Verwaltungsrecht

Versicherungsschutz, Krankheit, Erkrankung, Leistungen, Versicherungsnehmer, Versicherungsfall, Versicherungsbedingungen, Versicherer, Versicherungsvertrag, Verweisung, Anordnung, Anlage, Leistung, Zeitpunkt, dynamische Verweisung, analoge Anwendung, Zeitpunkt des Vertragsschlusses

Aktenzeichen  25 O 24/20

Datum:
23.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 10230
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Hof
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf … € festgesetzt.

Gründe

I.
Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Leistungen aus der zwischen den Parteien bestehenden Betriebsschließungsversicherung.
1. Die Voraussetzungen eines Versicherungsfalles liegen nicht vor. Eine Betriebsschließung wegen Auftretens der neuartigen Krankheit Covid-19 bzw. des neuartigen Erregers SARS-CoV-2 ist nicht von der in Rede stehenden Betriebsschließungsversicherung umfasst.
a) Der Versicherungsfall ist im Versicherungsvorschlag selbst nur allgemein als „Betriebsschließung aufgrund behördlicher Anordnungen nach dem Infektionsschutzgesetz“ grob umrissen (Anlage K 1). Die nähere Konkretisierung des Vertragsinhalts einschließlich der unter den Versicherungsschutz fallenden Betriebsschließungen erfolgt durch die VB-BSV 09. Dies ist für den Versicherungsnehmer aus dem Versicherungsvorschlag auch zweifelsfrei erkennbar, da unter dem Punkt „Vertragsgrundlagen“ explizit formuliert wird, dass sich die gegenseitigen Rechte und Pflichten der Vertragsparteien unter anderem nach den VB-BSV 09 richten.
b) Der Versicherungsumfang wird in § 1 VB-BSV 09 definiert. Danach fällt eine Betriebsschließung wegen des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 nicht in unter den vertraglichen Versicherungsschutz.
aa) Bei der Auslegung von Versicherungsverträgen und -bedingungen ist vom Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers auszugehen, der ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse die Versicherungsbedingungen aufmerksam liest und dabei die Interessen der Beteiligten und den erkennbaren Sinnzusammenhang berücksichtigt (vgl. Prölss/Martin/Armbrüster, Einleitung Rn. 116; Rixecker, in: Schmidt (Hrsg.): COVID-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise, 2. Aufl. 2020, § 11 Rn. 4).
bb) Unter Zugrundelegung dieses Maßstabes ist § 1 VB-BSV 09 dahingehend auszulegen, dass die neuartige Erkrankung Covid-19 ebenso wenig von den Versicherungsbedingungen erfasst ist wie das neuartige Coronavirus, weil die Aufzählung der Krankheiten und Krankheitserreger in § 1 Nr. 2 VB-BSV 09 abschließend ist.
(1) Nach der mit „Gegenstand der Versicherung“ überschriebenen Klausel § 1 Nr. 1 lit. a) VB-BSV 09 leistet der Versicherer Entschädigung, „wenn die zuständige Behörde aufgrund des Gesetzes zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten bei Menschen (Infektionsschutzgesetz – IfSG) beim Auftreten meldepflichtiger Krankheiten und Krankheitserreger (siehe Nr. 2)“ den Betrieb schließt. Durch den Klammerzusatz „siehe Nr. 2“ wird dabei für den verständigen Versicherungsnehmer nachvollziehbar verdeutlicht, dass § 1 Nr. 1 und Nr. 2 VB-BSV 09 zusammengelesen werden müssen und folglich nur solche Krankheiten und Krankheitserreger eine Einstandspflicht des Versicherers auslösen sollen, die der Regelung des § 1 Nr. 2 VB-BSV 09 unterfallen. Mit anderen Worten versteht der verständige Versicherungsnehmer diese Systematik so, dass es sich bei § 1 Nr. 2 VB-BSV 09 um eine Konkretisierung bzw. nähere inhaltliche Definition von § 1 Nr. 1 VB-BSV 09 und nicht, wie die Klagepartei meint, um eine Einschränkung des Versicherungsumfangs handelt.
