche Äußerungen, zum anderen das Malen eines Hakenkreuzes mit dem Finger an eine Busscheibe, ferner die Aussagen „Scheiß Lehrer“ und „Scheiß Weiber“ gegenüber einer Lehrerin. Rechtsmittel hiergegen wurden nicht erhoben. Unter dem 4. Juli 2018 erhielt der Antragsteller in der Klasse 5a einen Verweis. Er war erneut durch massive Beleidigungen anderen Schülerinnen und Schülern gegenüber aufgefallen. Unter dem 24. Juli 2019 erhielt der Antragsteller in der Klasse 6a einen verschärften Verweis, da er während des Schwimmfestes am 22. Juli 2019 einen Mitschüler als „Hurensohn“ beleidigt habe.
Ab dem Schuljahr 2019/2020 besuchte der Antragsteller die Klasse 7c an der …-Realschule S… Laut einem Befragungsprotokoll vom 23. September 2019 habe sich ein Schüler der Klasse 8a an eine Lehrkraft gewandt, da er Nacktbilder von einer Schülerin namens … Z… erhalten habe. Er gab an, diese Bilder und ein Video, auf dem die Schülerin … Z… nackt zu sehen sei, wobei die Medien von ihr selbst vor einem Spiegel angefertigt worden seien, vom Antragsteller über WhatsApp geschickt bekommen zu haben. Die Verbindung zum Antragsteller bestehe im gemeinsamen außerschulischen Musizieren.
Nach dem Befragungsprotokoll von L… Z…, ebenfalls Klasse 7c, am 23. September 2019 gab diese an, mit einem vermeintlich unbekannten Jungen über Instagram geschrieben zu haben. Nach einer Konversation habe sie dem Unbekannten Nacktbilder und ein Nacktvideo von sich geschickt; darauf habe sie auch an ihren Brüsten gespielt. Im Nachhinein habe sich herausgestellt, dass es sich bei dem Unbekannten auf Instagram um den Antragsteller handle, der extra einen Fake-Account angelegt habe („a…“), damit L… nicht mitbekomme, dass es ihr Mitschüler aus der eigenen Klasse sei. Die Bilder seien vom Antragsteller auch auf dem Wandertag anderen Mitschülern gezeigt worden. Auch als L… eingeworfen habe, dass er doch das lassen möge, habe der Antragsteller mit dem Herzeigen nicht aufgehört. Auf den Bildern und dem Video sei ihr Gesicht nicht zu sehen, da das Handy bei den Aufnahmen ihr Gesicht verdecke. L… gab an, dass sie dem Antragsteller die Bilder nicht geschickt hätte, wenn sie gewusst hätte, dass er sich hinter „a…“ verborgen habe.
Laut dem Befragungsprotokoll des Antragstellers vom 23. September 2019 erklärte dieser, er habe gehört, dass L… Nacktbilder verschicke, und habe dies überprüfen wollen. Zu diesem Zweck habe er einen Fake-Account bei Instagram eingerichtet, da ihm bewusst gewesen sei, dass sie die Bilder nicht verschicke, wenn sie wüsste, dass er es sei. Nach einigem Hin- und Hergeschreibe im Instagram-Chat habe L… ihm Nacktbilder und ein Nacktvideo über den Chat bei Instagram geschickt. Die Bilder habe er am Wandertag Klassenkameraden bzw. anderen Schülern, die das gleiche Wanderziel gehabt hätten, gezeigt. Die Bilder habe er über Discord an drei Mitschüler weitergegeben. Diese hätten die Bilder nicht weitergegeben und sie zum Zeitpunkt der Befragung bereits wieder gelöscht. Ferner erklärte der Antragsteller, dass er die Bilder an einen Schüler der Klasse 8a und einen Schüler des Gymnasiums in S… über WhatsApp weitergegeben habe. Der Antragsteller habe eingeräumt, dass er sich bewusst gewesen sei, dass die Weitergabe nicht richtig sei.
Mit Schreiben vom 7. Oktober 2019 wurden die Erziehungsberechtigten des Antragstellers darüber informiert, dass wegen des Fehlverhaltens des Antragstellers der Disziplinarausschuss der …-Realschule S… am Donnerstag, 17. Oktober 2019 über die Verhängung einer Ordnungsmaßnahme beraten und entscheiden werde. Sie wurden darüber informiert, dass dem Schüler und den Erziehungsberechtigten Gelegenheit zur Äußerung gegeben werde, auf Antrag persönlich in der Sitzung des Disziplinarausschusses. Schüler und Erziehungsberechtigte könnten eine Lehrkraft des Vertrauens einschalten. Auf Antrag der Erziehungsberechtigten könne auch der Elternbeirat mitwirken.
Mit Schreiben vom 13. Oktober 2019 erklärte die Mutter des Antragstellers, dass sie an der Sitzung des Disziplinarausschusses teilnehmen würden.
Nach dem Protokoll über die Disziplinarausschusssitzung am 17. Oktober 2019 habe der Antragsteller die Bilder über WhatsApp, Discord und Snapchat an Freunde weitergegeben. Es habe sich insgesamt um etwa drei Bilder und ein Video gehandelt. Der Disziplinarausschuss entschied einstimmig auf die Ordnungsmaßnahme der Entlassung von der Schule.
Laut dem Befragungsprotokoll eines Mitschülers des Antragstellers am 21. Oktober 2019 habe auch dieser Nacktbilder von L… Z… per WhatsApp vom Antragsteller erhalten. Dieser wiederum habe die Bilder und das Video an zwei weitere Schüler aus der Klasse 7b bzw. 7a per WhatsApp weitergeleitet.
Mit Bescheid der …-Realschule S… vom 22. Oktober 2019 wurde gegenüber dem Antragsteller die Ordnungsmaßnahme der Entlassung von der Schule getroffen (Art. 86 Abs. 2 Nr. 10 BayEUG). Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, der Antragsteller habe sich durch das Anlegen eines Fake-Accounts Bilder einer Mitschülerin, die sie entblößt zeigten, und ein Video erschlichen. Dieses Material, das vom Antragsteller als „FSK18“ bezeichnet werde, habe er mittels WhatsApp, Discord und Snapchat an Mitschüler sowie an Schüler des Gymnasiums S… verbreitet und diese am Wandertag der Klasse herumgezeigt. Es könne nicht sichergestellt werden, dass sich die Bilder und das Video nicht bereits weiter im Internet verbreitet hätten. Eine Lehrkraft des Vertrauens und der Elternbeirat seien nicht eingeschalten worden. Der Antragsteller und seine Mutter hätten an der Disziplinarausschusssitzung teilgenommen. Der Antragsteller sei angehört worden und habe den Vorfall zugegeben. Die Schulpsychologin sei gehört worden. Eine Absichtserklärung zur Reue sei nur auf direkte Nachfrage erfolgt. Echte Einsicht von Seiten des Schülers bezüglich seines Fehlverhaltens sei kaum erkennbar. Am 19. Oktober 2017 sei bereits die Androhung der Entlassung wegen rassistischer Äußerungen und Hakenkreuzschmierereien ausgesprochen worden. Die Entlassung zur Sicherung des Bildungs- und Erziehungsauftrags sei erforderlich und insgesamt verhältnismäßig. Des Ausspruches der getroffenen Ordnungsmaßnahme habe es bedurft, weil der Antragsteller durch das dieser Maßnahme zugrunde liegende Verhalten die für ein funktionierendes Schul- und Klassenleben unabdingbaren grundlegenden Regeln massiv missachtet habe. Der Bescheid ging den Erziehungsberechtigten des Antragstellers unter dem 23. Oktober 2019 zu.
