Verwaltungsrecht

Senegal als sicheres Herkunftsland – Erfolgloser Asylantrag

Aktenzeichen  M 4 S 16.30579

Datum:
29.3.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 16a Abs. 3, Abs. 4 S. 1 Hs. 1, S. 2
AsylG AsylG § 29a Abs. 1, Abs. 2
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 S. 1

 

Leitsatz

Auch wenn die Versorgungslage im Senegal nach Auskunftslage des Auswärtigen Amts schlecht ist, ist der Antragsteller als junger arbeitsfähiger Mann in der Lage, wie jeder andere dort Lebende in der vergleichbaren Situation, seinen Lebensunterhalt im Senegal durch eigene Tätigkeit sicherzustellen.  (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtschutz gegen einen Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt), mit dem sein Asylbegehren als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist.
Der Antragsteller behauptet, senegalesischer Staatsangehöriger zu sein und am … November 2011 sein Herkunftsland verlassen zu haben. Über Mali, Burkina Faso, Niger, Libyen und Italien sei er am … November 2014 in Deutschland eingereist. In Italien habe er sich eineinhalb Jahre in … aufgehalten. Dort habe er auch im Mai 2014 Asyl beantragt. Im Juli 2013 seien ihm in Italien Fingerabdrücke abgenommen worden. Diese Befragung wurde am … Mai 2015 durchgeführt. An diesem Tag beantragte der Antragsteller Asyl. Er gehöre dem Volk der … an und spreche Französisch. Er habe als Landwirt gearbeitet.
In seiner Anhörung nach § 25 AsylG am … Februar 2016 gab der Antragsteller an, den Senegal ca. Mitte 2013 verlassen zu haben. Später behauptete er, es sei Mitte 2012 gewesen. Dort wo er herkomme, gebe es die Sitte, männliche Kinder im Alter von ca. 10 Jahren ein zweites Mal zu beschneiden. Er sei gegen diese Praxis gewesen. Er sei bereits einmal beschnitten worden. Ein alter Mann habe ihm gesagt, dass man sterben könne, wenn man dabei Widerstand leiste. Er habe ihm geraten, das Land zu verlassen. Er sei dann nach … gegangen. Dort sei er in der Koranschule gewesen. Es seien dann bewaffnete Gruppen dorthin gekommen und hätten seinen Koranlehrer festgenommen. Ob dieser umgebracht worden sei oder nicht, wisse er nicht. Er habe befürchtet, von den Kriminellen mitgenommen zu werden und als Krimineller oder Räuber ausgebildet oder aber getötet zu werden. Er sei dann geflohen.
Mit Bescheid vom 25. Februar 2016, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziff. 1) sowie den Antrag auf Asylanerkennung (Ziff. 2) als offensichtlich unbegründet ab. Der Antrag auf subsidiären Schutz wurde ebenfalls abgelehnt (Ziff. 3). Das Bundesamt stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Ziff. 4) und ordnete für den Fall nicht fristgerechter Ausreise aus der Bundesrepublik Deutschland die Abschiebung in den Senegal oder in einen anderen zur Rückübernahme verpflichteten oder bereiten Staat an (Ziff. 5). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG wurde auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet, das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung. Auf die Begründung des streitgegenständlichen Bescheids wird Bezug genommen.
Ein Zustellnachweis lässt sich der Akte des Bundesamtes nicht entnehmen.
Mit Schriftsatz vom 21. März 2016 erhob der Bevollmächtigte des Antragstellers Klage gegen den Bescheid des Bundesamtes vom 25. Februar 2016, der ihm am 15. März 2016 zugestellt worden sei, und beantragte
die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage.
Zur Begründung bezog sich der Bevollmächtigte des Antragstellers auf die Situation insbesondere in der …, die keineswegs befriedet sei. Die sozialen Probleme im Senegal mit hoher Armut seien enorm. Der Antrag des Klägers sei jedenfalls nicht als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Der Antragsschrift war die Kopie eines Zustellnachweises für den 15. März 2016 beigefügt.
Am 29. März 2016 legte das Bundesamt die Behördenakte vor.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakte des Bundesamtes Bezug genommen.
II.
Der zulässige Eilantrag ist unbegründet.
Die Ablehnung des Asylbegehrens sowie der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als jeweils offensichtlich unbegründet und die Ablehnung des subsidiären Schutzes unterliegen keinen durchgreifenden Bedenken. Auch das Vorliegen von Abschiebungsverboten ist nicht erkennbar, so dass eine Aussetzung der Abschiebung im Ergebnis nicht geboten ist.
