Verwaltungsrecht

Reiseunfähigkeit hat keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung

Aktenzeichen  10 CS 18.1939

Datum:
26.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 28765
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AufenthG § 59 Abs. 3 S. 1, § 60a Abs. 2 S. 1

 

Leitsatz

Eine nachgewiesene bzw. glaubhaft gemachte Reiseunfähigkeit kann zu einer tatsächlichen oder rechtlichen Unmöglichkeit der Abschiebung und damit zu einem Anspruch auf eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung führen (§ 60a Abs. 2 S. 1 AufenthG), macht jedoch nach der gesetzlichen Regelung des § 59 Abs. 3 S. 1 AufenthG die Abschiebungsandrohung selbst nicht rechtswidrig. (Rn. 10) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 25 S 18.3570 2018-08-14 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller, ein bosnisch-herzegowinischer Staatsangehöriger, verfolgt mit seiner Beschwerde seinen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (M 25 K 18.3199) weiter.
Gegenstand der Klage und des Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO ist der Bescheid der Antragsgegnerin vom 20. Juni 2018, mit dem diese seinen Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug abgelehnt und ihm unter Bestimmung einer Ausreisefrist die Abschiebung angedroht hat. Die eheliche Lebensgemeinschaft des Antragstellers und seiner Ehefrau war bereits kurz nach der Eheschließung und noch vor der Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis wieder beendet worden.
Das Verwaltungsgericht hat den Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, mit dem mit der Beschwerde angefochtenen Beschluss vom 14. August 2018 abgelehnt. Der Antrag sei nicht begründet. Eine Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug gemäß § 28 Abs. 1 Satz 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG könne nicht erteilt werden, weil eine eheliche Lebensgemeinschaft nicht mehr bestehe und auch nicht mehr beabsichtigt sei. Mangels Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG könne auch keine Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG erteilt werden. Auch die Voraussetzungen einer Aufenthaltserlaubnis nach § 18 Abs. 3 AufenthG i.V.m. § 26 Abs. 2 BeschV lägen nicht vor, da der Antragsteller hierfür das Visumverfahren von seinem Herkunftsland aus durchführen müsse.
Im Rahmen seiner Beschwerde beantragt der Antragsteller weiterhin, die aufschiebende Wirkung seiner Klage anzuordnen. Er sei aktuell reiseunfähig, weshalb die Ausreiseaufforderung und die Abschiebungsandrohung aus dem angefochtenen Bescheid rechtswidrig seien.
II.
Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens und der zugrundeliegenden Klage ist die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG, aus eigenständigem Aufenthaltsrecht nach § 31 Abs. 1 AufenthG oder zur Ausübung einer Beschäftigung nach § 18 Abs. 3 AufenthG i.V.m. § 26 Abs. 2 BeschV.
Der Verwaltungsgerichtshof ist gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO in seiner Prüfung auf die vom Beschwerdeführer vorgebrachen Gründe beschränkt. Der Beschwerdeführer hat sich in seiner Beschwerdebegründung mit der angefochtenen Entscheidung des Verwaltungsgerichts auseinanderzusetzen (§ 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO).
Die Klage, die Antragsgegnerin zur Erteilung bzw. Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zu verpflichten, wird auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens aller Voraussicht nach erfolglos bleiben. Die im Beschwerdeverfahren allein vorgetragene Reiseunfähigkeit des Antragstellers – die bisher auch noch nicht durch eine den Anforderungen des § 60a Abs. 2c AufenthG entsprechende ärztliche Bescheinigung belegt ist – führt weder dazu, dass ihm die begehrte Aufenthaltserlaubnis erteilt werden könnte, noch erweist sich deswegen die in dem angefochtenen Bescheid enthaltene Abschiebungsandrohung als rechtswidrig.
Die Abschiebung war dem Antragsteller gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 AufenthG anzudrohen, da er nach § 50 Abs. 1 AufenthG ausreisepflichtig ist und unter den Voraussetzungen des § 58 Abs. 1 Satz 1 AufenthG abgeschoben werden kann. Nach § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und von Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung dem Erlass der Abschiebungsandrohung nicht entgegen.
Eine nachgewiesene bzw. glaubhaft gemachte Reiseunfähigkeit kann zu einer tatsächlichen oder rechtlichen Unmöglichkeit der Abschiebung und damit zu einem Anspruch auf eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung führen (§ 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG), macht jedoch nach der gesetzlichen Regelung des § 59 Abs. 3 Satz 1 AufenthG die Abschiebungsandrohung selbst nicht rechtswidrig.
Im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann daher die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Abschiebungsandrohung nicht angeordnet werden. Der Antragsteller ist darauf zu verweisen, nach Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht (§ 58 Abs. 2 Satz 2 AufenthG) einen Antrag auf vorübergehende Aussetzung der Abschiebung (Duldung) nach § 60a Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 2c und Abs. 2d AufenthG zu stellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

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