Verwaltungsrecht

Vertretungszwang der Behörden vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof

Aktenzeichen  12 ZB 20.978

Datum:
26.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2020, 746
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 60, § 67 Abs. 4

 

Leitsatz

1. Eine Behörde oder juristische Person des öffentlichen Rechts wird nicht gem. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO ordnungsgemäß vertreten, wenn ein vertretungsgebundener Schriftsatz zwar von einem Beamten mit Befähigung zum Richteramt gefertigt, aber von einem diese Voraussetzungen nicht erfüllenden Behördenleiter unterzeichnet ist (wie BVerwG, B.v. 1.10.1998 – 8 B 167/98 -, BayVBl. 1999, 219). (Rn. 11)
2. Der Mangel fehlender Postulationsfähigkeit kann auch im Wege einer rückwirkenden Genehmigung der fristgebundenen Prozesshandlungen durch einen postulationsfähigen Vertreter nicht mehr geheilt werden (wie BVerwG, B.v. 30.8.2001 – 9 VR 6/01 -, NVwZ 2002, 82; BFH, B.v. 23.11.1978 – I R 56/76 -, NJW 1979, 832). Prozesshandlungen, die von einer nicht postulationsfähigen Person vorgenommen werden, sind unwirksam; sie können auch keine Fristen wahren. (Rn. 12)
3. Eine juristische Staatsbeamtin an einem bayerischen Landratsamt hat zu wissen, welche Schriftstücke sie ihrem nicht über die Befähigung zum Richteramt verfügenden Landrat zur Unterschrift vorlegen darf und welche nicht, um in einem Rechtsstreit vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Wirksamkeit zu entfalten. Weder Rechtsirrtum noch Rechtsunkenntnis sind geeignet, eine Fristversäumnis zu entschuldigen. (Rn. 15)