Mit Schreiben vom 11. November 2019 ließen die Erziehungsberechtigten des Antragstellers und der Antragsteller selbst Widerspruch erheben. Es werde nicht mitgeteilt, wo der Antragsteller den angeblichen Fake-Account betrieben haben solle. An die Fotos sei er gekommen, weil ein Mädchen diese selbst verbreitet habe. Erschlichen habe er sich die Fotos nicht. Das Mädchen habe das erste Foto sogar ungefragt an ihn geschickt, sogar ein Video, das der Antragsteller sofort gelöscht habe. Es sei fraglich, ob das Mädchen selbst nach den Grundsätzen der Gleichbehandlung auch von der Schule entlassen worden sei. Die Hauptschuld an dem Vorfall trage das betreffende Mädchen. Ein Drogendealer, der Drogen in den Umlauf bringe, werde auch härter bestraft als der Konsument. Von dem Mädchen gehe eine wesentlich größere Gefahr für den Schulfrieden aus. Die Behauptung, ein unter dem Druck der Befragung stehender Zwölfjähriger wisse, dass es sich um eine Straftat handle, sei kompletter Unsinn. Das Stellen von inquisitorischen Fragen sei grenzwertig. Ein Kind unter 14 Jahren sei noch nicht strafmündig. Es könne nicht wissen, was eine Straftat sei, und könne das Handeln noch nicht richtig einordnen. Der Antragsteller werde durch die Formulierungen in polemischer Weise stigmatisiert und wie ein Straftäter dargestellt. Die Begründung der Entlassung sei einseitig, der Antragsteller werde nur negativ dargestellt und ihm würden Dinge unterstellt, die nicht vorlägen oder bewiesen seien. Über Snapchat habe der Antragsteller nichts verbreitet. Er habe das Material nur an einen einzigen Schüler verschickt. Was er beim Wandertag herumgezeigt habe, sei auch nicht nachgewiesen. Mitschüler hätten ihn gedrängt, das Bild herzuzeigen. Es könne nicht sichergestellt werden, dass sich die Bilder weiter im Internet verbreitet hätten, weil nicht bekannt sei, wem das Mädchen das Material sonst noch geschickt habe. Dem Bevollmächtigten sei so ein manipulativer Schreibstil nur von rechtsradikalen Hetzschriften gegen Flüchtlinge und Ausländer bekannt. Die Begründung trage die Handschrift einer persönlichen Meinung und Abneigung gegen den Schüler. Was das Ergebnis der Anhörung der Schulpsychologin gewesen sei, werde nicht mitgeteilt. Im Disziplinarausschuss habe die Schulpsychologin nichts gesagt. Warum keine Einsicht erkennbar sei, werde nicht begründet. Es liege kein Drogendelikt und keine Gewalttat vor, wegen derer Schüler vor dem Antragsteller geschützt werden müssten oder der Schulalltag gefährdet sei. Es liege ein vorpubertäres Verhalten vor, das in die richtigen Bahnen gelenkt werden müsse. Auf Pflichtschulen in R… komme so etwas ständig vor und werde maximal mit zeitlich begrenztem Unterrichtsverbot geahndet. Das Problem werde nicht gelöst, sondern einer anderen Realschule aufgebürdet. Selbst ausländische Straftäter würden nicht des Landes verwiesen, sondern es werde versucht, sie zu sozialisieren. Grenzwertig sei, auf rassistische Äußerungen und Hakenkreuzschmierereien aus 2017 Bezug zu nehmen, was ein Zehnjähriger gemacht haben solle. Ein Zehnjähriger wisse nichts von der Bedeutung des Hakenkreuzes. Der Antragsteller sei von einer Gruppe ausländischer Schüler regelmäßig gemobbt und bedroht worden. Einmal sei er die Treppe zu seiner Mutter nicht hoch gekommen. Der Klassenleiter habe ihr dann mitgeteilt, dass der Antragsteller ihnen aus dem Weg gehen solle. Der Antragsteller habe sich damals nicht mehr alleine in die Stadt getraut. Hinsichtlich des verschärften Verweises vom 24. Juli 2019 und der Äußerung „Hurensohn“ sei der Antragsteller im Vorfeld mehrfach beim Schwimmen getaucht worden. Er könne sehr schlecht schwimmen und habe Panik und Todesangst gehabt. Die Schule habe ihre Aufsichtspflicht verletzt. Hinsichtlich des Verweises vom 4. Juli 2018 sei ein verbales Wehren, anstatt bei den Lehrkräften zu petzen, kein Grund für einen Verweis. Am 6. Oktober 2017 sei der Antragsteller an der Schule von einem P… J… zusammengeschlagen worden und habe ins Krankenhaus zur Notaufnahme müssen. Er hätte erblinden können oder andere schwere Verletzungen davontragen können. Ob und wie die Schule gegen P… J… vorgegangen sei, sei nicht bekannt. Die Schule habe zum wiederholten Male ihre Aufsichtspflicht verletzt. Der Antragsteller wehre sich im Gegensatz zu anderen rein verbal. Dass er von der Schule ausgeschlossen werde, sei hanebüchen und als rassistisch zu bezeichnen, hätte er einen Migrationshintergrund. Insgesamt sei erschreckend, welche massiven Gewalteinwirkungen und Angriffe der Antragsteller habe hinnehmen müssen. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei nicht ansatzweise gewahrt. Ein Unterrichtsausschluss sei nicht durchgeführt worden, geschweige denn ein zweiter Verweis. Der Antragsteller sei das Opfer. Die Schule habe ihre Aufsichtspflicht verletzt und agiere in polemischer Weise.
Nach dem Protokoll zur Lehrerkonferenz am 14. November 2019 beschloss die Lehrerkonferenz einstimmig die Zurückweisung des Widerspruchs.
Mit Widerspruchsbescheid der …-Realschule vom 2. Dezember 2019 wurde der Widerspruch vom 11. November 2019 gegen den Bescheid vom 22. Oktober 2019 zurückgewiesen. Im Wesentlichen wird ausgeführt, der Antragsteller habe die gegen ihn vorgebrachten Anschuldigungen sowohl bei einer ersten Befragung als auch im Disziplinarausschuss zugegeben. Inquisitorische Fragen seien nicht gestellt worden. Der Hinweis auf Pflichtschulen in Regensburg werde durch keinerlei Beweise untermauert. Der Vergleich von ausländischen Straftätern und der Entlassung eines Schülers von der Schule sei unangemessen, ebenso wie Teile der Wortwahl („kompletter Unsinn“, „inquisitorische Fragen“, „Ich kenne so einen manipulativen Schreibstil nur von rechtsradikalen Hetzschriften gegen Flüchtlinge und Ausländer, die ebenso unfundiert sind und diese mit Wahrheiten, Teilwahrheiten, Mutmaßungen in ein extrem schlechtes Licht stellen wollen.“). Gegen die Androhung der Entlassung im Jahr 2017 und gegen alle erteilten Ordnungsmaßnahmen sei kein Widerspruch eingelegt worden. Im Widerspruchsschreiben würden Elemente dargestellt, die mit dem aktuellen Fall nicht in Zusammenhang stünden und nicht nachweisbar seien. In Ausübung des dem Disziplinarausschuss zustehenden pädagogischen Ermessens und der Aussagen des Antragstellers sei die Entlassung von der Schule sachgerecht. Unter Abwägung aller Umstände des Einzelfalls müsse das Interesse des Antragstellers am Verbleib an der Schule hinter dem Interesse an einem ordnungsgemäßen Schulbetrieb und der Wahrnehmung des Erziehungsauftrags der Schule zurücktreten. Ein Verbleiben des Antragstellers an der …-Realschule in S… könne nicht mehr hingenommen werden. Auch unter nochmaliger Ermessensausübung sei eine vom ursprünglichen Bescheid abweichende Entscheidung nicht veranlasst.
Der Widerspruchsbescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerseite unter dem 4. Dezember 2019 per Einschreiben übersandt.
Am 3. Januar 2020 hat der Antragsteller Klage gegen die Schulentlassung erheben lassen (Az. RO 3 K 20.12) und zudem den vorliegenden Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gestellt.
Zur Begründung des Antrags wird im Wesentlichen vorgetragen, der Widerspruchsbescheid sei am 5. Dezember 2019 zugegangen. Die Schule teile nicht mit, wo der Antragsteller den angeblichen Fake-Account betrieben habe. Die Fotos habe das Mädchen selbst verbreitet, erschlichen worden seien sie nicht. Das erste Foto sei ungefragt an den Antragsteller geschickt worden. Auf dem Foto solle das Gesicht nicht zu erkennen sein. Das Mädchen werde nicht von der Schule entlassen. Die Hauptschuld an dem Vorfall trage das betreffende Mädchen. Von dem Mädchen gehe eine größere Gefahr für den Schulfrieden aus. Ein Zwölfjähriger könne laut Gesetz nicht erkennen, was strafbar sei. Er könne das eigene Handeln nicht richtig einordnen. Der Antragsteller werde durch die Formulierungen stigmatisiert wie ein Straftäter. Die Begründung der Entlassung erfolge in einseitiger Weise. Dinge würden unterstellt, die nicht vorlägen, nicht bewiesen seien und die andere Seite und vor allem die Gesamtumstände würden nicht berücksichtigt. Über Snapchat habe der Antragsteller nichts verbreitet. Er habe das Material nur an einen einzigen Schüler des Gymnasiums S… verschickt. Was er beim Wandertag herumgezeigt habe, sei nicht nachgewiesen. Mitschüler hätten ihn gedrängt, das Bild herzuzeigen. Es könne nicht sichergestellt werden, dass sich die Bilder weiter im Internet verbreitet hätten, weil nicht bekannt sei, wem das Mädchen das Material geschickt habe. Auch Vorfälle im Vorfeld, Mobbing und Bedrohung und das Zusammenschlagen des Antragstellers müssten im Rahmen der notwendigen Ermessensentscheidung berücksichtigt werden. Was das Ergebnis der Anhörung der Schulpsychologin gewesen sei, werde nicht mitgeteilt. Im Disziplinarausschuss habe die Schulpsychologin nichts gesagt. Weshalb keine Einsicht erkennbar sei, werde nicht begründet. Pädagogisch richtig wäre, das Thema aufzuarbeiten und zu besprechen. Es liege weder ein Drogendelikt noch eine Gewalttat vor. Es liege vorpubertäres Verhalten vor, das in richtige Bahnen gelenkt werden müsse. Das Problem werde nicht gelöst, sondern auf eine andere Realschule verlagert. Die Realschule A… sei jetzt recht begeistert vom Antragsteller, weil er jetzt gut mitarbeite und ein hervorragendes Mitglied der Klassengemeinschaft sei. Grenzwertig sei, wenn auf rassistische Äußerungen und Hakenkreuzschmierereien aus 2017 Bezug genommen werde, die ein Zehnjähriger gemacht habe, der nichts von der Bedeutung des Hakenkreuzes wisse. Es sei auch nichts bewiesen. Die Tat werde bestritten. Der Antragsteller sei von einer Gruppe ausländischer Schüler regelmäßig gemobbt und bedroht worden. Hier wäre es Aufgabe der Schule gewesen, zu vermitteln. In Bezug auf den verschärften Verweis vom 24. Juli 2019 und der Äußerung „Hurensohn“ sei der Antragsteller im Vorfeld mehrfach beim Schwimmen getaucht worden. Er könne schlecht schwimmen und habe Panik und Todesangst gehabt. Die Schule habe ihre Aufsichtspflicht verletzt. Hinsichtlich des Verweises vom 4. Juli 2018 sei ein verbales Wehren, anstatt bei den Lehrkräften zu petzen, kein Grund für einen Verweis. Am 6. Oktober 2017 sei der Antragsteller an der Realschule S… von einem P… J… zusammengeschlagen worden und habe im Krankenhaus in der Notaufnahme behandelt werden müssen. Das Attest könne bei Bestreiten vorgelegt werden. Ob und wie die Schule gegen P… J… vorgegangen sei, sei nicht bekannt. Sie habe zum wiederholten Male ihre Aufsichtspflicht verletzt. Nicht der Antragsteller sei ausländerfeindlich, sondern diese Gruppe habe etwas gegen ihn. Es sei erschreckend, welche massiven Gewalteinwirkungen und Angriffe der Antragsteller habe hinnehmen müssen. Es seien falsche Tatsachen behauptet worden und es lägen keine Beweise vor. