Verwaltungsrecht

Unbegründete Anträge auf internationalen Schutz, Unbegründete Anträge auf Asylanerkennung, Feststellung des Vorliegens von Abschiebungsverboten (verneint), Bedrohung durch familiären Stamm, Inländische Fluchtalternative

Aktenzeichen  M 27 K 20.33133

Datum:
4.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 13357
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3
AsylG § 4
GG Art. 16a Abs. 1
AufenthG § 60 Abs. 5
AufenthG § 60 Abs. 7

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerinnen tragen gesamtschuldnerisch die Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerinnen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

[13] Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, obwohl nicht alle Beteiligten in der mündlichen Verhandlung anwesend oder vertreten waren, da in den Ladungsschreiben auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO).
Die Klage ist unbegründet, da der angegriffene Bescheid auch zum hier maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (vgl. § 77 Abs. 1 Satz 1 Halbs. 2 AsylG) rechtmäßig ist und die Klägerinnen nicht in ihren Rechten verletzen (§ 113 Abs. 1 und 5 VwGO). Die Ablehnung der Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) sowie der Anträge auf Asylanerkennung (Art. 16a Abs. 1 GG) und auch der Anträge auf subsidiären Schutz (§ 4 AsylG) als unbegründet und die Verneinung des Vorliegens von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Dem Vortrag der Klägerin zu 1) beim Bundesamt lassen sich keine Gründe für eine Vorverfolgung in Jordanien in Anknüpfung an eines der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG genannten Merkmale entnehmen. Erhebliche konkrete Gefahren im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, denen die Bevölkerung allgemein ausgesetzt ist, sind allenfalls bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG (Vorübergehende Aussetzung der Abschiebung) zu berücksichtigen (§ 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG), regelmäßig aber nicht im asylrechtlichen Verfahren. Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe ab und verweist auf die Begründung des angefochtenen Bescheids (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Auch die von der Klägerin zu 1) im gerichtlichen Verfahren ergänzend vorgetragenen Gründe ändern an der Rechtmäßigkeit der Ablehnung der Anträge der Klägerinnen nichts. Ihr Vortrag in der mündlichen Verhandlung von beim jordanischen Geheimdienst arbeitenden Cousins, die von ihrer Rückkehr nach Jordanien erfahren würden, ist ebenso unglaubwürdig wie ihr Vortrag, dass sie und ihre Familie acht Jahre, nachdem sie Jordanien gemeinsam verlassen haben, aufgrund einer Beschädigung der Familienehre ihres Familienclans wegen unerlaubter Heirat und unerlaubtem Verlassen des Landes hingerichtet würden. Zumindest aber steht ihr und ihrer Familie innerhalb Jordaniens in der Anonymität der Großstädte wie Amman, Irbid oder Zarqa eine inländische Fluchtalternative zur Verfügung (vgl. § 3e AsylG).
Ein Anspruch auf Feststellung des Vorliegens der Voraussetzungen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 5 AufenthG besteht für die Klägerinnen nicht, insbesondere nicht für die Klägerin zu 2). Aufgrund der in Jordanien vorhandenen medizinischen Einrichtungen und der deshalb grundsätzlich bestehenden Möglichkeit, die Augenkrankheit dieser Klägerin dort zu behandeln, besteht für diese bei einer Rückkehr nach Jordanien jedenfalls keine erhebliche konkrete Gefahr im Sinne von § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthaltsG in Form einer wesentlichen Verschlimmerung der Krankheit für Leib und Leben. Deshalb hat die Klägerin zu 2) keinen Anspruch darauf, die Beklagte zur Feststellung zu verpflichten, dass bei ihr hinsichtlich Jordaniens ein Abschiebungsverbot gemäß § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK aufgrund etwaiger schlechter humanitärer Bedingungen für sie dort oder ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG aufgrund einer wesentlichen Verschlimmerung ihrer Augenerkrankung alsbald nach der Rückkehr dorthin als „erhebliche konkrete Gefahr für Leib und Leben“ im Sinne dieser Bestimmung vorliegen. Auch insofern wird im Übrigen auf die Begründung des angefochtenen Bescheids Bezug genommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 Satz 1 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG).
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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