Aktenzeichen M 7 K 15.5599
Leitsatz
1. Ein wichtiger Grund für die Änderung des Ehe- und Familiennamens nach § 3 NamÄndG liegt nicht vor, wenn Nachteile wie eine schwierige Aussprache oder Schreibweise eines ausländischen Namens bei der familienrechtlichen Namenswahl (§ 1355 Abs. 2 BGB) vorhersehbar waren (vgl. VGH München BeckRS 2016, 50128). Im Übrigen besteht über Art. 47 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB die Möglichkeit, eine deutschsprachige Form des Familiennamens anzunehmen (redaktioneller Leitsatz)
2. Allein aus der Tatsache, dass ein Familienname fremdsprachigen Ursprungs ist oder nicht deutsch klingt, kann ein wichtiger Grund für eine Namensänderung nicht abgeleitet werden, zumal dieser Umstand bei Wahl des Ehe- und Familiennamens bekannt war. Außerdem gibt es in Deutschland mittlerweile eine Vielzahl fremdsprachiger Namen, so dass ein Rückschluss vom Namen auf die Staatsangehörigkeit nicht möglich ist. (redaktioneller Leitsatz)
Tenor
I.
Die Klage wird abgewiesen.
II.
Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens zu je 1/5 zu tragen.
III.
Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Gründe
Die zulässige Klage ist unbegründet. Den Klägern steht ein Anspruch auf die beantragte Änderung ihres Nachnamens nicht zu. Der ablehnende Bescheid des Landratsamts München vom 10. November 2015 ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
Nach § 3 Abs. 1 NamÄndG darf ein Familienname nur geändert werden, wenn ein wichtiger Grund die Änderung rechtfertigt. Ein die Änderung des Namens rechtfertigender wichtiger Grund liegt vor, wenn die Abwägung aller für und gegen die Namensänderung streitenden schutzwürdigen Belange ein Übergewicht der für die Änderung sprechenden Interessen ergibt (vgl. BVerwG, U. v. 5.9.1985 – 7 C 2.84 – juris Rn. 7; BayVGH, B. v. 26.2.2014 – 5 B 12.2541 – juris Rn. 17; s. auch Nr. 28 NamÄndVwV). Dabei sind die Wertungen des Bürgerlichen Gesetzbuches zum Namensrecht für den entsprechenden Lebensbereich zu berücksichtigen. Das öffentlich-rechtliche Namensänderungsrecht dient dazu, Unzuträglichkeiten im Einzelfall zu beseitigen, nicht aber dazu, die gesetzlichen Wertungen des bürgerlich-rechtlichen Namensrechts zu revidieren (vgl. BVerwG, B. v. 6.9.1985 – 7 B 197.84 – juris Rn. 6; BayVGH, B. v. 4.11.2014 – 5 C 14.2016 – juris Rn. 4; OVG Berlin, B. v. 20.3.2000 – OVG 5 N 33.99 – juris Rn. 4).
Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH, U. v. 22.6.2016 – 5 BV 15.1819 – juris Rn. 17 m. w. N.) hat weiter in Bezug auf die Änderung von Ehe- und Familiennamen entschieden, dass ein wichtiger Grund grundsätzlich nicht aus Umständen abgeleitet werden kann, denen bereits bei der ursprünglichen Namenswahl hätte Rechnung getragen werden können. Das Gericht führt dazu aus (a. a. O.), dass die behördliche Namensänderung dazu diene, Unbilligkeiten im Einzelfall auszugleichen, nicht aber vermeidbare Versäumnisse aus der Vergangenheit aufzufangen und nachzubessern. Das Namensänderungsrecht nach § 3 NamÄndG gebe keine Rechtsgrundlage ab, die nach § 1355 Abs. 2 BGB getroffene Namenswahl zu revidieren. Dementsprechend könne zur Darlegung des für die Namensänderung erforderlichen wichtigen Grundes nicht auf Schwierigkeiten oder Belastungen verwiesen werden, die sich durch eine nach Maßgabe des Familienrechts getroffene Bestimmung über die Namensführung ergeben, als solche voraussehbar waren, bei der familienrechtlichen Namenswahl hätten mitbedacht werden können und müssen und die weder das zumutbare und noch das zu erwartende Maß überschreiten.
In Anwendung dieser Grundsätze liegt kein wichtiger Grund für die Namensänderung vor. Die Kläger begründen ihr Namensänderungsbegehren mit Umständen, die bei der familienrechtlichen Namenswahl bereits vorlagen bzw. vorhersehbar waren und daher mitbedacht hätten werden können und müssen. Bei ihrer Eheschließung haben sich die Kläger zu 1) und 2) aus freien Stücken für den Ehenamen … (BA Bl. 44) entschieden und nicht etwa für den Geburtsnamen der Klägerin zu 2). Sie müssen sich nunmehr an ihrer Namenswahl festhalten lassen und können nicht nachträglich im Wege der öffentlich-rechtlichen Namensänderung ihre nach § 1355 Abs. 2 BGB getroffene Namenswahl revidieren (vgl. BVerwG, B. v. 6.9.1985 – 7 B 197/84 – juris Rn. 6).
