Aktenzeichen M 17 S 16.31267
Leitsatz
Der bloße Umstand, dass homosexuelle Handlungen im Senegal unter Strafe gestellt sind, stellt keine Verfolgungshandlung dar, da zu der Strafdrohung hinzukommen muss, dass die Handhabung der Strafrechtsnorm staatlicherseits für den Betroffenen mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer tatsächlichen Gefahr (real risk) führt. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Gründe
I.
Der Antragsteller ist senegalesischer Staatsangehöriger, dem Volke der Mandingo zugehörig und muslimischer Glaubensrichtung. Er reiste nach eigenen Angaben am … Juli 2014 auf dem Landweg über Italien und Österreich in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 21. Juli 2014 Asylantrag.
Unter dem … August 2015 gab er schriftlich gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) an (Bl. 58 der Behördenakte – BA), im Jahr 2004 oder 2005 wegen dem Krieg zwischen den Rebellen und der Regierung nach Gambia geflohen zu sein. 2011 habe ihn die Regierung der Republik Gambia beschuldigt, homosexuell zu sein und ihn verhaften wollen. Da er gewarnt worden sei, habe er nach Europa fliehen können. Nach Senegal oder Gambia könne er nicht zurück, weil ihm dort Tod oder Gefängnis drohen würden.
Bei seiner persönlichen Anhörung beim Bundesamt am … November 2015 gab der Antragsteller an, sich mit dem Sprachmittler in der Sprache Mandingo/Mandinka verständigen zu können. Mit seiner Familie habe er in Gambia gelebt, wohin diese – nach Zerstörung ihres Hauses im Senegal von Rebellen – geflüchtet seien. Dort sei er im Jahr 2012 von der Polizei zufällig mit homosexuellen Männern in Verbindung gebracht worden. Er habe nicht gewusst, dass die Männer, mit denen er angetroffen worden sei, homosexuell waren. Die Polizei habe ihn daraufhin aufgegriffen und befragt. Nach seiner Aussage bei der Polizei, dass er nichts mit den Männern zu tun habe, habe er seinen Ausweis zurückerhalten und gehen dürfen. Nach 3-4 Tagen sei die Polizei zu ihm nach Hause gekommen. Er sei nicht zu Hause gewesen, seine Mutter habe ihm mitgeteilt, die Polizei suche ihn, da ihm Homosexualität unterstellt werde. Nach Auskunft seines Onkels werde Homosexualität mit 14 Jahren Gefängnis bestraft. Er persönlich sei nicht homosexuell. Im Laufe der Anhörung erklärte der Antragsteller, dass er Probleme habe, die Dolmetscherin zu verstehen. Die anhörende Entscheiderin des Bundesamtes vermerkte in der Niederschrift, dass sie den Eindruck habe, dass die Verständigung zwischen Antragsteller und Dolmetscherin funktioniere, zumal sie ihn zuvor belehrt und er keine Einwände gehabt habe. Die Anhörung wurde daher in Mandingo/Mandinka fortgesetzt. Der Antragsteller gab an, dass er bei einer Rückkehr nach Gambia ins Gefängnis müsse und nicht mehr nach Senegal zurückkehren könne, da er dort niemanden mehr habe und sein Lebensunterhalt nicht sichergestellt sei. Zudem leide er an Magenschmerzen und nehme deswegen Tabletten. Ein diesbezügliches Attest habe er verloren. Laut Niederschrift zur persönlichen Anhörung (Bl. 61 ff. BA) versicherte der Antragsteller abschließend, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. Dies und die Rückübersetzung der Niederschrift bestätigte er zudem auf dem Kontrollbogen (Bl. 69 BA) mit seiner Unterschrift.