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sei nicht ansatzweise gewahrt. Ein Unterrichtsausschluss sei nicht einmal durchgeführt worden, geschweige denn ein zweiter Verweis. Die Grundlagen der Ermessensentscheidung seien hier aufs Gröbste verletzt worden, die vorhergehenden Beleidigungen und Bedrohungen durch ausländische Schüler nicht ermittelt und einbezogen worden, des Weiteren nicht, dass das Mädchen Fotos verbreitet habe. Der Antragsteller sei das Opfer. Er habe nie jemanden körperlich angegriffen. Ein Schulausschluss sei viel zu hart. Es sei weder ein Schularzt noch ein Schulpsychologe im Entlassungsverfahren in ausreichendem Maße beigezogen worden. Der Schulpsychologe habe nicht im Ausschuss ausgesagt. Der Verfahrensgang der Abstimmung sei unklar. Aus der Begründung des Bescheids sei nicht ersichtlich, dass der Disziplinarausschuss beschlussfähig gewesen sei. Bezüglich der Hinweise auf Hinzuziehung des Elternbeirats oder des Vertrauenslehrers sei nicht klar, ob diese rechtzeitig und ausreichend erfolgt seien. Die Begründung der Entlassungsverfügung genüge nicht den Anforderungen von Art. 39 Abs. 1 BayVwVfG. Es werde nicht festgestellt, ob beim Antragsteller eine Verhaltensänderung erkennbar oder möglich sei. Es fehlten auch Ausführungen zum Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Es fehlten Angaben zur Gesamtsituation und den Vorfällen gegen den Antragsteller im Vorfeld, den Schlägen, dem Unterwasserdrücken etc.. Dem Protokoll der Sitzung des Disziplinarausschusses sei auch nicht zu entnehmen, dass sich die Ausschussmitglieder mit den schwerwiegenden Folgen für die weitere Schullaufbahn des Antragstellers befasst hätten. Um einen Schulausschluss zu rechtfertigen, bedürfe es einer so schweren und unerträglichen Störung des Schulbetriebs, dass die Schule ihren Bildungs- und Erziehungsauftrag auch gegenüber anderen Schülern nicht oder nur unzureichend erfüllen könne. Die nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffende Entscheidung habe sich deshalb daran auszurichten, ob ein Verbleib des Schülers an der betreffenden Schule im Hinblick auf die unbeeinträchtigte Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags oder wegen des Schutzes Dritter nicht mehr hingenommen werden könne. Allein, dass der Antragsteller sich an der Realschule A… tadellos führe, zeige, dass die Entscheidung der Schule falsch gewesen sei. Außerschulisches Verhalten dürfe Anlass einer Ordnungsmaßnahme nur sein, soweit es die Verwirklichung der Aufgabe der Schule gefährde. Unbekannt sei, wann die Schülerin das Bild an den Antragsteller geschickt habe, ob außerschulisch oder nicht. Es sei nicht einmal klar, ob eine Störung des Schulbetriebs durch das Verhalten des Antragstellers erfolgt sei. Schweres oder wiederholtes Fehlverhalten sei nicht erkennbar. Eine schwerwiegende oder gravierende Störung des Schulbetriebs liege nicht vor.
Der Antragsteller beantragt,
Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid der staatlichen Realschule S… vom 22. Oktober 2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2. Dezember 2019 wird angeordnet.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Nach Befragungen der Beteiligten sowie von Mitschülern sei der Disziplinarausschuss einberufen worden. Zu formellen Details, Ladungen und Belehrungen werde ausdrücklich auf die Unterlagen Bezug genommen. Im Rahmen der Sitzung sei die Schulpsychologin gehört worden. Der Disziplinarausschuss habe die Entlassung des Antragstellers von der Schule beschlossen. Bereits vor dem geschilderten Sachverhalt sei es zu Ereignissen gekommen, die Grundlage schulischer Maßnahmen gewesen seien. Am 14. September 2017 habe der Antragsteller zwei Mitschüler an den Kennenlerntagen in W… als „Scheiß Ausländer“ bezeichnet. Auf einer Busfahrt von der …-halle am 29. September 2017 habe er ein Hakenkreuz an die Busscheibe gezeichnet. Nachdem sich am 2. Oktober 2017 der Mitschüler des Antragstellers P… J… bei der Lehrerin Frau K… wegen des Verhaltens des Antragstellers beschwert habe, habe dieser auf die Bemerkung der Lehrkraft: „Man merkt, ihr habt euch gern.“ mit einem lauten Ausruf reagiert: „Ich bin doch nicht schwul.“ Gegenüber seinem Mitschüler P… J… habe der Antragsteller sinngemäß gesagt „Verpiss dich in das Land deiner Eltern, scheiß Ausländer.“ Aufgrund dieser Vorfälle sei mit Bescheid vom 23. Oktober 2017 die Androhung der Entlassung gegenüber dem Antragsteller ausgesprochen worden. Während einer Pause habe sich ein Wortgefecht mit älteren Mitschülern entsponnen, welche durch den Antragsteller daraufhin laut als „Schlampen“ bezeichnet worden seien. In einem nachfolgenden Gespräch habe er keinerlei Einsicht gezeigt, sondern sein Verhalten massiv verteidigt. Aus diesem Grund sei gegenüber dem Antragsteller am 4. Juli 2018 ein Verweis ausgesprochen worden. Da der Antragsteller des Weiteren während des Schwimmfestes am 22. Juli 2019 einen Mitschüler als „Hurensohn“ bezeichnete habe, sei am 24. Juli 2019 ein verschärfter Verweis verfügt worden. Der Sofortvollzug sei gesetzlich geregelt. Eine schulische Gefährdung liege vor bei Gefährdung von Rechten Dritter oder der Aufgabenerfüllung der Schule durch schweres oder wiederholtes Fehlverhalten. Der Antragsteller sei bereits vor dem gegenständlichen Ereignis mehrfach durch Beleidigungen und unangebrachtes und herabwürdigendes Verhalten gegenüber Mitschülern aufgefallen. Sein Verhalten habe rechtsradikale, herabwürdigende und intolerante Ansichten und Tendenzen gezeigt. Die jeweiligen Verfehlungen seien durch Verweis, verschärften Verweis und Androhung der Entlassung geahndet worden, so dass der Antragsteller erkennen konnte, dass eine Verhaltensänderung zwingend erforderlich sei. Das mit der Entlassung geahndete Verhalten stelle ein schweres Fehlverhalten dar. Die Aufzeichnungen der unbekleideten Mitschülerin seien weiteren Schülern zugänglich gemacht worden. Dass das Material im außerschulischen Bereich erlangt worden sei, müsse außer Betracht bleiben, da durch den Antragsteller gerade bezweckt gewesen sei, den schulischen Bezug zur betroffenen Mitschülerin zunächst zu verschleiern. Entscheidend sei, dass sie innerhalb des Schulalltags sowie im Rahmen des Wandertags gezeigt und weiter verbreitet worden seien. Der persönliche Bezug sei aufgrund des gemeinsamen Schulbesuchs zur gezeigten Mitschülerin bedeutsam. Gegenstand der Tat seien nicht irgendwelche beliebigen anzüglichen Bilder. Gerade das Zusammenspiel von Anzüglichkeit und persönlicher Bekanntheit lasse das Fehlverhalten des Antragstellers als besonders schwerwiegend erscheinen. Das geahndete Verhalten des Antragstellers sei als schweres und wiederholtes Fehlverhalten zu ahnden. Zudem sei das Recht der betroffenen Mitschülerin, ungestört die Schule zu besuchen und am Unterricht teilzunehmen, gefährdet. Die erhebliche Unruhe und die Verletzung der persönlichen Sphäre der betroffenen Mitschülerin nähmen der Schulgemeinschaft jegliche Möglichkeit, vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Die Kernaufgabe der Schule sei durch die Taten des Antragstellers gefährdet, nämlich die Vermittlung von Wissen und Fähigkeiten an junge Menschen. Der betroffenen Mitschülerin sei es zumindest für einen langen Zeitraum nicht möglich, konzentriert und gedanklich frei am Unterricht teilzunehmen. Auch bei den weiteren Mitschülern habe eine erhebliche Verunsicherung bestanden. Die Schule solle Vertrauen, Zusammenhalt und Anstand lehren und vermitteln. Dies bedürfe einer entsprechenden Vorbildfunktion. Das Fehlverhalten müsse entsprechende Konsequenzen nach sich ziehen. Der Sachverhalt sei grundsätzlich als Straftat anzusehen, wobei diese Einordnung nicht entscheidungserheblich sei. Die Bewertung des Verhaltens des betroffenen Mädchens dürfe für die Beurteilung des der Entlassung zugrunde liegenden Sachverhalts keine Rolle spielen. Es müssten auch sämtliche von der Gegenseite angeführten Vergleiche und Beispiele außer Acht bleiben. Die Verhältnismäßigkeit der angegriffenen Maßnahme sei gegeben. Die Entlassung sei eine geeignete Ordnungsmaßnahme. Durch diese Maßnahme sei die Wiederherstellung eines geschlossenen Klassenverbands ermöglicht worden. Einen Klassenverbund zu schaffen und zu stärken, in der sich die Beteiligten und Betroffenen eines in den Intimbereich reichenden Ereignisses immer wieder begegneten, scheine weder möglich noch sinnvoll. Eine Versetzung in eine Parallelklasse scheide aufgrund der Fächerwahl aus. Durch das bewusste und gezielte Vorspiegeln einer falschen Identität, was auch in den Schulbereich hineinwirke, unter bewusster Schaffung und Ausnutzung einer Vertrauenssituation, werde eine vertrauensvolle Zusammenarbeit sowohl mit den Mitschülern als auch mit den Lehrkräften der …-Realschule dauerhaft ausgeschlossen. Es bestehe kein kaskadenartiges Abstufungsverhältnis der einzelnen Ordnungsmaßnahmen zueinander. Die Realschule habe sich einer Abstufung der verfügten Maßnahmen bedient, um dem Antragsteller seine Verfehlungen und die damit einhergehenden Konsequenzen vor Augen zu führen. Auch im Rahmen einer umfassenden Abwägung aller einzubeziehenden Umstände zeige sich die Angemessenheit der Entlassung des Antragstellers. Vorangegangenes Fehlverhalten des Antragstellers und die mit den darauffolgenden Ordnungsmaßnahmen einhergehenden Warnungen seien ebenso einbezogen worden, wie der Gesichtspunkt, dem Antragsteller als jungem Menschen in der Pubertät eine weitere Chance zu geben. Es könnten aber die zahlreichen Mahnungen und Warnungen nicht außer Acht bleiben. Demgegenüber stehe das massiv verletzte Vertrauen einer Mitschülerin, die in ihrem täglichen Umfeld einen tiefgreifenden Vertrauensverlust erlitten habe, der bis heute ihren Alltag präge und weiterhin prägen werde. Auch das Vertrauen der Schulgemeinschaft, wie der Lehrer in die Schülerschaft, müsse im Rahmen der Gesamtabwägung Beachtung finden. Die Entlassung sei daher angemessen.