Die von den Klägern als Grund für die beantragte Namensänderung geltend gemachten Schwierigkeiten in der Aussprache und der Schreibweise, die bei nicht nur unwesentlicher Behinderung eine Namensänderung rechtfertigen können (vgl. Nr. 36 NamÄndVwV), lagen im Zeitpunkt der familienrechtlichen Namenswahl bereits vor und waren den Klägern zu 1) und 2) bekannt. Sie rühren daher, dass im deutschen Sprachraum die verschiedenen diakritischen Zeichen auf dem Buchstaben C nicht gängig sind. Der Kläger zu 1) ist in Deutschland geboren und aufgewachsen und war damit gleichsam sein Leben lang mit der Problematik der im Deutschen unbekannten Schreibweise sowie Aussprache konfrontiert. Auch die Klägerin zu 2) konnte vorhersehen, dass diese nicht fern liegenden Schwierigkeiten bei der Wahl des Namens Ihres Mannes als Ehename auftreten können. Dennoch haben sie durch die Wahl des Namens … als Ehename deutlich gemacht, dass sie die im deutschen Sprachraum ungewöhnliche Schreibweise und Aussprache nicht als beachtlichen Nachteil ansehen. Im Übrigen besteht über Art. 47 Abs. 1 Nr. 5 EGBGB die Möglichkeit, eine deutschsprachige Form des Familiennamens anzunehmen (vgl. LG München I, B. v. 20.11.2008 – 16 T 19593/08 – juris Rn. 8 zum Entfallen diakritischer Zeichen und phonetischer Eindeutschung; OLG Hamm, B. v. 20.3.2014 – I-15 W 163/13, 15 W 163/13 – juris Rn. 17 ff. zum zeitlichen Rahmen einer Anpassung nach Art. 47 EGBGB).
Soweit die Kläger als weiteren Grund anführen, dass der Name auf eine ausländische Herkunft hinweise, die nicht zutreffe, stellt dies keinen wichtigen Grund für eine Namensänderung dar. Allein aus der Tatsache, dass ein Familienname fremdsprachigen Ursprungs ist oder nicht deutsch klingt, kann ein wichtiger Grund für eine Namensänderung im Allgemeinen nicht abgeleitet werden (vgl. Nr. 37 Abs. 1 NamÄndVwV). Ebenso gilt hier, dass dieser Umstand bei der Eheschließung im Jahr 2002 bereits vorlag und bei der familienrechtlichen Namenswahl hätte berücksichtigt werden können. Außerdem gibt es in Deutschland mittlerweile durch Zuzug und Einbürgerung eine Vielzahl fremdsprachiger Namen, die von deutschen Staatsangehörigen getragen werden, so dass ein Rückschluss vom Namen auf die Staatsangehörigkeit nicht möglich ist (vgl. BayVGH, B. v. 11.5.2010 – 5 C 10.863 -juris Rn. 9). Soweit die Kläger zu 1) und 2) vortragen, dass sie beim Kinderarzt Integrationsblätter sowie Ratschläge zur Sprachförderung ihrer Kinder bekämen, weil man von einer ausländischen Herkunft ausgehe, rechtfertigt dies keine Namensänderung. Zum einen war vorhersehbar, dass ein fremdländisch klingender Name Personen zu der Annahme veranlassen kann, die Namensträger seien Ausländer und der deutschen Sprache nicht mächtig. Weiter sind dies Umstände, die auf eine Vielzahl von Personen mit einem ausländisch klingenden Namen zutreffen können. Damit machen die Kläger weniger ein Individualinteresse als vielmehr ein Gruppeninteresse geltend, das mit dem Ausnahmecharakter des öffentlich-rechtlichen Namensänderungsrechts unvereinbar ist (vgl. BayVGH, B. v. 22.6.2016 – 5 BV 15.1819 – juris Rn. 20).
Soweit die Kläger vortragen, dass der Name Grund für peinliche und lächerliche Verwicklungen sei, da er bei falscher Schreibweise mit „K“ eine enge Verbindung und damit Verwechslungsmöglichkeit zum bosnischen und kroatischen Wort für „Penis“ oder „Schwanz“ beinhalte, stellt dies ebenfalls keinen wichtigen Grund dar. Dieser Umstand hätte bei der familienrechtlichen Namenswahl berücksichtigt werden können. Der Kläger zu 1) hat diesbezüglich bei der persönlichen Vorsprache im Landratsamt am 29. Juli 2015 angegeben, dass es mit dem Namen bereits in der Berufsschule Probleme gegeben habe und der Name für Gelächter gesorgt habe, da dort viele Ausländer gewesen seien. Im Übrigen besteht nach Auffassung der Kammer im deutschen Sprachraum die Gefahr einer solchen Verunglimpfung ohnehin nur in sehr geringem Maße, da nur wenige Personen über die entsprechenden Kenntnisse der bosnischen bzw. kroatischen Sprache verfügen und zu etwaigen herabwürdigenden Wortspielen in der Lage sein dürften.
Die Klage war mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.
Rechtsmittelbelehrung:
Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.
Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,
Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder
Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München
Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach
einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.
Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.
Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf Euro 25.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1, Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG – i. V. m. Nr. 1.1.3 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013).)
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes Euro 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,
Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder
Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München
schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.