(2) Die unter der Überschrift „meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger“ stehende Regelung des § 1 Nr. 2 VB-BSV 09 enthält schon dem Wortlaut nach („Meldepflichtige Krankheiten und Krankheitserreger im Sinne dieser Bedingungen sind“) sowie aufgrund der genannten Inbezugnahme in § 1 Nr. 1 VB-BSV 09 erkennbar eine Definition jener Krankheiten und Erreger, für welche im Falle einer behördlichen Betriebsschließung Versicherungsschutz besteht. Diese Definition erfolgt unter Voranstellung der Formulierung „die folgenden, im Infektionsschutzgesetz in den §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger“ mittels Aufzählung von Krankheiten und Krankheitserregern. Diese beiden Aufzählungen erfassen weder die Krankheit Covid-19 (unter Nr. 2 lit. a)) noch den Krankheitserreger SARS-CoV-2 (unter Nr. 2 lit. b)).
(3) Entscheidend kommt es daher darauf an, ob die Aufzählungen in § 1 Nr. 2 lit. a) und lit. b) VB-BSV 09 als abschließend zu verstehen sind oder aber der Einbeziehung neu aufgetretener Krankheiten und Erreger gegenüber offen sind. Diese Frage ist im erstgenannten Sinne zu entscheiden.
Bereits der Umstand einer namentlichen Aufzählung von Krankheiten und Krankheitserreger in § 1 Nr. 2 VB-BSV 09 legt nahe, dass der Versicherer nur für diese besonderen aufgezählten und vom Versicherer einschätzbaren Risiken einstehen will (tendenziell weitergehend LG Ellwangen, COVuR 2020, 639 Rn. 34 und Schreier, VersR 2020, 513 (515)). Zugleich wird der Versicherungsnehmer durch die Aufzählung der Krankheiten und Erreger in die Lage versetzt, im Falle einer behördlichen Anordnung schnell feststellen zu können, ob ein potentieller Versicherungsfall vorliegt.
Die eigentliche Auslegung der Regelung hat vom Wortlaut auszugehen. Bereits dieser macht durch die Voranstellung der Formulierung „die folgenden“ vor der Aufzählung an Krankheiten und Krankheitserreger deutlich, dass letztere definitorisch-abschließend aufgelistet werden (ebenso Rixecker, in: Schmidt (Hrsg.): COVID-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise, 2. Aufl. 2020, § 11 Rn. 62; Lüttringhaus/Eggen, r+s 2020, 250 (253); a.A. Fortmann, VersR 2020, 1073 (1075)).
Aus Sicht eines verständigen Verbrauchers wäre zu erwarten, dass für den Fall, dass bestimmte Krankheiten enumerativ aufgezählt werden, für die der Versicherungsfall gelten soll, es ausdrücklich klargestellt würde, wenn diese Aufzählung nicht abschließend sein soll, etwa durch Verwendung der Wörter „insbesondere“, „beispielsweise“ oder „etwa“ (ähnlich LG Ellwangen, a.a.O. Rn. 36). Derartige verbalisierte Einschränkungen enthält § 1 Nr. 2 VB-BSV 09 gerade nicht.