Hierzu ließ der Antragsteller mit Schreiben vom 14. Januar 2020 mitteilen, es stelle sich die Frage, was ein Fake-Account sei, da keine Privatperson bei Instagram eine Adresse angebe und auch nur einen Usernamen verwende. Nur Firmen und Personen, die gewerbliche Zwecke verfolgten, gäben dort manchmal ihren echten Namen an. Bestritten werde, dass der Antragsteller die Fotos per WhatsApp und mindestens einer weiteren Plattform verbreitet habe. Discord sei ein Chat und Sprachprogramm ähnlich wie TeamSpeak. Vor allem Gamer ließen es neben ihren Computerspielen laufen, um mit Freunden und anderen Gamern zu zocken. Ob damals Fotos verbreitet wurden, werde bezweifelt. Über Instagram könnten keine Nacktfotos verbreitet werden, da das System diese filtere. Die über zwei Jahre zurückliegenden Äußerung „Scheiß Ausländer“ sei im Zusammenhang mit den Bedrohungen durch die Gruppe um P… J… zu sehen. Dieser sei gewalttätig. Er sei von der Schule entlassen worden. Den Antragsteller als rechtsradikal zu stigmatisieren, gehe dann wirklich zu weit. Es handle sich um ein Kind, das sich nicht mehr allein auf den Heimweg getraut habe. Auf dem Foto seien nur die Brüste zu sehen gewesen und nicht mehr. Bauchabwärts sei das Mädchen bekleidet gewesen und das Gesicht verdeckt. Das Mädchen habe eine schwarze Hose getragen. Es handele sich daher nicht um ein Nacktbild. Es handele sich um ein Oben-ohne-Bild einer ansonsten bekleideten Schülerin. Das Mädchen werde als Opfer dargestellt. Zwischen der Mitschülerin und dem Antragsteller gebe es keine Probleme. Nach § 19 StGB sei der Antragsteller nicht einmal strafmündig. Weder die Eltern des Mädchens noch andere hätten etwas gegen den Antragsteller. Sogar die Polizei versuche beschwichtigend auf den Rektor einzuwirken, der viele Schüler von der Schule entlasse und es leider viel zu streng sehe, anstatt sich die Mühe zu machen, die Kinder pädagogisch zu unterstützen und auf einen guten Weg zu bringen. Der Antragsteller habe sich bei dem Mädchen entschuldigt und sie hätten ein gutes Verhältnis. Dass es keine Probleme gebe, wisse er aus dem Freundeskreis. Hier würde eine Sache künstlich von der Schule aufgebauscht. Mit der Gruppe, die ihn bedroht, verprügelt und getaucht habe, gebe es keine Probleme mehr, da P… J… nicht mehr an der Schule sei. Der Schulfriede sei nicht ansatzweise gefährdet. An der Realschule A… werde der Antragsteller sehr gelobt. Nur die Freunde und sein Umfeld seien in S… Hierzu entgegnete der Antragsgegner unter dem 16. Januar 2020 im Wesentlichen, unter einen Fake-Account werde allgemein ein Nutzerkonto verstanden, das zur und unter Verschleierung der wahren Identität genutzt werde. Neben diesem Account verfüge der Antragsteller auch über ein Profil, das seine Identität preisgegeben habe. Ein Versand von Bildern über Discord sei möglich. Die bereits länger zurückliegenden Ereignisse und Äußerungen seien Grundlage der damals verfügten Ordnungsmaßnahme gewesen. Die Vorfälle sowie die darauf beruhenden Maßnahmen seien bestandskräftig. Im Rahmen der vorzunehmenden Ermessensentscheidung müssten diese Vorfälle miteinbezogen werden, ohne allerdings selbst die Grundlage der Ordnungsmaßnahme zu bilden. An der Diskussion, ob ein junges Mädchen mit nacktem Oberkörper als unbekleidet zu bezeichnen sei, wolle sich der Antragsgegner ungern beteiligen. Maßgebend sei allein der sexualisierte Gehalt der Aufnahme. Der Behauptung, der Antragsteller und die betroffene Mitschülerin hätten ein gutes Verhältnis, werde ausdrücklich widersprochen. Die Schülerin sähe sich nach eigener Aussage gezwungen, den Zweig zu wechseln, sollte der Antragsteller tatsächlich an die …-Realschule zurückkehren.
Hierauf entgegnete die Antragstellerseite mit Schreiben vom 20. Januar 2020, es sei klar, wie der Sachverhalt verfälscht werde und der Antragsteller in ein schlechtes Licht gerückt werden solle. Schön sei, dass der Antragsgegner zugebe, dass der vorgeworfene und im Schulausschlussverfahren sowie im Disziplinarausschuss behandelte Sachverhalt unwahr sei. Die Mitglieder und Entscheidungsträger seien von einem falschen Sachverhalt ausgegangen. „Unbekleidet“ bedeute „ohne Kleidung“. Das Mädchen sei aber „oben-ohne“. Unbekleidet dürfe man sich nicht im öffentlichen Badebereich aufhalten, „oben-ohne“ sei meist zulässig und lange nicht „so schlimm“ wie nackt. Zudem werde ständig nur auf das Mädchen Rücksicht genommen und gar nicht beachtet, dass ohne sie keine solchen Bilder im Internet aufgetaucht wären. Hätte sie nicht so etwas Unsinniges gemacht und ihre Brüste fotografiert und zu allem Übel sogar ins Internet gestellt, müsste gar nicht diskutiert werden.
Auf Nachfrage des Gerichts teilte die Antragsgegnerseite mit Fax vom 22. Januar 2020 mit, dass der Ausdruck in den Schülerakten des Instagram-Accounts „anton.huw“ nicht den Antragsteller zeige. Unbekannt sei, wen das Bild zeige. Die Mitschülerin sei auf der Polizeidienststelle S… zu den Ereignissen befragt worden. Es dürfe ein entsprechendes Vernehmungsprotokoll existieren. Allein der Gehalt des fraglichen Bildmaterials und das Wissen der Entscheidungsträger vom Gehalt des Materials sei entscheidend. Wie dieses im Detail bezeichnet werde, sei unerheblich und eine bloße Scheindiskussion. Maßgeblich sei, dass allen beteiligten Personen wie auch den Mitgliedern des Disziplinarausschusses bewusst und bekannt gewesen sei, um welche Art von Bildern bzw. Film es sich handle.
Hierauf ließ der Antragsteller entgegnen, der Disziplinarausschuss habe das Foto nicht gesehen, das die Schülerin verschickt habe. Es mache einen enormen Unterschied, von was bei der Entscheidung ausgegangen werde, ob von komplett nackt oder eben nur oberkörperfrei. Die Bezeichnung „als unbekleidet“ beeinflusse die Mitglieder und lenke die Entscheidung. Es werde nochmals darauf hingewiesen, dass das Mädchen alles verschickt habe. Jetzt existiere offensichtlich auch noch ein Video in der Akte. Woher stamme dieses Video. Das Video habe der Antragsteller sofort gelöscht. Leider habe die Polizei den neuen Rektor des Antragsgegners nicht beruhigen können, obwohl sie immer wieder auf ihn einredete. Er wolle die Schule offensichtlich „aufräumen“, da es zu unzähligen Verweisen und vielen Schulentlassungen in der Vergangenheit gekommen sei. Hier werde eine Sache völlig aufgebauscht.