Der Antragssteller legte mit Schreiben vom 25. November 2015 schriftlich Widerspruch gegen das Anhörungsprotokoll ein. Die anwesende Dolmetscherin habe nicht die Muttersprache des Antragstellers (Mandingo/Mandinka), sondern Bambara gesprochen. Nachdem der Antragsteller darauf hingewiesen habe, sei ihm erklärt worden, dass es sich negativ auf sein Asylverfahren auswirke, wenn er die Anhörung nicht fortsetze. Er sei mehrmals unterbrochen worden, so dass er einen wichtigen Grund, warum er nicht in den Senegal zurückkehren könne, nicht habe ausführen können. Mehrere Antworten seien falsch protokolliert worden. Das Protokoll sei nicht rückübersetzt worden. Der „Kontrollbogen“ sei ihm als „Bestätigung seiner Anwesenheit“ unterbreitet worden. Er sei nicht darüber informiert worden, dass dieses Schriftstück gleichzeitig die Rückübersetzung der Anhörung bestätige. Somit sei ihm die Chance genommen worden, die Fehler im Protokoll sofort zu korrigieren.
Mit Bescheid vom 28. April 2016, der mit Postzustellungsurkunde (Bl. 109 f. BA) am 31. Mai 2016 dem Antragsteller zugestellt wurde, lehnte das Bundesamt den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) als offensichtlich unbegründet ab, erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte den Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde ihm die Abschiebung nach Senegal angedroht (Nr. 5). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Nr. 6). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 7). Dem Antragsteller sei in Gambia Homosexualität unterstellt worden. In Gambia führe dies zu staatlicher Verfolgung und hoher Bestrafung. Als senegalesischer Staatsangehöriger erhalte er internen Schutz in Senegal. Es sei aufgrund der Schilderung des Antragstellers, ihm sei Homosexualität unterstellt worden, nicht davon auszugehen, dass ihm auch im Senegal Verfolgung drohe. Denn nach eigenen Angaben sei er selbst nicht homosexuell. Dem Bundesamt lägen keine Erkenntnisse vor, dass eine unterstellte Homosexualität auch dort zu Verfolgungshandlungen mit flüchtlings- und asylrechtlich erheblicher Intensität führen würde. Gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen seien mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren sowie Geldstrafe von 150 EUR bis 2.300 EUR bedroht (Art. 319 des senegalesischen Strafgesetzbuches). Falls der Partner 21 Jahre oder jünger sei, werde stets die Höchststrafe verhängt. Bestraft werde jedoch nicht, wer homosexuell sei, sondern wer homosexuelle Handlungen vornehme. In der Praxis seien Verfahren äußerst selten. Nach diesen Maßstäben sei davon auszugehen, dass der Antragsteller ohne Verfolgung in Senegal leben könne, da er nach eigenen Angaben nicht homosexuell sei. In …, von wo aus der Antragsteller bzw. die Familie des Antragstellers nach Gambia geflüchtet seien, gebe es immer noch Auseinandersetzungen zwischen Armee und Rebellen, die aber seit 2012 deutlich nachgelassen hätten. Der Antragsteller könne zudem in einen anderen Teil Senegals – einem sicheren Herkunftsstaat nach § 29a AsylG – gefahrlos zurückkehren. Hinsichtlich der Widerspruchseingabe des Antragstellers vom 25. November 2015 zum Anhörungsprotokoll sei anzumerken, dass diese nicht substantiiert seien. Im Rahmen der Anhörung sei der Antragsteller mehrfach gefragt und darauf hingewiesen worden, ob er sich mit dem Dolmetscher ausreichend verständigen könne. Der Dolmetscher habe dies als Zeuge bestätigt. Gegen Ende der Anhörung sei der Antragsteller gefragt worden, ob er ausreichend Gelegenheit gehabt habe, die Gründe für seinen Asylantrag zu schildern. An dieser Stelle habe der Antragsteller nicht widersprochen und auch abschließend bestätigt, dass es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. Der Antragsteller sei als gesunder und arbeitsfähiger Mann durchaus in der Lage, seinen Lebensunterhalt zu erwirtschaften – auch ohne familiäre Unterstützung im Senegal. Die vom Antragsteller geschilderten Magenschmerzen seien nicht erheblich im Sinne des § 60 Abs. 7 AufenthG. Von einer lebensbedrohlichen Verschlimmerung nach Rückkehr sei nicht auszugehen, auch wenn der Antragsteller in Senegal eventuell keine Tabletten erhalten könne, die seine Beschwerden linderten. Der Antragsteller verfüge im Bundesgebiet über keine wesentlichen Bindungen, die im Rahmen der Ermessensprüfung zu berücksichtigen wären. Nach Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens sei somit eine Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 10 Monate angemessen.