Eine solche Klarstellung kann entgegen Stimmen in der Literatur (Rolfes, VersR 2020, 1021 (1023); Korff, COVuR 2020, 246 (248); Reiff, COVuR 2020, 536 (537)) insbesondere nicht in der Verwendung des Wortes „namentlich“ in § 1 Nr. 2 VB-BSV 09 gesehen werden. Der Gebrauch des Wortes „namentlich“ kann nur in dem Kontext der Verwendung interpretiert werden. Aus diesem Kontext erschließt sich, dass „namentlich“ vorliegend gerade nicht als Synonym anstelle von „insbesondere“ o.ä. verwendet wurde: So spricht § 1 Nr. 2 VB-BSV 09 von „die folgenden, in §§ 6 und 7 namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger“. Die Kombination des bestimmten Artikels „die“, die kumulative Verwendung von „namentlich“ und „folgende“ sowie die Bezugnahme auf §§ 6 und 7 IfSG machen hierbei deutlich, dass das Wort „namentlich“ im Sinne von „mit ihrem Namen benannt“ gebraucht wird, also jene Krankheiten gemeint sind, die (auch) in §§ 6 und 7 IfSG mittels ihrer Namensbezeichnung aufgeführt werden (so im Ergebnis auch Rixecker, in: Schmidt (Hrsg.): COVID-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise, 2. Aufl. 2020, § 11 Rn. 63). Umgekehrt wäre, wenn „namentlich“ tatsächlich als Synonym für „insbesondere“ hätte verwendet werden sollen, von der Satzstellung her zu erwarten gewesen, dass das Wort zu Beginn der Satzkonstruktion stehen würde, beispielsweise also formuliert worden wäre: „Namentlich die folgenden Krankheiten“. Dass allein die hier vorgenommene Auslegung des Wortes namentlich überzeugen kann, zeigt sich letztlich ganz einfach, wenn man „namentlich“ im verwendeten Kontext schlicht durch „insbesondere“ ersetzt: Der Satz „die folgenden, in den §§ 6 und 7 [IfSG] insbesondere genannten Krankheiten und Krankheitserreger“ ergibt schlichtweg keinen Sinn.
Ein verständiger Versicherungsnehmer bezieht schließlich auch mit in die Betrachtung ein, dass Versicherer ihren Versicherungsbedingungen eine Risikoanalyse zu Grunde legen und hierbei insbesondere den Umfang der versicherten Risiken in Relation zur Höhe der zu zahlenden Prämie setzen. Einem solchen verständigen Versicherungsnehmer muss es sich geradezu aufdrängen, dass bei einer verhältnismäßig geringen Versicherungsprämie – vorliegend … € netto im Jahr – einerseits und einer Leistungspflicht im Versicherungsfall im fünfstelligen Bereich – vorliegend bis zu … € pro Schließungsfall – andererseits schon wegen der extremen Diskrepanz der Beträge bei gleichzeitig fehlender Kalkulierbarkeit des Risikos im Zeitpunkt des Vertragsschlusses unbekannte Krankheiten nicht vom Versicherungsschutz erfasst sein sollen.
(4) Aus der Inbezugnahme der §§ 6 und 7 IfSG ergibt sich nichts anderes. Der in Teilen der Literatur gezogene Schluss, dass es der Nennung der §§ 6 und 7 IfSG nicht bedurft hätte, wenn die Aufzählung einen abschließenden Katalog darstelle, weshalb die Inbezugnahme der §§ 6, 7 IfSG als dynamische Verweisung verstanden werden müsse (Armbrüster, VersR 2020, 577 (583); Fortmann, VersR 2020, 1073 (1075); Reiff, COVuR 2020, 536 (538); im Ergebnis ebenso Rolfes, VersR 2020, 1021 (1023) und Korff, COVuR 2020, 4246 (2048)), ist nicht zwingend, lässt er doch die bereits vom Wortlaut der Klausel her naheliegende Möglichkeit, dass lediglich für beide Vertragsparteien aus Gründen der Klarstellung und Transparenz wiederholend die bereits in §§ 6, 7 IfSG namentlich benannten Krankheiten aufgezählt werden, völlig außer Betracht. Eine solche Interpretation wiederholende Erwähnung fügt sich in den Gesamtkontext der Norm (kumulative Verwendung mit der definitorischen Einschränkung „folgende“, Syntax der Regelung; vgl. bereits unter (3)), während eine dynamische Verweisung im Gegensatz zur vorangehenden Formulierung „die folgenden“ stünde.