Bezüglich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die Akten der Schule Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
Gemäß § 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO haben Anfechtungsklagen gegen Verwaltungsakte grundsätzlich aufschiebende Wirkung. Vorliegend entfällt die aufschiebende Wirkung der eingelegten Klage kraft Gesetzes gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 88 Abs. 8 des Bayerischen Gesetzes über das Erziehungs- und Unterrichtswesen (BayEUG), weil vorliegend eine Ordnungsmaßnahme nach Art. 86 Abs. 2 Nr. 10 BayEUG verhängt wurde. Hierum handelt es sich bei der vorliegenden Entlassung von der Schule.
Der Antrag ist unbegründet.
Die Entscheidung über die Anordnung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1VwGO ist nach Abwägung der widerstreitenden Interessen zu treffen. Vorliegend stehen sich das vom Gesetzgeber bei der Regelung des Art. 88 Abs. 8 BayEUG zugrunde gelegte öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung und das Suspensivinteresse des Antragstellers, mithin das Interesse, vorläufig vom Vollzug der Maßnahme verschont zu werden, gegenüber. Maßgeblich für diese Abwägung sind in erster Linie die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache nach einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage, denn am sofortigen Vollzug eines rechtswidrigen Verwaltungsakts kann kein öffentliches Interesse bestehen.
Vorliegend erweist sich der Bescheid der …-Realschule S… vom 22. Oktober 2019 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 2. Dezember 2019 als rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Damit überwiegt das Interesse an der sofortigen Vollziehung der Ordnungsmaßnahme.
Die Ordnungsmaßnahme der Entlassung von der Schule bei einer schulischen Gefährdung hat ihre Rechtsgrundlage in Art. 86 Abs. 2 Nr. 10 BayEUG. Sie dient der Sicherung des Bildungs- und Erziehungsauftrags oder dem Schutz von Personen oder Sachen. Für die Auswahl der Maßnahme gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. Art. 86 Abs. 1 Satz 5 BayEUG). Die getroffene Maßnahme muss geeignet und erforderlich sein, den mit ihr intendierten Zweck zu erreichen und darüber hinaus angemessen sein.
Für die Wahl der Ordnungsmaßnahme unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit kommt es vor allem darauf an, ob und in welchem Maß die Erfüllung des Anstaltszwecks gestört oder gefährdet und die Erziehungsverantwortung der Schule beeinträchtigt wird. Die Ordnungsmaßnahme hat darauf abzustellen, inwieweit der auch in Art. 131 BV, Art. 1 und 2 BayEUG umschriebene Erziehungszweck der Schule behindert wird (vgl. BayVGH, U.v. 8.2.1982 – 7 B 80 A. 2243, 2244 und 2245, DVBl 1982, 457 f m.w.N.; B.v. 2.9.1993 – 7 CS 93.1736, BayVBl 1994, 346; B.v. 10.6.1997 – 7 ZS 97.1403, BayVBl 1998, 54; B.v. 12.12.2000 – 7 ZS 00.3088 – juris). Die Wahl der Ordnungsmaßnahme erweist sich damit als pädagogische Ermessensentscheidung. Bei dieser Ermessensentscheidung hat der Entscheidungsträger darauf zu achten, dass die Ordnungsmaßnahme in einem angemessenen Verhältnis zur Schwere des zu ahndenden oder zu unterbindenden Verhaltens steht. Die Entlassung setzt disziplinarische Schwierigkeiten oder Verstöße von deutlichem Gewicht voraus. Sie setzt nach Art. 86 Abs. 2 Nr. 10 BayEUG eine schulische Gefährdung voraus. Außerschulisches Verhalten darf Anlass zur Ordnungsmaßnahme nur sein, soweit die Verwirklichung der Aufgaben der Schule gefährdet ist (Art. 86 Abs. 3 Nr. 5 BayEUG). Eine Bindung an die Reihenfolge der Ordnungsmaßnahmen nach Art. 86 Abs. 2 BayEUG besteht nicht. Vielmehr orientiert sich die Wahl der Ordnungsmaßnahme an der Beeinträchtigung der Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags der Schule, an den Erfordernissen des Schutzes Dritter und daran, ob bisherige Ordnungs- und Erziehungsmaßnahmen Wirkung gezeigt haben oder dem Schüler in aller Deutlichkeit und Konsequenz vor Augen geführt werden muss, dass sein Verhalten nicht weiter geduldet werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 5.9.2018 – 7 CS 18.869 – juris).
Die nach pflichtgemäßen Ermessen, Art. 40 BayVwVfG, zu treffende Entscheidung über die Androhung der Entlassung wird vorwiegend durch pädagogische Erwägungen bestimmt, die sich daran ausrichten müssen, ob das Verhalten des Schülers der betreffenden Schule im Hinblick auf die unbeeinträchtigte Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags oder wegen des Schutzes Dritter nicht mehr hingenommen werden kann und ob dem Schüler in dieser Deutlichkeit und Konsequenz vor Augen geführt werden muss, dass sein Verhalten nicht geduldet wird und nicht geduldet werden kann. Diese neben der objektiven Feststellung und Gewichtung der Schwere des Fehlverhaltens des Schülers vorwiegend nach pädagogischen Gesichtspunkten vorzunehmende Beurteilung der Person und des Verhaltens des Schülers entzieht sich einer vollständigen Erfassung nach rein rechtlichen Kriterien und bedingt sachnotwendig, ähnlich wie bei sonstigen pädagogischen Werturteilen, einen Wertungsspielraum des zuständigen Schulorgans. In diesen Bereich spezifisch-pädagogischer Wertungen und Überlegungen haben die Verwaltungsgerichte nicht korrigierend einzugreifen. Sie können nicht anstelle des Disziplinarausschusses eigene pädagogische Erwägungen anstellen, zu denen sie sachgerecht auch gar nicht in der Lage wären.
Trotz der Grenzen der gerichtlichen Kontrolle haben die Gerichte aber den gegen die Ordnungsmaßnahme erhobenen Einwendungen nachzugehen und die pädagogische Bewertung der Schule auf Angemessenheit hin zu prüfen. Denn die Entlassung von der Schule greift empfindlich in die Rechtsstellung des betroffenen Schülers ein und ist mit nicht unerheblichen Nachteilen für ihn verbunden. Die Gerichte haben zu kontrollieren, ob der Disziplinarausschuss mit der gewählten Ordnungsmaßnahme gegen die vorstehend dargelegten Grundsätze der Verhältnismäßigkeit verstoßen hat. Der gerichtlichen Prüfung unterliegt ferner, ob die Schule frei von sachfremden Erwägungen entschieden hat – solche Erwägungen wären im Rechtssinne als willkürlich anzusehen – und ob sie ihre Entscheidungen auf Tatsachen und Feststellungen gestützt hat, die einer sachlichen Überprüfung standhalten (vgl. BayVGH, B.v. 30.12.1992 – 7 ZS 92.3507, BayBVl 1993, 55; B.v. 2.9.1993 – 7 CS 93.1736, BayVBl 1994, 364; B.v. 10.6.1997 – 7 ZS 97.1403, BayVBl 1998, 54; B.v. 12.12.2000 – 7 ZS 00.3088 – juris).
Gemessen an diesen Grundsätzen und Vorgaben hält die mit Bescheid vom 22. Oktober 2019 verfügte Ordnungsmaßnahme der Entlassung (Art. 86 Abs. 2 Nr. 10 BayEUG), die mit Widerspruchsbescheid vom 2. Dezember 2019 bestätigt wurde, einer rechtlichen Prüfung stand.
Verfahrensfehler liegen nicht vor.
Der Disziplinarausschuss der Realschule war für die Verhängung der Ordnungsmaßnahme der Entlassung zuständig (Art. 86 Abs. 2 Nr. 10, Art. 58 Abs. 1 Satz 3 BayEUG). Der Disziplinarausschuss hat in der Sitzung vom 17. Oktober 2019 mit der Zahl der Mitglieder über die Ordnungsmaßnahme der Entlassung entschieden und die Maßnahme einstimmig beschlossen.
Der Antragsteller und die erziehungsberechtigten Eltern hatten zuvor Gelegenheit, sich zu äußern. Sie wurden nach dem maßgeblichen Ereignis in der Sitzung des Disziplinarausschusses gehört (Art. 88 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 und 2, Satz 3 BayEUG). Sie wurden mit Schreiben vom 7. Oktober 2019 über das Fehlverhalten des Antragstellers informiert und darüber belehrt, dass sie sich hinsichtlich der Angelegenheit einer zu verhängenden Ordnungsmaßnahme äußern könnten, auch persönlich in der Sitzung des Disziplinarausschusses. Ferner wurden sie darüber belehrt, dass sie eine Lehrkraft des Vertrauens einschalten könnten und auf Antrag auch der Elternbeirat mitwirken könne. Damit wurden sie auf die Rechte nach Art. 88 Abs. 3 Sätze 2 und 3 rechtzeitig hingewiesen (Art. 88 Abs. 3 Satz 4 BayEUG). Mithin war bis zur Disziplinarausschusssitzung noch hinreichend Zeit, um sich weiter über das zur Last gelegte Fehlverhalten zu informieren und zu überlegen, ob ein Antrag auf Einschaltung der Vertrauenslehrkraft bzw. Mitwirkung des Elternbeirats gestellt werden sollte. Von der Möglichkeit der Einschaltung einer Vertrauenslehrkraft wie auch des Elternbeirats wurde nicht Gebrauch gemacht.