Am 1. Juni 2016 erhoben die Bevollmächtigten des Antragstellers Klage (M 17 K 16.31266) mit den Anträgen, den Bescheid des Bundesamtes vom 28. April 2016 aufzuheben und die Antragsgegnerin zu verpflichten, den Antragsteller als Asylberechtigten anzuerkennen und festzustellen, dass die Voraussetzungen von § 60 Abs. 1 AufenthG (a. F.), hilfsweise, dass die Voraussetzungen von § 60 Abs. 2 bis 5 und 7 AufenthG vorliegen. Gleichzeitig wurde beantragt,
die aufschiebende Wirkung der gleichzeitig erhobenen Klage gegen den Bescheid vom 28. April 2016 anzuordnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen vorgetragen, dass es während der Anhörung des Antragstellers zu Verständigungsschwierigkeiten gekommen sei. Trotz Beschwerde sei die Anhörung fortgesetzt worden. Dabei sei es zu zahlreichen Missverständnissen gekommen. Diesbezüglich müsse korrigiert werden, dass der Antragsteller nicht nur homosexuelle Freunde gehabt habe, sondern auch selbst homosexuell sei.
Die Antragsgegnerin übersandte am 8. Juni 2016 die Behördenakten und stellte keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Verfahren M 17 K 16.31266 sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag ist unzulässig, soweit die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Nrn. 1 bis 4 und Nr. 7 des Bescheids beantragt wird.
Gegen Nrn. 1 bis 4 des angefochtenen Bescheids ist die Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – die richtige Klageart, so dass insoweit die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 VwGO nicht in Betracht kommt. Ausschließlich belastende Wirkung hat die in Nr. 5 des Bescheides erlassene Abschiebungsandrohung, gegen die der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO statthaft ist und im Asylverfahren einstweiligen Rechtsschutz gewährt.
Soweit sich der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen Nr. 7 des Bescheids richtet, ist er mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. In dieser Nummer wird lediglich das sich unmittelbar aus dem Gesetz ergebende Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG gemäß § 11 Abs. 2 AufenthG zeitlich befristet. Die schlichte Aufhebung der Nr. 7 des Bescheids aufgrund einer Anfechtungsklage bzw. die Anordnung der aufschiebenden Wirkung beträfen lediglich die getroffene Befristungsentscheidung als solche, so dass ein erfolgreiches Rechtsmittel zur Folge hätte, dass das – unmittelbar kraft Gesetz geltende – Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG unbefristet gelten würde. Die Rechtsstellung des Antragstellers wäre somit nicht verbessert. Das Ziel einer kürzeren Befristung der gesetzlichen Sperrwirkung nach § 11 Abs. 2 AufenthG müsste, ebenso wie die (vorläufige) Erteilung einer Betretenserlaubnis gemäß § 11 Abs. 8 AufenthG, im Wege der Verpflichtungsklage bzw. im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes über einen Antrag nach § 123 VwGO erstritten werden (vgl. NdsOVG, B. v. 14.12.2015 – 8 PA 199/15 – juris Rn. 5; VG München, B. v. 12.1.2016 – M 21 S 15.31689 – UA S. 8; VG Ansbach, B. v. 20.11.2015 – AN 5 S 15.01667 – juris Rn. 2; B. v. 18.11.2015 – AN 5 S 15.01616 – UA S. 2; VG Aachen, B. v. 30.10.2015 – 6 L 807/15.A – juris Rn. 8; VG München, B. v. 23.3.2016 – M 17 S 16.30280; Funke/Kaiser in Gemeinschaftskommentar zum Aufenthaltsgesetz, Stand Dezember 2015, § 11 Rn. 183, 190, 193, 196).
2. Im Übrigen ist der Antrag, die kraft Gesetzes (§ 75 AsylG) ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung in Nr. 5 des streitgegenständlichen Bescheides des Bundesamtes nach § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen, zulässig. Insbesondere wurde die Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG eingehalten.
Der Antrag ist jedoch nicht begründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (vgl. Art. 16 a Abs. 4 GG, § 36 Abs. 4 AsylVfG).
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegen ernstliche Zweifel i. S. v. Art. 16 a Abs. 4 Satz 1 GG vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166 ff.).