Verfahrensgang

M 17 K 17.5282 2019-11-28 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird abgelehnt.
II. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird verworfen.
III. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
IV. Der Streitwert für das Berufungszulassungsverfahren wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Mit von Landrat E … S … – von Berufs wegen Diplom-Agraringenieur (Univ.) und Landwirt – persönlich unterzeichnetem Antrag auf Zulassung der Berufung wendet sich der Kläger gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. November 2019, mit dem seine Klage gegen den rechtsaufsichtlichen Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 10. Oktober 2017, betreffend die Beanstandung von TOP 3 des Kreistagsbeschlusses vom 14. Dezember 2015 (Ablehnung einer Änderung der Satzung über die Vermeidung, Verwertung und sonstige Bewirtschaftung von Abfällen im Landkreis Altötting) und die Verpflichtung zur flächendeckenden Einführung einer Getrenntsammlung von Bioabfällen nebst entsprechender Änderung der Abfallwirtschaftssatzung als unbegründet abgewiesen wurde.
1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. November 2019 ging dem Kläger am 26. März 2020 gegen Empfangsbekenntnis zu. Auf die Verpflichtung zur Vertretung durch geeignete Prozessbevollmächtigte (§ 67 Abs. 4 VwGO) wurde in der dem Urteil des Verwaltungsgerichts beigefügten Rechtsmittelbelehrungausdrücklich hingewiesen.
2. Der von Landrat E … S … persönlich unterzeichnete, von der zuständigen juristischen Staatsbeamtin des Landratsamtes im Entwurf gefertigte Antrag auf Zulassung der Berufung ging am 23. April 2020 per Telefax beim Verwaltungsgericht München ein. Die Weiterleitung im Geschäftsgang an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof erfolgte mit Schreiben vom 27. April 2020. Dieses ging am 30. April 2020 beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München ein. Die Weiterleitung an die Außenstelle des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs in Ansbach – dem Sitz des zuständigen 12. Senats – erfolgte mit Verfügung vom selben Tage. Der Antrag und die beigefügten Verfahrensakten gingen am 6. Mai 2020 bei der Außenstelle des Verwaltungsgerichtshofs in Ansbach ein. Die Erstzustellungsverfügung des Senatsvorsitzenden datiert vom gleichen Tage. Über den Eingang und das zugeteilte Aktenzeichen wurde der Kläger mit Schreiben vom 7. Mai 2020 unterrichtet.
3. Mit Schriftsatz vom 26. Mai 2020, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München per Telefax eingegangen am selben Tage, wurde der Antrag auf Zulassung der Berufung begründet. Die Begründung ist ebenfalls von Landrat E* … S* … persönlich unterzeichnet. Der Begründungsentwurf wurde von der zuständigen juristischen Staatsbeamtin des Landratsamtes gefertigt.
4. Die Ausführungen in der am 26. Mai 2020 eingegangenen Antragsbegründung gaben dem Senatsvorsitzenden Anlass zu einem Abgleich mit den Behördenakten. Dabei rückte auch der Landrat selbst ins Blickfeld. Ein in den Behördenakten enthaltener Bericht der Süddeutschen Zeitung vom 21. Dezember 2015 „Aufstand der Müllrebellen“ zitiert den Landrat mit der Aussage, die Biotonne werde im Landkreis Altötting „nur über seine Leiche eingeführt“. Diese, dem Landrat zugeschriebene Äußerung weckte die Neugier des Vorsitzenden nach dessen Person und Vita. Schließlich sieht § 11 Abs. 1 des Kreislaufwirtschaftsgesetzes eine Getrenntsammlungspflicht für Bioabfälle spätestens ab dem 1. Januar 2015 verpflichtend vor (vgl. hierzu erschöpfend das Schreiben des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit v. 19.1.2015 – WR II 2/ WR II 4). Eine Abfrage bei der Parlamentsdatenbank beim Haus der Bayerischen Geschichte ergab, dass Landrat E* … S* … als Diplom-Agraringenieur (Univ.) und Landwirt offensichtlich nicht über die für eine Vertretung vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof erforderliche Befähigung zum Richteramt verfügt.
5. Mit Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 2. Juni 2020 wurde Landrat E* … S* … über den Mangel seiner Postulationsfähigkeit und die daraus resultierenden rechtlichen Konsequenzen in Kenntnis gesetzt. Gleichzeitig wurde angeregt, das eingelegte Rechtsmittel zurückzunehmen.
6. Mit Schriftsatz vom 15. Juni 2020, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof per Telefax eingegangen am selben Tage, beantragt der Kläger, diesmal vertreten durch die juristische Staatsbeamtin des Landratsamtes, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger sei ohne Verschulden verhindert gewesen, nicht nur die Frist zur Beantragung der Zulassung der Berufung, sondern auch zur Begründung des Antrags einzuhalten. Unter Beachtung des Grundsatzes eines fairen Verfahrens und der damit einhergehenden prozessualen Fürsorgepflicht habe das Gericht unmittelbar nach Eingang des durch Landrat S* … unterzeichneten Antrags einen entsprechenden Hinweis auf die fehlende Postulationsfähigkeit und damit auf die Unwirksamkeit der Prozesshandlung erteilen müssen. Das Gericht habe ohne Weiteres bereits im Zeitpunkt der Einreichung des Antrags auf Zulassung der Berufung durch einen bloßen Blick auf die Unterschrift feststellen müssen, dass dieser offensichtlich nicht durch eine vertretungsberechtigte Person unterzeichnet worden sei. Wäre von Seiten des Gerichts unmittelbar nach Eingang des Antrags auf Zulassung der Berufung ein entsprechender Hinweis auf die Unwirksamkeit des Antrags erfolgt, so hätte die Prozesshandlung ohne Weiteres nachgeholt werden können, da im Zeitpunkt des Eingangs des Antrags auf Zulassung der Berufung die Einlegungsfrist noch nicht abgelaufen gewesen sei. Demzufolge sei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichts- und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