Gemäß Art. 88 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 BayEUG wurde die Schulpsychologin angehört. Laut dem Protokoll über die Disziplinarausschusssitzung vom 17. Oktober 2019 wohnte sie auf Initiative der Schulleitung beratend der Sitzung bei und stellte gegenüber dem Disziplinarausschuss auch ausführlich ihre Einschätzung dar. Danach sei sich der Antragsteller zunächst der Tragweite seiner Handlung nicht bewusst gewesen, verfüge aber über ein breites Wissen und habe bereits in den vergangenen Jahren immer wieder manipulatives Verhalten an den Tag gelegt. Zudem zeige er keine aufrichtige Reue seiner Tat und besitze keinerlei Unrechtsbewusstsein.
Die Ordnungsmaßnahme wurde im Bescheid vom 22. Oktober 2019 basierend auf der einstimmig gefassten Entscheidung vom 17. Oktober 2019 begründet. Details der Begründung ergeben sich unter ergänzender Heranziehung des Protokolls über die Disziplinarausschusssitzung vom 17. Oktober 2019. Auch ist eine Begründung im gerichtlichen Verfahren noch möglich (Art. 39, 45 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BayVwVfG).
Die angegriffene Ordnungsmaßnahme hat voraussichtlich auch in der Sache Bestand.
Dass die Entlassung auf einem unzutreffenden, nicht hinreichend ermittelten Sachverhalt beruht, ergibt sich nicht.
Die Schule muss den Sachverhalt umfassend und zeitnah aufklären und die Ermittlungen sorgfältig dokumentieren (vgl. BayVGH, U.v. 13.6.2012 – 7 B 11.2651 – juris). Dies ist vorliegend erfolgt.
Im vorliegenden Fall fanden die die Ordnungsmaßnahme auslösenden Ereignisse im September 2019 statt. Sie gelangten durch die Äußerung eines Schülers der Klasse 8a am 23. September 2019 zur Kenntnis der Schulleitung. Er gab an, Nacktbilder und ein Video betreffend L… Z…, Klasse 7c und damalige Mitschülerin des Antragstellers, vom Antragsteller über WhatsApp erhalten zu haben (vgl. Bl. 31 der Schülerakte des Antragstellers). L… Z… wurde ebenfalls unter dem 23. September 2019 durch ein Mitglied der Schulleitung und eine Lehrkraft befragt. Sie gab an, mit einem vermeintlich unbekannten Jungen über Instagram geschrieben zu haben und diesem tatsächlich Nacktbilder und ein Nacktvideo von sich geschickt zu haben, auf dem sie mit ihren Brüsten spielte. Im Nachhinein habe sich herausgestellt, dass es sich bei dem Unbekannten um den Antragsteller gehandelt habe, der einen sog. Fake-Account angelegt habe, mithin nicht offengelegt habe, dass es sich hierbei um den Antragsteller selbst gehandelt habe. Bei Kenntnis davon, dass der Antragsteller den Account habe, hätte sie ihm die Bilder nicht geschickt. Der „Fake-Account“ unter der Bezeichnung „anton.huw“ ist als Screenshot vom 20. Dezember 2019 unter Bl. 73 der Schülerakten dokumentiert. Auf Nachfrage des Gerichts erklärte die Antragsgegnerseite, dass es sich bei dem auf dem Screenshot abgebildeten Schüler nicht um den Antragsteller handle, so dass die Aussage, dass nicht erkennbar war, dass der Antragsteller hinter dem Account steckte, nachvollziehbar ist. L… Z… gab ferner an, dass der Antragsteller die Bilder auf dem Wandertag anderen Mitschülern gezeigt habe. Selbst als sie eingeworfen habe, dass er dies lassen möge, habe er nicht mit dem Herzeigen aufgehört. Sie gab ferner an, dass auf den Bildern und dem Video ihr Gesicht nicht zu sehen sei, da das Handy bei den Aufnahmen ihr Gesicht verdeckt habe (vgl. Bl. 32 der Schülerakte des Antragstellers).
Bei der Befragung am 23. September 2019 gab der Antragsteller selbst an (vgl. Bl. 33 der Schülerakte), dass er sich einen Fake-Account bei Instagram eingerichtet habe, da ihm sehr wohl bewusst gewesen sei, dass L… Z… die Bilder sonst nicht an ihn geschickt hätte. Nach einigem Hin- und Hergeschreibe im Instagram-Chat – bei dem der Antragsteller offenbar seine wahre Identität verschleiert bzw. nicht preisgegeben hat – habe L… ihm die Bilder und das Video über den Chat geschickt. Dass diese, wie die Antragstellerseite nun behauptet, gar nicht verschickt werden konnten, sondern gefiltert würden, ergibt sich sonach nicht. Ansonsten hätte der Antragsteller die Bilder nicht versenden und zeigen können. Der Antragsteller gab vielmehr zu, dass er die Bilder am Wandertag Klassenkameraden bzw. anderen Schülern gezeigt habe, ferner dass er die Bilder über Discord an D… S…, A… W… und L… G…, sowie über WhatsApp an M… F… in der Klasse 8a und D… S…, einen Schüler des Gymnasiums in S…, geschickt habe. Ferner gab er an, dass er es nicht an mehr Menschen verschickt habe, was zur Aussage von V… M… am 21. Oktober 2019 in Widerspruch steht, wonach dieser ebenfalls das Nacktvideo von L… Z… über WhatsApp vom Antragsteller erhalten habe (vgl. Bl. 40 der Schülerakte).
Der Weitergabeverlauf ist auf Blatt 74 der Schülerakte dokumentiert. Inwieweit von diesen Schülern oder seitens des Antragstellers die Bilder und das Video, das L… Z… an den Antragsteller geschickt hat, noch an weitere Personen weiterverbreitet wurden, ist nicht bekannt, kann jedoch auch nicht ausgeschlossen werden.
Die Behauptung der Antragstellerseite, dass teilweise Bilder oder ein Video gar nicht verschickt worden seien, ist vorliegend gemessen an den Aussagen der Schüler und des Antragstellers weder schlüssig noch ist es erheblich, wenn teilweise nicht alle Bilder bzw. das Video nicht an alle Schüler versandt wurden oder auf dem Wandertag gezeigt wurden.
Es kommt auch nicht entscheidungserheblich darauf an, welche Definition die Antragstellerseite dem Begriff „nackt“ zugrunde legt. Feststehend ist nämlich, dass die Schülerin L… Z… auf den Fotos bzw. dem Video „Obenohne“ war und dass Bilder vom Antragsteller mit dem Inhalt einer im Brustbereich unbekleideten Mitschülerin an weitere Schüler über soziale Medien verschickt wurden. Dies hat der Antragsteller selbst zugegeben, sowohl bei seiner Befragung am 23. September 2019 wie auch in der Sitzung des Disziplinarausschusses am 17. Oktober 2019. Lt. Protokoll der Disziplinarausschusssitzung hat der Antragsteller die Vorwürfe vollumfänglich zugegeben; lt. dem im Protokoll enthaltenen Sachverhalt habe der Antragsteller die Bilder über WhatsApp, Discord und Snapchat weitergegeben. Hinsichtlich der sodann folgenden persönlichen Äußerung des Antragstellers heißt es: „Konfrontiert mit den Vorwürfen gibt er sie vollumfänglich zu und gibt an, die Bilder per Snapchat weitergegeben zu haben und von einem Video auch Screenshots erstellt zu haben.“
Es ist daher davon auszugehen, dass der Antragsteller Bilder mit pornographischem Inhalt über WhatsApp, Discord und Snapchat an andere Schüler weitergegeben hat. Letztlich käme es auch nicht darauf an, ob er über sämtliche genannten sozialen Medien oder weniger die Bilder und das Video verbreitet hat, ferner ob sämtliche Bilder und das komplette Video oder nur Teile davon bzw. Screenshots verbreitet wurden. Entscheidend ist, dass der Antragsteller über soziale Netzwerke (kinder-)pornographisches Material betreffend eine Mitschülerin, das er sich von dieser unter Vorspiegelung seiner Identität erschlichen hat, unkontrolliert und willentlich weitergegeben hat.
Insofern ist auch nicht davon auszugehen, dass der von der Schule ermittelte Sachverhalt unzutreffend wäre. Dies wird auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass die Antragstellerseite nun im vorliegenden Verfahren versucht, unsubstantiiert die Vorwürfe zu bestreiten. Denn es stimmen nicht nur die Aussagen des Antragstellers vor dem Disziplinarausschuss mit seiner Aussage am 23. September 2019 überein, sondern auch seine Aussagen im Verhältnis zu den Aussagen der anderen Schüler, die in der Schülerakte dokumentiert sind (vgl. Bl. 31, 32, 33, 37 und 40 der Schülerakte).
Schließlich kann auch die Bezeichnung „Fake-Account“ nicht beanstandet werden. Denn damit wird lediglich deutlich gemacht, dass der Antragsteller gegenüber der Mitschülerin L… Z… seine wahre Identität verschleiert hat. Dem steht die Wahl eines beliebigen Account-Namens („anton.huw“) nicht entgegen. Dass unter Discord Bilder verschickt werden können, wird vom Antragsteller in diesem Verfahren bestritten. Demgegenüber hat der Antragsteller dies bereits zugegeben (vgl. Bl. 33 der Schülerakte). Letztendlich ist zudem unstreitig, dass der Antragsteller über soziale Netzwerke „Obenohne“-Fotos einer Mitschülerin verschickt hat.