Gemessen an diesen Grundsätzen bestehen hier keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der insoweit seitens des Bundesamts getroffenen Entscheidungen. Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen im Bescheid des Bundesamts vom 28. April 2016 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist wie folgt auszuführen:
2.1. Für das Gericht ist offensichtlich, dass der geltend gemachte Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und die Anerkennung als Asylberechtigter dem Antragsteller offensichtlich nicht zusteht.
Die Ablehnung des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und Anerkennung als Asylberechtigter als offensichtlich unbegründet beruht auf § 29 a Abs. 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat i. S. d. Art. 16 a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Das Heimatland des Antragstellers, Senegal, ist ein sicherer Herkunftsstaat in diesem Sinne (vgl. § 29 a Abs. 2 AsylG i. V. m. Anlage II). Die Gerichte sind an diese Einstufung gebunden, es sei denn, sie sind der Überzeugung, dass sich die Einstufung als verfassungswidrig erweist (BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1507/93 – Rn. 65). Gegen die Einstufung Senegals als sicherer Herkunftsstaat bestehen weder verfassungsrechtliche noch europarechtliche Bedenken.
Der Antragsteller hat die durch § 29 a AsylG normierte Nichtverfolgungsvermutung auch nicht durch den schlüssigen Vortrag von individuellen Verfolgungstatsachen erschüttern können. Die von dem Antragsteller angegebenen Tatsachen und Beweismittel begründen gerade nicht die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.
2.1.1. Der Antragsteller kann gemäß Art. 16 a Abs. 2 GG i. V. m. § 26 a Abs. 1 AsylG schon deshalb offensichtlich nicht als Asylberechtigter anerkannt werden, weil er nach eigenem Vortrag über Italien und Österreich auf dem Landweg eingereist und daher über einen sicheren Drittstaat im Sinne des Art. 16 a Abs. 2 GG i. V. m. § 26 a Abs. 2 AsylG nach Deutschland gelangt ist.
2.1.2. Aber auch ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Asylberechtigter oder als Flüchtling rechtfertigen würde, ist vorliegend aus dem Vortrag des Antragstellers nicht erkennbar.
a) Senegal ist ein sicherer Herkunftsstaat (vgl. § 29a Abs. 2 AsylG und Anlage II zu § 29a AsylG). Die Gerichte sind an diese Einstufung gebunden, es sei denn, sie sind der Überzeugung, dass sich diese als verfassungswidrig erweist (BVerfG, U. v. 14.5.1996 – 2 BvR 1507/93 – juris Rn. 65). Verfassungs- oder europarechtliche Bedenken gegen die Einstufung Senegals als sicherer Herkunftsstaat bestehen jedoch nicht.
b) Der Antragsteller hat die durch § 29a AsylG normierte Nichtverfolgungsvermutung bzgl. Senegal auch nicht durch den schlüssigen Vortrag von individuellen Verfolgungstatsachen erschüttern können. Das Gericht folgt insoweit der zutreffenden Begründung der Antragsgegnerin im angegriffenen Bescheid, auf die verwiesen wird (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Eine andere rechtliche Beurteilung ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag des Antragstellers, er sei homosexuell. Auf eine etwaige Verfolgungsgefahr in Gambia wegen seinen Kontakten zu Homosexuellen kommt es nicht an, da dem Antragsteller im streitgegenständlichen Bescheid nur die Abschiebung in den Senegal und nicht nach Gambia angedroht wird.