II.
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist bereits unzulässig und deshalb zu verwerfen.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten eines Verwaltungsstreitverfahrens durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen (§ 67 Abs. 4 Satz 1 VwGO). Hierauf wurde in der der angefochtenen Entscheidung beigefügten Rechtsmittelbelehrungausdrücklich hingewiesen. Das Vertretungserfordernis gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren eingeleitet wird (§ 67 Abs. 4 Satz 2 VwGO). Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen (§ 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO). Wird von dieser Berechtigung Gebrauch gemacht, so dürfen Schriftsätze nur von Bediensteten eingereicht und unterzeichnet werden, die die Befähigung zum Richteramt besitzen (vgl. BVerwG, B.v. 26.3.1993 – 4 NB 45/92 -, BayVBl. 1993, 601 [602]). Ist der Unterzeichner aufgrund des Fehlens der Befähigung zum Richteramt nicht vertretungsberechtigt, so ist das eingelegte Rechtsmittel infolge des Fehlens der Vertretungsbefugnis unzulässig (vgl. BVerwG, B.v. 6.4. 2005 – 7 B 1/05 -, NVwZ 2005, 827 [828]).
Eine Behörde oder juristische Person des öffentlichen Rechts – hier der Landkreis Altötting – wird infolge dessen nicht gem. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO ordnungsgemäß vertreten, wenn ein vertretungsgebundener Schriftsatz (vorliegend: Antragstellung und Begründung) zwar von einem Beamten mit Befähigung zum Richteramt – der zuständigen juristischen Staatsbeamtin des Landratsamtes – gefertigt, aber von einem diese Voraussetzungen nicht erfüllenden Behördenleiter (Landrat E* … S* …*) unterzeichnet ist (so ausdrücklich BVerwG, B.v. 1.10.1998 – 8 B 167/98 -BayVBl. 1999, 219). Der Mangel fehlender Postulationsfähigkeit kann auch im Wege einer rückwirkenden Genehmigung der fristgebundenen Prozesshandlungen durch einen postulationsfähigen Vertreter nicht mehr geheilt werden (vgl. BVerwG, B.v. 30.8.2001 – 9 VR 6/01 -, NVwZ 2002, 82; BFH, B.v. 23.11.1978 – I R 56/76 -, NJW 1979, 832).
Weder der Antrag auf Zulassung der Berufung vom 21. April 2020 noch die Berufungsbegründung vom 26. Mai 2020 hätten deshalb von Landrat E* … S* … unterzeichnet werden dürfen, um Wirksamkeit i.S.d. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO zu entfalten. Herr Landrat S* … verfügt als Diplom-Agraringenieur (Univ.) und Landwirt offensichtlich nicht über die Befähigung zum Richteramt und damit die erforderliche Postulationsfähigkeit gem. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO. Prozesshandlungen, die von einer nicht postulationsfähigen Person vorgenommen werden, sind unwirksam; sie können auch keine Fristen wahren (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 67 Rn. 41). Aufgrund des bereits eingetretenen Ablaufs sowohl der Antragsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO (am 27.4.2020) als auch der Begründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (am 26.5.2020) kommt eine Heilung des Mangels nicht mehr in Frage.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist deshalb als unzulässig zu verwerfen.
2. Eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 60 VwGO) kommt nicht in Betracht.
a) Der Kläger war nicht ohne Verschulden verhindert, die gesetzlichen Fristen für den Antrag auf Zulassung der Berufung (§ 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO) und die Begründung des Zulassungsantrags (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) einzuhalten. Eine juristische Staatsbeamtin an einem bayerischen Landratsamt hat zu wissen, welche Schriftstücke sie ihrem nicht über die Befähigung zum Richteramt verfügenden Landrat zur Unterschrift vorlegen darf und welche nicht, um in einem Rechtsstreit vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Wirksamkeit zu entfalten. Das Versagen der Entwurfsverfasserin beruht vorliegend auch mindestens auf Fahrlässigkeit; denn sie hat diejenige Sorgfalt außer Acht gelassen, die für einen gewissenhaften und seine Rechte und Pflichten sachgemäß wahrnehmenden Prozessführenden geboten und nach den gesamten Umständen des Falles zumutbar ist (vgl. BVerwG, U.v. 27.2.1976 – IV C 74/74 -, BVerwGE 50, 248 [254]).
