Verwaltungsrecht

Vorläufige Zulassung zum Studium der Psychologie

Aktenzeichen  7 CE 16.10268

Datum:
18.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 146 Abs. 4 S. 6, § 154 Abs. 2
LUFV LUFV § 3 Abs. 8, § 4 Abs. 1 Nr. 6, Nr. 7, § 7 Abs. 10
HZV § 46 Abs. 2, § 48, § 49, § 59

 

Leitsatz

Bei der Festsetzung der Anteilquoten, die unmittelbare Auswirkungen auf die jeweiligen Zulassungszahlen in den Studiengängen hat, besteht ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum.  (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 3 E Y 15.10491 2016-04-07 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II.
Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III.
Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Zulassung zum zulassungsbeschränkten Studium der Psychologie (Bachelor, Hauptfach) im ersten Fachsemester an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU) nach Maßgabe der Rechtsverhältnisse des Wintersemesters 2015/2016 außerhalb der von der LMU durch Zulassungszahlsatzung 2015/16 für Studienanfänger festgesetzten Zulassungszahl.
Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat den Antrag mit Beschluss vom 7. April 2016 abgelehnt. Freie Studienplätze seien nicht mehr vorhanden. Alle durch die Zulassungszahlsatzung für das Wintersemester 2015/2016 festgesetzten Studienplätze für Studienanfänger seien vergeben. Die der Festsetzung der Zulassungszahl (119 Studienanfänger) zugrunde liegende Kapazitätsberechnung der LMU sei nicht zu beanstanden und die Ausbildungskapazität der LMU damit ausgeschöpft.
Mit der Beschwerde verfolgt die Antragstellerin ihr Rechtsschutzziel weiter. Sie macht geltend, die Kapazitätsberechnung der LMU sei zu beanstanden. Das Lehrangebot sei in Bezug auf 11 „ARaL“ – Stellen mit einem Gesamtdeputat von 102 Lehrveranstaltungsstunden nicht plausibel, da nicht nachvollzogen werden können, ob es sich hierbei um wissenschaftliche Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Beamtenverhältnis (§ 4 Abs. 1 Nr. 6 Lehrverpflichtungsverordnung – LUFV) oder um Lehrkräfte für besondere Aufgaben (§ 4 Abs. 1 Nr. 7 LUFV) handele. Außerdem sei eine in der Kapazitätsberechnung angegebene Deputatsminderung im Umfang von 3,5 Lehrveranstaltungsstunden nicht nachvollziehbar. Bestritten werde auch der Ansatz des – die Ausbildungskapazität der Lehreinheit Psychologie schmälernden – Dienstleistungsexports für einzelne der Lehreinheit nicht zugeordnete Studiengänge (Masterstudiengänge „Learning Sciences“ und „Neuro-cognitive Psychology“ sowie Lehramtsstudiengang Psychologie), bei denen zweifelhaft sei, weshalb diese Studiengänge der Lehreinheit Psychologie nicht zugeordnet seien und ob die LMU die erforderliche Abwägung aller vom Dienstleistungsexport betroffenen schutzwürdigen Interessen vorgenommen habe. Ferner sei der Curricularwert des streitgegenständlichen Studiengangs „zu ungünstig“ und einzelne Curricularanteile (namentlich in Bezug auf den Betreuungsaufwand für die Bachelorarbeit, einzelne betreuungsintensive Lehrveranstaltungen und die angenommene Gruppengröße für Vorlesungen) zweifelhaft. Außerdem bestehe Aufklärungsbedarf bezüglich der Festsetzung der Anteilquote des streitgegenständlichen Studiengangs und des – der Lehreinheit zugeordneten – Studiengangs Psychopathologie (Bachelor, Nebenfach). Ferner sei in Bezug auf die – der Lehreinheit ebenfalls zugeordneten – Masterstudiengänge der Ansatz des Betreuungsaufwands für die Masterarbeit mit dem Bruchteil 0,60 in Zweifel zu ziehen. Schließlich sei auch zu klären, ob die LMU die in der Kapazitätsberechnung angegebenen Lehrveranstaltungen tatsächlich durchführe. Wegen der Einzelheiten wird auf den Schriftsatz des Bevollmächtigten der Antragstellerin vom 2. Juni 2016 Bezug genommen.
Der Antragsgegner widersetzt sich der Beschwerde.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten Bezug genommen.