Nichts anderes ergibt sich soweit der Antragsteller vorträgt, dass ihm auch im Senegal wegen seiner Homosexualität eine Verfolgung drohe. Das Gericht geht davon aus, dass der Antragsteller nicht vorverfolgt sein Heimatland verlassen hat. Eine staatliche Verfolgung im Senegal macht der Antragsteller selbst nicht geltend. Es ist auch nicht festzustellen, dass dem Antragsteller allein aufgrund seiner – unterstellten – Homosexualität landesweit mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Verfolgung nach seiner Rückkehr in den Senegal drohen wird. Trotz des Umstandes, dass gleichgeschlechtliche Handlungen im Senegal unter Strafe stehen, ist das Gericht aufgrund des Vorbringens nicht davon überzeugt, dass dem Antragsteller die Gefahr von staatlicher Verfolgung droht. Auch wenn in der Rechtsprechung anerkannt ist, dass die Androhung von Freiheitsstrafe für homosexuelle Handlungen als (staatliche) Bedrohung anzusehen ist, die an die Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG anknüpft (vgl. für die Strafverfolgung Homosexueller in Guinea: OVG NW, B. v. 5.1.2016 – 11 A 324/14.A – juris Rn. 15), führt dies vorliegend nicht dazu, dass beim Antragsteller eine begründete Furcht vor staatlicher Verfolgung im Sinne von § 3a Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 Nr. 2 AsylG vorliegt. Zu der Strafdrohung muss, damit das Vorliegen einer im Asylverfahren zu berücksichtigenden Verfolgung vorliegt, hinzukommen, dass die Strafrechtsnorm staatlicherseits so gehandhabt wird, dass diese Handhabung mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit zu einer tatsächlichen Gefahr („real risk“) für den Betroffenen führt. Der „bloße Umstand, dass homosexuelle Handlungen unter Strafe gestellt sind“, stellt keine solche Verfolgungshandlung dar (OVG NW, B. v. 5.1.2016 – 11 A 324/14.A – juris Rn. 16 ff. unter Verweis auf EuGH, U. v. 7.11.2013 – C-199/12 u. a. – NVwZ 2014, 132 ff.; VG München, B. v. 3.5.2016 – M 15 S 16.30882 – UA S. 10). Aufgrund dessen ist das Gericht nicht davon überzeugt, dass dem Antragsteller bei einer Rückkehr in den Senegal mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit politische Verfolgung droht. Der Antragsteller hat keine staatlichen Verfolgungshandlungen auf der Grundlage der Strafrechtsnormen im Hinblick auf die behauptete Homosexualität vorgetragen. Da der Antragsteller und seine Familie bereits im Jahr 2004/2005 nach Gambia flohen, hatte der Antragsteller keine Berührungspunkte mit senegalesischen staatlichen Behörden.
Aus diesen Gründen ergibt sich beim Antragsteller kein Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
Im Übrigen stellt sich für das Gericht die nunmehr vorgetragene Homosexualität ohnehin als Schutzbehauptung dar, um einen asylrelevanten Tatbestand vorzubringen. Der Antragsteller hat bei seiner Anhörung vor dem Bundesamt am … November 2015 vorgetragen, persönlich nicht homosexuell zu sein. Er sei nur zufällig von der Polizei in Gambia mit Homosexuellen angetroffen worden. Er habe nicht gewusst, dass diese Männer homosexuell gewesen seien. Dies deckt sich auch mit seiner seinen Angaben vom … August 2015 (Bl. 58 BA), wonach ihn 2011 die Regierung der Republik Gambia beschuldigt habe, dass er homosexuell wäre und ihn deshalb verhaften wolle. Das nunmehrige Vorbringen in der Klagebegründung, homosexuell zu sein, weicht von diesem bislang einheitlichen Vortrag erstmals ab. An dem Vorbringen des Antragstellers, er habe während seiner Anhörung einen wichtigen Verfolgungsgrund nicht ausführen können und es sei zu Falschprotokollierungen aufgrund Verständigungsschwierigkeiten gekommen, bestehen erhebliche Zweifel. Zu Beginn der Anhörung wurde ein Antragsteller gefragt und darauf hingewiesen, ob er sich mit dem Dolmetscher ausreichend verständigen kann. Der Antragsteller und der Sprachmittler haben dies bestätigt. Der Antragsteller bestätigte zudem gegen Ende der Anhörung erneut, dass er ausreichend Gelegenheit hatte, die Gründe für seinen Asylantrag zu schildern und es keine Verständigungsschwierigkeiten gegeben habe. Die u. a. vom Antragsteller unterzeichnete Erklärung auf dem bei den Verwaltungsvorgängen der Beklagten befindlichen Kontrollbogen (Bl. 69 BA) („Die Anhörung ist in Mandinko Sprache durchgeführt worden. Es gab keine Verständigungsschwierigkeiten. Über die Anhörung wurde eine Tonaufzeichnung/Niederschrift verfasst und mir/uns rückübersetzt. Das rückübersetzte Protokoll entspricht meinen/unseren haute gemachten Angaben. Meine/Unsere Angaben sind vollständig und entsprechen der Wahrheit“) ist eindeutig. Es handelt sich hierbei um eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 415 Abs. 1 ZPO, die den vollen Beweis des durch die Behörde beurkundeten Vorgangs begründet. Zwar ist gemäß § 415 Abs. 2 ZPO der Beweis, dass der Vorgang unrichtig beurkundet sei, zulässig; einen solchen Beweis hat der Antragsteller aber durch seine vagen Behauptung, der Kontrollbogen sei ihm als „Bestätigung seiner Anwesenheit“ unterbreitet worden, nicht geführt. Im Übrigen wurde bislang mit Ausnahme der Homosexualität nicht vorgetragen, welche Aussagen inkorrekt protokolliert worden seien bzw. welche Verfolgungsgründe neben den bislang vorgetragenen vorliegen würden.