Es kann auch nicht festgestellt werden, dass die Sachverhaltsermittlung durch die Schule einseitig nur in eine bestimmte Richtung oder zu Ungunsten des Antragstellers geführt worden wäre. Der Antragsteller hätte im Verfahren vor der Schule jederzeit seine Einlassung korrigieren können. Die Antragstellerseite hatte im Verfahren vor der Schule umfassend Gelegenheit, sich zum Vorfall zu äußern, einschließlich des Widerspruchsverfahrens. Divergierende oder widersprüchliche Aussagen, die Anlass zu weiteren Ermittlungen gegeben hätten, lagen nicht vor.
Wesentliche Abweichungen, Unstimmigkeiten oder Ungereimtheiten im Sachverhalt auch unter Berücksichtigung des Vortrags der Antragstellerseite in diesem Verfahren und im Klageverfahren finden sich nicht. Die protokollierten Aussagen der Schülerinnen und Schüler zeichnen ein einheitliches und widerspruchsfreies Bild von dem dem Antragsteller vorgeworfenen Sachverhalt.
Soweit die Antragstellerseite in diesem Verfahren darauf abstellt, dass der Antragsteller Opfer von Mobbing und nicht nur verbalen Auseinandersetzungen geworden wäre, sondern geschlagen, tätlich angegriffen und im Schwimmbad untergetaucht worden sei, so dass er Todesangst gehabt habe, erschließt sich der Zusammenhang mit dem ihm im Rahmen der streitgegenständlichen Ordnungsmaßnahme vorgeworfenen Verhalten in keiner Weise. Es ist nicht erkennbar, dass die Betroffene L… Z… an diesen Handlungen mitgewirkt hätte oder Teil einer Mobbinggruppe gewesen sei. Vielmehr ist im Vortrag der Antragstellerseite stets die Rede von einem „P… J…“. Es ist aus dem gesamten Vortrag des Antragstellers und der übrigen Schüler nicht erkennbar, dass L… Z… irgendeinen Anlass für das Verhalten des Antragstellers gesetzt hätte, mithin dass der Antragsteller von ihr zu seinem Verhalten provoziert worden wäre oder dass er nachvollziehbar aufgrund eines Verhaltens von L… Z… Rachegelüsten nachgegangen wäre. Zwar trifft zu, dass L… Z… dem Antragsteller Bilder und Video geschickt hat. Allerdings tat sie dies erkennbar nur, weil der Antragsteller seine Identität verschleierte. Das Vorgehen des Antragstellers war insofern bewusst und zielgerichtet, da er genau wusste, dass sie bei Kenntnis seiner Identität keine „Nacktbilder“ an ihn verschickt hätte (vgl. Aussage des Antragstellers lt. Befragungsprotokoll vom 23.9.2019, Bl. 33 der Schülerakte). Das Fehlverhalten des Antragstellers gründet zum einen darauf, dass er sich „Nacktbilder“ und ein entsprechendes Video unter Vortäuschen einer falschen Identität von einer Mitschülerin besorgt und insofern deren Arglosigkeit ausgenutzt hat und sodann dieses Material an andere Schüler verbreitet hat, so dass die Schülerin der Lächerlichkeit preisgegeben, in ein negatives Licht gestellt und zum Objekt herabgewürdigt wird. Auch dann, wenn das Gesicht der Schülerin auf den Bildern und dem Video nicht zu sehen war, ist nicht auszuschließen, dass insbesondere Mitschüler auch ohne ausdrücklichen Hinweis des Antragstellers die Mitschülerin erkennen konnten bzw. wussten, wer dargestellt ist.
Soweit der Antragsteller früheres Fehlverhalten bestreitet, das in den Schülerakten dokumentiert und Gegenstand von Ordnungsmaßnahmen war, wie die Androhung der Entlassung (Bescheid vom 23.10.2017), die Ordnungsmaßnahme des Verweises (4.7.2018) und die Ordnungsmaßnahme des verschärften Verweises (24.7.2019), sind diese Maßnahmen nicht angefochten worden. Hinsichtlich der Maßnahmen aus den Jahren 2018 und 2017 sind Rechtsmittel nicht mehr möglich. Sie sind bestandskräftig. Der verschärfte Verweis vom 24. Juli 2019, den der Antragsteller wegen der Äußerung „Hurensohn“ gegenüber Mitschülern erhalten hat, steht mit dem vorliegenden Ereignis, das der Entlassung vom 22. Oktober 2019 zugrunde liegt, zudem nicht im Zusammenhang. Selbst wenn dieser verschärfte Verweis unberechtigt erfolgt wäre, konnte der Disziplinarausschuss sehr wohl berücksichtigen, dass der Antragsteller in seiner kurzen Schulkarriere an der …-Realschule bereits mehrmals durch sein Verhalten die Regeln der Schule und des Zusammenlebens massiv verletzt hat (vgl. Bl. 39 der Schülerakte). Denn selbst wenn man den verschärften Verweis vom 24. Juli 2019 wegdenken würde, verbliebe es bei mehrfachen, in der Vergangenheit durch Ordnungsmaßnahmen geahndeten Verstößen des Antragstellers, insbesondere einer Androhung der Entlassung im Jahr 2017. Davon abgesehen hat eine Lehrkraft in der Disziplinarausschusssitzung zu Recht darauf hingewiesen, dass auch ohne die bereits zuvor ausgesprochene Androhung der Entlassung im Jahr 2017 und die weiteren Ordnungsmaßnahmen in diesem Fall ein solch schwerwiegender Fall von Störung des Schulfriedens vorliegt, dass auch eine Entlassung ausgesprochen werden könne.
Die Ordnungsmaßnahme der Entlassung aus dem Schulverhältnis erfüllt die Tatbestandsmerkmale von Art. 86 Abs. 2 Nr. 10 BayEUG.
Die Frage „der schulischen Gefährdung“ kann vorliegend bejaht werden. Die pädagogische Zielsetzung ist es, den Schüler zur Einsicht zu bringen, mithin der Erziehungscharakter der Maßnahme. Dieser darf auch aus generalpräventiven Gründen getroffen werden. Denn auch anderen Schülern darf im Hinblick auf den Erziehungszweck vor Augen gehalten werden, dass bestimmtes Verhalten nicht geduldet wird, sondern mit schwerwiegenden Maßnahmen geahndet werden kann. Voraussetzung einer schulischen Gefährdung ist ein schweres oder wiederholtes Fehlverhalten, mit dem die Erfüllung der Aufgaben der Schule oder die Rechte anderer gefährdet werden. Gemessen wird das Fehlverhalten an dem vom BayEUG oder der einschlägigen Schulverordnung für die Erfüllung der Aufgaben der Schule vorausgesetzten und ausdrücklich verlangten Verhalten. Rechte anderer sind hier auch die Rechte von Mitschülern, ferner Rechte von Lehrern und des übrigen Personals der Schule wie auch der Erziehungsberechtigten. Die Schulen haben u. a. die Aufgabe, die Schüler zur Achtung vor anderen Menschen zu erziehen, Art. 2 Abs. 1 BayEUG (vgl. Ammerg/Falckenberg/Müller/ Stahl, Rn. 11.1 zu Art. 86 BayEUG).
Im vorliegenden Fall kann eine schulische Gefährdung im Sinne des Art. 86 Abs. 2 Nr. 10 BayEUG bejaht werden. Es liegt ein schweres Fehlverhalten vor, mit dem die Erfüllung der Aufgaben der Schule und die Rechte anderer gefährdet wurden. Dieses schwere Fehlverhalten ist darin zu sehen, dass der Antragsteller die „Obenohne“-Fotos einer Mitschülerin zum einen auf dem Wandertag anderen Mitschülern gezeigt hat. Umso schwerer wiegt, dass er dies gegen den erklärten Willen der betroffenen L… Z… tat (vgl. Protokoll der Befragung von L… Z… am 23. September 2019). Zudem hat der Antragsteller die Bilder über soziale Netzwerke an andere Schüler weitergegeben. Er hat hierbei bewusst in Kauf genommen, dass die Bilder sodann unkontrolliert in sozialen Netzwerken kursieren. Soweit L… Z… auf den Medien nicht mit dem Gesicht erkennbar war, ist hierbei nicht auszuschließen, dass die Identität der Betroffenen aufgedeckt wurde oder werden konnte. Durch die Weitergabe der Bilder hat der Antragsteller schwer in das Persönlichkeitsrecht von L… Z… eingegriffen, Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG. Denn mit der Übersendung der Bilder und des Videos an den Antragsteller hat die Schülerin nicht auch bezüglich der Verbreitung zugestimmt. Zudem hätte sie dem Antragsteller bei Kenntnis der Identität desjenigen hinter dem Account „anton.huw“ von vorneherein keine Bilder geschickt, was dem Antragsteller bewusst war. Durch die Weitergabe der Bilder wird die Schülerin zum einen der Lächerlichkeit preisgegeben und zum anderen als Objekt bloßgestellt. Demgegenüber hat die Schule gemäß Art. 2 Abs. 1 BayEUG u. a. die Aufgabe, Schüler zu verantwortlichem Gebrauch der Freiheit, zur Toleranz, friedlicher Gesinnung und Achtung anderer Menschen, mithin zur Achtung der Würde des Menschen zu erziehen. Jeder Schüler muss sich so verhalten, dass das Erziehungsziel der Schule erreicht werden kann, Art. 56 Abs. 4 BayEUG. Durch seine durch sein Verhalten deutlich gezeigte Einstellung gegenüber Persönlichkeitsrechten anderer, mithin der Mitschülerin, beeinträchtigt der Antragsteller in erheblichem Maße diese Zielsetzung. Somit darf die Schule das Verhalten des Antragstellers als schwere Verfehlung einschätzen, die den Begriff der schulischen Gefährdung erfüllt.