Gegen eine dynamische Verweisung auf §§ 6, 7 IfSG spricht ferner, dass die an die fragliche Formulierung anschließende Aufzählung gerade nicht die gesamte, zum Zeitpunkt der Verfassung der VB-BSV 09 (Stand 01.01.2009) im Jahr 2009 geltende Regelung der §§ 6 und 7 IfSG a.F. in Bezug nimmt, sondern nur die dort seinerzeit explizit in § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1-4 IfSG a.F. aufgeführten Krankheiten weitestgehend wiederholend aufzählt, während der Auffangtatbestand des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 IfSG („Auftreten a) einer bedrohlichen Krankheit oder b) von zwei oder mehr gleichartigen Erkrankungen, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird“) in § 1 Nr. 2 VB-BSV 09 gerade keinen Widerhall findet (ebenso LG Ellwangen, a.a.O. Rn. 35). Anders gesagt findet gerade der dynamischen Entwicklungen Rechnung tragende Teil des § 6 IfSG (vgl. hierzu BeckOK-Infektionsschutzrecht/Thiery, 1. Ed. Stand 01.07.2020, § 6 IfSG Rn. 17; Kießling/Müllmann, IfSG, 1. Aufl. 2020, § 6 Rn. 15) in § 1 Nr. 2 VB-BSV 09 keine Entsprechung. Hieraus ist zu folgern, dass die Verweisung gerade keinen dynamischen Charakter haben soll, jedenfalls keinen solchen, der auf die jeweils geltenden Normen in ihrer Gesamtheit Bezug nimmt. Auch der Umstand, dass die Aufzählung in § 1 Nr. 2 lit. a) VB-BSV 09 jedenfalls insofern eigenständigen definitorischen Charakter hat, als sie – wenn auch geringfügig – hinter § 6 Abs. 1 IfSG a.F. zurückbleibt, indem sie die seinerzeit in § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. d) aufgeführte humane spongiforme Enzephalopathie nicht nennt, spricht gegen das Vorliegen einer dynamischen Verweisung auf §§ 6 und 7 IfSG in der jeweils gültigen Fassung. Wenn eine dynamische Verweisung gewollt gewesen wäre, hätte es schließlich nahegelegen, gänzlich auf eine Aufzählung zu verzichten und allgemein auf die Regelungen der §§ 6 und 7 IfSG zu verweisen (so etwa in dem der Entscheidung LG Mannheim, BeckRS 2020, 7522 zugrunde liegenden Fall („sind die in den §§ 6 und 7 IfSG namentlich genannten Krankheiten und Krankheitserreger“)).
(5) Selbst wenn man eine dynamische Verweisung des § 1 Nr. 2 VB-BSV 09 auf §§ 6, 7 IfSG in der jeweils gültigen Fassung unterstellt, könnte der Kläger hierauf seine Ansprüche nicht stützen. Die Coronavirus-Krankheit 2019 (Covid-19) und der Erreger SARS-CoV-2 waren im gesamten verfahrensgegenständlichen Zeitraum nicht explizit im IfSG erwähnt und wurden erst zum 23.05.2020 unter lit. t) in § 6 Abs. 1 Nr. 1 IfSG bzw. unter Nr. 44a in § 7 Abs. 1 Satz 1 IfSG aufgenommen. Dass Covid-19 unter § 6 Abs. 1 Nr. 5 IfSG i.d.F. vom 01.03.-22.05.2020 („einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, die nicht bereits nach den Nummern 1 bis 4 meldepflichtig ist“) subsumiert werden konnte (siehe dazu BeckOK-Infektionsschutzrecht/Thiery, 1. Ed. Stand 01.07.2020, § 6 IfSG Rn. 18-20; Rolfes, VersR 2020, 1021 (1022)), führt zu keinem anderen Ergebnis. Aufgrund der nachvollziehbaren Aussparung einer dynamischen Entwicklungen Rechnung tragenden Auffangklausel (siehe dazu bereits (4)) und dem Kriterium der definitorischen Einschränkung auf die „folgenden, namentlich“ genannten Krankheiten in § 1 Nr. 2 VB-BSV 09 könnte sich eine dynamische Verweisung hinsichtlich ihrer Reichweite allenfalls auf die jeweils in der jeweils aktuellen Fassung der §§ 6, 7 IfSG namentlich bezeichneten Krankheiten und Erreger beziehen.