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das Beschwerdevorbringen, auf das sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), begründet den geltend gemachten Anordnungsanspruch der Antragstellerin nicht. Das Verwaltungsgericht geht zu Recht davon aus, dass die LMU ihre Ausbildungskapazität im streitgegenständlichen Studiengang der Psychologie (Bachelor, Hauptfach) ausgeschöpft hat. Der Senat folgt den Gründen des streitgegenständlichen Beschlusses des Verwaltungsgerichts und nimmt hierauf Bezug (§ 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO). Ergänzend ist im Hinblick auf das Beschwerdevorbringen zu bemerken:
Die Einwände der Antragstellerin gegen die Kapazitätsberechnung der LMU greifen nicht durch.
a) Der Kapazitätsberechnung lassen sich die unter der Überschrift „ARaL“ zusammengefassten 11 Stellen mit ihrem jeweiligen Lehrdeputat im Einzelnen entnehmen. Danach handelt es sich sowohl um Stellen wissenschaftlicher Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Beamtenverhältnis (§ 4 Abs. 1 Nr. 6 der Verordnung über die Lehrverpflichtung des wissenschaftlichen und künstlerischen Personals an Universitäten, Kunsthochschulen und Fachhochschulen [Lehrverpflichtungsverordnung – LUFV] vom 14.2.2007 [GVBl S. 201; BayRS 2030-2-21-K], zuletzt geändert durch Verordnung vom 22.7.2014 [GVBl S. 286]) als auch um Stellen von Lehrkräften für besondere Aufgaben (§ 4 Abs. 1 Nr. 7 LUFV). Die wissenschaftlichen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Beamtenverhältnis haben, soweit ihnen Lehraufgaben übertragen werden, nach Maßgabe des § 4 Abs. 1 Nr. 6 LUFV eine Lehrverpflichtung von höchstens zehn Lehrveranstaltungsstunden (LVS), während Lehrkräften für besondere Aufgaben eine Lehrverpflichtung in Höhe von mindestens 13 (bis höchstens 18) LVS obliegt (§ 4 Abs. 1 Nr. 7 LUFV). Die Angaben in der Kapazitätsberechnung entsprechend diesen normativen Vorgaben, wobei die LMU sämtliche Stellen – unabhängig davon, ob diese tatsächlich besetzt sind oder nicht – gemäß dem abstrakten Stellenprinzip in die Berechnung des personellen Lehrangebots einbezieht. Weiterer Aufklärungsbedarf besteht insoweit nicht. Dies gilt auch im Hinblick auf die – seit Jahren bestehende und vom Verwaltungsgericht bereits überprüfte – Minderung der Lehrverpflichtung einer schwerbehinderten Person, die nach Maßgabe des § 7 Abs. 10 Satz 1 Nr. 3 LUFV eine Ermäßigung der Lehrverpflichtung bis zu 25 v. H. rechtfertigt. Diese Minderung der Lehrverpflichtung in Höhe von 3,5 LVS ist in der Kapazitätsberechnung zu Recht berücksichtigt worden (§ 46 Abs. 2 Satz 1 der Verordnung über die Hochschulzulassung an den staatlichen Hochschulen in Bayern [Hochschulzulassungsverordnung – HZV] vom 18.6.2007 [GVBl S. 401; BayRS 2210-8-2-1-1-K], zuletzt geändert durch Verordnung vom 31.3.2015 [GVBl S. 74]).
b) Entscheidungserhebliche Zweifel an der richtigen Berechnung des in der Kapazitätsberechnung ebenfalls berücksichtigten Dienstleistungsexports (§ 48 HZV) der Lehreinheit Psychologie für andere – der Lehreinheit Psychologie nicht zugeordnete – Studiengänge bestehen nicht. Dabei ist die Entscheidung der LMU, einzelne Studiengänge wegen ihres interdisziplinären Lehrangebots nicht der Lehreinheit Psychologie, sondern anderen Lehreinheiten zuzuordnen, ebenso wenig gerichtlich zu beanstanden wie deren Entscheidung, neue Studiengänge zu konzipieren, die eine wissenschaftsnahe und forschungsorientierte Weiterqualifizierung der Studierenden ermöglichen. Der Dienstleistungsexport für die von der Antragstellerin maßgeblich in Bezug genommenen Masterstudiengänge hat sich im Übrigen gegenüber dem Vorjahr deutlich reduziert und ist aktuell – wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt – wegen der kapazitätsrechtlich zu berücksichtigenden Überbuchung der festgesetzten Zulassungszahl (119) im streitgegenständlichen Studiengang im Wintersemester 2015/2016 (tatsächlich sind bereits 132 Studierende im ersten Fachsemester immatrikuliert) und der damit einhergehenden deutlichen Erschöpfung der Ausbildungskapazität der LMU nicht näher aufklärungsbedürftig.
c) Entgegen der Ansicht der Antragstellerin ist weder der Curricularwert des streitgegenständlichen Studiengangs „zu ungünstig“ noch sind einzelne Curricularanteile zweifelhaft geblieben.