Der schulische Zusammenhang erschließt sich ebenfalls ohne weiteres. Zum einen betrifft das Video eine Mitschülerin des Antragstellers, mithin eine damalige Klassenkameradin. Die Bilder wurden an (Mit-)Schüler verbreitet – über soziale Netzwerke und Herzeigen auf dem Wandertag und damit im Rahmen einer schulischen Veranstaltung. Der Zusammenhang zum Schulleben ist mithin nicht dadurch unterbrochen, dass sich der Antragsteller die Bilder über Instagram beschafft hat.
Für die Auswahl der Maßnahme gilt der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Die Maßnahme muss geeignet und erforderlich sein, den mit ihr intendierten Zweck zu erreichen, und darüber hinaus angemessen sein. Es liegen vorliegend weder Ermessensfehler vor noch verstößt die Entlassung von der Schule gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit oder der Gleichbehandlung.
Die getroffene Entscheidung ist, wie bereits ausgeführt, vorwiegend durch pädagogische Erwägungen bestimmt unter Berücksichtigung, inwieweit das Verhalten des Schülers die Erfüllung des Bildungs- und Erziehungsauftrags oder die Rechte von Mitschülern, Lehrern oder Erziehungsberechtigten gefährdet, wobei die Schwere des Fehlverhaltens des Schülers zu gewichten ist.
Dass sachfremde Erwägungen beim Beschluss des Disziplinarausschusses zum Tragen kamen, erschließt sich nicht. Insbesondere liegen aus Sicht der Kammer die Ausführungen der Antragstellerseite, dass der Antragsteller wesentlich nur Opfer von Umständen gewesen sei, völlig neben der Sache. Die dort angeführten angeblichen Mobbingvorwürfe und angeblichen Schlägereien, denen der Antragsteller zum Opfer gefallen sei, haben mit der vorliegenden Verfehlung zu Lasten der Mitschülerin L… Z… keinerlei erkennbaren Zusammenhang. Insofern kommt es auch in diesem Zusammenhang auf angebliche Aufsichtspflichtverletzungen der Schule überhaupt nicht an. Der Antragsteller, der sich die Fotos und das Video von L… Z… durch Verschleiern seiner Identität erschlichen hat, ist erkennbar kein Opfer der Umstände, sondern beherrschte das Tatgeschehen im Wesentlichen. Er nutzte vielmehr die Unreife und Unkenntnis von L… Z… über seine Identität aus, um sich in den Besitz (kinder-)pornographischen Materials betreffend die Mitschülerin zu bringen.
Der Disziplinarausschuss durfte in seiner Entscheidung auch die gegenüber dem Antragsteller in der Vergangenheit bereits erlassenen Ordnungsmaßnahmen, insbesondere die Androhung der Entlassung 2017, würdigen. In Anbetracht dessen, dass gegenüber dem Antragsteller auch 2018 und 2019 weitere Ordnungsmaßnahmen verhängt wurden, hat die Androhung der Entlassung bei ihm nicht zu einer maßgeblichen Verhaltensänderung zum Positiven geführt. Soweit er einen Verweis bzw. verschärften Verweis erhalten hat, war die jeweilige Ordnungsmaßnahme im Verhältnis zur Verfehlung ausgesprochen worden. Auch die Stellungnahme der Schulpsychologin durfte berücksichtigt werden, wonach der Antragsteller bereits in den vergangenen Jahren immer wieder massiv manipulatives Verhalten an den Tag gelegt habe, nach ihrer Einschätzung keinerlei Reue seiner Tat zeige und keinerlei Unrechtsbewusstsein besitze.
Bei der Wahl der Ordnungsmaßnahmen im Sinne Art. 86 Abs. 2 BayEUG besteht keine Rangfolge. Es ist vielmehr diejenige Ordnungsmaßnahme herauszugreifen, die dem Fehlverhalten entspricht. Die getroffene Maßnahme ist vorliegend in Anbetracht dessen, dass sich der Antragsteller von einer Mitschülerin pornographisches Material erschlichen hat und dies sodann in der Öffentlichkeit verbreitet hat, nicht zu beanstanden. Die Maßnahme ist geeignet, erforderlich und im Verhältnis zur Verfehlung auch angemessen.
Unstreitig hat der Antragsteller pornographisches Material über soziale Medien weitergegeben. Mit dem Versenden an Dritte ist es aus seinem Einflussbereich gelangt, wer das pornographische Material betreffend eine Mitschülerin letztlich erhält. Eine komplette Löschung ist ebenso wenig möglich, wie eine irgendwie geartete Kontrolle über die Weiterverbreitung. Insofern liegt ein schwerer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht einer Mitschülerin vor.
Im Rahmen der Prüfung insbesondere auch der Angemessenheit der Ordnungsmaßnahme ist es nicht zu beanstanden, dass der Disziplinarausschuss das Vorliegen eines schwerwiegenden Falls der Störung des Schulfriedens bejahte, ferner berücksichtigte, dass gegenüber dem Antragsteller bereits einmal die Androhung der Entlassung ausgesprochen worden war, indes weiteres Fehlverhalten des Antragstellers erfolgte, das wiederum weitere Ordnungsmaßnahmen nach sich zog.
Es durfte somit nicht nur die Schwere der Verfehlung berücksichtigt werden, sondern auch, dass der Antragsteller nicht unbescholten war. Von der Schwere der Ordnungsmaßnahme her und in Anbetracht der früheren Ordnungsmaßnahmen, insbesondere einer bereits erfolgten Androhung der Entlassung, ist es nicht zu beanstanden, dass sich der Disziplinarausschuss für die vorliegende Ordnungsmaßnahme der Entlassung nach Art. 86 Abs. 2 Nr. 10 BayEUG entschieden hat.
Auch ist die Maßnahme gegenüber dem Antragsteller nicht deshalb unverhältnismäßig, weil er das Material von einer Mitschülerin freiwillig erhalten hat. Wie ausgeführt, geschah diese „Freiwilligkeit“ nur infolge der Verschleierung der Identität durch den Antragsteller. Nach dem Protokoll des Disziplinarausschusssitzung vom 17. Oktober 2019 (Bl. 39 der Schülerakte) erfolgte durch den Antragsteller eine Absichtserklärung zur Reue nur auf direkte Nachfrage. Selbst wenn der Antragsteller seine Tat bereut und sich entschuldigt hat, muss dies aber nicht dazu führen, dass ihm gegenüber eine weniger schwerwiegende Ordnungsmaßnahme verhängt wird. Vielmehr ist dies eines von mehreren Kriterien im Rahmen der Berücksichtigung der Gesamtumstände. Hinzu kommt vorliegend, dass die Verbreitung des Videos bereits erfolgt ist und nicht mehr rückgängig gemacht werden kann. Es wäre unbillig, könnte sich ein Schüler in Anbetracht nicht rückgängig machbarer Folgen einer schweren Verfehlung im Wesentlichen durch eine Entschuldigung einer Ordnungsmaßnahme entziehen. Dasselbe gilt, soweit durch die Antragstellerseite vorgetragen wird, der Antragsteller sei quasi ein Musterschüler in der neuen Schule. Ob für die Lehrer und die Mitschüler an der bisherigen Schule eine vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Antragsteller möglich erschiene, können der Antragsteller und sein Prozessbevollmächtigter nicht beurteilen.
Durch die Entscheidung der Schule wird der Antragsteller auch nicht unzumutbar in seiner schulischen Laufbahn beeinträchtigt. Ihm ist vielmehr an der neuen Schule ein unbelasteter Neustart möglich. Nach Antragstellerseite sei ihm das sogar auch gelungen. Dementsprechend ist die Maßnahme auch insofern angemessen und nicht unzumutbar belastend.
Schließlich darf auch der Präventivcharakter einer Ordnungsmaßnahme, einem Nachahmungseffekt vorzubeugen oder diesen zu verhindern, bei der Wahl der Ordnungsmaßnahme berücksichtigt werden, wobei sich der Präventivcharakter sowohl auf den jeweiligen Schüler wie auch die Mitschüler erstreckt. Die Ordnungsmaßnahme der Entlassung ist im Hinblick auf eine grundsätzliche Präventiv- bzw. Abschreckungswirkung geeignet und angemessen. Dem Antragsteller darf und muss sogar vor Augen geführt werden, dass derartige Verhaltensweisen an einer Schule nicht geduldet werden können, dass er sein Verhalten nachhaltig entsprechend zu ändern und derartiges Verhalten künftig zu unterlassen hat. Die Maßnahme ist schließlich auch erforderlich gewesen, da andere Ordnungsmaßnahmen wie die Androhung der Entlassung und Verweis bzw. verschärfter Verweis keine durchgreifende Verhaltensänderung im positiven Sinne beim Antragsteller bewirkt haben.
Nach alldem ist auch weder ein Abwägungsausfall noch ein Abwägungsdefizit erkennbar. Vielmehr ergeben sich die Erwägungen des Disziplinarausschusses im Wesentlichen aus dem Protokoll der Sitzung des Disziplinarausschusses am 17. Oktober 2019.
Nach alldem war der Antrag mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG, wobei im hiesigen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine Halbierung des Auffangstreitwerts geboten erscheint (Nrn. 1.5, 18.1 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit).


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