Das Gericht geht gemäß § 122 Abs. 1 i. V. m. § 88 VwGO in sachgerechter Auslegung des Antrags davon aus, dass sich der Eilantrag nicht gegen das auf § 11 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Aufenthaltsgesetz (AufenthG) gestützte Aufenthalts- und Einreiseverbot nach der Abschiebung (Ziffer 7. des Bescheids vom 25. 02. 2016) richtet. Ein derartiger Antrag wäre mangels Rechtsschutzinteresse unzulässig (NdsOVG, B. v. 14.12.2015 – 8 PA 199/15 – juris Rn. 5; ausführlich ebenso VG München, B. v. 19.1.2016 – M 21 S 16.30019 – S. 8 f. des BA zur Notwendigkeit einer Verpflichtungsklage für die Befristungsentscheidung m. umfangr. Nachw.).
Gemäß Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Halbs.1 GG wird die Vollziehung aufenthaltsbeendender Maßnahmen insbesondere in Fällen, die offensichtlich unbegründet sind, durch das Gericht nur ausgesetzt, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bestehen. Im Anschluss an Art. 16a Abs. 4 Satz 2 GG bestimmt § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG, dass die Aussetzung der Abschiebung nur angeordnet werden darf, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig (Art. 16a Abs. 4 Satz 2 GG, § 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG). „Ernstliche Zweifel“ im Sinne des Art. 16a Abs. 4 Satz 1 Halbs. 1 GG liegen dann vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (vgl. BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – juris Rn. 99).
Gemessen an diesen Maßstäben bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen, an die Ausreisefrist von einer Woche (§ 36 Abs. 1 AsylG) anknüpfenden Abschiebungsandrohung.
Im Antragsvorbringen ist zur Frage der Ablehnung des Asylbegehrens des Antragstellers nichts vorgetragen, was eine Abweichung von der gesetzlichen Wertung in Art. 16a Abs. 3 GG, § 29a Abs. 1 AsylG begründen könnte. Der Senegal ist in der Anlage II zu § 29a Abs. 2 AsylG als sogenannter sicherer Herkunftsstaat gelistet. Vom Antragsteller sind keine Tatsachen oder Beweismittel angegeben, die eine von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat abweichende Bewertung rechtfertigen (vgl. § 29a Abs. 1 AsylG). Der Asylantrag war somit nach § 29a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Die gleiche Beurteilung gilt für die Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet.
Das Gericht folgt zunächst insgesamt der Begründung des angegriffenen Bundesamtsbescheides (vgl. § 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist Folgendes auszuführen.
Die allgemein harten Lebensbedingungen im Senegal eröffnen keine Berufung auf den Schutz aus § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Zwar ist nach der Auskunftslage (Bericht des Auswärtigen Amtes im Hinblick auf die Einstufung der Republik Senegal als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29a AsylG vom 21.11.2015 (Stand August 2015), dort zu Ziffer IV.1 – S. 15) davon auszugehen, dass die Versorgungslage im Senegal schlecht ist. Im Hinblick auf die Lebensbedingungen kann der zurückkehrende Ausländer Abschiebungsschutz in verfassungskonformer Auslegung des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aber nur ausnahmsweise beanspruchen, wenn er bei seiner Rückkehr aufgrund dieser Bedingungen mit hoher Wahrscheinlichkeit einer extremen Gefahrenlage ausgesetzt wäre, d. h. gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, U. v. 12.7.2001 – 1 C 5/01 – BVerwGE 115, 1 m. w. N.; BVerwG, U. v. 29.9.2011 – 10 C 24/10 – NVwZ 2012, 451 Rn. 20).
Das kann beim Antragsteller nicht angenommen werden.
Dieser ist als junger arbeitsfähiger Mann in der Lage, wie jeder andere dort Lebende in der vergleichbaren Situation, seinen Lebensunterhalt im Senegal durch eigene Tätigkeit sicherzustellen. Er ist auch nicht gezwungen, in sein Heimatdorf zurückzukehren, wo ihm angeblich Gefahr drohte, und verfügt insoweit über inländische Fluchtalternativen.
Damit ist insgesamt die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassenen Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden. Die gesetzte Ausreisefrist entspricht der Regelung in § 36 Abs. 1 AsylG.
Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 154 Abs. 1, § 83b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 80 AsylG.


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