(6) Insgesamt ergibt sich für einen verständigen Versicherungsnehmer aus dem Gesamtbild der Regelung des § 1 VB-BSV 09 im relevanten Zeitpunkt des Vertragsschlusses ohne hinreichenden Zweifel, dass der Versicherer nicht für im Zeitpunkt des Vertragsschlusses noch unbekannte Infektionskrankheiten einstandspflichtig sein wollte, sondern eben nur hinsichtlich jener Krankheiten und Erreger, die bereits bekannt waren und explizit im Rahmen der Aufzählung aufgeführt wurden. Gerade im Zeitpunkt des Vertragsschlusses liegt auch der grundlegende, wesentliche Unterschied zur Entscheidung LG München I vom 01.10.2020, COVuR 2020, 640, auf welche die Klägerseite in ihrem Schriftsatz vom 09.04.2021 offenbar Bezug nimmt. Im dortigen Fall wurde ausweislich des Versicherungsbeginns am 01.03.2020 (siehe a.a.O. Rn. 4) der Versicherungsvertrag bereits in Kenntnis der neuartigen Krankheit bzw. des neuartigen Coronavirus geschlossen.
c) Da § 1 Nr. 2 VB-BSV 09 als Teil der Definition und gerade nicht als Einschränkung des Leistungsumfangs zu verstehen ist (siehe b) bb) (1)), stellt sich die Frage einer überraschenden oder den Versicherten unangemessen benachteiligenden Klausel überhaupt nicht. Der klägerische Verweis auf §§ 305 c Abs. 2, 307 Abs. 1 BGB geht mithin fehl (für eine Vereinbarkeit der Klausel mit beiden Normen indessen Lüttringhaus/Eggen, r+s 2020, 250 (253)).
d) Eine analoge Anwendung des § 1 VB-BSV 09 wegen der Neuartigkeit des Coronavirus bzw. der von ihm ausgelösten Krankheit Covid-19 auf den Versicherungsvertrag scheidet von vornherein aus. Versicherungsbedingungen sind einer Analogie grundsätzlich nicht zugänglich (BGH, NJW 2006, 1876 Rn. 8; Rixecker, in: Schmidt (Hrsg.): COVID-19, Rechtsfragen zur Corona-Krise, 2. Aufl. 2020, § 11 Rn. 1.7; vgl. auch BGH, NJW 1992, 753). Auch unvorhergesehene pandemische Ausbrüche zuvor unbekannter Krankheitserreger und damit die Coronavirus-Pandemie als Großschadensereignis ändern daran nichts (ebenso Rixecker, a.a.O. Rn. 18 u. 62; Rolfes, VersR 2020, 1021 (1022)). Ließe man eine Analogie zu, würde das Risiko des Versicherers trotz Verwendung eines abschließenden Katalogs (siehe b) bb)) für diesen im Ergebnis unkalkulierbar (Rixecker, a.a.O. Rn. 62).
2. Da jedenfalls kein versicherter Fall einer Betriebsschließung vorliegt, kann dahinstehen, ob die Allgemeinverfügungen vom 16./17.03.2020 wirksam waren, ob der Betrieb der Klägerin vollständig oder nur teilweise geschlossen war und ob vorliegend eine Summen- oder eine Schadensversicherung abgeschlossen wurde.
3. In Ermangelung eines Hauptsacheanspruchs besteht auch kein Anspruch auf Zinsen oder Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.
4. Die Schriftsätze der Prozessbevollmächtigten der Beklagten vom 07.04.2021 sowie der Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 09.04.2021 gaben keine Veranlassung, wieder in die mündliche Verhandlung einzutreten (§ 156 ZPO).
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 11, 711 ZPO.
III.
Der Streitwert war in der Höhe des geltend gemachten Leistungsanspruchs festzusetzen, §§ 48 Abs. 1 GKG, 3 ZPO.


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