2.2. Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt daher auch insoweit auf die Begründung des Bundesamts Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Allein wegen der harten Lebensbedingungen und allgemein bestehenden ärmlichen Verhältnisse im Senegal vermag sich der Antragsteller weder auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG noch auf § 60 Abs. 5 AufenthG unter Berücksichtigung von Art. 3 EMRK zu berufen. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse kann nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschlich oder erniedrigende Behandlung zu bewerten sein und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) erfüllen (BVerwG, U. v. 31.01.2013 – 10 C 15.12 – NVwZ 2013, S. 1167ff. – juris Rn. 23 – 26 sowie Rn. 38; VGH BW, U. v. 24.07.2013 – A 11 S 697/13 m. w. N.). Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsteller eine Existenzgrundlage bei seiner Rückkehr gänzlich fehlen würde, sind nicht ersichtlich. Die humanitären Bedingungen für Rückkehrer sind grundsätzlich nicht als derart schlecht zu bewerten, dass diese den Schweregrad einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRK aufweisen. Unter Berücksichtigung der derzeit Lebensverhältnisse im Senegal (vgl. dazu den streitgegenständlichen Bescheid, § 77 Abs. 2 AsylG) reicht hierfür der bloße Verweis auf eine schwierige wirtschaftliche Situation im Senegal und der Umstand, dass der Antragsteller auf sich alleine gestellt wäre schon im Ansatz ganz offensichtlich nicht aus. Als junger arbeitsfähiger Mann ist der Antragsteller zudem in der Lage, wie jeder andere dort Lebende in der vergleichbaren Situation, seinen Lebensunterhalt in seinem Heimatland durch eigene Tätigkeit sicherzustellen.
2.3. Was insbesondere § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG anbetrifft, fehlt es an einer erheblichen konkreten Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit. Eine Verletzung von Menschenrechten oder Grundfreiheiten, die sich aus EMRK ergäbe, ist nicht ersichtlich.
Die geltend gemachte Erkrankung des Antragstellers (Magenschmerzen) stellt kein Abschiebungshindernis gemäß § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG dar. Abgesehen davon, dass keine Atteste o.ä. vorgelegt wurden, ist nicht ersichtlich, dass sich die vorhandene Erkrankung (Magenschmerzen) aufgrund zielstaatsbezogener Umstände in einer Weise zu verschlimmern droht, die zu einer erheblichen und konkreten Gefahr für Leib und Leben führt, d. h. eine wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung alsbald nach der Rückkehr des Ausländers zu erwarten ist.
2.4. Vor diesem Hintergrund ist auch die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden. Die gesetzte Ausreisefrist entspricht der Regelung in § 36 Abs. 1 AsylG.
2.5. Schließlich stellt sich das auf § 11 Abs. 7 AufenthG gestützte befristete Einreise- und Aufenthaltsverbot nach der insoweit im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO vorzunehmenden summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage als rechtmäßig dar. Die Ermessenserwägungen der Antragsgegnerin sind im Rahmen der auf den Maßstab des § 114 Satz 1 VwGO beschränkten gerichtlichen Überprüfung nicht zu beanstanden, zumal der Antragsteller gegen das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG keine substantiierten Einwendungen vorgebracht und insbesondere kein fehlerhaftes Ermessen gerügt hat.
3. Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylG abzulehnen.
4. Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylG unanfechtbar.
…