Wie das Verwaltungsgericht zutreffend ausführt, entspricht nicht nur der Curricularwert des streitgegenständlichen Studiengangs den normativen Vorgaben des § 59 HZV, sondern sind auch die einzelnen Curricularanteile nachvollziehbar dargestellt und sachlich begründet. Dies gilt für den Curricularanteil in Bezug auf den Betreuungsaufwand für die Bachelorarbeit, der im Hinblick auf die hierfür gegebene Begründung der LMU in Übereinstimmung mit § 3 Abs. 8 Satz 2 Nr. 1 Buchst. g LUFV steht ebenso wie für die Curricularanteile einzelner betreuungsintensiver Lehrveranstaltungen, für welche die LMU ebenfalls eine detaillierte Begründung gegeben hat. Die in der Kapazitätsberechnung für Vorlesungen generell angenommene Gruppengröße (180) ist entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht zu erhöhen, weil im streitgegenständlichen Studiengang bei diesen Lehrveranstaltungen keine höheren Teilnehmerzahlen zu erwarten sind.
d) Die Festsetzung der Anteilquote für den streitgegenständlichen Studiengang sowie für den – der Lehreinheit zugeordneten – Studiengang Psychopathologie (Bachelor, Nebenfach) ist ebenso gerichtlich nicht zu beanstanden.
Die Anteilquote ist das Verhältnis der jährlichen Aufnahmekapazität eines der Lehreinheit zugeordneten Studiengangs zur Summe der jährlichen Aufnahmekapazitäten aller der Lehreinheit zugeordneten Studiengänge (§ 49 Abs. 1 HZV). Zur Festsetzung der einzelnen Anteilquoten können vom Staatsministerium Vorgaben gemacht werden (§ 49 Abs. 2 HZV). Bei der Festsetzung der Anteilquoten, die unmittelbare Auswirkungen auf die jeweiligen Zulassungszahlen in den Studiengängen hat, verfügen die LMU und das Staatsministerium über einen gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum. Sie sind dabei auch unter Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Kapazitätserschöpfungsgebots nicht zu einer die Gesamtzulassungszahl steigernden Festlegung von Anteilquoten verpflichtet. Allerdings muss die Festsetzung der Anteilquoten anhand sachlicher Kriterien erfolgen (vgl. BayVGH, B. v. 17.6.2013 – 7 CE 13.10001 – juris Rn. 8 m. w. N.). Im gerichtlichen Verfahren hat der Antragsgegner – wie das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt – hinreichend dargelegt, dass die Festsetzung der Anteilquoten und damit die Aufteilung des der Lehreinheit Psychologie zur Verfügung stehenden Lehrangebots auf die der Lehreinheit zugeordneten Studiengänge sachgerecht und in Abwägung der hierbei zu beachtenden gegenläufigen Interessen erfolgt ist. Insbesondere ist es entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht zu beanstanden, dass die LMU und das Staatsministerium im Hinblick auf den Wunsch vieler Studierender, einen Masterstudiengang zu absolvieren, um sich etwa für das Berufsbild eines Psychologischen Psychotherapeuten qualifizieren zu können, bei der Festsetzung der Anteilquoten auch auf eine hinreichende Zahl von Studienplätzen im Masterstudiengang, der das Fach klinische Psychologie einschließt, Wert gelegt haben. Auf das bereits im erstinstanzlichen Verfahren vorgelegte und vom Verwaltungsgericht auch in Bezug genommene Schreiben des Bayerischen Staatsministeriums für Bildung und Kultus, Wissenschaft und Kunst vom 6. Februar 2014 wird dabei verwiesen. Das für den Studiengang Psychopathologie (Bachelor, Nebenfach) aufgewandte Lehrangebot kommt im Übrigen ohnehin den Studierenden des streitgegenständlichen Studiengangs zugute, weil nur diese Studierenden das entsprechende Nebenfach wählen können.
e) Auch sonst ist die Kapazitätsberechnung der LMU nicht mehr in entscheidungserheblicher Weise zweifelhaft. Der Ansatz des Betreuungsaufwands für die Masterarbeit mit dem Bruchteil 0,60 in Bezug auf die der Lehreinheit zugeordneten Masterstudiengänge steht im Hinblick auf die hierfür im gerichtlichen Verfahren gegebene Begründung der LMU in Übereinstimmung mit den normativen Vorgaben (§ 3 Abs. 8 Satz 2 Nr. 1 Buchst. a LUFV). Schließlich besteht auch kein Zweifel daran, dass die LMU die in der Kapazitätsberechnung angegebenen Lehrveranstaltungen im streitgegenständlichen Studiengang tatsächlich durchführt.
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG i. V. m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Anhang) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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