Gleiches gilt im Übrigen auch für den Landrat selbst. Nach einer Amtszeit von mehr als zwanzig Jahren muss auch ein bayerischer Landrat ohne Befähigung zum Richteramt die Grenzen seiner Befugnisse kennen oder sich zumindest entsprechend unterrichten. Bereits ein einfacher Blick in die Rechtsmittelbelehrungder angefochtenen Entscheidung hätte genügt. Ungeachtet dessen gilt: Weder Rechtsirrtum noch Rechtsunkenntnis sind geeignet, eine Fristversäumnis zu entschuldigen (vgl. Kopp/ Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 60 Rn. 12; Czybulka/Kluckert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 60 Rn. 83). Die sich in diesem Zusammenhang generell aufdrängende Frage, ob nicht bereits die Wahrnehmung des in jeder Hinsicht herausgehobenen Amtes eines Landrats an einem bayerischen Landratsamt ohne jede juristische Fachkenntnis den Vorwurf der Übernahmefahrlässigkeit begründet, auch wenn das Landesrecht insoweit keinerlei Qualifikationsanforderungen stellt (vgl. hierzu BayVerfGH, E.v. 22.7.1959 – Vf. 77-VII-58 -, BayVGH n.F. 12 II 91 [106 ff.]), bedarf deshalb vorliegend keiner weiteren Erörterung.
b) Das Verhalten seines Personals muss sich der Landkreis Altötting zurechnen lassen. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters (Landrat) steht dem Verschulden der Partei gleich (§ 173 VwGO i.V.m. § 51 Abs. 2 ZPO). Auf ein fehlendes Verschulden des Klägers selbst kommt es deshalb nicht an (vgl. BVerwG, B.v. 13.8.1990 – 7 B 106.90 -, Buchholz 310 § 60 Nr. 171). Für das Verschulden der juristischen Staatsbeamtin des Landratsamtes gilt nichts anderes (§ 173 VwGO i.V.m. § 85 Abs. 2 ZPO). Das sog. Behördenprivileg (§ 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO) führt nicht dazu, dass die Anforderungen, die an die Sorgfaltspflicht der mit der Vertretung generell beauftragten Bediensteten zu stellen sind, geringer wären als bei einem bevollmächtigten Rechtsanwalt. Die Regelung bezweckt keine Besserstellung der Behörde gegenüber einer anwaltlich vertretenen Person. Verschulden eines anwaltlichen Bevollmächtigten ist der Partei stets gem. § 85 Abs. 2 ZPO (i.V.m. § 173 VwGO) wie eigenes Verschulden zuzurechnen. Für Behörden, die vom Behördenprivileg Gebrauch machen wollen, gilt nichts anderes (vgl. BVerwG, GB. v. 10.6.1997 – 11 A 10.97 -, Buchholz 310 § 67 Nr. 89).
c) Demgegenüber kann der Vortrag der juristischen Staatsbeamtin nicht verfangen. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ging beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof in München erst am 30. April 2020 und damit deutlich nach Ablauf der Antragsfrist am 27. April 2020 ein. Das Verwaltungsgericht München, dem der Antrag ab dem 23. April 2020 vorlag, ist zu einer Überprüfung weder berechtigt noch verpflichtet. Über den Antrag auf Zulassung der Berufung entscheidet allein der Verwaltungsgerichtshof durch Beschluss (§ 124a Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dem Vorsitzenden des 12. Senats in der Außenstelle Ansbach lag der Antragsschriftsatz des Klägers nebst Akten erst am 6. Mai 2020 vor. Zu diesem Zeitpunkt war die Frist für die Beantragung der Zulassung der Berufung (Ablauf: 27.4.2020) bereits verstrichen. Für die Wahrnehmung einer prozessualen Fürsorgepflicht war daher – schon allein aufgrund der zeitlichen Abläufe – keinerlei Raum. Ein mitwirkendes Verschulden des Gerichts (vgl. hierzu Czybulka/Kluckert, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 60 Rn. 77; Kopp/Schenke, VwGO, 25. Aufl. 2019, § 60 Rn. 9) liegt deshalb von vornherein fern. Ungeachtet dessen wäre eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand selbst dann zu versagen, denn an der Kausalität des schuldhaften Verhaltens des Klägers und seines Personals änderte sich dadurch nichts (vgl. BVerwG, U.v. 25.11.1977 – 5 C 12.77 -, BVerwGE 55, 61 [66]).
Im Übrigen konnte – ohne entsprechende Nachforschungen – weder das Verwaltungsgericht München noch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof Kenntnis von der fehlenden Befähigung des Landrats E* … S* … zum Richteramt besitzen. Die Kenntniserlangung durch den Senatsvorsitzenden erfolgte rein zufällig im Zusammenhang mit dem Eingang der Antragsbegründung, dem Auffinden des Zeitungsartikels in den Behördenakten und dem dadurch geweckten Interesse. Eine Verpflichtung zur anlasslosen Prüfung besteht nicht (vgl. BVerwG, B.v. 26.3.1993 – 4 NB 45/92 -, BayVBl. 1993, 601 [602]), lediglich bei entsprechenden Zweifeln ist – wie vorliegend unter dem 2. Juni 2020 auch geschehen – nachzufragen.
Im Besitz der entsprechenden Kenntnis von Anfang an befand sich allein die juristische Staatsbeamtin am Landratsamt Altötting. Ausschließlich ihr oblag es, Herrn Landrat E* … S* … vor seiner Unterschriftsleistung und den Landkreis Altötting vor dem Verlust seines Rechtsmittels zu schützen.
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in der vorigen Stand (§ 60 VwGO) ist deshalb abzulehnen. Der Kläger steht insoweit nicht besser und nicht schlechter als jeder andere gemeine Bürger auch, der den Vertretungszwang des § 67 Abs. 4 VwGO missachtet. Dem Senat ist insoweit jede materielle Prüfung verwehrt (vgl. BVerwG, U.v. 8.2.2017 – 8 C 2/16 -, BVerwGE 157, 292 Rn. 19; U.v. 14.12.2018 – 6 B 133/18 -, NVwZ 2019, 649 Rn. 21 jeweils m.w.N.).
Damit ist das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 28. November 2019 rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO) und die Anordnungen im Bescheid der Regierung von Oberbayern vom 10. Oktober 2017 sind ohne weitere Sachprüfung bestandskräftig und verpflichtend.
3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus §§ 47, 52 Abs. 1 GKG.
4. Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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